Bei der HSH Nordbank geht es nämlich nicht allein um die Zukunft dieses Instituts, sondern auch um die Handlungsfähigkeit der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. Es geht um Haushaltsrisiken in zweistelliger Milliardenhöhe, die vor allem aus der Gewährträgerhaftung resultieren, die immer noch bei gut 30 Milliarden Euro liegt. Diese Gewährträgerhaftung kettet das geschäftliche Risiko der HSH Nordbank an die Stadt und die Steuerzahler.
Die bestehende Garantie, über deren Wiedererhöhung wir heute beschließen, soll die Neuausrichtung der Bank absichern und das weitaus größere Risiko der Gewährträgerhaftung minimieren. Die Entscheidung heute hat daher eine große Tragweite. Das gilt sowohl für die Zustimmung zur Wiedererhöhung der Garantie als auch für deren Ablehnung – eine Tragweite, die wir heute nur abschätzen, nicht aber sicher voraussagen können. Wir alle haben die Fakten bewertet und gewichtet. Und wir kommen in diesem Haus dabei durchaus zu verschiedenen, zum Teil gegensätzlichen Schlussfolgerungen.
Meine Damen und Herren! Wir wägen heute die Chancen für die Zukunft der HSH Nordbank durch eine Garantieerhöhung mit dem Risiko einer möglicherweise höheren Inanspruchnahme der Länder im Rahmen einer wiederaufgestockten Garantie ab. Wir müssen aber auch das Risiko bewerten, das mit einer Verweigerung dieser Garantieerhöhung eintritt, für die HSH Nordbank, für Hamburg und für Schleswig-Holstein. Der Senat und die Landesregierung in Kiel haben eine Abwägung zugunsten dieser Maßnahme getroffen. Diese Abwägung ist durch die Drucksache und durch die Beratungen in den Ausschüssen nachvollziehbar.
Es geht darum, die Kernkapitalquote der Bank bei über 9 Prozent zu halten. Diese harte Kapitalquote fordert die deutsche und die europäische Bankenaufsicht, eine Anforderung, die wir nach den Erfahrungen der Bankenkrise grundsätzlich begrüßen, auch wenn sie uns hier besonders herausfordert.
Gleichzeitig belasten neue aufsichtsrechtliche Vorgaben wie Basel III und die Umstellung auf internationale Rechnungslegungsvorschriften die Kapitalquote der HSH Nordbank wie auch aller anderen Kreditinstitute. Auf die HSH wirkt aber auch die Eintrübung der weltweiten Konjunktur. Vor allem die andauernd schlechte Lage der Seeschifffahrt wirkt sich negativ auf die Werthaltigkeit des Portfolios im Bereich Schiffsfinanzierung aus, ohne dass in Kürze mit einer Erholung zu rechnen ist. Diese Situation hindert die HSH nach heutiger Erkenntnis, die vorgeschriebene Kernkapitalquote aus eigener Kraft zu erreichen. Daher ist ein aktives Eintreten der Anteilseigner für die Bank erforderlich.
Unterbleibt diese, ist eine Abwertung der HSH durch die Ratingagenturen bereits angekündigt. Dies würde sich sicherlich direkt negativ auf die Refinanzierungsmöglichkeiten der Bank am Kapitalmarkt auswirken. Die Kosten der Refinanzierung würden steigen mit verheerenden Konsequenzen für die Bank und die für diese Bank immer noch haftenden Länder. Nichts tun ist daher aus unserer Sicht keine Alternative, genauso wenig wie eine aufschiebende Entscheidung, wie es FDP und LINKE fordern.
Handeln wir nicht, ist die Gefahr groß, wenn nicht sogar gewiss, dass die HSH Nordbank ins Trudeln gerät und der Eintritt einer Haftung durch die alten Gewährträger Realität wird, zum Schaden der Landeshaushalte und unserer künftigen Gestaltungsfähigkeit. Das kann kein verantwortlich Handelnder wollen.
Mit der vorgesehenen Wiedererhöhung der Ländergarantie von 7 auf 10 Milliarden Euro ist das beabsichtigte Ziel erreichbar, die Kernkapitalquote der HSH Nordbank auf über 9 Prozent zu stabilisieren. Dies haben uns die Experten in der Sachverständigenanhörung bestätigt. Diesen Weg will die SPD-Fraktion daher gemeinsam mit dem Senat, mit der Kieler Landesregierung und mit möglichst vielen von Ihnen gehen.
Diese Maßnahme korrigiert die in der Rückschau als Fehler zu bewertende, schrittweise Rückführung von 3 Milliarden Euro aus der ursprünglich schon einmal 10 Milliarden Euro umfassenden Sunrise-Garantie durch und in Verantwortung der HSH Nordbank im Jahre 2011. Die Wiedererhöhung der Garantie wirkt sofort positiv auf die Kernkapitalquote. Ob sie Bestand hat, wird sich erst in einem neuen Beihilfeverfahren der EU-Kommission entscheiden.
Der Senat hat dargelegt, dass er von einer vorläufigen Genehmigung aus Brüssel ausgeht, bevor voraussichtlich im kommenden Jahr dann endgültig
entschieden wird. Da die wirtschaftliche Situation nach der Wiedererhöhung der Garantie der ursprünglich von der Kommission genehmigten vergleichbar ist, ist es berechtigt, auf diese Genehmigung zu setzen.
Um diese einst EU-konforme Ausgangssituation von 10 Milliarden Euro Garantie auch in Bezug auf den Beitrag der Bank abzubilden, soll die im HSH-Finanzfonds aufgrund der Teilkündigung der Garantie entgangene Gebühr von 270 Millionen Euro rückwirkend von der HSH erhoben werden. Dies ist beihilferechtlich und von der Garantiewirkung her konsequent und stärkt die Argumentationslinie der Länder gegenüber der EU-Kommission.
Diese Gebühr belastet die Bank aber auch zusätzlich. Daher sind wir offen, die Möglichkeit zu prüfen, statt der Nachzahlung dieser Garantieprämie in einer Summe eine Streckung durch eine Verteuerung der künftigen Prämien mit der HSH zu vereinbaren, soweit dies die Linie der Länder im anstehenden Verfahren nicht belastet. Wir werden deshalb den dritten Punkt des CDU-Antrags unterstützen.
Eine zentrale Rolle in der Diskussion hat das neue Geschäftsmodell der HSH gespielt, welches im letzten Beihilfeverfahren der Bank verordnet wurde. Wir haben den Eindruck, dass sich hier durchaus positive Entwicklungen zeigen, wenn auch immer noch nicht ausreichend. Die Bewertung der Erfahrung mit dem Geschäftsmodell wird auch im neuen EU-Beihilfeverfahren Bestandteil sein, sodass wir auch dem ersten Punkt des CDU-Antrags zustimmen wollen, der eine Änderung zugunsten von relevanten Projekten und Finanzierungen im Schifffahrts- und Luftfahrtsektor prüfen lassen will.
Nicht unterstützen können wir die schon vielfach formulierte Forderung der FDP nach einer Abwicklung der HSH Nordbank, den Ruf nach einem Plan B für eine geordnete Abwicklung. Diese Forderung ist widersinnig, weil sie den Eindruck erweckt, es könne ein geordnetes Abwicklungsverfahren geben. Wer ankündigt, eine Abwicklung der Bank zu prüfen, der braucht kein neues, er braucht gar kein Geschäftsmodell mehr, weil so ein Plan B dann automatisch zum Plan A wird, vor allem, wenn die Abwicklung auch noch öffentlich beraten wird, wie die FDP-Fraktion es in ihrem Antrag anlegt.
Kurz, die Bank wäre am Ende, und zwar nicht, weil die Eigner es so wollten und dies geordnet herbeiführten, sondern weil der Markt Fakten schaffen würde. Wir brauchen keinen Plan B, denn wir wollen die HSH stabilisieren. Was wir brauchen und
auch bekommen, ist ein Sicherheitskonzept, ein Worst-Case-Szenario, wie es alle systemrelevanten Banken in Europa und den USA entwickeln müssen. Darüber werden wir uns auch im zuständigen Ausschuss informieren lassen.
Meine Damen und Herren! Für uns ist mitentscheidend, was der Senat ausführt, indem er in der Drucksache 20/7297 unter Chancen und Risiken der Maßnahme drei mögliche Szenarien betrachtet. Es sind die Szenarien Realisierung der Geschäftsplanung der HSH, schlechterer Geschäftsverlauf als vorgesehen und Ausweitung der Verluste auf über 10,2 Milliarden Euro. In allen drei Szenarien, das führt der Senat aus, sei eine Wiedererhöhung der Garantie gerechtfertigt und sinnvoll, weil die wiedererhöhte Garantie die HSH stabilisieren und ihr die erforderliche Zeit geben würde, ihre Geschäftsplanung auch in der andauernden Krise der Seeschifffahrt umzusetzen.
"Das Risiko einer Inanspruchnahme aus dem erneut übernommenen Garantiesegment von Euro 3 Mrd. ist gering und selbst im Falle seines Eintretens mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit einer Verschlechterung der Gesamtvermögensposition der Länder verbunden."
Mit der Wiedererhöhung der Garantie entledigen wir uns nicht aller Probleme oder gar der Risiken. Sie ist aber unseres Ermessens die einzige Weise, verantwortungsvoll zu handeln, als Treuhänder der Steuerzahler.
Die Probleme in der Seeschifffahrt, die Auswirkungen der Dollarkursschwankungen und die Aufgabe der Bank, das neue Geschäftsmodell in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld umzusetzen, werden damit nicht gelöst, sie bleiben bestehen. Es sind aber unübersehbar Fortschritte bei der Konsolidierung der Bank und bei der Implementierung des neuen Geschäftsmodells zu erkennen. Wir tragen unseren Teil zur Stabilisierung der Bank bei, indem wir die Kapitalquote durch die Wiedererhöhung der Garantie stärken und bilanziell absichern.
Das ist nicht alternativlos. Alternativen haben FDP und LINKE formuliert. Aber diese Alternativen sind nicht zu verantworten, sie sind Gift.
Nicht nur für die Bank, nicht nur für den maritimen Standort Hamburg, sondern vor allem auch für unseren Staatshaushalt, weil Risiken aus Gewährträgerhaftung und Garantien unkontrollierbar würden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die hinter uns liegenden intensiven und zügigen Beratungen zur Wiedererhöhung oder Nicht-Wiedererhöhung oder Alternativmodellen in Bezug auf die Garantiebedingungen der Stadt für die HSH Nordbank haben, glaube ich, nicht nur mich und meine Fraktion, sondern auch viele andere Kolleginnen und Kollegen an ihre Grenzen geführt in Bezug darauf, sich ein Urteil bilden zu können und in der Kompliziertheit der Rahmenbedingungen und der einzelnen Einflussfaktoren noch den Weg zu sehen, um die Risiken für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Hamburg zu minimieren. Nur das ist in dieser Frage unser Ziel. Herr Quast hat schon richtig beschrieben, dass wir in diesem Beratungsprozess allesamt sehr viel geleistet und auch sehr viel gelernt haben.
Nichtsdestotrotz bleibt am Ende die Entscheidung über 3 Milliarden Euro. Es ist jedoch keine Entscheidung der Art, ob wir jetzt beispielsweise für ein besonderes Senatsprogramm oder für 14 neue Stellen in irgendeinem Bereich mehr Geld ausgeben oder nicht, sondern wir entscheiden heute über eine Summe, die das Wohl und Wehe des Hamburger Haushalts bedeuten kann, wenn es schiefgeht.
Wir in der CDU-Fraktion haben es uns mit diesem Thema in keiner Weise leicht gemacht, sondern wir haben einen sehr schwierigen Abwägungsprozess hinter uns. Ein Fehler bedeutet, dass der Steuerzahler eintritt, und zwar in einer Größenordnung, die heute nicht absehbar ist. Die Bank selbst sagt, schon jetzt könnten 1,3 Milliarden Euro der Garantie fällig werden. Deswegen haben wir überlegt, was jetzt das Dringlichste ist, um weiteren Schaden vom Steuerzahler abzuwenden. Auch in der CDU-Fraktion sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Erhöhung der Garantie vordringlich ist, um der Bank die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Deswegen werden wir dieser Garantieerhöhung heute zustimmen.
Das bedeutet einerseits Verantwortung für die Bank, und wir sehen die Notwendigkeit dazu. Es kann andererseits aber nicht bedeuten und das steht auch in dieser Drucksache – hierzu sagte Herr Quast schon zwei Sätze –, dass es ein "Weiter so" gibt auf dem Weg, der 2011 nach den letzten Verhandlungen mit der Kommission eingeschlagen wurde. Was für uns ebenfalls keine Alter
native ist, was heute auch gefordert wird, ist die Abwicklung der Bank oder die Entwicklung eines Abwicklungsszenarios. Das hält auch die CDU derzeit für Gift und für falsch.
Daher ist der Senatsvorschlag für uns gangbar. Wenn wir jedoch sagen, wir wollen als höchste Maxime Schaden vom Steuerzahler abwenden, dann gibt es für uns in dieser Drucksache drei große Schwächen. Deswegen haben wir auch einen Zusatzantrag gestellt, bei dem es für uns wichtig ist, heute darüber zu sprechen und zu schauen, dass wir weitere Risiken minimieren. Für uns sind drei Fragen entscheidend, bei denen wir nicht glauben, dass die Senatsdrucksache ausreicht.
Das ist zum einen das Geschäftsmodell. Wir können nicht sagen, dass ein Geschäftsmodell, das Ende 2011 unter dem Druck, dass die Garantien für Hamburg genehmigt werden können, von der EU ausgehandelt wurde und nie erprobt wurde, heute richtig sein kann, wenn wir uns das anschauen, was derzeit die HSH an Geschäften macht und was ihre Stärken und Schwächen sind. Wir stehen zudem im ersten Quartal vor sinkenden Erträgen. Ich glaube nicht – und das haben wir in unserem Zusatzantrag zum Ausdruck gebracht –, dass ein "Weiter so" im Geschäftsmodell, wie es diese Drucksache noch implementiert, die richtige Entscheidung ist.
Deswegen fordern wir, noch einmal darüber nachzudenken und zu schauen, wo die eigentlichen Chancen dieser Bank liegen, zum Beispiel die Chance für den Standort Hamburg, für den maritimen Standort. Das ist meines Erachtens ein ganz wesentlicher Punkt, den wir heute noch ergänzen sollten, nämlich diese Option offenzulassen. Wir in der CDU-Fraktion glauben nach unseren Beratungen und nach den Expertenmeinungen nicht, dass dieses Geschäftsmodell so trägt, wie es tragen muss, um Schaden vom Steuerzahler fernzuhalten. Deshalb, Herr Senator, gehen Sie bitte offen in diese Verhandlungen und diskutieren Sie vielleicht noch einmal mit der Bank, ob das Geschäftsmodell so richtig ist. Ich habe von der SPD-Fraktion vernommen, dass sie für diese Prüfung offen ist. Das freut uns ausdrücklich.
Ein zweiter Punkt ist für uns auch wichtig, und hier müssen wir eine Mär ausräumen. Es wurde immer gefragt, warum die 3 Milliarden Euro an Garantie zurückgegeben wurden. Wir haben eines gelernt in den Ausschussberatungen: Dies ist nicht deshalb geschehen, weil die Vorstände größenwahnsinnig geworden sind und meinten, sie bräuchten das alles nicht mehr, sondern weil sie verpflichtet sind, zum Wohle der Bank zu handeln. Und da gab es eigentlich nur die Chance, diese Garantie zurück