Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schiedek, Frauen sind in den Aufsichtsgremien städtischer Unternehmen nach wie vor in der Minderheit. Verschiedene Anfragen von mir und auch von anderen Kollegen aus dem Haus haben das gezeigt. Trotzdem muss man auch feststellen, dass sich Senatorin Schiedek seit 2011 stets bemüht hat, dieses Ergebnis einer jahrzehntelang gleichgültigen Politik zu ändern. Frau Schiedek, Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, eine Reihe von Frauen für Führungsaufgaben zu gewinnen, und das nicht ganz ohne Erfolg. Dafür gebührt Ihnen der Respekt der FDP-Fraktion.
Ich möchte Sie an dieser Stelle deshalb ermutigen, auf diesem Weg weiterzugehen. Aber verzichten Sie auf die Etablierung einer Zwangsquote von 40 Prozent, auch wenn diese erst ab einer Gremiengröße von neun Mitgliedern greift.
Erstens: Eine Zwangsquote kann nicht überzeugen. Starke Frauen in Führungsverantwortung ohne Quote überzeugen. Für Frauen, die heute schon in städtischen Gremien sitzen oder die künftig berufen werden, wird das vorliegende Gesetz schnell zu einem Stigma. Das Gefühl zu haben, im Wesentlichen in ein Gremium berufen worden zu sein, weil man eine Frau ist, das kann doch niemand ernsthaft wollen.
Zweitens: Die Lebensrealität der allermeisten Frauen spielt sich nicht in städtischen Gremien und Aufsichtsräten städtischer oder privater Unternehmen ab.
Wenn Sie wirklich etwas für die Gleichstellung von Frauen tun wollen, dann schaffen Sie die Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, ganz selbstverständlich Familie und Beruf beziehungsweise Karriere unter einen Hut zu bringen.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es dabei längst nicht nur auf die reinen Zahlen der zur Verfügung stehenden Betreuungsplätze ankommt. Diese Zahlen sind in Hamburg tatsächlich ganz gut. Entscheidend für Eltern ist es aber, dass die Kinderbetreuungsangebote flexibel und auf die Bedürfnisse von Familien und auch von Alleinerziehenden abgestimmt sind. Noch wichtiger ist die Qualität. Hamburg steht, was den Betreuungsschlüssel in den Kitas angeht, im bundesweiten Vergleich eher schlecht da, und da sollten Sie schnellstmöglich ansetzen.
Drittens: Was Hamburg braucht, sind tatsächlich gemeinsame Anstrengungen, damit die Gleichstellung von Frauen und Männern nicht nur auf dem Papier verordnet wird. Wenn der Senat wirklich etwas für die Gleichstellung von Frauen tun will, dann könnte er beispielsweise das Gleichstellungsrahmenprogramm endlich mit Leben füllen. Wir haben sehr lange auf das Rahmenprogramm gewartet, und trotzdem ist es jetzt nicht mehr als weiße Salbe – ein Papier mit vielen Dutzenden Prüf- und Evaluationsaufträgen. Als Zukunftskonzept kann man es in keiner Hinsicht bezeichnen.
Der Senat wäre gut beraten gewesen, konkrete Maßnahmen festzuschreiben, die die Ziele der Gleichstellungspolitik substanziell voranbringen.
Punkte wie die Aufnahme eines Hinweises auf das "Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm" und das Ziel, in relevanten Bereichen entsprechende Ziel- und Kennzahlen auszubringen – das ist die laufende Nummer 26 –, mögen ganz gut klingen, aber sie verändern die Lebenswelt von Frauen überhaupt nicht.
Und ein vierter Grund spricht gegen das Gesetz: Es gibt überhaupt keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung in der vorliegenden Form. Die Berufungen in die Gremien der Freien und Hansestadt erfolgen in der Regel im Kompetenzbereich des Senats oder der einzelnen Senatoren. Ich appelliere deshalb an die Vertreter auf der Senatsbank:
Tun Sie es doch einfach, meine Damen und Herren, und leben Sie die Gleichberechtigung. Dafür brauchen Sie wirklich kein Gesetz.
Um es mit Montesquieu zu sagen: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen, und das gilt hier.
Deshalb noch einmal der Appell an Sie, Frau Schiedek: Gehen Sie auf Ihrem Weg weiter, berufen Sie kompetente Frauen in die Gremien und Aufsichtsräte, und fördern Sie aktiv den Aufstieg, gerade innerhalb der Verwaltung. Gehen Sie als öffentliche Verwaltung der Privatwirtschaft mit gutem Beispiel voran, überzeugen Sie auch Ihre Senatskollegen davon, und widerlegen Sie bitte die These von Frau Dobusch, dass Selbstverpflichtungen grundsätzlich fruchtlos seien. Sie haben es in der Hand.
Und ganz nebenbei: Alle genannten Gründe gegen eine Quote in den städtischen Gremien sprechen auch gegen eine Quote in Aufsichtsräten von Unternehmen, die Sie, Frau Schiedek, mit Ihrer Bundesratsinitiative fordern. Wir werden daher dem vorliegenden Gesetz nicht zustimmen, und wir halten auch eine Beratung des Gesetzes im Ausschuss aus den genannten Gründen nicht für zielführend. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Wer der Meinung ist, dass nur die Leistung zählt und deswegen keine Quoten gelten dürfen, sollte sich umgehend dafür einsetzen, dass das Wahlrecht für die Parlamente geändert wird, denn nichts anderes sind auch unsere Parlamente: durch Quoten zusammengesetzte Gremien. Es kann dann zwar sein, dass Harburg oder auch Bergedorf nicht mehr mit Abgeordneten in der Bürgerschaft vertreten sind, aber das würde CDU und FDP wohl nicht erschüttern.
Oder aber doch? Wer es richtig findet, dass eine angemessene regionale und damit sachgerechte Repräsentativität in den Parlamenten gilt, ist für eine Quote.
Bei dem hier vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um die Einführung einer Geschlechterquote, und das aus ebenfalls sachgerechten Gründen.
Erstens setzt das Gesetz – die Kollegin Dobusch hat es erwähnt – eine Verpflichtung aus dem Grundgesetz um, liebe Frau Wolff, dass die Gleichberechtigung von Frauen und Männern auch durchgesetzt wird. Zweitens nimmt die Freie und Hansestadt Hamburg wie so oft und richtigerweise ihre Vorbildfunktion wahr. Und drittens haben die Defizite rein oder überwiegend männlicher Entscheidungsstrukturen in Bezug auf die Gerechtigkeit in diesem Land jahrhundertelang genug Schaden angerichtet.
Die Folgen sind systemische Mängel, unter anderem bei der Bezahlung von weiblicher Arbeitskraft und bei der Lebensqualität von Frauen. Frauen haben mühsam und gegen massive Widerstände dafür kämpfen müssen, gleichberechtigt in dieser Gesellschaft zu leben. Das Wahlrecht, das Recht auf freie Berufswahl und das Recht auf körperliche Unversehrtheit sind alles Rechte, die noch nicht sehr lange gelten. Und ich will nicht abwarten, bis womöglich meine Urururenkelin eine gesellschaftliche Realität erlebt, in der Frauen endlich die gleichen Möglichkeiten und die gleiche Stellung haben wie Männer. Diese Gesellschaft hat überhaupt keine Zeit mehr zu verlieren, ihre weiblichen Ressourcen adäquat zu berücksichtigen und mitzunehmen und natürlich auch zu nutzen.
Gremien sind wie Quoten übrigens auch nur Instrumente, Gremien repräsentieren. Sie ermöglichen umfassendere und damit bessere Entscheidungen. Eine ungleiche Verteilung der Geschlechter führt nicht zu sachgerechten Lösungen. Was in Gremien erarbeitet und welcher Blickwinkel bei einem Thema eingenommen wird, ist immer auch eine Frage der Lebenslage und der sozialen Prägung. Da Männer und Frauen unterschiedlich geprägt sind und dies zu einem übergroßen Teil aufgrund ihres sozialen Geschlechts erfolgte, ist es nur folgerichtig für eine Entscheidungsfindung in Aufsichtsräten, Beschluss- und Beratungsgremien, den vorherrschenden Androzentrismus zu beenden.
Allerdings hätte das Gesetz, das der Senat hier vorgelegt hat, noch besser gemacht werden können. So ist es unverständlich, dass die Bürgerschaft nur alle vier Jahre einen Bericht erhalten soll, wie sich die Verteilung der Geschlechter entwickelt hat. Und wenn der Senat schon jede Menge Ausnahmen einplant, aufgrund derer die Geschlechterquote nicht eingehalten werden muss, dann ist mindestens eine zweijährliche Berichterstattung sinnvoll. Der Senat schreibt selbst, dass es vielfältige Hürden gibt, die dafür gesorgt haben, dass eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern bislang nicht wirksam überwunden werden konnte; einige wurden von meinen Vorrednern angeführt. Diese Hürden aber gilt es aufzuspüren und zu beseitigen. Sich nur alle vier Jahre damit zu befassen, verlangsamt den Prozess der Gleichstellung unnötig. Und da die Finanzbehörde der Senatskommission für öffentliche Unternehmen halbjährliche Berichte über die Entwicklung des Frauenanteils in den Aufsichtsgremien vorlegt, sehe ich auch kein Problem darin, der Bürgerschaft dann alle zwei Jahre die Erkenntnisse in einer Drucksache zu übergeben.
Falsch finden wir übrigens eine Quotierung erst ab drei Personen. Ich gebe Ihnen auf die Hand, dass die Plätze eins und zwei weiter den Männern vorbehalten werden.
Sie müssen damit rechnen, dass wir nach der ersten Berichterstattung nach zwei Jahren keine weiteren vier Jahre abwarten werden, um zu sehen, ob angeblich wichtige Gründe und spezielles Fachwissen von Männern nicht doch die Frauen aus den Gremien fernhalten. Wir sehen der Umsetzung mit sehr hohen Erwartungen entgegen.
rund um die Geschlechterquote in den letzten Jahren habe ich immer deutlich gemacht, dass ich den Staat in einer ganz besonderen Verantwortung sehe und mit einer klaren Vorbildfunktion, wenn es um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern auch in Führungsgremien geht. Die Bundesratsinitiative zur Einführung einer Geschlechterquote in Aufsichtsräten vom letzten Jahr, die hier bereits mehrfach erwähnt wurde, war eine Maßnahme, mit der der Senat seiner auch hier schon mehrfach zitierten verfassungsrechtlichen Verantwortung und seinem verfassungsrechtlichen Handlungsauftrag nachgekommen ist, der nicht nur im Grundgesetz, sondern genauso in der Hamburgischen Verfassung verankert ist. Mit dem Ihnen nunmehr vorliegenden Gremienbesetzungsgesetz tun wir einen weiteren sehr wichtigen Schritt, um der Verantwortung und vor allem der Vorbildfunktion des Staates auch im Hinblick auf die Gremien und öffentlichen Unternehmen nachzukommen.
Frau Suding, ich erinnere mich noch, dass Sie mich bei einer Podiumsdiskussion zum Thema einer Quote für Aufsichtsräte in der Privatwirtschaft, an der wir vor knapp einem Jahr teilgenommen haben, aufforderten, doch erst einmal im eigenen Hause anzufangen und entsprechend meine Hausaufgaben bei den städtischen Gremien zu machen.