Protokoll der Sitzung vom 27.03.2013

Aufwertung ohne Verdrängung – diesem Ansatz bleiben wir alle gemeinsam weiterhin verpflichtet.

Mit dem Wohnungsneubau, unserem dort sehr aktiven städtischen Wohnungsbauunternehmen SAGA GWG – übrigens Eigentümer von über 40 Prozent der Wohnungen in Wilhelmsburg – und gegebenenfalls sozialen Erhaltungsverordnungen sorgen wir dafür, dass die soziale Balance bestehen bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Sudmann hat erneut das Wort.

Bevor ich den Nebel lichte, der mit der klassischen Kritik an den LINKEN immer aufkommt, kann ich eines mit Freuden feststellen: Wir haben alle gemeinsam erkannt, dass es ein Problem gibt und sich die Frage stellt, wie wir dafür sorgen können, dass die soziale Balance, die die Senatorin ansprach, in Wilhelmsburg erhalten bleibt und niemand verdrängt wird. Das ist ein Fortschritt. Wir müssen in den nächsten Jahren wirklich gucken, wie das gehen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte noch einmal auf Ihre einzelnen Kritikpunkte eingehen. Herr Hakverdi, ich lebe nicht in Wilhelmsburg, das stimmt, aber ich war sehr oft da und finde, dass Sie in Ihrer Geschichte einige Punkte vergessen haben. Sie haben so nonchalant gesagt, der Strukturwandel habe Wilhelmsburg verändert. Dieser Strukturwandel war SPD-Politik. Die SPD hat damals den Müllberg Georgswerder errichtet. Die SPD hat damals die Planung für die Müllverbrennungsanlage in Wilhelmsburg gemacht. Die SPD hat die Autobahnplanung gemacht.

(Metin Hakverdi SPD: Die SPD hat den Con- tainer erfunden! Unglaublich! – Dr. Andreas Dressel SPD: Die SPD ist an allem schuld!)

Positiv gewendet sind Sie daran schuld, dass sich die Bürgerinnen und Bürger gewehrt haben. Die haben 1993, nachdem die Rechtsradikalen so ein wahnsinnig hohes Wahlergebnis hatten, gesagt, so geht es nicht mehr weiter. Daraus ist die gesamte Bewegung entstanden und so ist es überhaupt erst dazu gekommen, dass wir die IBA und so weiter haben. Das haben Sie nicht gesagt und das fehlte mir eindeutig.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Hakverdi, Sie haben angesprochen, dass es in Wilhelmsburg eine unterdurchschnittliche Preisentwicklung gebe. Sie haben recht, wenn Sie Wilhelmsburg mit St. Pauli vergleichen, aber Sie haben nicht recht, wenn Sie Wilhelmsburg mit einem Stadtteil vergleichen, der eine ähnliche Struktur hat, wie zum Beispiel Billstedt. In Billstedt gibt es keine IBA und die Mietpreise sind wesentlich geringer angestiegen. Das ist für uns ein Warnsignal, dass dort eine Verdrängung passieren kann. Da müssen wir gemeinsam aktiv werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Duge, zu der netten Kritik an uns, seit wann die LINKE auf die Rendite schiele: Wir haben vor allen Dingen darauf geschielt, was unsere gemeinsamen Verbündeten,

(Senatorin Jutta Blankau)

(Finn-Ole Ritter FDP: Gemeinsame Verbün- dete!)

zum Beispiel der BUND, sagen, und die haben festgestellt, dass diese Energieprojekte nicht wirtschaftlich sind.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Der BUND inter- essiert sich jetzt für Rendite? Das ist ja inter- essant!)

Der BUND interessiert sich dafür, die Energiewende so zu machen, dass sie erfolgreich wird, und nicht so, wie Sie es machen und nur ein Viertel von Vattenfall aufkaufen wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich weiß, dass Sie sich lieber an anderen orientieren, dass Sie eher vor anderen zurückzucken.

Bevor ich am Ende wieder zu wenig Zeit habe, will ich noch darauf zu sprechen kommen, was bisher nicht genutzt wurde. Nicht genutzt haben Sie das Potenzial der engagierten Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger. Die sind teilweise eingebunden gewesen, haben aber in den letzten Jahren sehr laut Kritik geäußert, sei es über den Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg, sei es über den Arbeitskreis Umstrukturierung Wilhelmsburg. Auch die von Ihnen, die nicht auf der Demo waren, haben gehört, was Manuel Humburg vom Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg gesagt hat: Ihr habt uns nicht überall mitgenommen. Die Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger haben deutlich gemacht, dass sie auf ein Geschenk verzichten können, nämlich die Scholz'sche Autobahn. Sie wollen die Wilhelmsburger Reichsstraße nicht als verkappte Autobahn. Und diesen Punkt hat die IBA nicht geschafft. Stadtentwicklung heißt nicht nur, auf Architektur zu setzen, Stadtentwicklung berücksichtigt auch Verkehr.Sie haben keine integrierte Stadtentwicklung gemacht. Die IBA hat das 2008 sogar kritisiert. Deswegen darf es auch keine Hafenquerspange geben und keine Autobahn, die quer durch Wilhelmsburg verläuft.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich hoffe sehr, dass Sie da noch etwas tun werden.

Ein letztes Wort zur Senatorin. Sie haben gesagt, gegebenenfalls werde es eine soziale Erhaltungsverordnung geben. Im Reiherstiegviertel sind die Tendenzen schon eindeutig. Ich möchte, dass wir nicht gegebenenfalls sagen, sondern sämtliches Potenzial ausschöpfen,

(Finn-Ole Ritter FDP: Für ganz Hamburg am besten!)

um dafür zu sorgen, dass die Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger dort wohnen bleiben können, die dort gerne wohnen bleiben möchten.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie hätten noch eine Minute, Frau Sudmann. – Jetzt hat Frau Dr. Leonhard das Wort.

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Gibt es bei der SPD jetzt auch Verdrängung?)

– Nein, keine Sorge. Es geht nicht um Kinder oder Familie, aber als Harburgerin kann man auch einmal zur IBA sprechen. Das ist doch ein schöner Anlass, nicht wahr?

(Beifall bei der SPD und bei Birgit Stöver CDU und Jens Kerstan GRÜNE)

Ich will gerne aufgreifen, was Herr Duwe eingeleitet hat, und die Anmeldung der LINKEN zum Anlass nehmen, einmal Revue passieren zu lassen, was die IBA in der Vergangenheit für Wilhelmsburg bedeutet hat, was sie gegenwärtig für Wilhelmsburg und Harburg bedeutet, und was wir zukünftig machen müssen, damit der Impuls, den unbestritten alle Parteien bemerkt haben und den die IBA ausgelöst hat, auch weiterhin positives Potenzial für Wilhelmsburg und Harburg auslösen kann.

Durch die IBA erfährt Wilhelmsburg genau den Impuls und die überregionale und positive Aufmerksamkeit, die sich die Wilhelmsburger lange gewünscht und am Ende eines sehr intensiven, zum Teil auch sehr konfrontativen Beteiligungsprozesses explizit in das Weißbuch Wilhelmsburg 2001/2002 geschrieben haben. Die Wilhelmsburger haben sich gewünscht, dass ein internationales Projekt wie die Bauausstellung zu ihnen kommt. Damals bestand auch schon der Wunsch, eine IGA zu veranstalten. Es gab seinerzeit sogar die Idee, ob es nicht gelingen könne, Olympia auf die Elbinseln zu holen. Mit der IBA hat es geklappt, darüber sind wir alle sehr froh. Es ist viel erreicht worden.

Ich will vor allen Dingen auf einen Aspekt eingehen, den die IBA ganz entschieden vorangebracht hat, der in einigen Redebeiträgen schon am Rande angeklungen ist und für den ich auch die LINKE gewinnen möchte, nämlich die Bindungskraft der IBA für die Elbinseln und für Harburg. Die IBA hat eine große Bindungskraft entfaltet und wird das auch zukünftig tun. Sie hilft, den Hamburgern zu zeigen, dass man hier zentral wohnt, maritim und grün zugleich. Dank der IBA ist das inzwischen weit über die Grenzen von Wilhelmsburg und Harburg hinaus bekannt; die Wilhelmsburger und Harburger wussten das schon lange.

(Beifall bei der SPD)

Die IBA hat den Stadtteil verändert, das ist richtig. Sie wird ihn, wenn es gut läuft, auch weiterhin verändern. Es ist abzusehen, dass er sich an vielen Stellen sogar so massiv verändern wird, dass wir alle miteinander aufgerufen sind, genau aufzupassen. Ich bin auch persönlich der Auffassung, dass

(Heike Sudmann)

man, wie die Senatorin es schon gesagt hat, jede Möglichkeit prüfen kann, ob es an einigen Stellen unter Umständen irgendwann einmal nötig werden wird, soziale Erhaltungsverordnungen zu erlassen. In der Vergangenheit war es aber so, dass viele Menschen, die in Wilhelmsburg lebten und Eigentum erwerben wollten oder ihre Wohnsituation verbessern wollten, gar keine Möglichkeit dazu hatten, weil es keine Angebote gab und es sehr schwierig war. Diese Menschen sind dann nicht nur Wilhelmsburg und später Harburg, sondern im schlimmsten Fall der gesamten Stadt verlorengegangen, weil sie alle eine Heimat im Landkreis gefunden haben. Dieser Entwicklung hat die IBA ein Stück weit Einhalt geboten. Hier werden positive Impulse gesetzt, nicht nur durch so spektakuläre Projekte wie die WaterHouses oder Wohnen am Fluss, die Erschließung des Reiherstiegviertels oder das Wieder-urbaner-Machen des Harburger Binnenhafens, sondern durch viele kleine Beteiligungs- und bunte Wohnprojekte, die entstanden sind und entstehen, und das ist in Wahrheit eine positive Entwicklung.

(Beifall bei der SPD und bei Jörg Hamann CDU)

Ich will nur noch ein Wort zum Thema Mietpreissteigerung verlieren. Viele meiner Vorredner haben es schon gesagt, auch Herr Duge. Wichtig ist aber zu betonen, dass sich in Wilhelmsburg etwas abspielt, was seine Ursachen in der gesamtstädtischen Entwicklung hat. So schwierig es auch ist, dass in Wilhelmsburg die Grundstückspreise und die Mieten steigen, es spiegelt die gesamtstädtische Entwicklung wider. Das zeigt, dass Wilhelmsburg von dieser Entwicklung nicht mehr abgehängt ist. Das ist schwierig, aber es ist in Wahrheit in gewisser Hinsicht auch ein positiver Impuls.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus – und ich finde, man muss so ehrlich sein, das auch zu nennen – geht das auch darauf zurück, dass inzwischen Wohnraum in Segmenten angeboten wird, die es in Wilhelmsburg eine Zeitlang kaum noch gegeben hat.

Ich will noch ein besonderes IBA-Programm nennen, das mir sehr wichtig ist und das, wie ich glaube, auch in Zukunft Zugkraft entfalten wird: die Projekte, die unter dem Stichwort KOSMOPOLIS stattfinden. Da geht es nicht nur um energetisches Wohnen, darunter subsumieren wir nicht nur das wunderbare Projekt Bildungszentrum "Tor zur Welt" und alles, was darüber hinaus angestoßen worden ist. Da geht es auch um das Thema Bindungskraft, die die IBA zum Beispiel für den Harburger Binnenhafen entfaltet hat, ein Projekt, das hier noch nicht ausführlich besprochen worden ist. Die Harburger haben zwar schon in den Neunzehnhundertneunzigerjahren begonnen, sich ihren Binnenhafen zurückzuerobern, aber in Wahrheit hat auch hier die IBA die Entwicklung entschieden

vorangebracht. Bisher nicht zugängliche Teile von Uferkanten sind öffentlich zugänglich, und auch im Harburger Binnenhafen kann man schon wieder wohnen und wird man in Zukunft wieder wohnen können. Es wird uns gelingen, Menschen an Harburg zu binden, die uns bisher verlorengegangen sind. Darüber freuen wir uns sehr. Wir sollten alle daran arbeiten, dass es so bleibt.

(Beifall bei der SPD und bei Jörg Hamann CDU)

Frau Stöver hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte damit beginnen, dass ich ganz begeistert bin, dass die SPD ein Projekt der CDU-Regierungen, den "Sprung über die Elbe", so lobt. Ich finde es in Ordnung, dass das öffentlich ausgesprochen wird.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Ist doch schön, wenn Sie mal was gut gemacht haben!)

Wir hoffen natürlich, dass das so bleibt; ich hatte es schon einmal ausgeführt. Das Pflänzchen "Sprung über die Elbe" ist gesät, die Internationale Bauausstellung und auch die "internationale gartenschau" sind Zeichen dieses Projekts. Liebe Kollegen von der SPD, lieber Senat, behandeln Sie sie pfleglich und führen Sie sie gut fort.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir haben sogar Dün- ger dabei! Das wird noch besser!)