Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

und verspielen Ihre politische Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Wie kann man als Opposition so etwas sagen und in der Regierung alles Kritische aus dem Kopf streichen. Das geht nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will versuchen, die Sache mit den Verträgen noch einmal anzusehen, weil das einer der wichtigen Punkte ist, und die Sache mit dem Gutachter, der von der LINKEN bestimmt worden sei und wie es sein könne, dass er für diesen Vertragsentwurf plädiert hat und wir nicht.

Wir haben verlangt, dass einer der wichtigen Schritte, die wir auch aufgrund der Schlussfolgerungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses gehen müssen, unabhängige Gutachten sind, sodass wir als Bürgerschaft in der Lage sind, auch von unabhängigen Leuten Stellungnahmen zu bekommen. Das verbessert den gesamten Prozess. Der Senat allein wird nicht in der Lage sein, das vernünftig zu machen. Dementsprechend haben wir diesen Antrag gestellt und uns eine unabhängige Person in diesem Land gesucht, die in der

Lage ist, so etwas zu machen. Dabei ging es mir nicht darum, ob die Person meine Meinung vertritt oder Ähnliches. Wie Sie in Schwarz-Weiß-Kategorien zu denken ist uns fremd.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist Ihnen vielleicht nicht klar, dass Opposition ein bisschen komplizierter ist, als Sie sich das denken, und dass es nicht reicht, in hohen Tönen herumzuquietschen und zu sagen, dass das alles nicht gehe. Wir haben durchaus konstruktive Vorschläge.

(Jan Quast SPD: Sie ziehen nur keine Schlüsse daraus!)

Es fällt Ihnen irgendwie schwer, das zu verstehen.

Eines der wichtigen Ergebnisse ist, Frau Suding hat das gut dargestellt, dass schon diese Gutachter vor 14 Tagen einiges an Vorschlägen gebracht haben. Selbst dafür lohnt es sich schon.

Mir ist es sehr wichtig, dass wir nach den 195 Millionen Euro nicht noch einmal 100 Millionen Euro ausgeben. Ich könnte als Opposition schimpfen, aber das nützt mir gar nichts, denn es ist das Geld, das uns in dieser Stadt fehlt. Ich will daran arbeiten, dass nicht ein Nachtrag 6 mit weiteren Forderungen kommt, und zwar konstruktiv.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias Albrecht SPD: Das ist gut!)

Das ist das eine Moment.

Wenn Sie sich noch einmal genau anschauen, was gemacht worden ist, dann haben wir doch folgende Erfahrungen: Alle theoretischen Spezialisten haben gesagt, dass dieser Vertrag toll ist und dass das etwas wird. Die praktischen Spezialisten hingegen haben einvernehmlich gesagt – und deswegen gab es auch den Beschluss im Aufsichtsrat der ReGe –, dass die Erfahrung mit HOCHTIEF sei, dass das nichts werde. Man hätte das böse erfahren und habe lange versucht, in irgendeiner Form mit HOCHTIEF gemeinsam zu bauen, aber das werde nichts. Auch die Theoretiker haben gesagt, dass es nur dann geht, wenn man diesen Vertrag auch gemeinsam lebt. Derjenige, der sich außerhalb des Vertrags stellt, wird es bei jeder Vertragskonstruktion wieder machen können. Das bestimmt unsere Skepsis, die wir gegenwärtig haben, dass die Praktiker sagen, dass das nicht funktionieren wird.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch so auch nicht!)

Wir haben HOCHTIEF gemeinsam beauftragt, für 77 Millionen – oder sagen wir 143 Millionen, den Stand von 2006 – diese Elbphilharmonie zu bauen, und HOCHTIEF hat zugesagt. Und ich will auch einmal die Frau Senatorin und die gesamte Kulturbehörde in Schutz nehmen, denn seit 2006 gab es nicht die kleinste Nachforderung von der Kulturbe

hörde im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie. Seitdem steht das Paket, wie wir es bestellt haben, fest. HOCHTIEF hatte uns gesagt, dass es für 143 Millionen gehe, und jetzt wollen sie 660 Millionen. Meine Damen und Herren, da muss doch die Empörung hier im Saal quietschen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Wir hören zurzeit beruhigende Worte wie Globalpauschalfestpreis und die schöne Formulierung, dass die Summe so bleiben werde, wenn die Stadt nicht mehr eingreife und dass das Ganze wegen der Verkantung zwischen den Personen so schwierig geworden sei. Jetzt ist Herr Leutner derjenige, über den das gesagt wird. Die Zitate, die ich eben genannt habe, waren Zitate von 2008. Es waren die gleichen Formulierungen, die damals Frau von Welck benutzt hat, um zu sagen, dass man so den Nachtrag 4 durchsetzen könne. Sie benutzen das auch im Moment. Es gibt kein Vertrauen gegenüber HOCHTIEF, das uns in irgendeiner Form dazu führen könnte zu glauben, das wäre der richtige Weg. Deswegen werden wir das ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Erste Bürgermeister.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden heute nicht über irgendein Gebäude, wir reden über ein Haus, das Hamburgs Stadtbild verändert, nicht nur wegen seines prominenten Standorts. Wir reden über einen Konzertsaal, der ein architektonisches und städtebauliches Signal setzt, über einen Ort der Kultur, der Hamburg viel mehr als steigende Besucherzahlen bescheren wird, so wichtig die auch sind. Wir reden über einen Ort, der den oft zitierten Genius Loci eben nicht bloß zitiert, sondern sprechen lässt. Das wird so sein, da brauche ich kein Vielleicht und auch keinen Konditional. Hier haben Architekten, deren Renommee durchaus unbestritten ist, eine beeindruckende Architektur umgesetzt.

Ich gebe Herrn de Meuron recht, wenn er sagt, die Elbphilharmonie wird städtebaulich von großer Bedeutung sein. Die Elbphilharmonie verbindet unsere Hafenstadt mit der Bürgerstadt. An einem der maritimsten Orte, die Hamburg überhaupt zu bieten hat, an der westlichen Spitze der HafenCity, greift sie die Backsteinarchitektur des alten Kaispeichers A auf und toppt sie mit einer schon jetzt weltweit bekannten und bewunderten Glasfassade und der geschwungenen Dachkonstruktion. Sie bezieht sich auf die umgebende alte und neue Architektur, aber marginalisiert sie nicht. Wenn die Stiftung Elbphilharmonie Hamburg sagt, Alt und Neu werden zu einer aufregenden Synthese, dann

(Norbert Hackbusch)

muss das nicht jeder glauben. Ich antworte im Ausland aber auf interessierte Nachfragen: Wer sich das genau ansehen will, soll vorbeikommen und hinschauen, übrigens am besten schon jetzt, wo man in den Innenräumen die noch nicht verkleideten Teile sehen kann. Man sieht, dass das schon jetzt viele Menschen aus der ganzen Welt tun.

Sie sehen ein Gebäude, das einmal 26 Geschosse haben wird, das 110 Meter hoch sein wird, eine Bruttogeschossfläche von immerhin 120 000 Quadratmetern haben wird und drei Konzertsäle, von denen der größte 2150 Plätze hat. Es gibt das Hotel, die öffentliche Plaza auf 37 Metern Höhe. Sie alle kennen diese Zahlen.

Aber es wird auch etwas anderes deutlich werden, wenn jedes Jahr mehr als 400 000 Besucher bei 400 Konzerten Kunst in grandioser Atmosphäre erleben. Und weil es so oft auch andersherum diskutiert wird, will ich ausdrücklich sagen: Es wird auch ein demokratisches Gebäude, ein Gebäude für alle Hamburgerinnen und Hamburger und ihre Besucher. Was heißt das? Das heißt, dass es von vielen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt und von vielen ihrer Besucherinnen und Besucher besucht und genutzt wird. Das ist kein elitäres Projekt, dafür wäre es viel zu groß. Ein so großes, elitäres Publikum gibt es weder in Hamburg noch weit darüber hinaus.

(Beifall bei der SPD)

In Argentinien hat kürzlich die Hamburger Delegation das Teatro Colón in Buenos Aires besucht. Das wurde von 1889 bis 1908 erbaut und am 25. Mai desselben Jahres mit der Oper Aida von Verdi eröffnet. Es gehört zu den berühmtesten Opernhäusern der Welt, nicht nur, weil großartige Künstler wie die Callas oder Bernstein hier regelmäßig zu Gast waren. Das Teatro Colón war zur Zeit seiner Entstehung ein Haus des Bürgerstolzes. Dort wurden Säle für Begegnungen geschaffen; ein Saal war beispielsweise Versailles nachempfunden. Das war zu der Zeit ein Gebäude für die Oberschicht.

Ganz anders ist es hier. Auch die Elbphilharmonie hat eine öffentliche Plaza, einen Platz für Begegnungen, aber groß und offen für alle Hamburgerinnen und Hamburger. Hier treffen sich die Bürger einer demokratischen Stadt und nicht nur einige wenige. In der Architektur spiegelt sich das auch wider.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Ich will zu der Entscheidung kommen, die wir heute zu treffen haben. Ich sage ausdrücklich, dass das eine schwierige Entscheidung ist. Es ist völlig in Ordnung, dass sich jeder Einzelne und jede Einzelne, die ganze Bürgerschaft, diese Entscheidung sehr schwer macht

und sorgfältig überlegt, was nun richtig und was falsch ist.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Aber es gibt doch etwas ganz Besonderes. Die Bürgerschaft hat sich gemeinsam eine große Zahl von Sachverständigen ausgesucht, die die Verträge und das, was hier geschehen ist, bewertet haben. Und es ist etwas geschehen, was in meiner nun auch schon nicht kurzen Erfahrung mit Parlamenten im Deutschen Bundestag und in der Hamburgischen Bürgerschaft eigentlich noch nie aufgetreten ist, nämlich dass die unter Mitwirkung aller Parteien ausgesuchten Sachverständigen das gleiche Urteil fällen: Diese Verträge sind gut ausgehandelt, und wir raten dringend, diesen Verträgen zuzustimmen. Wo haben Sie das erlebt, dass es ein einhelliges Urteil aller Sachverständigen in diesen Ausschüssen gibt? Keine Rede in unserer Bürgerschaft kann über diesen Fakt hinwegtäuschen.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Politische Führung, übrigens auch von Oppositionsparteien, bedeutet, dass man sich mit neuen Gegebenheiten schnell auseinandersetzt.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ja, vielen Dank für die Information!)

In diesem Fall wäre es eine gute Gelegenheit gewesen, sich zu überlegen, ob man wirklich glaubt, gegenüber einer mit diesem Thema so vertrauten und so sorgfältig verfolgenden Öffentlichkeit mit irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten kommen zu können. Denn so viele, die nicht Teil des parteipolitischen Streits sind, sagen, das sei eine richtige Lösung. Deshalb auch an dieser Stelle noch einmal mein Wunsch: Stimmen Sie zu, auch die Abgeordneten der Oppositionsparteien.

(Beifall bei der SPD)

Professor Diederichs, der schon zitiert worden ist, hat gesagt, dass wir für dieses Projekt für den Rest der Bauzeit eine höchstmögliche Sicherheit erhielten. Das kann man noch durch viele, viele weitere Zitate ergänzen. Ich will das nicht, weil sie alle bekannt sind. Aber es ist etwas, mit dem man sich auseinandersetzen muss und über das man nicht einfach hinweggehen kann.

(Jörg Hamann CDU: Dann erklären Sie doch mal den Preis!)

Darum will ich ausdrücklich sagen, was aus meiner Sicht von uns gewonnen wurde. Wir haben in dieser Situation einen Globalfestpreis ausgehandelt. Den kennen alle, er ist Ihnen erläutert worden in den Ausschüssen als etwas, das sich juristisch vollständig unterscheidet von den rhetorischen Worten der Vergangenheit. Und es ist keine gute Idee – nachdem man nachgefragt hat und von mehreren Juristen erläutert bekommen hat, dass es sich hier um eine juristische Differenz handelt –,

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

trotzdem so zu tun, als hätte man das nie gehört. Was soll die Öffentlichkeit zu einem solchen Prozess sagen?

(Beifall bei der SPD)

Wir haben eine Neuordnung, die lange angestrebt und von vielen diskutiert wurde. Und wir haben diese Neuordnung zustande gebracht unter Bedingungen, die exakt dem entsprechen, was wir uns selbst wünschen. Nämlich, dass die Qualitätsansprüche gesichert werden durch Sachverständige, durch das HDM-Label, durch die Notwendigkeit, dass Yasuhisa Toyota die Akustik prüft und vieles Weitere, dass gleichzeitig aber niemals eine Entscheidung der Stadt notwendig ist, was nun getan werden muss oder nicht, weil das durch die Verträge, die langen Anlagen und diese Sachverständigen festgelegt ist. Das ist eine Qualität, die von den Sachverständigen gelobt wurde. Wenn jetzt in einer mäandernden Argumentation, nachdem erst das eine und später das andere gesagt wurde, behauptet wird, das sei ein Nachteil, dann hat man eigentlich nicht zugehört und etwas nicht verstanden.

Wenn wir verhindern wollen, dass es die Claims der Vergangenheit wieder gibt, wenn wir Nachträge verhindern wollen, die auf diesen Claims beruhen, dann muss es eine eindeutige Klarstellung geben, die hier das allererste Mal bei diesem Projekt erreicht wurde. Niemals kann jemand sagen, wenn die Stadt dieses oder jenes nicht mache oder sage, dann könne man nicht weiterbauen oder wolle mehr Geld. Das ist ausgeschlossen, und die Nachteile sind durch gute Vertragskonstruktionen abgesichert. Das ist die eigentliche Leistung, die muss man loben und nicht kritisieren.

(Beifall bei der SPD)