Protokoll der Sitzung vom 10.04.2013

Außerdem möchten wir eine praxisnähere Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher und einen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels leisten. Deshalb haben wir als zweiten Punkt ein Modellprojekt für eine duale Ausbildung vorgeschlagen, wie es in anderen Bundesländern schon erfolgreich praktiziert wird.

Beim Betreuungsschlüssel allerdings hat Hamburg leider überhaupt keine Vorreiterrolle. Die Wissenschaft empfiehlt einen Betreuungsschlüssel von 1:3 beziehungsweise 1:4. Unterschiedliche Erhebungen für Hamburger Kitas kommen auf einen

(Christiane Blömeke)

Schlüssel von 1:5,1 oder je nach Berechnungsmethode sogar auf 1:6,7. Zufriedenstellend sieht anders aus.

(Beifall bei der FDP)

Herr de Vries erwähnte bereits das Thema Kita-Inspektion. Herr Scheele, dies wird uns seit Amtsantritt von Ihnen versprochen, es steht aber kein Wort davon in der Drucksache. Auch der Landeselternausschuss hat diese existierende Kita-Aufsicht vergangene Woche als zahnlosen Tiger bezeichnet. Die FDP-Fraktion hat den Senat in einem Antrag aufgefordert, Ankündigungen nun endlich Taten folgen zu lassen. Herr Scheele, ich fordere Sie an dieser Stelle noch einmal auf, endlich beim Thema Kita-Inspektion tätig zu werden.

(Beifall bei der FDP und bei Christoph de Vries CDU)

Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der SPD, ich spreche Sie einmal direkt an: Wenn Sie sich das nächste Mal gegenseitig auf die Schultern klopfen, dann sollte der Anlass die Umsetzung des Kita-TÜVs sein. Schöne Zahlen, die über viele Jahre unter wechselnder politischer Verantwortung gewachsen sind, geben jedenfalls keinen Anlass mehr für Eigenlob. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nun hat Herr Golke das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ritter, damit haben Sie ein kleines Eigentor geschossen. Es ist richtig, die FDP, Herr Senator Lange, haben wahrscheinlich nicht allein das Kita-Gutscheinsystem erfunden und damals gewissermaßen diejenigen, die nicht irgendeinen typisierten Betreuungsbedarf vorweisen konnten, vor der Kita-Tür stehen gelassen. Das und nichts anderes repariert die Bundesregierung, und da machen wir mit, und es repariert gerade diese Bürgerschaft mit den Rechtsansprüchen, unabhängig von einem typisierten Betreuungsbedarf. Das möchte ich einmal festhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass es ab 2014 beitragsfrei sein soll, tragen wir mit, und das ist richtig so.

(Beifall bei der LINKEN – Dietrich Wersich CDU: Da müssen Sie auch nicht viel mittra- gen!)

Ansonsten könnte man zu dieser Debatte auch sagen, dass wir alle es waren, aber wir waren es auch alle allein, die es erfunden haben.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Der Senat setzt nun um, was wir gemeinsam mit dem Landeselternausschuss, den Gewerkschaften

und den Verbänden schon in der Volksinitiative angestrebt haben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und wer hat die initiiert?)

Ihr mal wieder.

Ob Sie es von sich aus auf den Weg gebracht hätten, sei dahingestellt. Ihre bedingungslose Unterstützung der Schuldenbremse, die Stellenstreichungen und die Kürzungen in der sozialen Infrastruktur lassen erahnen, dass Sie ohne Druck innerhalb und außerhalb der Parlamente nicht einmal Mindeststandards umgesetzt hätten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind auch grundsätzlich noch vorsichtig, ob tatsächlich genügend Plätze bereitstehen werden, um den Rechtsanspruch in der Realität sicherzustellen. Hamburg mag da mit 5000 neu geschaffenen Plätzen noch gut dastehen. Hier stehen wir mit Berlin relativ weit vorn, aber die angegebenen 43 Prozent Krippenplätze bleiben eine Prognose, so gibt es die Drucksache auch vor. Und es ist fraglich, ob wir diese Quote erreichen werden.

Viele Baustellen werden vom Senat auch nur teilweise und meist zaghaft umgesetzt. Ein Beispiel ist die Frage der Fachkräfte. Wir hatten letztes Jahr auf die Probleme hingewiesen, die durch den Rechtsanspruch für Krippenkinder ab dem ersten Lebensjahr, aber auch durch "Kita-Plus" und den Ausbau der Ganztagsbetreuung entstehen. Der Beruf der Erzieherin beziehungsweise des Erziehers ist eine anspruchsvolle Tätigkeit. Fachleute haben errechnet, dass Erzieherinnen im Durchschnitt mit 59 Jahren das Handtuch werfen. Auch schon vorher verlassen viele Fachkräfte den Beruf. Die Tätigkeit ist nicht nur von Teilzeitbeschäftigung geprägt, sie ist auch unterbezahlt. Viele ältere Beschäftigte werden in den nächsten Jahren ausscheiden; darauf gehen Sie nicht ein.

Und endlich thematisiert der Senat auf unseren Druck hin auch die Themen Abbau von prekärer Beschäftigung und Erhöhung der Ausbildungskapazitäten. Aber das allein wird nicht zum Erfolg führen. Die Erzieherausbildung auch noch zu verkürzen, wird weder dem Beruf noch der Qualität der Betreuung gerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte, dass die Erzieherinnen und Erzieher, Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter, die auch meinen Sohn für viele Stunden in der Woche betreuen und ihm und anderen Kindern Entwicklung, Selbstbestimmung und Leben ermöglichen, nicht am Monatsende

(Finn-Ole Ritter FDP: Das kommt doch nicht von Ihnen!)

(Finn-Ole Ritter)

ihrerseits Sorge haben müssen, ihre eigenen Kinder gesund ernähren zu können. Dafür ist ihre Arbeit nun wirklich viel zu wertvoll.

(Beifall bei der LINKEN)

Die zweite Baustelle ist die Qualität in der Krippenbetreuung; das hat Herr Ritter schon angesprochen. Wenn gesagt wird, dass Hamburg bei den geschaffenen Plätzen Vorreiter in Westdeutschland sei, möchte ich dem etwas entgegensetzen. In Bezug auf die Qualität ist Hamburg an letzter Stelle. Hamburg hat den schlechtesten Personalschlüssel aller westlichen Bundesländer im Bereich der Krippe. Selbst das von Ihnen in der Senatsmitteilung angeführte Deutsche Jugendinstitut gibt einen Mindestschlüssel von 3:1 Erziehern an. Wir liegen bei etwa 5:1. Und dann reden Sie davon, dass Kitas anerkannte Bildungsorte sein sollen. Das hat doch eher etwas mit Aufbewahrungsstätten zu tun, von Bildungsorten kann keine Rede sein.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Verzeihung, Herr Golke. Meine Damen und Herren! Der Geräuschpegel wird immer stärker. Schenken Sie dem Redner bitte etwas mehr Aufmerksamkeit. – Fahren Sie fort, Herr Golke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Mit dem jetzigen Personalschlüssel im Krippenbereich werden die neuen Hamburger Bildungsempfehlungen nicht umzusetzen sein. Solche Personalschlüssel reichen höchstens aus, um Kinder satt und sauber zu halten. Zu guten Bildungsorten werden die Kitas damit aber noch lange nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben auf die miesen Personalschlüssel hingewiesen und angemahnt, auch die mittelbare pädagogische Arbeit wie Elterngespräche nicht nur in die Bildungsempfehlungen zu schreiben, sondern sie auch zu finanzieren. Vor diesem Hintergrund hat unsere Fraktion auch einen Antrag eingebracht, der morgen abgestimmt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun hat das Wort Herr Senator Scheele.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zwei Vorbemerkungen machen. Die erste richtet sich an Frau Blömeke. Da oben sitzt meine große Tochter, sie ist 24. Sie kann bestätigen, dass ich vor 23 Jahren gut wickeln konnte. Wir machen das, wir gehen in die Kitas. Alle Fraktionssprecher familienpolitischer

Art kommen mit und wir machen da einen Tag. Eine Woche sollten wir denen nicht zumuten, aber einen Tag sollten wir das gemeinsam machen. Machen Sie das? – Sehr gut.

(Beifall bei der SPD)

Zweite Vorbemerkung, denn mir kamen langsam die Krokodilstränen, Herr de Vries. Ich erinnere mich an irgendeine Gebührenerhöhung im Kita-Bereich, die auch Ergebnisse hatte. Also dass das nun unmittelbar im Sinne der Eltern und Kinder war, was Sie abgeliefert haben, daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben im letzten Jahr zum 1. August den Rechtsanspruch ab zwei Jahren eingeführt. Wir haben heute zusammengesessen und geschaut, wo wir stehen. 68 Prozent der Kinder im Alter zwischen zwei und drei Jahren besuchen eine Krippe; das ist ein gutes Ergebnis. Wir werden 75 Prozent erreichen; das ist ein noch besseres Ergebnis. Und wir werden bei dem Alter zwischen ein und zwei Jahren 50 Prozent Abdeckung erreichen und insgesamt über 43 Prozent. Das ist bundesweit in den alten Bundesländern der Spitzenwert.

Es ist nicht so, dass wir nur ein Bundesgesetz umsetzen, Frau Blömeke, das wissen Sie auch. Schauen Sie sich in den Kommunen in Deutschland um. Dort findet teilweise eine Geisterfahrerdebatte darüber statt, ob vormittags und nachmittags getrennt wird. Das tun wir alles nicht, das ist Politik des Hamburger Senats, die auf unseren politischen Beschlüssen basiert und auf 500 Millionen Euro, die wir jährlich in diesem Bereich einsetzen. Das ist viel mehr als bei jedem anderen Senat vorher.

(Beifall bei der SPD)

Und wir machen nächstes Jahr noch mehr; Frau Leonhard hat darauf hingewiesen. Ab dem 1. August 2014 wird die fünfstündige Betreuung inklusive Mittagessen kostenlos sein. Nach meiner Kenntnis gibt es das in Rheinland-Pfalz und hier und sonst nur ganz vereinzelt an wenigen anderen Orten. Das ist vorbildlich und hilft den Eltern tatsächlich.

Wir würden auch gerne noch mehr machen. Wenn es dieses unselige Betreuungsgeld nicht gäbe, dann hätten wir mehr Geld, das man in den Krippenausbau stecken könnte. Und weil wir das Geld in den Krippenausbau stecken wollen, klagen wir vor dem Bundesverfassungsgericht gegen diesen Unsinn.

(Beifall bei der SPD)