Protokoll der Sitzung vom 29.05.2013

In Hamburg sind derzeit 433 Großunternehmen mit jeweils mehr als 250 Beschäftigten ansässig. Wir haben immerhin neun Unternehmen, die im DAX, M-DAX oder Tech-DAX notiert sind. Zwischen 2001 und 2013 haben immerhin 44 Unternehmen ihre Konzernzentrale nach Hamburg verlagert. Ich möchte mich dazu hinreißen lassen, ein durchaus interessantes Zahlenspiel ins Plenum einzubringen. Zwischen 2001 und 2010 waren es 24 Unternehmen, und seit 2011 haben immerhin 20 Unternehmen ihren Unternehmenssitz nach Hamburg verlagert. Ich finde, das ist ein deutlicher Beweis für die gute Wirtschaftspolitik dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Richtig ist, Sie haben schon darauf verwiesen, dass Hamburg gerade bei der Anwerbung auf seine Clusterschwerpunkte zurückgreifen kann. Wichtig ist mir aber auch festzustellen, dass es gerade dieser Senat ist, der einen eindeutigen Schwerpunkt auf die Stärkung anwendungsnaher Forschung in Hamburg setzt. Dazu haben wir viele Projekte bereits angestoßen; auch das war schon Thema im Plenum. Ich will stellvertretend zwei Beispiele nennen, nämlich das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung und den InnovationsCampus Green Technologies an der TU HamburgHarburg. Das sind Projekte, die dieser Senat angestoßen hat und bei denen es genau darum geht, anwendungsnahe Forschung mit Hamburger Wirtschaft und Industrie zu verknüpfen und Synergien zu schaffen. Ich finde, dass dies ein sehr großer Beitrag zur Steigerung von Hamburgs Attraktivität ist, und die Zahlen, die ich eben zum Ausdruck gebracht habe, sind ein eindeutiger Beleg für diese Strategie.

(Beifall bei der SPD)

Die Masterpläne für Industrie und Handwerk haben Sie selbst schon angesprochen. Auch die ergänzen natürlich diese Strategie.

Wie international ist Hamburg nun in seiner Schulund Hochschullandschaft? Hamburg verfügt über neun internationale Schulen und immerhin 44 bilinguale Schulen. Das ist auch im nationalen Vergleich ein hervorragender Wert, der unterstreicht, wie lang die Tradition von internationaler Ausrichtung in Hamburgs Schullandschaft ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die Hochschulen angesprochen. Ohne Frage kann man, was das Thema Internationalisierung angeht, immer sagen, dass mehr getan werden muss. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Hamburg und Hamburgs Hochschulen eine lange Tradition bei diesem Thema haben. Wir hatten erst kürzlich im Wissenschaftsausschuss Gelegenheit, die Hochschulen dazu zu befragen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass beispielsweise die Universität Hamburg seit 2010 verstärkt auf strategische Hochschulpartnerschaften setzt. Es existieren beispielsweise jetzt, relativ neu, strategische Partnerschaften mit Aarhus und Syddansk, mit der KarlsUniversität in Prag, mit St. Petersburg selbstverständlich, aber zum Beispiel auch mit der Universität Stellenbosch bei Kapstadt in Südafrika. Derzeit befinden sich Partnerschaften beispielweise mit Sao Paulo, New York, Seoul und Taiwan im Aufbau beziehungsweise in der weiteren Vertiefung. Die Universität Hamburg hat dezidiert auch in der Großen Anfrage dargelegt, wie sehr sie an diesem Thema interessiert ist. Dass man immer mehr tun kann, gebe ich gern zu, aber es kann keinesfalls die Rede davon sein, dass nichts passiert.

Die TU Hamburg-Harburg haben Sie schon angesprochen. Sie ist ohne Frage eine der Hochschulen, die das Thema Internationalisierung schon seit langer Zeit selbst zu ihrem Programm erklärt hat. Sie hat bereits jetzt mehr als 20 Prozent ausländische Studierende, und sie bietet immerhin seit 1997 englischsprachige Studiengänge an. Die HAW, Hamburgs große Fachhochschule, ist auch seit vielen Jahren auf diesem Gebiet sehr aktiv. Es gibt mehr als hundert Partnerschaftsverträge auf Fakultäts- und Dekanatsebene oder beispielsweise seit 25 Jahren eine Partnerschaft mit der Universität Shanghai. Es kann also keine Rede davon sein, dass in den vergangenen Jahren in Hamburg nichts passiert ist. Die Hochschulen werden dies weiter ausbauen. Ein Beleg dafür ist auch die Zahl von 9500 ausländischen Studierenden in Hamburg. Das ist im Vergleich mit anderen Bundesländern eine ordentliche Zahl, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Nun komme ich zur Frage ausländischer Fachkräfte. Sie sagen, der Senat tue diesbezüglich nichts und habe keine Strategie. Dem will ich eindeutig widersprechen. Am 1. August vergangenen Jahres ist in Hamburg das Hamburger Anerkennungsgesetz in Kraft getreten. Damit waren wir das erste Bundesland, das ein solches Gesetz flankierend zur Bundesgesetzgebung überhaupt erlassen hat. Ich finde, das ist eine Ausnahme, die schon einmal Erwähnung finden sollte. Erwähnen will ich auch das Stipendienprogramm, das der Hamburger Senat eben genau für Ausländer, die sich um eine Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse bemühen, aufgelegt hat. Dafür sind bis zum März 2013 850 000 Euro geflossen; es stehen allein für dieses Jahr noch weitere 500 000 Euro zur Verfü

gung. Ich finde, dass das eine ordentliche Leistung ist, auf die die Stadt und die zuständige Behörde zu Recht stolz sein können.

(Beifall bei der SPD)

Ohne Frage schwierig – und da müssen wir noch einmal gemeinsam ran – ist die Datenlage beispielsweise zur beruflichen Qualifizierung von Zuwanderern. Die einzigen Zahlen, die wir haben, sind die zu den Schulabschlüssen. Ich will sie dem Plenum allgemein nennen. Wir haben in Hamburg etwa 200 000 Ausländer – so schwierig dieser Begriff auch ist, aber ich will ihn einmal benutzen –, von denen 40 000 über einen Hauptschulabschluss verfügen, 36 000 über eine mittlere Reife, 59 000 immerhin über ein Abitur oder ein Fachabitur; 40 000 haben leider überhaupt keinen Schulabschluss. Ohne Frage müssen wir, was die berufliche Qualifizierung von Zuwanderern angeht, dringend die Datenlage aktualisieren. Das ist, glaube ich, in unser aller Interesse. Verweisen will ich noch auf die aktuell geschlossenen Abwerbeabkommen mit Griechenland und Spanien, über die wir jetzt für Hamburger Unternehmen Auszubildende suchen. Auch dies ist ein wichtiger Beitrag für unsere regionale Wirtschaft, um den Bedarf an Auszubildenden zu decken.

Nicht verständlich waren mir auch Ihre Aussagen zum Tourismus, denn ohne Frage knüpft Hamburg hier an eine gute Vorarbeit an. Ich will die Zahlen durchaus noch einmal nennen. Wir hatten allein in den vergangenen zehn Jahren eine Steigerung von knapp 5,5 Millionen Touristen auf mehr als 10 Millionen Touristen. Das Ziel des Hamburger Senats sind 18 Millionen Übernachtungen bis zum Jahr 2020. Dies ist ein ambitioniertes Ziel, aber es ist richtig, sich dieses Ziel zu setzen. Wir hatten schon im Wirtschaftsausschuss Gelegenheit, darüber zu reden. Auch die Neuausrichtung des Congress Centrums war schon Thema im Wirtschaftsausschuss. Ich finde, dass wir auch hier auf einem guten Weg sind.

In diesem Sinne: Hamburg ist sehr gut aufgestellt und muss sich nicht hinter anderen Bundesländern verstecken. Ich glaube, dass wir auch in den kommenden Jahren bis zum Jahr 2020 bei diesem Thema sehr erfolgreich sein werden.

(Dietrich Wersich CDU: Danke an die CDU!)

Dank der guten Vorarbeit von sozialdemokratisch geführten Senaten vor 2001, Dank auch Ihrer Arbeit, ohne Frage, in den zehn Jahren Ihrer Regierungsverantwortung, aber auch Dank für die hervorragende Arbeit, die dieser Senat leistet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Tjarks, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Normalerweise laufen diese wirtschaftspolitischen Debatten, die in diesem Plenum so gut besucht sind, immer nach dem gleichen Muster ab. Die CDU erklärt, dass sie von 2001 bis 2011 gute Arbeit gemacht hat und warum Sie es besser gemacht hat als die SPD. Daraufhin rechtfertigt sich die SPD und erzählt, warum Sie es besser gemacht hat als die CDU. Diesmal hat sich die Debatte eher nach dem Muster des "Hamburger Abendblatts" gerichtet, das regelmäßig fragt: New York, Rio, Tokio, Hamburg – sind wir eigentlich noch eine Weltstadt? – und dann jeden Monat zu dem Ergebnis kommt: Ja, wir sind noch eine Weltstadt. Auch Sie haben sich eben noch einmal vergewissert, dass die Internationalität Hamburgs okay ist. Wir finden es richtig, denn es ist genau der Punkt, dass man, wenn man auf eine Tradition stolz ist – der Hafen als internationalster Ort kam in Ihrer Rede vielleicht ein bisschen wenig vor –, dazu neigt, sich lange darauf auszuruhen. Damit das Tor zur Welt nicht das Tor zur Provinz wird, muss man diese Selbstvergewisserung ab und zu vorantreiben. Insofern herzlichen Dank für diese Anfrage.

Sie haben, Frau Prien, den Begriff Internationalität zugrunde gelegt. Sie haben von offenen WLANNetzen bis hin zu bilingualen Kindergärten wirklich viel abgefragt. Was mir an dieser Anfrage ein bisschen gefehlt hat, war der Punkt Stadtentwicklung, das Thema IBA/igs, weil das genau ein Punkt ist, wo Hamburg versucht, international abzustrahlen. Ich glaube, dass auch die Frage nach der Kultur nicht irrelevant ist. Wir haben große bedeutende Museen und Theater, und das sind Dinge, die nicht nur durch Touristen gefüllt werden, sondern auch, wir sind in einer wirtschaftspolitischen Debatte, auf den Wirtschaftsstandort abstrahlen.

In Bezug auf die Wirtschaftsförderung und Internationalität sind wir eher der Meinung, dass die fast ein bisschen zu international aufgestellt ist. Wirtschaftsförderung hat durchaus als erste Aufgabe, sich um den Bestand zu kümmern, den zu verbessern, den weiter zu fördern. Hier haben wir in Hamburg einiges zu bieten, und das steht bei knapperen Ressourcen unseres Erachtens vor der Anwerbung aus Fernost.

Sie haben die ausländischen Berufsqualifikationen angesprochen. Wir begrüßen das Gesetz zur Regelung der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen durchaus und haben dem zugestimmt. Man muss an dieser Stelle aber natürlich sagen, dass es zwar gut ist, dieses Gesetz erlassen zu haben, dass die Erfahrungen aber, soweit sie uns bekannt sind, dann doch eher ernüchternd sind. Wir haben eine Situation, die bei Betroffenen relativ viel Frust erzeugt und in der wir Potenziale, die es hier gibt, ungenutzt lassen. Das ist eine Aufgabe für die Bundesregierung, die sich hier noch stärker bewegen muss, und das ist eine Aufgabe,

(Philipp-Sebastian Kühn)

die sich durchaus auch an die CDU richtet. Wenn man von wirklicher Internationalität redet, dann wollen wir dort einen größeren Schritt vorankommen, gerade auch auf Bundesebene.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein anderer Ort, der der Internationalität Hamburgs demnächst durchaus noch stärker wird Ausdruck verleihen können – das wurde in der Anfrage auch gestreift –, ist das CCH. Wir sind gerade dabei, einen umfangreichen Prozess vorzubereiten und zu überlegen, wie wir das CCH revitalisieren können. Wir sind im Wesentlichen dafür. Es ist natürlich nicht ganz günstig, und deswegen muss man sehr genau überlegen, was wir machen. Wir als GRÜNE Fraktion würden uns auch im Sinne einer clusterbasierten Wirtschaftspolitik, die das Cluster erneuerbare Energien in den Vordergrund rückt, wünschen, dass das CCH am Ende des Revitalisierungsprozesses in der Lage ist, nachhaltige Kongresse, grüne Kongresse auszurichten. Die Voraussetzung hierfür ist mindestens eine Zertifizierung nach dem DGNB-Standard der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, denn dann hat man eine attraktive Stadt am Wasser, die grün ist. Das kann man in die Tourismusförderung einfließen lassen, das kann man in die Kongresswerbung einfließen lassen, was auch international abstrahlen kann, denn viele Kongresszentren, die grüne, CO2-freie Kongresse ausrichten können, gibt es insgesamt noch nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dies gilt nicht nur für den Geschäftstourismus, sondern auch für den Privattourismus. Sie hatten bereits erwähnt, dass unsere Quellmärkte im Wesentlichen aus dem deutschsprachigen Raum plus ein bisschen Dänemark und Niederlande kommen. Auch hier gilt es, eine Gesamtstrategie für die Internationalisierung zu erarbeiten, aber auch eine Gesamtstrategie, wie man nachhaltigen Tourismus formieren kann. Wir haben bisher den Eindruck, dass die HTT eher daran interessiert ist, Masse zu machen, weniger Klasse. Bei der Klasse wären durchaus Leute dabei, die man vielleicht rudimentär als Creative class bezeichnen kann, die später Investitionsentscheidungen treffen können, auch im Sinne von Hamburg. Deshalb würden wir uns einen stärkeren Fokus auf grünes Reisen wünschen. Wir glauben, dass das bei der HTT bisher nur sehr bedingt aufgehoben ist.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass wir internationale Attraktivität durch ein Sammelsurium von Maßnahmen erreichen. Ich würde mir wünschen, dass wir an bestimmten Stellen Vorreiter sind, dass wir kreativ und innovativ sind, dass wir insbesondere auf Klasse setzen und nicht mehr so sehr auf Masse. Wenn wir den Trend setzen, dann können wir auch als eine kleine Weltstadt ganz besonders davon profitieren. – Herzlichen Dank.

Herr Dr. Kluth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen und Kolleginnen! Ohne Zweifel ist die internationale Attraktivität Hamburgs ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortqualität unserer Stadt. Auch wir bedanken uns daher bei der CDU für die Initiative ihrer Großen Anfrage. Die gute Botschaft für mich und die schlechte Botschaft für Sie lautet, dass ich schon so viel Redezeit bei der HSH-Nordbank-Debatte verbraucht habe, dass ich mich kurz fassen muss.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das war die richtige Entscheidung!)

Darum möchte ich mich auf zwei Punkte fokussieren. Der erste betrifft das Thema Fachkräfte. Herr Kühn, ganz so positiv sieht die Bilanz des Senats meines Erachtens nach nicht aus, wie Sie es uns versucht haben darzustellen. In der Drucksache 20/4853 hat der Senat nämlich festgestellt, dass Hamburg bereits 2011 585 freie Stellen für Ingenieure und 873 freie Stellen in Gesundheitsberufen hatte. Was aber wurde bisher unternommen, um gegen diesen Fachkräftemangel etwas zu tun? Anscheinend nichts, denn aus der vorliegenden Großen Anfrage geht hervor, dass eine Anwerbestrategie, also die Gewinnung von Fachkräften aus dem In- und Ausland, erst in der Fachkräftestrategie behandelt werden soll, die uns nun seit gestern vorliegt, also mit einem Zeitverzug von mindestens zwei Jahren. Der drohende und in einigen Berufen bereits eingetretene Fachkräftemangel ist kein neues Problem. Trotzdem verschläft der Senat eine nachhaltige Strategie zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Unserer Auffassung nach besteht hier Handlungsbedarf.

Der zweite Punkt betrifft die Ansiedlung internationaler Unternehmen. Zur Förderung von Wachstum und Dynamik ist die Ansiedlung weiterer Unternehmen, die Gewinnung von Investoren, Unternehmensgründern und internationalen Unternehmen unumstritten wichtig. Hamburg braucht dabei eine bessere Darstellung des Wirtschaftsstandorts. Hamburg braucht eine Bündelung von Investitionsanreizen und eine stärkere Profilierung im Standortwettbewerb, denn der Konkurrenzkampf, das ist uns allen bekannt, um Standorte nimmt zu. Aus der Großen Anfrage der CDU geht hervor, dass wir zurzeit in Hamburg 433 Großunternehmen mit jeweils mehr als 250 Beschäftigten haben. Das ist zunächst einmal gut, sagt aber nichts über das Spektrum dieser internationalen Unternehmen aus. Die Anzahl von nur neun DAX-, M-DAX- und TechDAX-Unternehmen ist nach unserer Auffassung definitiv ausbaufähig. Leider folgen auf die Frage

(Dr. Anjes Tjarks)

nach der Ansiedlungs- und Anwerbestrategie des Senats nichts als Floskeln und Plattitüden,

(Jan Quast SPD: Sie hätten doch früher auf- hören sollen, Herr Kluth!)

beispielweise, dass Hamburg aufgrund seiner geografischen Lage, des Hafens, der Infrastruktur, des gut ausgebauten ÖPNV oder seiner hohen Lebensqualität eine attraktive Stadt sei. Meine Damen und Herren, das ist erstens nichts Neues, und zweitens hat es wenig mit dem Senat zu tun. Wo also sind die konkreten Ansiedlungsstrategien? Wir meinen, Clusterpolitik allein ist nicht ausreichend, um mehr internationale Unternehmen zu akquirieren. Es bleibt also viel zu tun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Frau Artus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Die Große Anfrage behandelt im Grunde genommen viele Themen, die die CDU unter dem Dach "Internationales" zusammengefasst hat. Leider werden viele Bereiche nur am Rande geschrammt, manche fehlen auch. Das ist schade, denn grundsätzlich ist es eine gute Idee, den internationalen Charakter Hamburgs einmal gebündelt darzustellen. So aber haben Sie der SPD und dem Senat wirklich eine Steilvorlage zur Darstellung seiner aktuellen Wirtschaftspolitik vorgelegt.

Die Themen, um die es in der Großen Anfrage geht, sind Wirtschaft, Förderung von und Vergünstigungen für Unternehmen, Anwerbung von Fachkräften, Fördermaßnahmen für Zugewanderte, Städtepartnerschaften, das schon benannte WLAN, internationale Kindergärten und Schulen, Studierende und Universitäten, Tourismus und das Marketing dafür, öffentlicher Personennahverkehr, die Messe und ein bisschen Sport. Die CDU-Fraktion konstatiert im Eingangstext, dass Hamburg in den vergangenen zwölf Jahren aus einem Dornröschenschlaf erwacht sei. Ich habe mich gefragt, was vor diesen zwölf Jahren gewesen sein soll. Eine schlafende statt eine wachsende Stadt? Das ist natürlich völlig vermessen, denn Hamburg ist seit Jahrhunderten ein bedeutendes Wirtschaftszentrum, allein durch den Hafen. So kann ich nur vermuten, dass die SPD und der Senat mit der Großen Anfrage gewissermaßen entlarvt werden sollen, ob sie die Stellung Hamburgs im internationalen Vergleich gut entwickeln, und der Redebeitrag von Frau Prien hat mir offensichtlich recht gegeben.

Die CDU hebt als Grundlage die Ergebnisse einer Beratungsgesellschaft hervor, nach der München und nicht etwa Hamburg die Stadt mit der höchs

ten Lebensqualität in Deutschland ist; die "Bild"-Zeitung hat Sie dafür auch schon ein bisschen durch den Kakao gezogen, Frau Prien. In der Pressemeldung der Beratungsgesellschaft heißt es aber auch, dass die Unterschiede zwischen den deutschen Städten nur minimal seien. Das steht im Absatz nach demjenigen, den Sie in der Großen Anfrage zitiert haben.

Warum wurde diese Umfrage überhaupt gemacht? Die Selbstauskunft der Beratungsgesellschaft dazu ist, dass sie Regierungen und internationalen Unternehmen bei der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland dienen soll. Ich möchte einige Aspekte darstellen, die aus meiner Sicht fehlen, die aber wichtig sind, um Hamburg als Lebens- und Arbeitsort für Menschen aus anderen Ländern zu skizzieren.

Da wäre zum einen die Aufspaltung der Stadt in arm und reich, so wie es in keiner anderen Region Deutschlands der Fall ist. Die Auswirkungen auf die Kaufkraft der Bevölkerung bei wachsender prekärer Beschäftigung und Altersarmut wären eine sinnvolle und notwendige Ergänzung gewesen. Nehmen Sie sich vielleicht einmal – Sie haben ja das C in Ihrem Parteititel – eine Aussage des Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, zu Herzen, der dazu Folgendes ausführte:

"Die drastische Ausweitung des Niedriglohnsektors in den letzten Jahren hat die Gerechtigkeitslücke in Arbeitswelt und Wirtschaft erheblich vergrößert. Auch im internationalen Vergleich belegen wir dabei keinen guten Platz. Es muss noch stärker ins politische Bewusstsein rücken, dass Deutschland mit 6,5 Mio. Menschen einen vergleichsweise besonders großen Niedriglohnsektor aufweist. Er wuchs im letzten Jahrzehnt um 2,3 Mio. Beschäftigte an."

Zitatende.

Ist Deutschland, ist Hamburg damit aber attraktiv für Menschen, die aus anderen Ländern bei uns arbeiten und leben wollen? Nirgendwo sind die Gehälter so langsam gestiegen wie hier, und das ist, abgesehen davon, dass DIE LINKE das als Skandal bezeichnet, auch ein sehr bedeutender Aspekt bei der Frage, wie attraktiv eine Stadt als Wohnund Arbeitsort ist.

(Beifall bei der LINKEN)