Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fand, das war ein skurriler Auftritt des Bürgermeisters.
Was haben wir aus dieser Rede mitgenommen? Wir, die SPD, wir, der Erste Bürgermeister, können alles außer Wetter. Bitte haben Sie Verständnis, Herr Bürgermeister, dass nicht auch noch die Opposition in diesem Hause Ihnen huldigt. Und bitte haben Sie Verständnis dafür, dass, wenn 51 Prozent der Menschen sagen, sie wollten Sie wählen, dann 49 Prozent der Menschen sagen, sie wollten Sie nicht wählen. Für diese Menschen reden wir, und diese Menschen werden jeden Tag mehr, wenn Sie politisch so weitermachen.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN – Erster Vizepräsident Frank Schi- ra übernimmt den Vorsitz.)
Natürlich könnten Sie zur Halbzeit eine Regierungserklärung abgeben. Dann bekommen wir eine faire Debatte mit entsprechenden Redezeiten. Dann müssen Sie sich aber nicht in dieser überheblichen Weise in der Aktuellen Stunde hinstellen und sagen, die Geschäftsordnung begrenze Ihre Redezeit nicht; das geht nicht.
Ich habe von der SPD in den letzten Tagen häufiger gehört, dass Sie sich Sorgen um unsere 23 Prozent in den Umfragen machen. Die 23 Prozent sind so ziemlich genau das Ergebnis der SPD bei der letzten Bundestagswahl. Und welche Konsequenz zieht der Bürgermeister daraus? Er hält sich nicht zurück, sondern er stellt sich mit dem SPD-Kanzlerkandidaten in einer Wahlkampfaktion auf den Rathausbalkon und lässt sich für die "Bild"-Zeitung ablichten. Das haben wir auch noch nicht gehabt. Und auch das spricht weder für den Stil noch für eine Zurückhaltung,
Wenn Sie dann auf meine klare Frage, wie Sie den Menschen diesen Rekordanstieg der Ausgaben im Hamburger Haushalt erklären, mit griechischer Philosophie und Sophismus antworten, dann kann ich nur sagen, dass der alte Satz gilt: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, der muss wissen, dass drei Finger zurückweisen.
Sie sind die Antwort schuldig geblieben, denn machen wir uns doch nichts vor: Die Überprüfung politischen Erfolgs misst sich weder an den Motiven noch an den Plänen, sie misst sich an der Realität. Und ein Bürgermeister, der sich nicht der Realität stellt und den Menschen die Realität nicht erklären kann, der ist auf dem absteigenden Ast.
Deswegen müssen Sie auch die Kritik in diesem Haus ertragen. Die Schüler, die Schulen, die Lehrer und die Eltern sagen, sie seien von dieser überhasteten Einführung der Inklusion mit zu wenig bereitgestellten Ressourcen überfordert.
Da können Sie doch nicht sagen, die Schulen sollten nicht schlechtgeredet werden. Aber wir weisen auf die Probleme hin, wo dringend etwas passieren muss.
Und der Vorwurf ist berechtigt. Sie lassen die belasteten Stadtteile hängen. Sie haben Sozialprojekte geschlossen, Sie haben 10 Prozent bei der Jugend- und Familienförderung gekürzt. Sie lassen aber auch die Menschen mit sozialen Problemen hängen. Sie haben 20 Millionen Euro Mittel zurückgegeben an den Bund, die eigentlich für die Förderung der Langzeitarbeitslosen da waren, 20 Millionen Euro, die nicht diesen Menschen zugutegekommen sind. Und da sagen Sie, das sei gutes Regieren. Nein, meine Damen und Herren, damit kommen Sie nicht durch, diese Kritik müssen Sie sich anhören. Deswegen kann ich nur sagen, dass Bescheidenheit bei sich selbst anfängt, Hochmut kommt vor dem Fall.
Das reicht nicht, und Ihre Zustimmung in der Stadt wird in den kommenden zwei Jahren jeden Tag sinken, und das ist auch gut so.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, Sie haben gesagt, wir sollten zur Sache sprechen, also geht es jetzt zur Sache. Ich fange mit dem Thema Haushalt an. Das ist doch auch ein Thema, das Sie gern an die erste Stelle Ihrer Bilanz setzen. Da ist die Bilanz viel, viel magerer, als Sie sich das so hinreden. Schauen wir uns doch einmal die nackten Zahlen im Jahr 2012 an.
Die Steigerung im Haushalt – darauf ist hingewiesen worden – liegt bei über 1,5 bis 2 Prozent. Wir können zugestehen, dass die SPD ihr Versprechen der 1-Prozent-Regel auf die Planzahlen bezogen hat.
Aber ich sage Ihnen jetzt, warum Sie sich im Sinne der Sache nicht hinter den Planzahlen verstecken dürfen, und da hören Sie einmal zu.
Wenn man weiß, dass im Jahr 2012 die Zinsbelastung um 142 Millionen Euro geringer war als geplant, und wenn man dann hinsieht, was mit dem Haushalt passiert ist, dann hatten Sie im Jahr 2012 – weil Sie die 1-Prozent-Regel noch ein bisschen nach oben gebrochen haben – mehr als doppelt so viel Geld zum Ausgeben, und das haben Sie auch kräftig getan. Deswegen gerät der Haushalt weiter strukturell in eine Schieflage. Und so viel Verstand darf man im Senat und in der SPD-Fraktion auch erwarten, dass Sie dieses Problem analysieren und erkennen können.
Wenn man dann noch weiß, Herr Bürgermeister – und Sie sind doch auch einer, der sich gern in die Akten frisst, dann ist Ihnen diese Situation wahrscheinlich geläufig –, was es eigentlich heißt, wenn der Personalkostenansatz um 3 Prozent gestiegen ist und man keine zentrale Vorsorge mehr für die jetzt anstehende Tarifrunde hat und die teuer werden wird, dann sieht man, dass die strukturelle Lage dieses Haushalts sich verschlechtern wird. Hören Sie auf mit dieser Selbstzufriedenheit. Wenn Sie sachliche Ansprüche an sich haben, dann halten Sie sie selbst ein.
Deswegen ist es auch eine Absage an gute Haushaltspolitik, Herr Scholz, wenn Sie sagen, "pay as you go" gelte nicht mehr, Klammer auf, habe ich doch gar nicht gesagt, was aber eine Falschaussage ist, oder habe ich doch nicht so gemeint, was dann jedoch bedenklich ist. Die 1-Prozent-Quote sichert nicht die strukturelle Gesundung des Haushalts, wenn Sie Mitnahmeeffekte wie die Zinsen einfach einkassieren für dauerhaft höhere Ausgaben.
Jetzt möchte ich noch etwas zur Halbzeitbilanz sagen. Woran sollte man sich messen lassen? Ich glaube, es ist richtig, dass man sich an seinen Versprechen messen lassen soll. Aber Regierungskunst heißt auch, mit unvorhergesehenen, schwierigen Herausforderungen umzugehen. Wenn wir da hinschauen, dann hat Herr Kluth zu Recht gesagt, dass die Rückführung der Garantien bei der HSH Nordbank in Ihrer Regierungszeit ein Fehler war, und das bringt uns jetzt in große Schwierigkeiten. Ich bin noch etwas genauer. Die erste Milliarde Euro ist zurückgeführt worden, als der Bürgermeister erst einen Tag im Amt war. Da würde ich ihm nicht den Vorwurf machen, dass man das sofort hätte bremsen können. Aber hören Sie auf mit dem Märchen, dass das ein Automatismus sei. Sie hatten im nächsten halben Jahr, als die nächsten beiden Milliarden Euro zurückgeführt worden sind, als Anteilseigner über Ihren Aufsichtsratsplatz die Verantwortung, diese Garantierückführung abzuwägen, und das haben Sie anscheinend fehlerhaft getan.
Und das ist keine Senatsentscheidung, sondern die des Aufsichtsrats, der den Anteilseigner Hamburg vertritt.
Ihr Hapag-Lloyd-Engagement ist abenteuerlich, das zeigt sich jetzt. Und, Herr Bürgermeister, machen Sie es sich nicht so einfach, die angekündigten 200 Millionen Euro mehr bei der Elbphilharmonie einfach in die Schuhe der Vorgänger zu schieben. Das ist Ihr Ergebnis, das Sie vorschlagen. Diese 200 Millionen Euro verantworten Sie schön selbst.
(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD Nee! – Dr. Andreas Dressel SPD: So einfach ist das nicht!)
Ich mache es mir nicht ganz so einfach, denn wir werden abwägen, dass es natürlich auch wichtig ist, die Rechtskonstruktion anzufassen, aber 200 Millionen Euro einfach obendrauf und jegliche Rechtsansprüche der Stadt dabei fallen zu lassen, das müssen Sie verantworten, und wir werden offen prüfen, wie gut das dann wirklich ist.
Ein letzter Satz. Mein Kollege Kerstan hat das Thema angesprochen, welche Folgen wir bei der Inklusion haben, die nicht mit genügend Mitteln begleitet wird. Herr Bürgermeister, in diesem Sinne hat Herr Kerstan eine Sorge angesprochen. Und Herr Rabe darf die Stadtteilschulen bei der Inklusion nicht dermaßen allein lassen.