Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Werden hier die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung missachtet, führt das zu Widersprüchen, die auch der Rechnungshof ganz deutlich dargestellt hat. Gerade im Bereich der Auslagerungen der Schulbauten wurden diese nicht eingehalten; darauf wird der Kollege Heinemann in der morgigen Debatte genauer eingehen.

(Arno Münster SPD: Kann er doch schon heute machen!)

Genauso fehlerhaft ist nach Einschätzung des Rechnungshofs der Abschluss der Hamburger Friedhöfe, eine Anstalt öffentlichen Rechts. Dort wurden zum 1. Januar 2011 die Grundstücke neu

bewertet, und der Bilanzansatz stieg von 700 000 Euro auf sage und schreibe 448 Millionen Euro. Der Senat hat diese fehlerhaften Werte unverändert in seinen Konzernabschluss übernommen. Diese Neubewertung ist aber ein Verstoß gegen das Anschaffungs-Kostenprinzip nach Paragraf 253 HGB.

(Jan Quast SPD: Können Sie das bitte mal kurz erläutern!)

Auch die Investitionszuschüsse, die die Freie und Hansestadt Hamburg an Dritte vergeben hat, wurden nicht richtig verbucht. Sie müssen nach Abschluss der Investitionen auf das Sachkonto umgebucht und dann abgeschrieben werden. Die Umbuchung erfolgte jedoch teilweise, und teilweise sogar um Jahre nach hinten verlagert, also dementsprechend erst viele Jahre später.

(Jan Quast SPD: Wer hat das denn in frühe- ren Jahren versäumt?)

Herr Quast, Sie können sich gern auch noch melden, wenn Sie ergänzende Kommentare haben.

Damit ist der zeitgerechte Beginn der Abschreibungen nicht gewährleistet und die Bilanz fehlerhaft.

(Jan Quast SPD: Wann hätte das denn be- ginnen müssen?)

Der Bericht des Rechnungshofs zeigt durchgängig das Fehlen eines internen Kontrollsystems wie zum Beispiel Plausibilitätsroutinen.

(Jan Quast SPD: Wer hat denn regiert?)

Gäbe es so ein Kontrollsystem, hätte auffallen müssen, dass im Jahresabschluss die Stadt die Forderungen aus der Grundsteuer zu hoch ausgewiesen hat. So ist dementsprechend auch niemandem aufgefallen, dass eine Steigerungsquote von 3000 Prozent gegenüber dem Vorjahr hätte fehlerhaft sein müssen. Ohne Plausibilitätssystem war das nicht möglich.

Auch in einem weiteren Punkt entspricht die Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung.

(Jan Quast SPD: Ordnungsmäßiger!)

Für die Prüfung der Aufwendungen hat der Rechnungshof Belege angefordert. Aus 165 000 Buchungen wurden nach mathematisch-statistischen Regeln 1462 Belege angefordert. Davon konnten jedoch nur 772 Belege vorgelegt werden. Und von diesen Belegen waren dann immerhin auch noch 8,4 Prozent fehlerhaft. Etwas mehr als die Hälfte der geforderten Belege wurde geliefert, und dabei tauchte noch ein Großteil an Fehlern auf. Hier wurde der Grundsatz der Belegbarkeit nach Paragraf 238 HGB verletzt.

Insgesamt zeigt der Bericht des Rechnungshofs, dass eineinhalb Jahre vor Ablösung der kameralen

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

Buchführung durch die staatliche Doppik die Verwaltung noch lange nicht bereit ist.

(Beifall bei der CDU)

Es fehlt ein vollständig wirksames, internes Kontrollsystem. Die Übereinstimmung von Nebenbüchern und Hauptbuch ist noch nicht vollständig gewährleistet. Die Belegführung entspricht noch nicht in allen Bereichen den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung. Bilanzielle Wertberichtigungen für voraussichtlich nicht eingehende Zahlungen werden nur unzureichend vorgenommen, sodass die Forderungen im Ergebnis zu hoch ausgewiesen im Haushalt abgebildet werden.

Dem Antrag, dass die Stadt mehr Steuerprüfer ausbilden will, haben wir vorhin zugestimmt. Vielleicht sollten diese Experten zunächst in die Hamburger Verwaltung gehen

(Jan Quast SPD: Das haben Sie aber voll- kommen missverstanden!)

und dort die kaufmännische Buchführung ein wenig mehr kontrollieren – das sind Steuerprüfer –, und es war auch ein wenig fehlgeleitete Polemik. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kreuzmann. – Das Wort hat Frau Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich ganz herzlich beim Kollegium des Rechnungshofs und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs für die Vorlage der Prüfung des Jahres- und Konzernabschlusses 2011 bedanken, den Sie uns zusätzlich zum eigentlichen Jahresbericht vorgelegt haben.

Seit der Aufstellung der Eröffnungsbilanz im Jahr 2006 prüft der Rechnungshof die Jahresabschlüsse der Freien und Hansestadt Hamburg, und viele Problemstellungen wurden da schon angesprochen, die wir gemeinsam im Rechnungsprüfungsausschuss diskutiert haben. Das war nicht immer leichte Kost für uns, es ist auch nicht gerade bequem, und zuweilen war es auch konfliktbeladen.

Soweit ich das heute überblicke, wird es dieses Mal aber wohl etwas "easier" werden. Es sind wohl keine Grundkonflikte zu erwarten, denn die Finanzbehörde hat dort, wo es erforderlich ist, bereits Korrekturen beziehungsweise Mängelbeseitigung zugesagt. Dennoch können wir auf die Hinweise und Hilfestellungen, vor allen Dingen auch auf die Erörterungen der aufgezeigten Probleme im Zusammenhang mit dem vorgelegten Bericht nicht verzichten, denn die Umstellung auf das kaufmännische Rechnungswesen ist kein Pappenstiel. So

weit ich es überblicke, sind wir überwiegend keine Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhalter, und wir müssen uns als Abgeordnete auf diese fremde Materie einstellen.

Aber, Herr Kreuzmann, eine Korrektur sei zu Ihrem Beitrag angemerkt. Die Doppik heißt nicht Doppik, weil man zwei Konten anzieht, sondern weil der Gewinn eines Unternehmens auf zwei Wegen ermittelt wird. Wir sollten vielleicht einmal diskutieren, was das in Bezug auf die Hansestadt heißt.

Letztlich ist es so, dass der Rechnungshof dann im Echtbetrieb, in dem wir noch nicht sind, über die Erteilung und auch die Versagung des Bestätigungsvermerks entscheiden wird. Bis dahin müssen die Doppik und die Bilanzierung funktionieren, und das trainieren wir hier alle.

Meine Damen und Herren! Zurzeit werden die Abschlüsse für den Kernhaushalt und den Konzern von der Verwaltung freiwillig neben der kameralen Haushaltsrechnung vorgenommen. Das ist natürlich auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der hamburgischen Verwaltung eine doppelte Belastung. Darum möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hamburger Verwaltung bedanken, dass sie diese Belastung auf sich nehmen und uns dadurch Gelegenheit geben, uns allmählich an das neue Haushaltswesen heranrobben zu können. Erst 2015 ist Hamburg gewissermaßen bilanzpflichtig, und dann wird scharf geschaltet.

(Beifall bei Sylvia Wowretzko SPD)

Der Rechnungshof bemängelt bei der Umsetzung des neuen Haushaltswesens handwerkliche Fehler wie die noch immer unzureichende Ordnungsmäßigkeitskultur und Buchführungskultur; Herr Kreuzmann hat darauf hingewiesen. Das ist keine Pennschieterigkeit, denn es geht darum, dass wir auch als Abgeordnete mit der Doppik ein wirksames Steuerungsinstrument in die Hand bekommen, um dann auf einer soliden Datenbasis auch unsere Kontrollfunktion und unsere Abgeordnetenfunktion in Bezug auf den Haushalt wahrnehmen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Wo die Daten nicht korrekt sind, kann das nicht funktionieren; das hat der Rechnungshof an vielen Beispielen aufgezeigt. Darüber sollten wir im Einzelnen im Unterausschuss sprechen. Ich finde, das ist doch im Einzelnen kein Thema, das debattentauglich ist.

Meine Damen und Herren! Ein zentrales Thema des Prüfberichts ist die Erfassung der Grundstücke und Buchungen im Zusammenhang mit der Gründung von Schulbau Hamburg. Auch wenn das Thema Sondervermögen Schulbau einen vergleichsweise breiten Raum in der Bewertung der Abschlüsse von Kernverwaltung und Konzernbi

(Thomas Kreuzmann)

lanz einnimmt, geht es doch vor allen Dingen um Fragen der Rechnungslegung wie Bewertung, Vollständigkeit, Abschreibung, Rückstellungen und Fragen der Erträge, auch im Zusammenhang mit künftigen Mieten der Schulen.

Wir können hier nicht nachvollziehen, dass die CDU den Bericht unbedingt auch an den Schulausschuss überweisen wollte. Wir wollen den Bericht an den Haushaltsausschuss überweisen und von dort an den Unterausschuss für die Prüfung der Haushaltsrechnung, wo dann in bewährter Art und Weise die angedeuteten Fragen und Probleme erörtert werden können.

Der Bericht des Rechnungshofs geht auch noch auf andere Themen ein, wie beispielsweise Bankvorgänge bei der Kasse Hamburg, Forderungen aus gewährten Sozialhilfedarlehen oder Grundsteuerschulden sowie Fragen der Rechnungsabgrenzung und der Jahresabschlüsse der Hamburger Friedhöfe. Ich weiß wirklich nicht, was diese Themen im Schulausschuss sollen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte daher um Überweisung des Berichts an den Haushaltsausschuss, damit wir damit entsprechend weiterverfahren können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Schaal. – Das Wort hat Frau Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich auch für meine Fraktion dem Dank an den Rechnungshof anschließen, der uns mit diesem Bericht weitere Grundlagen gibt, um der ganzen Thematik des Konzernabschlusses und der Prüfung dieses Abschlusses gerecht zu werden. Ich möchte nach meinen Vorrednern nur drei Punkte aufgreifen.

In der Tat ist die Diskussion über die Abschreibungsbedarfe beim Schulbau hier schon einige Debatten wert gewesen. Aber ich will nur darauf hinweisen, dass uns der Rechnungshof mit seiner Auseinandersetzung bei diesem Punkt eine Frage mit aufgibt, die auch an den Senat gerichtet wird, nämlich ob wir noch andere Gebäudebestände im Kernhaushalt der Stadt haben, die solche Abschreibungsbedarfe aufweisen. Da liegt es wirklich nahe, zumindest beim Bereich der Hochschulen sich in naher Zukunft einmal stärker damit zu beschäftigen, weil deren Nutzung ähnlich eingestuft wird und ihr Buchungswert mit 890 Millionen Euro vielleicht auch noch einmal überprüfbar werden muss. Das ist ein Hinweis, der durchaus aktuellen Gehalt hat, weil wir gerade im Bereich Hochschule und Neubau der Hochschulen aktuelle Herausforderungen vor uns haben.

Ein zweiter Punkt ist, dass uns diese Darlegung des Rechnungshofs noch einmal in besonderer Weise auf ein bestimmtes Problem hinweist und unsere Aufmerksamkeit noch einmal darauf lenkt, wie es eigentlich mit dem Vermögenserhalt aussieht. Ich sage nichts Neues, denn wir wissen, dass das bei den Ergebnissen, die wir in den letzten Jahren beim Konzernabschluss hatten, kein wirklicher Erhalt ist, sondern das Gegenteil. Der Rechnungshof gibt uns mit diesem Bericht auf Seite 13 noch einmal eine ganz gute Darstellung, indem er aufzeigt, wie es eigentlich mit der Entwicklung des Sachanlagevermögens aussieht. Es wird hier dargestellt, wie es im zeitlichen Verlauf aussieht mit dem Wert und dem Erhalt unserer Sachanlagen. Er zeigt auf, wo wir unter einer Substanzerhaltungsschwelle liegen, wenn wir reinvestieren oder Erhaltungsinvestitionen nicht ausreichend tätigen. Diese Substanzerhaltungsschwelle wird mit 50 Prozent angegeben. Das ist eine sehr eindrucksvolle Darlegung, bei der man sehen kann, in welchen Bereichen wir die Substanz zu stark vernachlässigen und in welchen Bereichen wir schon die Kurve kriegen.

Das ist im Übrigen der Schulbau oder der Bereich Bildung. Ich denke, dass Schulbau dort eine Rolle spielt, wo wir die Kurve nehmen und damit die Substanzerhaltungsschwelle gehalten wird. Aber im Bereich Hafen, Straßenanlagen und anderen Bereichen sieht es schon sehr schwierig aus. Ich erwähne das, weil die Investitionsquote im Haushalt ein Problem darstellt, das sich bei den Haushalten, auch unter dem jetzigen Senat, potenziell noch verschärfen könnte, wenn man sich die Investitionsquoten anschaut. Aber dann muss man natürlich über den Kernhaushalt hinausschauen.