Protokoll der Sitzung vom 28.08.2013

Ich bin aber, Herr Kollege Kienscherf, gern bereit, Ihnen und der sozialdemokratischen Fraktion zu helfen.

(Zurufe aus dem Plenum: Oh, oh!)

Ich erkläre gern für die CDU-Fraktion zu Protokoll, dass wir diesen Antrag zur Verlängerung der Bindungszeiten nicht unterstützen. Ich bin sicher, dass ich für die sozialdemokratische Partei erklären kann, dass die SPD diesen Antrag nicht umsetzen wird. Das ist ein Schaufensterantrag, wie er typischerweise vor einer Bundestagswahl kommt und der zur Beruhigung des einen oder anderen dienen soll. Eine Umsetzung dieses Antrags wird es nicht geben.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was wollen Sie denn machen für die Mieter?)

Ich werde Sie gern daran erinnern, wenn Sie erklären müssen, dass Ihre Idee doch nicht so gut war. Im Übrigen ist es richtig, dass wir die bestehenden Förderzeiten reduziert haben,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Sie waren es!)

aber der große Aufschrei oder der große Protest auch von Ihrer Fraktion ist ausgeblieben. Haben Sie es nicht gemerkt? Haben Sie es nicht gehört? Haben Sie es nicht mitbekommen? Ich habe vonseiten Ihrer Fraktion nur gehört, das sei ganz in Ordnung, die Wohnungswirtschaft fände das auch gut. Aber was stört mich mein Gerede von gestern, Herr Kollege Kienscherf. Jetzt versuchen Sie das auf einmal als Problem darzustellen.

Die sachlichen Gründe, weshalb es richtig war und weshalb Ihr Antrag nicht durchgeht, sind natürlich klar. Es wird Geld kosten, viel Geld. Der Grund – das macht Ihre Argumentation noch verquerer –, weshalb es in bestimmten Stadtteilen längere Bindungszeiten gibt, findet sich sogar in Ihrem Antrag. Sie haben es selbst geschrieben, stellen es in Ihrer Rede aber so dar, als wäre das falsch. Ich zitiere gern aus Ihrem Antrag, um es Ihnen in Erinnerung zu rufen:

"Lediglich in benachteiligten Quartieren wird eine Bindungslaufzeit von 30 Jahren angeboten, damit die Bauherren eine entsprechende Sicherheit für ihre Investition auch in weniger nachgefragten Quartieren erhalten."

(Dirk Kienscherf SPD: Das sagt die Verwal- tung!)

Das ist genau der Grund und nichts anderes. Wenn Sie Ihren Antrag nicht gelesen oder in der Zwischenzeit vergessen haben, dann schauen Sie einfach noch einmal hinein.

(Dirk Kienscherf SPD: Das war die Begrün- dung immer!)

Dann kennen Sie auch die Antwort auf Ihre Fragen.

(Beifall bei der CDU)

Sie brauchen aber nicht so zu tun, als sei das etwas Besonderes. Ihre Zusammenfassung hat Ihnen wohl auch jemand von Senats- oder Behördenseite aufgeschrieben.

(Dirk Kienscherf SPD: Mir schreibt keiner was vor!)

So viel zum eigenständigen Handeln der SPDFraktion und wie sehr sie die Mieter schützt.

Das letzte Thema, mit dem die Opposition diesen Senat – wie Sie sagen, den weltbesten Mietersenat, der weltbeste Vermietersenat wollen Sie doch auch sein – getrieben hat, war die 15-Prozent-Regelung. Wie haben Sie sich damals schwer getan, das ging zuerst einmal gar nicht. Ihre Senatorin wollte das nicht. Sie wollten das relativ früh und haben sich auch durchgesetzt. Herzlichen Glückwunsch, aber von konsequentem Regierungshandeln war überhaupt nichts zu sehen. Die CDUBundesregierung hat es ermöglicht, andere Bun

desländer haben reagiert. Sie haben nicht reagiert, Sie mussten sich erst treiben lassen.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir waren das zweite Bundesland, Herr Hamann, das zweite!)

Von weltbestem Senat und weltbestem Mietersenat war nichts zu sehen. Ihre kleinen Lustigkeiten entlarven sich nun selbst. Es bleibt das, was ich Ihnen schon vor einiger Zeit gesagt habe: Wirklich Weltmeister sind Sie im Rumgackern. Jetzt haben Sie 3800 Wohnungen. Das sind Zahlen, die wir früher auch schon hatten.

(Dirk Kienscherf SPD: Wie viele Wohnungen haben Sie denn damals bei SAGA GWG ge- baut? Gar keine!)

Das ist noch nichts Richtiges, aber trotzdem tun Sie so, als hätten Sie Hunderttausende von Wohnungen gebaut. Die konkreten Zahlen wollen wir aber erst einmal sehen, nur kommen die nicht. Stattdessen wird gegackert, es wird sich bis zur Peinlichkeit selbst gelobt.

Zum Antrag der LINKEN will ich zumindest noch einen kurzen Satz sagen, mehr bedarf es wohl auch nicht. Sie haben damit gezeigt, was Sie wirklich denken. Sie sehen das Modell DDR als das bessere an. Sie und Ihr Kollege fanden es doch völlig richtig, das Volk zu fragen. Sie finden also dieses System der DDR-Trümmerschatten ohne Waffen in der Immobilienwirtschaft deutlich vorzugswürdig. Das ist es, was Sie anstreben.

(Beifall bei der CDU)

Insofern fehlt mir die Bereitschaft, diese Mischung aus Unsinn und Wahlkampfgetöse tatsächlich ernst zu nehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Duge hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, wenn Sie im Jahr 2011, als Sie die Regierungsverantwortung übernommen haben, den Antrag gestellt hätten, die Bindungszeiten von 15 auf 30 Jahre heraufzusetzen, dann wäre es sehr glaubwürdig gewesen und hätte Gestaltungswillen gezeigt.

(Jan Quast SPD: Dann hätten Sie sich ge- fragt, warum Sie das nicht selbst gemacht haben!)

Jetzt ist es eher ein Zeichen des Reagierens, des Von-anderen-geschoben-Werdens und der Möglichkeit, sich als Partei der Mieter präsentieren zu können. Wenn DIE LINKE ihren Antrag nicht gestellt hätte, dann wäre Ihr Antrag, glaube ich, auch nicht auf dem Tisch gelandet.

(Jörg Hamann)

(Beifall bei den GRÜNEN – Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch Blödsinn! Die sind am selben Tag eingereicht!)

Es ist wichtig, über diese Bindungszeiten weiter nachzudenken. Sie wissen aber genau, dass das akut nicht eine sozialgebundene Wohnung bringt. Das heißt, eine solche Änderung wird eine langfristige Wirkung haben, was sicherlich auch Berechtigung findet, wenn wir als Stadt Wohnungspolitik und eben auch soziale Wohnungspolitik in den nächsten Jahrzehnten betreiben wollen. Deswegen ist es wichtig, diese Laufzeiten entsprechend zu verlängern. Wir haben doch Hebel, mit denen wir das durchaus voranbringen können. Dazu gehört zum einen, dass wir die städtischen Grundstücke mit dem in der grünen Regierungszeit eingeführten Konzeptverfahren vergeben,

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, die haben Sie ja nie realisiert in Ihrer Zeit! Da ist ja nichts passiert!)

indem die Bindungszeiten mit aufgenommen werden. Dazu gehört, Herr Kienscherf, die Möglichkeit, städtebauliche Verträge abzuschließen, und dort, wo wir Wohnungsbau ermöglichen, beispielsweise Gewerbeflächen umzuwandeln und Ähnliches. Was kann man aber direkt tun, um die problematische Situation, über die wir uns doch einig sind, also das Herausfallen Zehntausender noch in Sozialbindung befindlichen Wohnungen in den nächsten Jahren aufzufangen, damit wir diejenigen, die Dringlichkeitsscheine haben, versorgen können? Die Zahl steigt ständig. Wir haben eine zunehmende Anzahl unversorgter Menschen mit Dringlichkeitsscheinen. Diese Dringlichkeit können wir nur dann abwenden und verringern, wenn es uns gelingt, jetzt mehr Wohnungen mit Sozialbindung zu schaffen. Wir haben als Stadt die Möglichkeit, auf die städtische Gesellschaft, nämlich die SAGA, zurückzugreifen. Ich bin dafür, wenn die SAGA und wir unsere politische Verantwortung wahrnehmen, die SAGA aufzufordern, in den nächsten Jahren nur noch Wohnungen mit einer 30-jährigen Bindungsfrist zu bauen. Dahin müssen wir kommen, um auch kurzfristig diese Defizite im gebundenen Wohnungsbau einigermaßen aufzufangen.

Ich möchte noch eines sagen, was so ein bisschen Zweifel über die Absichten Ihres Antrags aufkommen lässt. Sie haben für Prüfaufträge selbst immer ein Datum gefordert; das fehlt. Ich weiß, wie lange Sie auch in der BSU Entscheidungen gern verzögern, ich brauche nur die Stellplatzverordnung zu nennen – 17 Monate hat das gedauert – oder die Auszubildendenunterkünfte – das liegt dort noch länger – und vieles andere mehr. Das zeigt nicht Gestaltungswillen, sondern es zeigt, dass in Ihrer Regierung Uneinigkeit herrscht und Sie nicht zu Potte kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir sind natürlich dafür, dass dies nun angeschoben wird. Deswegen werden wir auch den Antrag unterstützen, und wir werden auch den Überweisungsantrag der LINKEN unterstützen. Das Thema ist zu wichtig, als dass es unter den Tisch fallen kann, auch wenn es im Antrag der SPD etwas halbherzig vorgebracht worden ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN – Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Das Wort bekommt Herr Dr. Duwe.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man einen Zeitraum von 30 Jahren betrachtet, dann muss man sich natürlich überlegen, ob das eine sinnvolle Zeitspanne ist, um Menschen zu Investitionen zu bewegen. Das war einer der Gründe, warum man von 40 auf 30 Jahre heruntergegangen ist. Wir haben jetzt 2013. Schauen Sie einmal 30 Jahre zurück auf 1983. Kann sich jemand daran erinnern, was damals exakt war

(Jörg Hamann CDU: Bundeskanzler Kohl!)

und wie die Zukunft gesehen wurde. Haben Sie damals genau das vorhergesagt, was jetzt geschieht? Das haben Sie nicht. 1983 ist zum Beispiel, mein Fraktionskollege Carl-Edgar Jarchow wird es wissen, der HSV das letzte Mal Deutscher Meister geworden und hat den Europapokal der Landesmeister gewonnen. Wagen Sie einmal, aus der Sicht die Zukunft des HSV zu prognostizieren. Das ist dasselbe, wie die Zukunft des Wohnungsmarkts in 30 Jahren zu prognostizieren.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das ist we- sentlich einfacher!)

Das wird jeder Investor genauso sehen. Sie können vielleicht lachen, aber es ist sein Geld und nicht Ihr Geld, das investiert wird; das ist das eine.

(Beifall bei der FDP)

Zum anderen haben wir teilweise 30-jährige Bindungsfristen. Dieses Angebot wird aber sehr selten angenommen. Dann müssen Sie sich fragen, wie Sie erreichen können, dass es eher angenommen wird. Das können Sie nur erreichen, indem Sie mehr Geld hineinstecken. Das müssen Sie dann aber auch sehr klar sagen. Die Realität ist nämlich, dass diese Bindungsfristen vielerorts abgelöst werden,

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Und ist das jetzt ein Problem, oder nicht?)

und zwar auch von der SAGA GWG, die gerade erwähnt worden ist. Es sind de facto gar nicht 15 Jahre, sondern vielleicht gerade einmal 12 Jahre, zehn Jahre oder acht Jahre. Das ist die Reali

(Olaf Duge)