Protokoll der Sitzung vom 14.08.2013

sche Gesellschaft dieses Unternehmen führe – Herr Scholz, Sie haben das gerade als Argument gebracht –, ist das lächerlich. Es ist gar nicht Ihre Haltung, dass bei einer städtischen Gesellschaft grundsätzlich Arbeitsplätze in Gefahr sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Sie haben Unternehmen gekauft, die wesentlich schlechtere Renditeaussichten haben als die Netzgesellschaften; das ist hier schon ausführlich dargelegt worden.

Ich sage auch etwas zu dem zukünftigen Risiko. Wir werden auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine Energiepolitik und eine Energiewirtschaft brauchen, auch in Fragen der Regulierung, die immer wieder sicherstellt, dass notwendige und sinnvolle Investitionen in die Netze auch gegenfinanziert werden. Das ist völlig unabhängig davon, ob es ein Privater ist, der es betreibt, oder ein Öffentlicher. Dass wir Netze brauchen, die funktionieren, ist eine Daueraufgabe, und deswegen ist es auch ein dauerhaft sicheres Geschäftsmodell. Das verstehen die Leute, und deswegen verstehen sie auch, dass man, wenn man 25 Prozent haushaltsneutral finanzieren kann, das auch mit 100 Prozent tun kann. Da sollten Sie den Menschen gegenüber ehrlicher sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Sie wollen schlicht diesen geschäftlichen Einfluss nicht, das ist nämlich Ihre Position. Die Unfinanzierbarkeit halte ich für ein vorgeschobenes Argument.

Mein letzter Punkt ist einer, der mich sehr beunruhigt. Herr Bürgermeister, ich habe Ihnen genau zugehört und den Eindruck gewonnen – und nach der Rede von Herrn Scheuerl erst recht –, dass Sie hier für den Fall, dass Sie den Volksentscheid verlieren, vorbereiten wollen, diesen nicht ernsthaft umzusetzen,

(Dirk Kienscherf SPD: Stimmt doch gar nicht! – Zuruf von der SPD)

sondern sich dann mit einer leeren Hülle bewerben wollen. Sie haben nicht deutlich gemacht, dass Sie diesen Volksentscheid dann auch ernsthaft als Auftrag annehmen und alles in Rede stehende tun werden, damit er umgesetzt wird. Sie haben quasi gesagt: Egal, wie es ausgeht, wir werden nie eine Chance haben, die Ausschreibung zu gewinnen. Ich finde, das ist ein Skandal. Daran haben Sie alle drei gearbeitet, und das gibt mir zu denken für die nächsten Wochen. – Schönen Dank.

(Glocke – Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde ist für heute

(Dr. Walter Scheuerl)

beendet. Wir werden sie morgen mit dem zweiten, dritten, vierten und fünften Thema fortsetzen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4, Drucksache 20/8698: Nachwahl eines hamburgischen Ersatzmitglieds des Medienrates der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Nachwahl eines hamburgischen Ersatzmitglieds des Medienrates der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein – Drs 20/8698 –]

Der Stimmzettel für diese Wahl liegt Ihnen vor. Er enthält je ein Feld für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Ich bitte Sie, den Stimmzettel jeweils nur mit einem Kreuz zu versehen. Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig. Bitte nehmen Sie jetzt Ihre Wahlentscheidung vor.

(Die Wahlhandlung wird vorgenommen.)

Ich darf die Schriftführer bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.

Sind alle Stimmzettel abgegeben? – Das ist der Fall. Dann ist die Wahlhandlung geschlossen. Das Wahlergebnis wird nun ermittelt und im Laufe der Sitzung bekannt gegeben.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 72, Drucksache 20/8503, Antrag der CDU-Fraktion: Nachhaltig Chancengerechtigkeit in Hamburg schaffen – Neuer Kess-Index und seine Folgen.

[Antrag der CDU-Fraktion: Nachhaltig Chancengerechtigkeit in Hamburg schaffen – Neuer Kess-Index und seine Folgen – Drs 20/8503 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/8911 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gute Sprachförderung in ganz Hamburg – Sprachförderung ist das Fundament für Bildungsgerechtigkeit – Drs 20/8911 –]

Beide Drucksachen möchte die Fraktion DIE LINKE an den Schulausschuss überweisen.

Das Wort wird gewünscht von Frau Prien.

Das ist jetzt schwer: Nach der Harmonie bei diesen Teilen des Hauses müssen wir nun wieder streiten,

(Gabi Dobusch SPD: Nein, müssen wir nicht!)

aber dafür sind wir ja auch da.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion hat zu Beginn der Sommerpause den Ihnen vorliegenden Antrag einbringen müssen, weil die umfangreichen und in vielen Einzelfällen berechtigten Proteste und Einwände der Schulen und Schulleitungen gegen den neuen Sozialindex und dessen Folgen beim Senat trotz der vielen politischen Gespräche, die geführt wurden, auf taube Ohren gestoßen sind. Der Senator hat leider auch die Sommerpause, in der man auch einmal ein wenig nachdenken kann, nicht dazu genutzt, die alarmierenden und inakzeptablen Ergebnisse seines neuen Sozialindexes zu überdenken und den KESS-Sozialindex nachzujustieren. Spätestens seit Einreichung unseres Antrags Ende Juni war klar, dass die Bürgerschaft dieses Thema erneut debattieren würde. Es ist schade, dass die Sommerpause vom Senat hier nicht genutzt wurde.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Verantwortliche Politik, Herr Senator Rabe, wird am Ende an den Folgen gemessen, und wenn die Folgen absehbar inakzeptabel sind, dann ist die Politik offensichtlich falsch. Helmut Kohl hat es 1984 auf den Punkt gebracht und allen mitgegeben: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt." Was in diesem Fall hinten rauskommt, das vertieft die soziale Spaltung in unserer Stadt, und es führt die wichtige und mühevolle Arbeit an vielen Hamburger Grundschulen in stark belasteten Stadtteilen, die dort seit vielen Jahren geleistet wird, ad absurdum. Insofern sind die Folgen Ihrer Politik, Herr Senator Rabe, nicht akzeptabel.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Nun gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ging es Ihnen darum, die begrenzten Mittel, die im Rahmen der KESS-Ressourcen zu vergeben sind, von den Grundschulen zu den Stadtteilschulen umzuverteilen. Das mag die Absicht Ihrer Neusortierung des KESS-Index gewesen sein. So etwas kann man machen; inwiefern man das noch als wissenschaftlich bezeichnen kann, dazu will ich nichts sagen. Man kann es machen, aber dann muss man auch politisch dazu stehen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Man muss dann zu den Streichungen im Grundschulbereich zugunsten der Stadtteilschulen stehen und dazu, dass man Ressourcen insbesonde

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

Wahlergebnis, siehe Seite 4973.

re im Bereich der Sprachförderung oder dem der sonderpädagogischen Förderbedarfe streichen will. Das, meine Damen und Herren, ist fahrlässig. Waren es nicht Sie, Herr Senator, und Sie, Herr Bürgermeister Scholz, die uns in ihrem Regierungsprogramm aufgegeben haben, dass Hamburg fahrlässig mit den Chancen seiner Kinder umgehe? Das wird man jetzt wohl umschreiben müssen. Man muss ergänzen: Der SPD-Senat geht fahrlässig mit den Chancen der Hamburger Kinder um.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Vielleicht ist das aber auch eine bösartige Unterstellung, und das war gar nicht bei der Neugewichtung der Faktoren des KESS-Index beabsichtigt. Vielleicht ist es auch einfach nur das Ergebnis einer wissenschaftlichen Auswertung. Dann aber sieht die Sache doch so aus: Wenn das Ergebnis dieser neuen Bewertung ist, dass Schulen in stark belasteten Stadtteilen von inakzeptablen Kürzungen betroffen sind, dann müssen Sie das ändern und dürfen nicht ein halbes Jahr mit dem Nachjustieren warten.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Gerade Sie, Herr Senator Rabe, haben in Ihrer Zeit als Oppositionspolitiker immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig die Aufgabe der Grundschule für die Überwindung der sozialen Spaltung in dieser Stadt ist. Jetzt, da Sie Regierungsverantwortung tragen und gestalten können, zementieren Sie genau diesen Umstand, indem Sie an der falschen Stelle sparen wollen und an der falschen Stelle die Mittel kürzen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Ich will Ihnen einmal an einem Beispiel aus meinem Wahlkreis Lurup vorführen, was das bedeutet. Lurup ist ein Stadtteil, der nach der Sozialraumbewertung im Rahmen von RISE stark belastet ist. Allein dort sind drei Grundschulen betroffen, die von vormals Stufe 1 des KESS-Faktors nun in Stufe 3 eingestuft sind. Das führt dazu, dass schon jetzt, im August 2013, die Hälfte der Sprachfördermittel wegfällt in einem Stadtteil, in dem der Anteil junger Menschen mit Migrationshintergrund 57,9 Prozent beträgt, ein Stadtteil, in dem es am Lüdersring 75 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund gibt. Die Familiensprache bei Grundschülern ist im gesamten Bereich Lurup bei 32,7 Prozent nicht Deutsch, im Gebiet Lüdersring sogar bei 62 Prozent der Kinder. An solchen Grundschulen Sprachfördermittel zu halbieren, lässt einen – Entschuldigung, wenn es nicht so traurig und so schlimm wäre – an einen Schildbürgerstreich denken.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Ein Sozialindex, der, gleich auf welcher wissenschaftlichen Basis – diese Diskussion kann und will ich heute gar nicht führen –, zu solchen Ergebnissen führt, leistet nicht das, was er leisten soll, nämlich mehr Bildungsgerechtigkeit und Ausgleich bei besonders starker Belastung zu schaffen. Und dann ist er auch nicht mehr zur Verteilung besonderer Mittel zum Ausgleich sozialer Ungleichheit geeignet. In Stadtteilen, in denen die Sozialraumdaten eine derart eindeutige Sprache sprechen wie in Lurup, wie in Steilshoop, müssen Sie nachjustieren, Herr Senator. Tun Sie es endlich, Sie hatten Zeit genug. Wenn Sie es nicht tun, dann ist das ein beredtes Zeugnis dafür, dass es Ihnen gar nicht darum geht, die soziale Spaltung in dieser Stadt zu beenden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Das Wort hat Herr Holster.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Prien, ich glaube, Sie machen es sich etwas zu einfach.

(Beifall bei Gerhard Lein SPD)

Es ist politisch immer gut, wenn man den Senat auffordert, mehr Ressourcen an die Schulen zu geben, und genau das hat der Senat in den vergangenen Monaten getan. Hamburgs Schulen haben so viel Personal wie nie zuvor, das heißt, mehr als 15 000 Lehrerstellen und rund 1 600 Stellen für weiteres Personal. Das liegt nicht nur daran, dass es mehr Schülerinnen und Schüler gibt, sondern auch am noch nie dagewesenen Ausbau der Ganztagsschulen und einer erheblich höheren Ressource für die Inklusion, als Sie auch nur ansatzweise geplant hatten.