Protokoll der Sitzung vom 12.06.2013

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Frau Möller hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte auch auf den Innensenator eingehen, der die Komplexität des Gesetzes dargestellt hat, aber keinen einzigen politischen Satz und keinen Hinweis auf seine politische Position zu diesem Thema von sich gegeben hat.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Politik steht nicht über dem Gesetz! – Christiane Schneider DIE LINKE: Er hat gesagt, er will nicht!)

Nein, Politik steht nicht über dem Gesetz, aber man lernt auch sehr früh, dass Politik helfen kann, Gesetze umzusetzen. Ich denke, da sind wir uns einig, Herr Dressel. Auch Sie wissen, dass die europäische Asylregelung und Asylgesetzgebung weitaus komplexer ist als zum Beispiel das deutsche Asylrecht. Und wenn diese Menschen nach Italien abgeschoben werden, dann haben sie weiterhin ein Schengen-Visum und können einfach wiederkommen.

(Kazim Abaci SPD: Ja, dann können sie drei Monate bleiben!)

Es gibt keine Lösung, es bleibt diese Lücke in der europäischen Asylgesetzgebung, auf die man dringend hinweisen muss. Wir haben hier und heute eine Gruppe von rund 300 Menschen in der Stadt, die sich genau darin verfangen hat. Das ist das Hauptthema hier. Dass es einfach sein wird, einen Paragrafen im deutschen Ausländerrecht zu finden, der genau auf diese Gruppe passt, und sie deshalb hierbleiben können, hat niemand gesagt. Wir haben in Hamburg aber viele Beispiele dafür, weil Hamburg oft diesen Impuls gegeben hat. Zum Beispiel hat es als erstes Bundesland angefangen, Abschiebungen nach Afghanistan einzustellen und eine sogenannte Kinderregelung für Kinder aus verschiedenen afrikanischen Ländern, deren Eltern hier gelebt haben, eingeführt. Einer bestimmten Gruppe Schutz zu geben, ist das, was politisch – rechtlich sowieso – möglich und notwendig wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Sie sollten dieses Signal an den Bund geben und alles das, was Sie eben aufgezählt haben, deutlich machen: dass sich niemand dafür interessiert und das Thema anfassen will und dass alle denken, sie kommen aus Italien zwar wieder, aber erst einmal brauchen wir uns mit dem Thema nicht zu beschäftigen, wenn wir sie zurückschicken. So kann es doch nicht weitergehen.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann können die doch alle hierherkommen!)

Was ist das für ein Umgang mit Menschen, die sich in den Fallstricken der europäischen Asylregelungen verfangen?

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Es geht nicht um rechtliche Übertretungen, die wir wollen, oder um ein Signal, dass alle hierbleiben können, sondern um das deutliche Signal, dass das europäische Asylrecht an dieser Stelle eine große Lücke hat, und wir brauchen politische Ideen und Initiativen, um diese Lücke zu schließen. Dass das bedeuten kann, dass diese Menschen, die seit drei Jahren unterwegs sind und sich zulässig in Europa aufhalten, in Europa weiterhin ihren Aufenthalt behalten können, wäre eine gute Lösung, und das kann dabei herauskommen. Wir in Hamburg sind in der Verpflichtung, genau diesen Aufschlag zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Und dazu braucht es erst einmal nichts weiter als eine Zusage, dass die Unterkunft, die die Flüchtlinge jetzt haben – das hat auch etwas mit der Rechtslage zu tun –, nicht so etwas ist wie Kirchenasyl. Wir reden hier nämlich nicht über Menschen, die sich im Asylverfahren befinden oder einen negativen Asylbescheid bekommen haben, sondern wir reden über ein Dach über dem Kopf für Menschen, die sich legal hier aufhalten. Ich finde es höchst unverständlich, dass dieser Status dazu genutzt wird, der Polizei die Aufgabe zu übertragen, die Menschen zu überprüfen, sie dann möglicherweise der Ausländerbehörde zuzuführen, in Abschiebehaft zu nehmen und vielleicht auch abzuschieben. Dies ist eher eine soziale Aufgabe, vor allem aber eine politische. Ich finde dies völlig unangemessen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Frau Heyenn, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde hat eine sehr hohe Aufmerksamkeit in dieser Stadt. Wir haben gehört, dass ganz viele Menschen sehr viel tun, um den Flüchtlingen zumindest die Basis für ein einigermaßen würdevolles Dasein in Hamburg zu geben, indem sie ihnen etwas spenden, indem sie mit ihnen reden und indem die Kirche ihnen ein Dach über dem Kopf bietet. Ich finde, dass die Hamburgerinnen und Hamburger ein Recht darauf haben zu erfahren, was der Senat eigentlich vorhat.

(Dirk Kienscherf SPD: Das hat er doch ge- sagt! – Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

Und ich finde es noch viel wichtiger, dass der Bürgermeister ans Mikrofon geht und deutlich sagt,

(Norbert Hackbusch)

was die Flüchtlinge in den nächsten Tagen und Wochen zu erwarten haben und ob sie, wie Herr Hackbusch sagte, es wagen können, aus der Kirche herauszugehen, ohne sofort festgenommen und abgeschoben zu werden.

Ich appelliere an Sie, Herr Bürgermeister, den Hamburgerinnen und Hamburgern zu sagen, wie Sie als Senat mit diesen Menschen umgehen wollen.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Abaci.

Meine Damen und Herren! Dass Flüchtlingspolitik jetzt auf die Situation dieser Gruppe in Hamburg reduziert wird, ist eine verkürzte Debatte.

(Antje Möller GRÜNE: Ja, das ist aber das angemeldete Thema heute!)

Sie wissen doch, dass es gerade der SPD-Senat und die SPD-Fraktion waren, die den Zugang der Kinder, deren Aufenthaltsstatus unklar war, zu Bildung gewährleistet hat. Das war nicht der schwarz-grüne Senat.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in der Stadt die Möglichkeit, dass die Menschen Zugang zu gesundheitlicher Versorgung haben. Wir haben Flüchtlingspolitik nicht nur als ein ordnungspolitisches Thema behandelt, sondern auch als ein integrationspolitisches Thema. Wir haben nicht nur geredet, sondern wir setzen es um.

(Tim Golke DIE LINKE: Nichts hat er ge- sagt!)

Flüchtlinge sind Teil des Integrationskonzepts.

(Beifall bei der SPD)

Was diese Gruppe angeht, so muss man sich fragen, was nach drei oder sechs Monaten passiert, was die Lösung ist. Sie waren schon drei Monate hier und im Winternotprogramm untergebracht. Und was stellen wir jetzt fest? Wir stehen vor der gleichen Situation wie vor drei oder vier Monaten.

(Dr. Walter Scheuerl CDU: Ja, weil ihr nichts gemacht habt!)

Deshalb ist das keine Lösung. Die Lösung kann man nur im Rahmen der Gesetze und der rechtlichen Rahmenbedingungen finden.

(Zuruf von Katharina Fegebank GRÜNE)

Frau Fegebank, wir verstecken uns nicht hinter den Gesetzen. Wir sind ein Rechtsstaat, und die Lösung ist auch im Rahmen des Rechtsstaats zu finden.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Wir sind wieder in der DDR! – Jens Kerstan GRÜNE: Was wollen Sie denn jetzt tun? Die rechtliche Lage kennen Sie, aber was tun Sie denn nun?)

Ich möchte noch einmal festhalten: Das Angebot steht; die Gespräche können noch einmal aufgenommen werden und die Menschen können in dieser Schule untergebracht werden. Einzelfallprüfungen sind vorzunehmen, der Rechtsweg ist offen, und das sind die Rahmenbedingungen. Es gehört auch zu ehrlicher Politik, dass man mit den Menschen offen und ehrlich kommuniziert. Wir können nicht in einem rechtsfreien und gesetzesfreien Raum operieren – so ist das eben.

(Beifall bei der SPD – Dora Heyenn DIE LIN- KE: Ich dachte, der Bürgermeister würde sich zu Wort melden!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr.

Dann kommen wir zum zweiten, von der SPD-Fraktion angemeldeten Thema:

Flut in Deutschland: Hamburg ist solidarisch und hilft seinen Nachbarn

Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Aktuellen Stunde melden wir Themen an, die die Hamburgerinnen und Hamburger bewegen. Das war eben so, und ich glaube, das ist ein Thema, das die Stadt bewegt. Aber die Frage, wie es mit der Flut aussieht in Deutschland und was Hamburg tun kann, ist, wenn man sich in der Stadt umhört, auch ein Thema, bei dem viele Hamburgerinnen und Hamburger sich bewegt fühlen und einen Beitrag leisten wollen. Deshalb ist es auch richtig, dass wir darüber sprechen.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg kann nachempfinden, was es heißt, von einer solchen Flut betroffen zu sein, wenn es menschliches Leid gibt, wenn Existenzen auf dem Spiel stehen und wenn Hab und Gut bedroht ist. Gott sei Dank geht es nur in wenigen Fällen um Leib und Leben. Trotzdem ist es wichtig, dass heute von dieser Bürgerschaftssitzung ein überparteiliches Signal der Solidarität ausgeht, nämlich dass Hamburg solidarisch ist und seinen Nachbarn hilft.

(Beifall bei der SPD)

Dass eine akute Lebensgefahr an vielen Stellen vermieden werden konnte, ist auch das Verdienst der vielen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Hel

(Dora Heyenn)