Wegen dieser Politik war es auch kein Zufall, dass die allererste Ministerin in Deutschlands Geschichte mit türkischen Wurzeln aus unserer Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion mit Aygül Özkan stammt, die in Niedersachsen Sozialministerin wurde. Wegen dieser Vorgeschichte und der Arbeit war es auch die logische Konsequenz, dass wir uns nach der sprachlichen, der kulturellen, der sozialen und der politischen Integration an die heikelste Frage der Integration gemacht haben, nämlich die der Religion. Mit der von Deutschland gewollten und betriebenen Zuwanderung sind nämlich nicht nur gute Arbeitskräfte gekommen, sondern auch Menschen mit einer uns fremden Weltreligion, dem Islam. Und diesen Menschen einen angemessenen Platz in der Gesellschaft einzuräumen, bedeutet eben auch, ganz im Sinne unseres Grundgesetzes, der Religion dieser Menschen einen Platz zu geben.
Die Hamburger Bürgerschaft hat deshalb am 31. Januar 2007 auf Antrag der CDU den Senat aufgefordert – ich zitiere –:
"[…] mit autorisierten Vertretern der Muslime Gespräche aufzunehmen mit dem Ziel, ein verbindliches schriftliches Abkommen über gegenseitige Rechte und Verpflichtungen in verschiedenen Lebensbereichen abzuschließen."
Diese Gespräche wurden – Frau Duden hat es erwähnt – seit 2007 in einer gemeinsamen Runde mit dem DITIB-Landesverband Hamburg, der SCHURA als Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg und dem Verband der Islamischen Kulturzentren sowie separat mit der Alevitischen Gemeinde Deutschland geführt. Dazu fanden begleitende Gespräche mit der Türkischen Gemeinde Hamburg statt.
Das Ergebnis dieser Gespräche liegt nunmehr vor. Die Verträge mit den islamischen Religionsgemeinschaften und der Alevitischen Gemeinde über gegenseitige Rechte und Verpflichtungen wurden im November 2012 vom Senat unterzeichnet und der Bürgerschaft zur Zustimmung zugeleitet. Die Bürgerschaft hat sich im Plenum, aber auch in mehreren Sitzungen des Verfassungsausschusses, eingehend mit diesen Vereinbarungen befasst; auch darauf hat Frau Duden zu Recht hingewiesen.
Sehr intensiv hat sich auch die CDU-Fraktion in einer Reihe interner Veranstaltungen mit den vorgelegten Vereinbarungen auseinandergesetzt, und zwar nicht nur, weil diese Vereinbarungen von uns angestoßen waren, sondern weil wir den Stellenwert des religiösen Lebens und der Vielfalt der Religionen in unserer Stadt für das gute Zusammenleben für sehr bedeutend halten. Wir haben die islamische Gemeinde, die islamischen Verbände, die christlichen Kirchen, die jüdische Gemeinde, die türkische Gemeinde, den Verfassungsschutz, die Islamwissenschaft sowie Kirchenrechtsexperten und andere zum Dialog getroffen.
Im Ergebnis werden die Verträge von der CDU grundsätzlich begrüßt. Sie stehen am Ende eines langen Prozesses und Dialogs, und sie klären grundsätzliche Fragen von Glaubensfreiheit und Rechtstellung. Die Verträge werden das Zusammenleben in unserer Stadt verbindlicher gestalten und damit auch die Integration im religiösen Kontext verstärken und Parallelgesellschaften vermeiden. Sie drücken insbesondere einen großen gegenseitigen Respekt aus, aber ebenso das Einvernehmen, gemeinsam in der Freien und Hansestadt Hamburg zu leben und in gegenseitiger Toleranz und Akzeptanz Freiräume für religiöses Leben zu lassen.
Wir begrüßen als CDU ganz ausdrücklich den im Vertrag dokumentierten Willen zur stärkeren Teilhabe von Frauen und Mädchen am schulischen und beruflichen Leben. Und wir erkennen auch an, dass diese Teilhaberechte nicht aus religiösen Gründen vorenthalten werden dürfen. Mir ist es aber ebenso wichtig festzuhalten, dass sich im Hinblick auf Artikel 2 des Vertrags keine Veränderung der Rechtslage bezüglich der Beschränkung des Tragens der religiösen Überzeugung entsprechender Bekleidung bei Staatsbediensteten mit hoheitlichen Aufgaben oder im Falle einer Störung des Schulfriedens ergibt. Das Tragen einer Ganz
körperverschleierung, einer sogenannten Burka, bleibt für uns mit der Tätigkeit im öffentlichen Dienst nicht vereinbar.
Meine Damen und Herren! Viele von uns kennen und schätzen die Vertragspartner als seit Jahren für das Miteinander eintretende Gesprächspartner mit Parteien, Behörden und der Öffentlichkeit oder dem interreligiösen Dialog im kirchlichen Kontext. Hier ist gegenseitiges Vertrauen gewachsen. Gleichzeitig dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass auch in unserer Stadt religiöse Extremisten unsere Rechts- und Werteordnung verändern wollen, dass sie auch Menschen gegeneinander aufhetzen und zur Gewalt ermuntern. Viele Hamburgerinnen und Hamburger beobachten das mit Sorge. Und deswegen sind diese Verträge auch ganz wesentlich mit der Erwartung verbunden, dass sich die Vertragspartner aktiv für die Grundwerte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung einsetzen.
Ganz zentral für uns sind aber die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und das friedliche Zusammenleben aller Religionen in unserer Stadt. Dazu gehört, dass die Verbände ihrerseits sowohl gegen radikale Kräfte als auch vor dem Hintergrund der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands entschieden gegen alle Formen des Antisemitismus vorgehen.
Die CDU begrüßt daher die Ankündigung der Vertragspartner, gegen Mitgliedsorganisationen, die gegen den Vertrag verstoßen, vorzugehen und Verstöße wirksam zu unterbinden. Dies ist uns in unseren gemeinsamen Gesprächen zugesagt worden. Und das geht hin bis zum Ausschluss aus den Verbänden, denn ein Bekenntnis zu verfassungsfeindlichen Bestrebungen und deren organisierte Umsetzung sind mit den Verträgen nicht vereinbar.
In diesem Punkt liegt auch der Kern der Skepsis eines Teils meiner Fraktion, ob diese Verträge nämlich am Ende nur gut gemeint sind. Es ist in der Tat schwer hinzunehmen, dass auch radikale Moscheevereine innerhalb der SCHURA wie das "Islamische Zentrum Hamburg" als organisatorische Vertretung des iranischen Regimes in Europa dabei sind. Diese vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingeschätzten Vereine treten einem Vertrag bei, dessen Inhalt sie ganz offensichtlich nicht leben.
Die CDU hat deswegen angeregt, in einer gemeinsamen Erklärung aller Bürgerschaftsfraktionen klare Bekenntnisse und Erwartungen an die Verträge
zu formulieren. Leider ist unser Vorstoß zu einer gemeinsamen Erklärung von den anderen Fraktionen nicht aufgenommen worden. Ich befürchte, Sie haben eine große Chance verpasst, eine Brücke zu bauen zu den Menschen in der Hamburger Bevölkerung, aber auch zu den Volksvertretern in unserem Parlament, die diese extremistischen Kräfte nicht durch eine gemeinsame Vereinbarung stärken wollen.
Eine derartige Erklärung unseres Parlaments wäre gleichzeitig auch eine Chance gewesen, die liberalen und fortschrittlichen Kräfte in den islamischen Gemeinden zu stärken. Deshalb bleiben auf dem Boden dieser gemeinsamen Feststellung der CDU zu den positiven Ansätzen und Inhalten der Verträge in meiner Fraktion unterschiedliche Auffassungen und Schlussfolgerungen bezüglich der jetzt vorgelegten Vereinbarung.
Wir haben uns deswegen gemeinsam entschieden, die heutige Abstimmung in der Fraktion freizugeben, um dem Respekt vor den individuellen Überzeugungen Rechnung zu tragen. Diese Freigabe der Abstimmung ist gerade im Zusammenhang mit den Kirchenstaatsverträgen auch von anderen Fraktionen dieses Hauses schon früher aus gutem Grund praktiziert worden.
Ich persönlich werde den Verträgen zustimmen. Ich habe schon 2007 befürwortet, dass wir diese Gespräche mit den islamischen Glaubensgemeinschaften mit dem Ziel einer Vereinbarung aufnehmen, insbesondere, nachdem wir Verträge mit der evangelischen Kirche, dem Heiligen Stuhl und der Jüdischen Gemeinde Hamburg geschlossen haben. Gerade wir als Christdemokraten mit unseren Wurzeln im christlichen Menschenbild und christlichen Werten setzen uns für den Respekt vor Religion und Glauben, aber auch für die Sichtbarkeit von Religion im öffentlichen Leben ein.
Und wie jeder hier weiß, habe ich selbst, zunächst als Staatsrat und dann als für die Integration zuständiger Senator an dem Dialog und der Erarbeitung dieser Verträge mitgewirkt. Ich persönlich bin überzeugt, dass diese Verträge die liberalen Kräfte stärken werden, die ihre Religion in friedlicher Gemeinschaft und unter Anerkennung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leben wollen. Aber ich habe auch Respekt vor denen, die heute nicht zustimmen wollen, sei es aus grundsätzlichen Erwägungen, sei es aufgrund einzelner, durchaus kritisch zu sehender Passagen in den Verträgen. Auch wenn ich persönlich zu einer anderen Bewertung komme, habe ich Respekt vor denjenigen, die nicht zustimmen wollen, weil sie in Sorge hinsichtlich der Aktivitäten einzelner Mitgliedsvereine der Vertragspartner, die den Grundwerten unserer Verfassung nicht entsprechen, sind.
Unabhängig von dieser unterschiedlichen Schlussbetrachtung bin ich aber froh zu wissen, dass wir uns alle in der Hamburgischen Bürgerschaft in der Zielsetzung einig sind. Wir wollen, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen, unterschiedlicher Herkunft und mit ihren unterschiedlichen Religionen in gegenseitiger Toleranz und Akzeptanz in ihrer Vielfalt friedlich in Hamburg zusammenleben, auf dem Boden unserer Grundwerte, unseres sozialen und demokratischen Rechtsstaats. Wir wollen gemeinsam das Beste unserer Stadt suchen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die heutige Abstimmung in der Bürgerschaft ist das Ende eines langen Prozesses, der im Jahr 2007 von Bürgermeister Ole von Beust angestoßen wurde. Verschiedene Senate mit ganz unterschiedlichen politischen Mehrheiten haben an diesen Verträgen gearbeitet, haben Verhandlungen mit den muslimischen Verbänden und der Alevitischen Gemeinde geführt, und viele Bürgerschaftsabgeordnete unterschiedlicher Fraktionen haben in dieser Zeit den Prozess begleitet und den Verhandlungsprozess vorangebracht.
Diese lange Beratungszeit spiegelt auch eine gesellschaftliche Debatte wider, die parallel stattgefunden hat, nicht nur in Hamburg, sondern auch in ganz Deutschland. Und doch stellen wir heute fest, dass wir nicht nur Verhandlungen geführt und nicht nur eine Debatte und einen Dialog geführt haben, sondern wir heute zu einem positiven Ergebnis kommen. Wir kommen heute zu einer Einigung der Hansestadt Hamburg mit den muslimischen Verbänden und der Alevitischen Gemeinde und werden das in einem sehr breiten, wenn leider auch nicht einstimmigen, Konsens in der Bürgerschaft beschließen. Das ist ein großer Erfolg und auch ein sehr wichtiges gesellschaftspolitisches Signal, das wir heute aussenden und auf das wir stolz sein können.
Dieses Signal bedeutet, dass Hamburg sich der Realität einer Einwanderungsgesellschaft gestellt und religiöse und kulturelle Vielfalt als eine Chance begriffen hat, und dass Hamburg den Mut hatte, sich auf einen Dialog auf Augenhöhe einzulassen, ein Dialog, das muss allerdings auch gesagt werden, der nicht einfach war. Da wurde leidenschaftlich um Positionen und um Werte gerungen. Es gab auch Streit, aber letztendlich doch auch immer die Bereitschaft, sich konstruktiv auf einen gemeinsamen Weg einzulassen.
Daher ist Ziel und Geist dieser Verträge, einen breiten Konsens in unserer Gesellschaft herbeizuführen, der die Möglichkeiten für mehr Teilhabe und für religiöse Vielfalt ermöglichen soll und der die Anerkennung des Islam und der alevitischen Religionsgemeinschaft als Teil unserer Gesellschaft erreichen will. Diese Verträge sind ein wichtiger Schritt hin auf dieses Ziel.
Bei vielen Fragen des täglichen Lebens, so zum Beispiel auch beim Religionsunterricht, bekräftigen und stärken diese Verträge Regelungen, die bereits jetzt ihre positive Wirkung entfalten. Daher geht es nun darum, diese Verträge mit Leben zu füllen. Sie sind, wenn man es so betrachtet, nicht der Abschluss, sondern letztendlich ein Anfang, dieses gemeinsame Ziel zu erreichen.
Wir hatten eine lange Beratungszeit, und trotzdem sind wir uns alle einig, dass es sich gelohnt hat. Erlauben Sie mir an dieser Stelle folgende Bemerkung: Ich möchte festhalten, dass es unserem Parlament und auch unserer Stadt guttut, sich bei so wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen genügend Zeit zu nehmen, dies ausführlich zu debattieren und zu entscheiden und sich nicht dem Druck vermeintlicher Terminentscheidungs- und Sachzwänge zu unterwerfen.
Auch wenn es gelungen ist, einen breiten Konsens im Parlament zu erreichen, will ich doch eines nicht verschweigen. Wir GRÜNE hatten am Anfang des Prozesses, als es darum ging, ob Hamburg Staatsverträge mit Kirchen, Religionsgemeinden und Verbänden abschließen soll, in Bezug auf diese Frage viel Skepsis, nämlich ob es überhaupt notwendig ist, für Hamburg Staatsverträge abzuschließen, und selbst wenn man es für notwendig hält, ob es denn eigentlich richtig war, dass man am Anfang dieses Prozesses ausschließlich mit den christlichen Kirchen Staatsverträge abgeschlossen hat. Das hat dazu geführt, dass bei der damaligen Abstimmung die GRÜNE Fraktion nicht einheitlich abgestimmt hat und es dort auch Enthaltungen und Ablehnungen gegeben hat.
Aber seitdem ist die Entwicklung weitergegangen. Es gibt Staatsverträge mit der evangelischen Kirche, mit dem Heiligen Stuhl und mit der jüdischen Gemeinde. Und auch aus Sicht der GRÜNEN ist es jetzt zwingend notwendig, dass Hamburg, um seine religiöse Neutralität zu bewahren, nun dazu übergeht, unterschiedliche Religionsgemeinschaften auch einheitlich zu behandeln.
Deshalb wird heute die GRÜNE Fraktion den Verträgen mit den muslimischen Verbänden und der Alevitischen Gemeinde einheitlich zustimmen.
Meine Damen und Herren! Hamburg sieht sich als eine weltoffene, vielfältige und tolerante Stadt. Es ist positiv, dass sich unsere Stadt zu diesen Wer
ten bekennt, aber eines ist dabei auch klar: Damit ist zunächst noch nicht die Realität beschrieben, sondern es ist vielmehr ein Anspruch, den wir an uns selbst stellen. Diese Verträge sind ganz sicher ein Beitrag, diesen Ansprüchen an uns selbst gerecht zu werden, wenn wir sie jetzt leben.
Hamburg hat mit diesem Prozess eine Vorreiterrolle eingenommen, auch wenn die Bremer schneller waren, die Verträge zu ratifizieren. Auch auf diese Vorreiterrolle können wir in Hamburg stolz sein. Ich hoffe, dass in vielen weiteren Bundesländern ähnliche Verträge folgen werden.
Ich möchte heute nicht versäumen, mich zu bedanken. Ich möchte mich bei den Vertretern und Vertreterinnen der muslimischen Verbände und der Alevitischen Gemeinde bedanken für ihre Geduld, ihre Ausdauer und die Leidenschaft, mit der sie diese Verhandlungen geführt haben, und für den gemeinsamen Dialog, der uns alle gemeinsam weitergebracht hat. Wenn es wirklich so ist, dass Hamburg eine vielfältige und weltoffene Stadt sein will, dann können wir sagen: Dank Ihnen wird Hamburg heute auch ein Stück hamburgischer. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die FDP-Fraktion, wie alle Fraktionen, hat in den letzten Jahren sehr intensiv dieses Thema behandelt, und wir haben gründlich darüber nachgedacht, wie wir letztendlich entscheiden. Wir sahen natürlich auch, dass dieses nicht einfach nur Verträge mit Religionsgemeinschaften sind, sondern dass es auch einen größeren Zusammenhang gibt hinsichtlich der Integration von Bevölkerungsgruppen, die zu uns gekommen sind.
Nichtsdestotrotz sind wir, bis auf eine Stimme in unserer Fraktion, übereingekommen, diesen Verträgen nicht zuzustimmen, weil wir grundsätzlich Verträge eines Staates mit Religionsgemeinschaften nicht gut finden. Dies ist kein Ansatz von Intoleranz, es ist auch kein Beweis dafür, dass wir die Integration in dieser Stadt nicht wollen, im Gegenteil. Aber unseres Erachtens sind das, was wir an Verträgen vorgelegt bekommen haben, Verträge zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und Religionsgemeinschaften. Uns ist es egal, welche Religionsgemeinschaft es ist, wir lehnen diese Verträge ab, denn die Trennung von Staat und Religionsgemeinschaft ist für uns wichtig. Deshalb haben wir uns mit großer Mehrheit in unserer Frakti
on darauf verständigt, diese Verträge abzulehnen. Wir werden der Feiertagsregelung zustimmen, das ist auch in Ordnung so.