Protokoll der Sitzung vom 14.08.2013

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und was ist mit den Erlösobergrenzen?)

Das ist durch die Regulierung doch gerade ausgeschlossen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Netzbetreiber darf die Preise sogar noch weiter erhöhen, und zwar so lange, bis er auf sein eingesetztes Kapital bei Erweiterungsinvestitionen 9 Prozent Rendite bekommt oder 7 Prozent bei Erneuerungsinvestitionen bei Wartungen der Netze.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Komisch, und warum macht Brunsbüttel dann Verlust?)

Wo ist da das wirtschaftliche Risiko, vor dem Sie die Bürgerinnen und Bürger warnen? Sie betreiben unverantwortliche Panikmache. Ich kann nur hoffen, dass sich niemand von solch plumper Rhetorik täuschen lässt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Natürlich wird bei 100 Prozent Rekommunalisierung genau das Gleiche gemacht, was Sie bei 25 Prozent gemacht haben, Herr Bürgermeister.

(Dietrich Wersich)

Ich will nur die Drucksache des Hamburger Senats zitieren, der dort geschrieben hat, der Anteilskauf von 25,1 Prozent sei "haushaltsneutral" und belaste den Haushalt mit keinem Cent. Das soll auf einmal nicht mehr stimmen? Wer hat eigentlich recht, der Senat, der sagt, 25 Prozent kann ich haushaltsneutral kaufen, oder die SPD in ihrer Kampagne, die vor unverantwortlichen wirtschaftlichen Risiken und Verlusten warnt, die den Haushalt belasten? Einer von beiden sagt nicht die Wahrheit. Ich glaube, dass der Senat die Wahrheit sagt und diese Kampagne reine Panikmache ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Letztendlich würde das öffentliche Unternehmen HGV die 100 Prozent genauso kaufen, wie sie es bei den 25 Prozent gemacht hat. Sie nehmen dafür einen Kredit auf, zahlen 1,6 Prozent Zinsen und haben eine garantierte Rendite auf dieses eingesetzte Kapital.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir haben keine garantierte Rendite! Begreift es doch mal!)

Sie dürfen die Preise erhöhen – Sie können auch weniger nehmen –, sodass Sie maximal eine Rendite zwischen 7 und 9 Prozent bekommen. Jeder, der ein bisschen rechnen kann oder einmal ein Haus gekauft hat, wird Folgendes feststellen: Wenn die Kosten bei 1,6 Prozent liegen und die Rendite zwischen 7 und 9 Prozent, dann kann man daraus den Kaufpreis bezahlen. So hat es der Senat bei 25 Prozent gemacht, und genauso funktioniert das bei 100 Prozent.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!)

Kein Bürger braucht sich Sorgen zu machen, dass sein sauer verdientes Steuergeld dafür benutzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich abschließend nur noch eines sagen: Die diskriminierungsfreie Ausschreibung gilt natürlich auch für Ihre gemeinsame Gesellschaft mit Vattenfall. Wenn Sie an die Wand malen, dass das ein so großes Risiko sei, dann gilt das für Ihre Gesellschaft genauso.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss.

170 Rekommunalisierungen waren in den letzten fünf Jahren erfolgreich und haben die Ausschreibung gewonnen. Hamburg kann das auch. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Suding hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn die Debatte heute eines gezeigt hat, dann doch, dass die Nerven besonders auf der linken Seite dieses Hauses blank liegen und die Nervosität immer größer wird.

(Zuruf von Dora Heyenn DIE LINKE – Erster Vizepräsident Frank Schira übernimmt den Vorsitz.)

Das konnte man schon erkennen, als sich die Fraktionen von SPD, FDP und CDU zusammengetan haben und eine gemeinsame Stellungnahme im Infoheft verfasst haben. Die Aufregung war groß, und man hat sich Sorgen gemacht, mit seiner Position unterzugehen. Das hat sich in dem Vorwurf von Ihnen, Herr Kerstan, an die Handwerkskammer gezeigt. Sie haben der Handwerkskammer vorgeworfen, dass ihre Position gegen den vollständigen Rückkauf nicht demokratisch zustande gekommen sei.

(Dr. Till Steffen GRÜNE: Haben Sie auch ein eigenes Argument?)

Sie haben dann gehört, und das war wirklich peinlich für Sie, dass das Gegenteil der Fall ist. Man muss sich fragen, warum Sie angesichts der großen öffentlichen Kritik an den Argumenten, die die Verbraucherzentrale und Teile der evangelischen Kirche, die sich Ihrer Position angeschlossen haben, vorgebracht haben, so ruhig geblieben sind. Ich hätte einen Aufschrei von Ihnen erwartet, Herr Kerstan.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU)

Ich habe tatsächlich versucht, Argumente herauszuhören, sowohl von Ihnen, Herr Kerstan, als auch von Ihnen, Frau Heyenn. Es ist mir nicht gelungen.

Ich stelle noch einmal ein paar Nachfragen. Auf der einen Seite wurde die Anzeige erwähnt, die für 47 000 Euro geschaltet wurde. Das wurde hier als Beweis dafür dargestellt, dass das Profitinteresse der Befürworter des Rückkaufs so groß sei. Damit wollen Sie aufzeigen, dass es offensichtlich ein unglaublich gutes Geschäft sei. Heißt das, dass Sie den Netzkauf für die Stadt durchdrücken möchten, weil das ein gutes Geschäft ist und Sie der Stadt etwas Gutes damit tun können? Ist es das, was Sie meinen? Dann müssten wir im Prinzip von Ihnen demnächst eine Liste bekommen mit anderen profitablen Unternehmen in Hamburg, die wir dann als Nächstes kaufen sollen. Da bin ich schon sehr gespannt.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU – Roland Heintze CDU: ALDI!)

Oder ist es so – und das widerspricht sich im Prinzip –, dass Sie die demokratische Kontrolle wollen, damit Sie den Bürgern zahlbare Energiepreise sichern können? Das widerspricht sich aber. Entweder, Sie wollen Anteil am Profit haben, oder Sie kaufen die Netze für die Stadt als Daseinsvorsorge

(Jens Kerstan)

und stellen dann günstige Preise sicher. Sie müssten hier noch einmal klarstellen, was tatsächlich das Argument ist.

Ich glaube auch nicht – Sie haben wieder angefangen mit Ihrem Vattenfall-Bashing –, dass Ihr persönlicher Hass auf Vattenfall die Menschen dazu bewegen wird, für die Initiative zu stimmen und das mit 2 Milliarden Euro Steuergeldern zu bezahlen. Das ist zu billig gedacht.

(Beifall bei der FDP)

Ich begrüße das breite Bündnis, das sich aus den Kammern, den Verbänden und Gewerkschaften zusammen mit SPD, FDP und CDU hier im Haus geformt hat. Es ist gut, dass ein breites Bündnis verdeutlicht, dass der Netzrückkauf wirtschaftsund energiepolitisch Unsinn ist. Man muss allerdings sagen – und da muss ich Herrn Kerstan und Frau Heyenn einmal recht geben –, dass alle Argumente, die gegen den hundertprozentigen Rückkauf sprechen, natürlich auch gegen die 25,1-Prozent-Beteiligung sprechen.

(Beifall bei der FDP und bei André Trepoll CDU)

Und an dieser Stelle haben Sie ausnahmsweise einmal recht.

Noch ganz kurz zu den immer wieder genannten Argumenten. Es zeigt sich immer deutlicher, dass das Vorhaben der Initiative schlicht und einfach nicht durchdacht ist. Demokratische Kontrolle hat nichts mit dem Besitz der Netze zu tun. Die Energienetze – das haben wir heute schon häufig gehört – sind streng reguliert durch bundesgesetzliche Vorgaben. Und bei diesen gesetzlichen Vorgaben steht das Verbraucherinteresse bereits im Fokus, da brauchen wir nicht mehr das, was Sie demokratische Kontrolle nennen.

Nicht durchdacht ist auch, wie die 2 Milliarden Euro finanziert werden. Frau Heyenn, Sie haben versucht, uns zu erklären, wie das Ganze funktioniert; ich habe es nicht verstanden.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Da kann ich nichts für!)

Tatsächlich ist es so, dass die 2 Milliarden Euro über die HGV finanziert werden müssen. Wir werden Zinsen dafür zahlen müssen; Herr Wersich hat es dargestellt. Es werden notwendige Investitionen in die Netze bezahlt werden müssen. Möglicherweise werden wir auch Verluste aus einem nicht wirtschaftlichen Betrieb haben. Und das Ganze wird vom Steuerzahler direkt bezahlt über einen höheren Verlustausgleich an die HGV. Sie können es drehen und wenden wie Sie wollen, das wird den Steuerzahler Geld kosten.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU)

Nicht durchdacht ist auch, dass der Erwerb der Netze keineswegs dazu führen wird, dass mehr

Ökostrom durch sie fließt; das wissen wir inzwischen alle. Die Stadt wird nicht verhindern können, dass auch Atomstrom durch die Netze fließt. Wenn Sie denn etwas für das Klima tun wollen, dann müssen Sie auf der einen Seite in erneuerbare Energien investieren und auf der anderen Seite in mehr Energieeffizienz, aber doch bitte nicht in Energienetze.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU)

Nicht durchdacht – das ist mehrfach angeklungen – ist, dass die Stadt 2014 die Konzession des Netzbetriebs ausschreiben muss und überhaupt nicht klar ist, ob die Stadt am Ende die Netze betreiben wird.

Da ist vieles noch nicht durchdacht. Ich kann nur an die Initiative appellieren: Denken Sie noch einmal richtig nach. In der Zwischenzeit sollten die Hamburger am 22. September gegen die Initiative stimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU)