Protokoll der Sitzung vom 12.06.2013

(Dora Heyenn)

fer und Retter, von der Schulklasse über das THW, den DLRG, die Freiwillige Feuerwehr bis hin zur Bundeswehr. Alle packen überall mit an. Die Welle der Hilfsbereitschaft ist beeindruckend und vielleicht auch durchaus ein Zeichen in einer Zeit, in der wir oft über die Ich-Bezogenheit in der Gesellschaft diskutieren. Wenn man sich jetzt umschaut, wie viele Leute sich spontan beteiligen, so ist das beeindruckend und verdient großes Lob.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg ist ganz vorn mit dabei. Über 400 Kameradinnen und Kameraden von der Feuerwehr haben in unserer Partnerstadt Dresden mit angepackt. Dort waren wir um Amtshilfe gebeten worden. Gerade heute haben 175 Kameraden der Feuerwehr in Neu Bleckede einen acht Kilometer langen Deich mit erhöht. Auch das ist ein gutes Zeichen. Und wenn wir heute die Nachrichten verfolgen, dann sehen wir, dass sogar Busfahrer der Hochbahn in Magdeburg den Busersatzverkehr stemmen. Es gibt sehr viele Beispiele praktizierter Solidarität auch aus Hamburg. Deshalb die Bitte an Senator Neumann, den Dank der Bürgerschaft an die Einsatzkräfte zu bestellen. Das ist ein ganz toller Einsatz, der hier geleistet wird.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

Rat und Tat ist das eine, aber Geld natürlich das andere. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass ASB und DRK eine Spendenaktion "Hamburg hilft den Flutopfern" gestartet haben. Der Bürgermeister hat die Schirmherrschaft übernommen. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir das kundtun, dass wir die Spendenkonten weitergeben und dafür sorgen, dass sehr viel aus Hamburg zusammenkommt. Auch das ist eine sehr begrüßenswerte Initiative.

(Beifall bei der SPD)

Es wird jetzt darum gehen, einerseits eine unbürokratische Soforthilfe zu leisten, aber andererseits auch nach den konkreten Schäden zu schauen und wie man später bei der Organisation des Wiederaufbaus und der Verbesserung des Hochwasserschutzes helfen kann. Hier ist es wichtig, dass das, was wir jetzt an parteiübergreifender Solidarität haben, auch in den nächsten Wochen und Monaten bestehen bleibt, wenn es nämlich darum geht, die konkreten Maßnahmen anzugehen. Es stimmt nämlich schon ein bisschen skeptisch, wenn man hört, dass es nach 2002 auch sehr viele Maßnahmen gab, die verabredet wurden, und wir jetzt feststellen müssen, dass die eine oder andere Maßnahme gar nicht umgesetzt wurde. Das ist eine Lehre für die aktuelle Flut und die Maßnahmen. Wenn jetzt ein Maßnahmenpaket geschnürt wird, dann darf es nicht nur bei der Planung bleiben, sondern es muss im Sinne der Menschen vor Ort

auch zu einer Umsetzung kommen. Dazu müssen wir als Stadt Hamburg unseren Beitrag leisten.

(Beifall bei der SPD)

Und Hamburg kann etwas beitragen. Ich hatte eingangs schon gesagt, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes fluterfahren sind. Seit der Flutkatastrophe 1962 – wir hatten gerade letztes Jahr große Erinnerungsfeiern zu den Geschehnissen und über das, was man danach angeschoben hat, und haben den Jahrestag sehr würdig begangen – ist der Hochwasserschutz staatliche Kernaufgabe. Es sind Milliarden von Euro in Deiche, Hochwasserschutzanlagen und so weiter investiert worden, und es war gut angelegtes Geld. Es hat nach 1962 achtmal eine größere Flut gegeben als der Pegelstand von 1962 war, und immer haben in Hamburg die Deiche gehalten. Das heißt, das Prinzip – das haben wir alle gemeinsam politisch getragen – ist aufgegangen. Deshalb sollten wir unser Know-how zum Thema Hochwasserschutz anbieten. Gerade für unsere Elbnachbarn können wir hierzu etwas beitragen. Wir bieten es gern an, Hamburg hilft mit Rat und Tat, Hamburg ist solidarisch, und es wäre schön, wenn wir das heute gemeinschaftlich feststellen könnten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Birgit Stöver CDU)

Das Wort bekommt Herr Wersich.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Naturgewalten fordern die Menschen heraus, nicht nur in fernen Ländern, sondern auch bei uns. Was uns alle besonders erschreckt, ist die Dauer, ist die Langsamkeit und Berechenbarkeit, wie diese Pegelstände ansteigen, die uns unsere Machtlosigkeit teilweise noch gravierender vor Augen führen. Deshalb reißt der Existenzkampf der Menschen in den Flutgebieten an der Elbe, der Saale, der Donau und ihren Nebenflüssen nicht nur die Betroffenen dort aus ihrem Alltag heraus, sondern uns alle. Deswegen ist es auch richtig, dass wir heute an dieser zentralen Position in der Hamburgischen Bürgerschaft diesem Ereignis Rechnung tragen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Es ist aber auch gut zu wissen und gut zu sehen, dass die Bedrohung der Menschen, der Städte und Dörfer die Solidarität und den Zusammenhalt in schwerer Stunde weckt. So wurde uns in Hamburg 1962 bei der schrecklichen Flut geholfen. So hat Hamburg auch bei der anderen großen Elbeflut 2002 geholfen, insbesondere unserer Partnerstadt Dresden. Und so helfen Hamburg, die Hamburgerinnen und Hamburger auch heute, im Jahr 2013, den Menschen, die von der Flut betroffen sind.

(Dr. Andreas Dressel)

Es wurde erwähnt, dass über 150 Feuerwehrkräfte im Einsatz in Sachsen sind und 200 im Landkreis Lüneburg. Das THW setzt über 150 Helfer ein, das Deutsche Rote Kreuz und der Arbeiter-SamariterBund haben Feldbetten aus Hamburg in die Gebiete geliefert. Der ASB, die Malteser und Johanniter befinden sich im Einsatz oder in Alarmbereitschaft, um bei Abruf von Hilfskräften diese Kräfte in die Hochwassergebiete zu schicken. Mehrere Organisationen rufen über das Bündnis "Aktion Deutschland Hilft" zu Spenden für die Flutopfer auf. Und ich bin sicher, dass neben diesen öffentlich wahrnehmbaren Aktivitäten auch viele Menschen ganz privat helfen mit Spenden, mit Unterkünften oder durch freiwillige Hilfsansätze.

Deshalb möchte ich auch für die CDU-Fraktion bekräftigen: Die Menschen, die von den verheerenden Fluten betroffen sind, haben unser Mitgefühl und unsere Solidarität. Wir freuen uns über die große Welle der Hilfsbereitschaft, und wir danken den Hamburgerinnen und Hamburgern, die auf so vielfältige Weise helfen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Aber da ist auch noch eine andere Erkenntnis. Ich glaube, wir haben allen Grund, auch außerhalb von Krisensituationen alles dafür zu tun, dass das Technische Hilfswerk, das Deutsche Rote Kreuz, der ASB, die Johanniter, die Malteser und alle anderen Hilfsorganisationen die notwendige Unterstützung bekommen, um dann im Krisenfall einsatzbereit zu sein.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ohne die wertvolle Ehrenamtsstruktur, das muss man an dieser Stelle einmal sagen, in der Zehntausende Menschen auch in Nicht-Krisenzeiten uns alle auf Krisen vorbereiten im Katastrophenschutz, wären wir alle schutzlos den Naturgewalten ausgeliefert. In diesem Sinne: Lasst uns auch, wenn die Krise vorbei ist, an diese Organisationen denken und alles dafür tun, damit der Katastrophenschutz weiter mit so viel ehrenamtlichem Engagement auch in Hamburg funktionieren kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und bei Finn- Ole Ritter FDP)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir erleben zurzeit in Deutschland dramatische Stunden, sehen ergreifende Bilder, sehen Menschen, die um ihre Existenz fürchten, um Haus und Hof, um ihr Erwerbsleben und auch um ihre Gesundheit. Viele fragen sich, ob die Deiche halten werden, auch wenn die Pegelstände jetzt zum Teil langsam sinken. Sie

fragen sich, was sie dort tun können. Insofern ist es auch eine gute Botschaft in unserer Gesellschaft, in der man häufig von Vereinzelung spricht und einem um sich greifenden Egoismus, dass wir feststellen können, dass es auch heutzutage entlang der Elbe Nachbarn gibt, die ihren Nachbarn in Not helfen und das auch als eine Selbstverständlichkeit ansehen und ein großes Engagement an den Tag legen.

Viele Organisationen in Hamburg, die Hochbahn, die Freiwilligen Feuerwehren, das Technische Hilfswerk, die sozialen Verbände, aber auch viele private Hamburgerinnen und Hamburger versuchen, das zu tun, was sie in der Stunde der Not nur tun können. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass dieses Engagement den Dank auch der Bürgerschaft in diesem Hause verdient.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP)

Diese Anstrengungen sind umso notwendiger, als es sich um eine große nationale Katastrophe handelt, nicht nur hier entlang der Elbe, sondern auch entlang der Donau und in anderen Jahren entlang des Rheins und der Oder. Wir reden dort von Jahrhundertfluten, und doch kommen uns diese Bilder – uns allen mit unserer kurzen Lebensspanne – sehr bekannt vor: die Oderflut 1997, Fluten an der Elbe im Jahr 2002, 2006, 2011 und 2013. In der Tat sind diese Auswirkungen alle katastrophal, aber wir müssen uns bei aller Solidarität auch eine Frage stellen: Was bedeutet es denn eigentlich, wenn solche sogenannten Jahrhundertfluten zu einem regelmäßigen Ereignis in immer kürzeren Abständen führen? Wenn man sich diese Frage stellt, dann muss man sich einmal die Ursachen ansehen, die zu solchen Fluten führen, und sich auch die Frage stellen, ob der Begriff Naturkatastrophe in diesem Bereich eigentlich der richtige ist. Wir alle wissen, dass wesentliche Teile dieser Katastrophen durchaus auch von Menschen gemacht sind. Es kann doch kein Zweifel daran bestehen, dass durch den Klimawandel die tropischen Regenmengen, die Regenmuster, die im Moment innerhalb kürzester Zeit in Norddeutschland stattfinden, etwas mit dem Klimawandel zu tun haben, ein Klimawandel, der auch durch menschliches Handeln verursacht worden ist.

Auch weitere Folgen dieser Flut haben mit menschlichem Handeln zu tun, nämlich Flussauen, die immer häufiger verloren gehen, Eindeichungen, Ausbau der Flüsse hin zu immer tieferen Fahrrinnen, sodass die Flut immer höher aufläuft und sich die Belastungen immer weiter entlang des Flusses verschieben, und ebenso ein Hochwasserschutz, der durch Eindeichungen dem Fluss immer mehr Raum nimmt.

Wäre es denn nicht ein Zeichen von Solidarität, nicht nur in der Zeit der Katastrophe darüber nachzudenken, ob das eigene Tun und Handeln viel

(Dietrich Wersich)

leicht dazu beitragen könnte, die Ursachen dieser Katastrophen zu vermindern, damit weniger Menschen in immer kürzeren Abständen vor einer so existenzbedrohenden Katastrophe stehen, wie es jetzt die Menschen entlang der Elbe, der Saale und vieler Nebenflüsse erleben?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Das sind zum Teil unbequeme Fragen. Und eine Hamburger Solidarität muss sich auch mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Hafenentwicklungsplan gut ist, der vorsieht, entlang der Mittelelbe in den nächsten Jahren durch Ausbaumaßnahmen den Pegelstand der Elbe um 10, 20 oder 30 Zentimeter zu erhöhen, sodass jedes Jahr 1,60 Meter gewährleistet sind, damit an 345 Tagen im Jahr Schiffbarkeit an der Elbe hergestellt wird. Das sind genau die 10, 20 oder 30 Zentimeter,

(Dietrich Wersich CDU: Das heißt doch nicht, dass die höher werden! Was ist denn das für eine Milchmädchenrechnung?)

die im Moment an vielen Orten entlang der Elbe darüber entscheiden, ob der Deich hält, überflutet wird oder Ähnliches.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern ist Solidarität in der Krise gut und notwendig, und es ist ein gutes Zeichen, dass sie stattfindet. Solidarität bedeutet aber auch, dass wir uns in Hamburg durchaus von solchen Ausbauplänen verabschieden müssen, die das Hochwasserrisiko verschärfen und die Krisenauswirkungen verstärken würden. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Suding.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Nachrichten und Bilder, die uns in den vergangenen Wochen erreicht haben, haben uns wohl alle tief bewegt. Wir haben überflutete Dörfer und Städte gesehen, zerstörte historische Altstadtkerne, Flüsse, deren normaler Lauf gar nicht mehr zu erkennen war und die eher an große Seenlandschaften erinnerten, und Zehntausende Menschen, die, wie vor wenigen Tagen erst in Magdeburg und Lauenburg, ihre Häuser und Wohnungen verlassen mussten und nun teilweise vor den Trümmern ihrer Existenz stehen. Wir haben genauso Unternehmer und Bauern gesehen, deren wirtschaftliche Grundlagen dem Wasser und seiner gewaltigen Zerstörungskraft zum Opfer fielen. Die Wucht und die Stärke, mit der Teile unseres Landes getroffen wurden, war mehr als beängstigend.

Tief beeindruckend war und ist allerdings – ich glaube, da spreche ich im Namen von uns allen –

die Solidarität, die Tatkraft und die unglaubliche Hilfsbereitschaft vieler Menschen, die sofort einsetzte und den Kampf gegen die Wassermassen nicht aussichtslos erscheinen ließ.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Andreas Dressel und Jan Quast, beide SPD)

Gestatten Sie mir einen kurzen emotionalen Exkurs. Ich möchte Ihnen gern eine Geschichte des Radiojournalisten Ingolf Kloss erzählen, die charakteristisch ist für die beeindruckenden Menschen in unserem Land. Es geht dabei um die Hochwasserfront an der Elbe, in der Nähe der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt Magdeburg.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Anhalti- nisch!)

Nein, sachsen-anhaltischen heißt es. Ich habe einen Sachsen-Anhalter gefragt, es heißt wirklich so.

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