Protokoll der Sitzung vom 13.02.2013

(Beifall bei der SPD)

Neben der konsequenten Bekämpfung von Gewalt ist es unsere wichtigste Aufgabe, betroffenen Frauen verlässlichen Schutz zu bieten und ihnen zu einem angst- und gewaltfreien Leben zu verhelfen. Dazu gehören eine qualitative und bauliche Weiterentwicklung der Frauenhäuser, eine nachhaltig gesicherte Finanzierung und eine Behebung der seit langem bekannten Schwachpunkte im Hilfesystem. Deswegen hat die SPD-Fraktion im August 2011 mit einem Ersuchen den Senat aufgefordert, die verlässliche Finanzierung und Weiterentwicklung der Frauenhäuser voranzutreiben. Jetzt liegt diesem Haus eine detaillierte Stellungnahme des Se

(Norbert Hackbusch)

nats zu diesem Antrag vor. Erlauben Sie mir, ein paar Worte dazu zu verlieren.

Als Erstes möchte ich mich im Namen der SPD-Fraktion beim Senat für die bisher geleistete Arbeit bedanken.

(Beifall bei der SPD – Christiane Schneider DIE LINKE: Och nee, das ist aber echt pein- lich, oder?)

Alle von uns benannten Punkte wurden vom Senat aufgenommen und erfolgreich vorangetrieben. Der Bereich Opferschutz ist absoluter Schonbereich bei den Haushaltskonsolidierungen, und es wird mit uns keine Kürzung bei der Finanzierung der Frauenhäuser geben.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg wird außerdem an seinem Modell der Zuwendungsfinanzierung festhalten. Sie ist die einzige in Deutschland praktizierte Finanzierungsart, die der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung an Frauen entspricht. Nur sie gewährleistet eine schnelle, anonyme, diskriminierungsfreie und vor allem niedrigschwellige Aufnahme.

(Beifall bei der SPD)

Bisher verfolgen nur Hamburg, Berlin und Schleswig-Holstein diese pauschale Finanzierung. Was wir brauchen, ist jedoch ein einheitliches Finanzierungsmodell in ganz Deutschland. Hierbei appelliere ich vor allem an die Kolleginnen und Kollegen der Opposition. Werben Sie mit uns auf Bundesebene für unser Hamburger Modell. Es reicht nicht, die UN-Konvention nur in Hamburg, Berlin und Schleswig-Holstein befriedigend umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Ziel werden jedenfalls der Senat und die SPD-Fraktion weiter vorantreiben. Ebenso wichtig sind die reibungslos funktionierenden Schnittstellen zwischen team.arbeit.hamburg, Jobcentern und den Frauenhäusern. Hierzu trat am 1. Mai 2012 eine neue Fachanweisung in Kraft, die eine Zusammenarbeit durch klare Zuständigkeiten und intensiven Austausch verbessern soll. Dieser von uns geforderte Schritt wurde vom Senat bereits umgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Schon in den Haushaltsberatungen wurde deutlich, dass der Senat und die SPD-Fraktion auch den Sanierungsstau, der sich in den vergangenen Jahren bei den Hamburger Frauenhäusern aufgetürmt hat, angehen werden.

In der ersten Sanierungsphase 2012 und 2013 hat die BASFI den Frauenhäusern 730 000 Euro zur Verfügung gestellt. Ein Gutachten soll nun klären, welche Finanzmittel für die zweite Sanierungsphase benötigt werden. Die teilweise unhaltbaren bau

lichen Zustände in den Frauenhäusern werden von diesem Senat angegangen.

(Beifall bei der SPD)

Wir begrüßen ebenso außerordentlich die bereits begonnene Umsetzung des von uns geforderten Qualitätsentwicklungsprozesses, der gerade aufgrund der vielfältigen Herausforderungen der Frauenhausarbeit immens wichtig ist.

Es ist ein guter und notwendiger Schritt, diesen Prozess auch wissenschaftlich durch das Projektbüro für angewandte Sozialforschung an der Universität Hamburg begleiten zu lassen. Unerlässlich sind hierbei vor allem der Dialog und die aktive und gleichberechtigte Zusammenarbeit mit den Frauenhausmitarbeiterinnen. Wir wünschen allen Beteiligten eine weiterhin so konstruktive und kraftvolle Zusammenarbeit. Die Ergebnisse werden der Bürgerschaft Ende des Jahres vorliegen.

Zusammengefasst: Der Senat hat sich auf den Weg gemacht und viele Probleme im Bereich Opferschutz im Sinne unseres Ersuchens gelöst und angepackt. Unser aller Ziel muss es immer sein, die Situation der von Gewalt betroffenen Frauen in Hamburg zu verbessern. Mit dieser Stellungnahme zeigt der Senat, dass wir auf dem richtigen Weg sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Wolff, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir von der CDU begrüßen, dass die SPD heute dieses Thema angemeldet hat. Auch wir sehen es als ein wichtiges Thema an und sind der Überzeugung, dass Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, Hilfe benötigen. Dies gilt natürlich besonders für die Opfer häuslicher Gewalt. Deshalb unterstützen wir es, dass durch eine verlässliche Finanzierung der Frauenhäuser sichergestellt wird, dass Frauen, die einmal Opfer von Gewalt geworden sind, ein Ort des Schutzes geboten wird, und wir begrüßen die Sanierung und auch die Modernisierung der bisher fünf bestehenden Frauenhäuser in Hamburg.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Martin Schäfer SPD)

Sie merken, dass der Grundtenor positiv ist, deswegen nehmen wir den Antrag auch an. Ein paar Kritikpunkte hätte ich allerdings doch noch. Wir bedauern ausdrücklich, dass der Senat das Aus für ein Wohnprojekt für Frauen, die von Zwangsheirat bedroht sind, beschlossen hat. Schwarz-Grün hatte das Projekt in der letzten Legislaturperiode ins Leben gerufen, weil wir damals der Meinung waren – und es auch heute noch sind –,

(Annkathrin Kammeyer)

(Ksenija Bekeris SPD: Noch nix angepackt!)

dass dieser besonderen Form der Gewalt gegen Frauen auch mit einer besonderen Institution begegnet werden muss – dies umso mehr, weil der Opferschutz in der Frage von Zwangsehen häufig vor ganz speziellen kulturellen Herausforderungen steht. Um dem angemessen begegnen zu können, hätte Hamburg das Wohnprojekt wirklich gebraucht.

Das Projekt war bereits ausgeschrieben, und es gab schon Träger, die sich bereit erklärt hatten, dieses Haus betreiben zu wollen. Aus unserer Sicht ist es daher unerklärlich, wie der Senat auf der einen Seite in der Stellungnahme zur vorliegenden Drucksache auf Seite 2 den Opferschutz zu einem – ich zitiere – "Schonbereich" erklären kann und gleichzeitig ein so wichtiges Projekt zum Opferschutz einfach streicht; das passt wirklich nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die CDU unterstützt prinzipiell den vorgelegten Landesaktionsplan "Gewalt gegen Frauen". Mehrere Fragen bleiben jedoch noch offen. Wie sollen die betroffenen Behörden zukünftig zusammenarbeiten? Dazu hat Frau Kammeyer etwas gesagt, aber aus meiner Sicht noch nicht genügend. Wie soll den Frauen tatsächlich geholfen werden? Wie soll die konkrete Beratung aussehen? Und wo kann nicht nur der bürokratische Aufwand zurückgefahren werden, sondern wo kann insbesondere der Zugang zu den Frauenhäusern erleichtert werden? Hier erwarten wir vom Senat noch entsprechende Antworten.

Insgesamt bleibt zu sagen, dass wir die positiven Ansätze der vorgestellten konzeptionellen Weiterentwicklung der Frauenhäuser gutheißen, aber natürlich auch im Auge behalten werden. Wir möchten Sie daher auffordern, weiterhin regelmäßig darüber zu berichten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. von Berg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Den Debattenbeiträgen kann man entnehmen, dass es ein breites Bündnis in der Bürgerschaft gibt für die verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern. Es gibt auch ein breites Bündnis in der Bevölkerung für Frauenhausfinanzierung und für den Kampf gegen Gewalt an Frauen. Ich kann an dieser Stelle nur noch einmal für die Veranstaltung morgen aufrufen, "One Billion Rising", das möchte ich ausdrücklich erwähnen. Hier wird deutlich, wie viele Frauen von Gewalt betroffen sind und wie breit das Bündnis in der Bevölkerung ist. Nehmen Sie teil, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wir von den GRÜNEN freuen uns, dass die Finanzierung gesichert ist. Wir finden es auch richtig, dass die Zuwendungsfinanzierung beibehalten wird. Das ist ein guter Weg in Hamburg, den wir schon lange beschritten haben. Wir finden es gut und befürworten es, dass es keine Mittelkürzung gibt, dass es keinen Platzabbau gibt, dass die Mietfortzahlungen übernommen werden und dass es eine dialogische Qualitätsentwicklung gibt. Und nicht zuletzt finden wir es gut, dass die Frauenhäuser saniert werden.

Aber – nun komme ich zum Aber – natürlich bedeutet Frauenhaus mehr als nur die Sanierung von Duschen und dergleichen. Es gehört einfach mehr zur Wahrheit, wenn man über Frauenhäuser und über Weiterentwicklung von Frauenhausfinanzierung spricht. Ich möchte zum einen das Thema Plätze ansprechen. Es ist richtig, die Plätze werden, absolut gesehen, nicht abgebaut. Aber relativ gesehen werden sie weniger werden, denn wir sind in einer wachsenden Stadt. Ich erinnere nur an die Rede von Herrn Bürgermeister Scholz. Er nannte 2 Millionen als Zielzahl. Das muss man jetzt aber schon mit bedenken, denn sonst landen wir noch weiter unter der Quote, als es jetzt schon der Fall ist.

Dass wir auch jetzt schon zu wenige Plätze haben, kann man daran sehen – es steht in der Anlage der Drucksache –, dass 83 Frauen abgewiesen werden mussten aufgrund von Platzmangel. Und es ist völlig normal, dass in unseren Hamburger Frauenhäusern immer Doppelbelegungen sind. Das ist nicht überall in Deutschland der Fall; auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Ebenfalls richtig ist, dass es keine Mittelkürzung gibt, das heißt, es ist eine unveränderte Zuweisung. Aber auch hier gehört zur Wahrheit, dass Inflation automatisch zu einer Mittelkürzung führen wird. Zur Wahrheit gehört auch, dass die Tarifsteigerungen so nicht umgesetzt werden können. Auch das muss man mit bedenken. Schon jetzt sagen Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern, dass ihr Gehalt nicht auskömmlich sei, viele arbeiten in Teilzeit.

Durch die unveränderte Zuweisung wird es außerdem zu einer weiterhin dünnen Personaldecke führen. Das äußert sich darin, dass einige Plätze teilweise nicht belegt werden können und das nicht, weil kein Schlafplatz vorhanden ist, sondern es ist einfach niemand da, der die Frauen betreuen kann. Auch das gehört mit zur Wahrheit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Letztes möchte ich noch ansprechen – und ich hoffe sehr, dass Sie eine Lösung dafür finden –, dass das Personal für besondere Bedürfnisse häufig noch nicht ausgebildet beziehungsweise nicht

(Katharina Wolff)

qualifiziert ist. Schon jetzt sieht man in der Anlage der Drucksache, dass 60 Prozent der Schutzsuchenden Frauen mit Migrationshintergrund sind. Sie brauchen eine andere Ansprache, schon allein sprachlich-verbal, nämlich fremdsprachlich. Auch da sagen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass sie hier ein Problem haben. Das Gleiche gilt für Frauen mit Behinderungen. Außerdem ist es auch dramatisch, dass Jungen ab dem Alter von 16 Jahren keinen Platz mehr finden. Auch die sind nämlich traumatisiert, auch sie haben Gewalt erfahren. Ich finde es traurig, dass dafür kein Platz vorhanden ist.

Es bleibt zu sagen: Es ist ein richtiger Weg auf der einen Seite, aber es bleiben noch viele offene Fragen übrig, und wir werden sehr gut im Blick behalten, wie diese Fragen beantwortet werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kaesbach, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! 765 Frauen haben 2011 Zuflucht in einem Frauenhaus in Hamburg gesucht. Bis es so weit ist, haben sie meist schon eine lange Leidensgeschichte hinter sich. Wenn sie sich trauen, diesen Schritt zu machen, brauchen sie unbürokratische und schnelle Hilfe. Deswegen begrüßen auch wir die vom Senat eingeleiteten Schritte.

Es ist richtig, dass die Sanierung der Frauenhäuser vorangetrieben wird, um eine bessere Wohnsituation zu erreichen. Im Übrigen sind die immensen Sanierungsbedarfe ein Zeugnis dafür, dass der schwarz-grüne Vorgänger-Senat offenkundig den Instandsetzungsbedarf der Frauenhäuser nicht im Blick hatte.