Protokoll der Sitzung vom 11.09.2013

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Worauf wollen Sie hinaus?)

Wichtiger ist mir jedoch eines: Ein solcher Versuch, in der politischen Diskussion mit gerichtlichen Mitteln dem politischen Gegner Argumente, Meinungen und Äußerungen zu untersagen, ist ein direkter Eingriff in die politische Meinungsfreiheit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren! Jetzt richte ich mich einmal direkt an Sie und möchte an eine mutige Frau erinnern, deren politische Überzeugung im Marxismus ich überhaupt nicht teile, die aber sehr mutig war. Sie wurde 1919 in Berlin auf brutale Weise für ihre politischen Anschauungen ermordet. Sie hat eine wichtige Mahnung geäußert, und die richte ich vor allem an Sie. Rosa Luxemburg hat gesagt:

"Freiheit ist immer nur Freiheit des anders Denkenden."

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ich glaub es ja nicht!)

Und wenn Sie, Herr Kerstan, Herr Dr. Steffen und Herr Dr. Tjarks, der Meinung sind, dass die Argumente des Senats und die Argumente des Bündnisses sachlich nicht richtig sind, dann bringen Sie sachliche Gegenargumente. Aber laufen Sie nicht zum Gericht, suchen Sie nicht mit scheinheiligen Schriftsätzen gerichtliche Hilfe darin, Argumente zu verbieten. Wir leben in einer freiheitlichen, demo

(Jens Kerstan)

kratischen Grundordnung, und für diese, das ist die Überzeugung aller in diesem Hause, jedenfalls auf dieser Seite,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Was ist das denn!)

ist die Meinungsfreiheit eines der höchsten Güter.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Ich komme zum Schluss.

Herr Kerstan, Herr Tjarks und Herr Dr. Steffen, ich habe den persönlichen Eindruck, dass Sie zur verlorenen Generation der GRÜNEN gehören.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Denn die Gründungsväter Ihrer Partei sind vor 30 Jahren noch für die Freiheit der Andersdenkenden auf die Straße gegangen, sie haben demonstriert. Was Sie machen, ist, im Parlament zu sitzen, einstweilige Anordnungen zu beantragen

(Jens Kerstan GRÜNE: Das hat ja keiner ge- tan!)

und Ihrerseits falsche Argumente vor dem Volksentscheid zu verbreiten. Das ist nicht die politische Kultur, die wir uns in unserer Freien und Hansestadt Hamburg wünschen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Vor dem Hintergrund wünsche ich den Hamburgerinnen und Hamburgern am 22. September 2013 eine gute und richtige Entscheidung und ein Nein zur Verstaatlichung der Netze. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Herr Dr. Duwe hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Thema Rückkauf der Netze wurde lange Zeit gesagt, man würde das wegen der Umwelt machen und um C02 einzusparen. Wenn wir wirklich die 1,5 Milliarden Euro beziehungsweise die 2 Milliarden Euro hätten, dann müsste man bei der Energieerzeugung ansetzen. Wenn Sie sagen würden, HAMBURG ENERGIE sei ein tolles Unternehmen und der Senat findet, dass er dort als Eigenkapital 2 Milliarden Euro investieren kann, dann wäre das ein Beitrag für die Energiewende, aber nicht das, was Sie uns vorschlagen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Wenn es denn so wäre, dass Vattenfall und E.ON wahnsinnig viel Gewinn machen würden, die Stadt aber lieber wahnsinnig viel Gewinn machen sollte, dann sollte die Stadt das aber nicht tun. Dann sollte die Stadt zumindest einen Großteil dieser Profite den Stromkunden beziehungsweise den Fernwär

mekunden zurückgeben und das nicht irgendwo im Haushalt versickern lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der SPD und bei Birgit Stöver CDU)

Herr Kerstan hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Scheuerl, hier Rosa Luxemburg zu zitieren

(Sören Schumacher SPD: Das dürfen nur Sie!)

ich kann es Ihnen gern sagen, wahre Freiheit ist, wenn man die Meinung der anderen achtet – und uns dann vorzuwerfen, nur weil wir eine andere Meinung haben als Sie, wir würden nicht mehr auf dem Boden unserer rechtlichen und Grundverfassung stehen, ist ganz übler Stil.

(Gabi Dobusch SPD: Nee, nee, das hat er nicht gesagt!)

Doch, das hat er so gesagt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LIN- KEN – Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Das Wort hat Herr Kerstan.

Sie wissen auch, dass die GRÜNE Fraktion zurzeit keine juristischen Auseinandersetzungen mit diesem Senat führt. Sie haben gerade etwas anderes behauptet.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nee, das hat er nicht!)

Was wahr ist, Herr Dr. Scheuerl …

(Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Meine Damen und Herren! Das Wort hat Herr Kerstan.

Wahr ist, Herr Dr. Scheuerl, dass Sie als Rechtsanwalt Mandanten haben und in diesem Haus nichts davon erzählen, was Sie für diese Mandanten tun. Wahr ist auch, dass Dr. Steffen ebenfalls ein Rechtsanwalt ist, der hier nicht über seine Mandanten spricht. Und wenn Sie jetzt mit irgendwelchen Teilwahrheiten oder Unterstellungen operieren, dann geht das wirklich nur, wenn alle Seiten die Fakten und Tatsachen auf den Tisch legen. Aber ein Rechtsanwalt kann das hier nicht, weil es sonst ein Mandantenverrat wäre. Das muss ich Ihnen als Rechtsanwalt doch nicht sagen.

(Dr. Walter Scheuerl)

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist leider die Wahrheit, ich habe den Schriftsatz hier!)

Kommen Sie doch auf eine Debatte zurück, in der Sie auf unsere Argumente eingehen, von denen es eben eine ganze Menge gab. Sie sind doch Rechtsanwalt, und ich möchte etwas zu Ihnen als Energieexperten sagen. Es gibt keine Verpflichtung für Vattenfall, das Fernwärmenetz alle 20 Jahre zurückkaufen zu müssen. Es gibt einzig und allein eine Klausel im Vertrag der Freien und Hansestadt mit dem Vorgänger von Vattenfall, den HEW, die sogenannte Endschaftsklausel.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die ist umstrit- ten!)

Hierin steht, dass alle 20 Jahre die Stadt die Netze, die Kraftwerke und die Kunden zurückbekommt. Und das ist auch der einzige Weg, wie die Stadt die Netze bekommen kann. Man bekommt nämlich alles oder gar nichts.

Zur Wahrheit gehört auch, dass Vattenfall als Bedingung für den 25,1-Prozent-Anteilskauf der Stadt den Senat aufgefordert hat, diese Klausel, dieses Recht der Stadt ersatzlos zu streichen. Und dieser Senat hat dem zugestimmt. Wenn der Volksentscheid erfolgreich sein sollte, dann wird es eine juristische Auseinandersetzung geben, und über den Weg der Endschaftsklausel werden dann nicht nur das Netz, sondern die Kraftwerke und die Kunden zurückkommen, weil es anders auch nicht geht. Auch das ist ein Teil der Wahrheit, über den Sie nicht sprechen, Herr Dr. Scheuerl. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Jetzt verbleiben uns noch vier Minuten für das zweite und fünfte Thema. Wird dies vonseiten der anmeldenden Fraktionen zurückgezogen? – Das ist der Fall. Damit ist die Aktuelle Stunde für heute beendet. Wir werden sie morgen fortsetzen.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4, den Drucksachen 20/9042 und 20/9102: Wahl eines stellvertretenden bürgerlichen Mitglieds des Richterwahlausschusses sowie Wahl eines stellvertretenden Mitglieds für die Härtefallkommission.