Protokoll der Sitzung vom 25.09.2013

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Der Volksentscheid ist gewesen, und gerade nach so einer Angst- und Geldkampagne ist es wichtig und dringend, dass wir zu einer Befriedung der unterschiedlichen Lager beitragen. Das wollen wir auch gerne tun. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten ein Signal, dass der Volksentscheid zeitnah seine Wirkung entfaltet, weil wir in Hamburg auch schon ganz andere Sachen erlebt haben. Deshalb haben wir uns intensiv dafür eingesetzt, dass so schnell wie möglich mit der Initiative geredet werden muss. Wir haben jetzt vereinbart, dass die Präsidentin der Bürgerschaft die Fraktionen und die Vertrauensleute der Initiative zu einem Gespräch einladen wird. Das begrüßen wir sehr.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christiane Blömeke und Jens Kerstan, beide GRÜNE)

In diesem Gespräch sollte, so fordert es auch die Initiative in ihrer Presseerklärung, ein einvernehmlicher und transparenter Prozess vereinbart werden, wie der Volksentscheid umgesetzt werden kann, und auch, welche externen Experten bei den Beratungen im Umwelt- und Haushaltsausschuss hinzugezogen werden. Da nur wenig Zeit bleibt, müssen die Maßnahmen zur Umsetzung des Volksentscheids zeitlich eng getaktet laufen. Das ist inzwischen auch abgeklärt.

Wir waren, was den Vorstoß der SPD anbetrifft, zunächst sehr skeptisch, weil wir Punkt 1 und 2 so verstanden hatten, dass erst über den Zuerwerb lange Monate verhandelt werden solle, und die Zeit haben wir nicht. Es ist jetzt vom Fraktionsvorsitzenden der SPD deutlich gesagt worden, dass es nicht um Monate oder Wochen gehe, sondern um Tage, sodass wir im Grunde nun gewährleistet sehen, dass Maßnahmen wie zum Beispiel die Rücktrittsklauseln, der Rücktritt von den Fernwärmevereinbarungen und die Gründung der städtischen Gesellschaften parallel laufen können. Die Angst, dass über diesen Weg die Umsetzung des Volksentscheids verhindert werde, ist uns damit genommen worden. Wir vertrauen darauf, dass das dann auch so bleibt.

Wir begrüßen auch, dass die Bürgerschaft, wie wir es schon in mehreren Sitzungen vorher gefordert hatten, an diesem Prozess beteiligt wird und dass die Dinge im Haushalts- und Umweltausschuss un

(Präsidentin Carola Veit)

ter Beteiligung der Initiative dann beraten werden. Das finden wir sehr gut, und deshalb werden wir auch den Anträgen zustimmen, alles an die Ausschüsse zu überweisen. Wir von der LINKEN halten es für absolut selbstverständlich, dass bei solch einem knappen Ergebnis, wie es beim Volksentscheid erzielt wurde, natürlich auch die Arbeitnehmervertreter und Arbeitnehmervertreterinnen in die Beratungen des Ausschusses eingebunden werden.

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei den GRÜNEN und bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Kurzum: Wir freuen uns, dass nach dieser harten Schlacht nunmehr der Weg bereitet ist, dass die Bürgerschaft den Volksentscheid zeitnah umsetzen kann.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Dr. Dressel hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Wahlkampf auch zum Volksentscheid ist vorbei, und wir haben ein sehr knappes Ergebnis, das, wie man in alle Richtungen sagen muss, weder Anlass für Triumphgeheul auf der einen Seite liefert, noch ein Anlass für besondere Schuldzuweisungen auf der anderen Seite ist. Zu Beginn möchte ich der Initiative zum knappen Erfolg gratulieren – das habe ich ihnen auch schon persönlich gesagt –, aber ich möchte mich an dieser Stelle auch noch einmal bei CDU und FDP bedanken und auch bei den Arbeitnehmervertretern, die uns heute wieder besuchen und die wir hier im Haus dabei haben, also bei all denjenigen, die auch Nein gesagt haben und in den letzten Wochen und Monaten Argumente vorgetragen haben, was in einem Bundestagswahlkampf weiß Gott nicht selbstverständlich ist. Wir haben gemeinsam argumentiert und eine durchaus beachtliche Aufholjagd von 20 Prozent Nein-Stimmen auf über 49 Prozent hingelegt. Trotzdem haben wir es gemeinsam knapp nicht geschafft, und es war dennoch richtig – das muss man einmal übereinstimmend festhalten –, vor einer so grundlegenden, gravierenden Entscheidung für die Stadt über Pro und Kontra zu diskutieren und auch die Gegner und die Betroffenen bei einer solchen Entscheidung zu Wort kommen zu lassen. Auch das gehört zur Demokratie dazu.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Mehrheit ist Mehrheit, und wir haben mit Ihnen allen zusammen nach den Erfahrungen beim LBKVolksentscheid gesagt, dass Volksentscheide verbindlich sein sollen. Natürlich halten wir uns daran und werden alles dafür tun, dass der Volksentscheid umgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Klar ist aber auch, dass die Risiken und Nebenwirkungen, auf die wir vorher hingewiesen haben, nicht weggezaubert sind. Die Klagerisiken sind nicht weg und auch die Finanzierungsrisiken und die Verfahrensrisiken nicht, aber das Volk hat entschieden, dass wir es trotz der Risiken tun wollen. Das haben wir zu respektieren, und natürlich wird es uns darum gehen, das bei dem Umsetzungsweg zu gestalten, aber auch den schonendsten Finanzierungsweg zu gehen und Schaden von der Stadt abzuwenden. Darum werden wir uns mit ganzer Kraft bemühen.

Wir haben heute als SPD-Fraktion einen Antrag vorgelegt, über den wir nachher noch miteinander sprechen werden. Es geht jetzt darum, wirklich keine Zeit zu verlieren. Die Terminierungen dieses Volksentscheids waren nicht unsere Sache, das hat die Initiative so entschieden, und das ist auch ihr gutes Recht gewesen, aber es hat halt Konsequenzen, weil wir nun bis zum 15. Januar mit der Interessenbekundung bei der Stromnetzkonzession durch sein müssen. Deshalb muss es jetzt darum gehen, nicht lange zuzuwarten und herumzuprüfen, sondern konkret den Volkswillen umzusetzen und sich um die Stromnetzkonzession zu bewerben.

(Beifall bei der SPD)

Da geht es ganz konkret um ordentliches Regieren, da ist der Senat beauftragt. Es geht hier um exekutive Fragen, dieses Vergabeverfahren zu gestalten. Ich darf gerne noch einmal den Kollegen Kerstan zitieren, der hier immer wieder gesagt hat: Vertrauen Sie dem Bürgermeister dieses Verfahren an. Wir vertrauen dem Bürgermeister dieses Konzessionsverfahren, um das es jetzt geht, an, und das ist auch richtig so.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GRÜNE: Und das ist gut so!)

Aber wir müssen das parlamentarisch sehr intensiv begleiten, das ist auch das Ergebnis dieser aufgeheizten Diskussion in den letzten Wochen. Deshalb werden wir alle Ihre Anträge nachher an den Ausschuss überweisen, damit auch alle Gesichtspunkte einfließen können. Das muss transparent nachvollziehbar dargelegt werden, aber natürlich dürfen wir nichts tun, was die Rechtssicherheit dieses Vergabeverfahrens gefährdet. Damit würden wir dem Volkswillen einen Bärendienst erweisen, und das werden wir nicht tun. Es ist auch richtig, Frau Heyenn hat es eben angesprochen, dass wir, wenn wir jetzt einen breiten Umsetzungskonsens haben wollen, im Wege der Anhörung sowohl die Vertrauensleute der Volksinitiative zu den Beratungen hinzuziehen als auch – und deswegen freue ich mich, dass die Arbeitnehmer heute mit dabei sind – die Gegenposition zu Wort kommen lassen. Die Lager waren fast gleichauf, und wenn wir einen guten Konsens in dieser Frage erreichen wollen, die die Stadt durchaus hart und unterschiedlich in

(Dora Heyenn)

der Sache diskutiert hat und in der sie schon ein bisschen gespalten gewesen ist, dann müssen wir mit beiden Seiten reden und beide Seiten an den Tisch holen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen dazu unseren Beitrag leisten mit einer ordentlichen Umsetzung und einer ordentlichen Beteiligung und Information. Gerade weil der Volksentscheid so knapp ausgegangen ist, gilt, dass alle Beteiligten sich jetzt verantwortlich verhalten sollten, und dazu rufen wir alle auf. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Herr Wersich.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD und Bürgermeister Olaf Scholz sind mit ihrer Energiepolitik in Hamburg gescheitert.

(Beifall bei der CDU)

Statt Fortschritte in der Energiewende zu machen, wird jetzt alles auf null gestellt. Es drohen alte und neue jahrelange Rechtsstreitigkeiten, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Energieunternehmen sind verunsichert, genauso wie die Unternehmen auch. Wichtige Investitionen in den Erhalt und den Ausbau der Netze werden nicht erfolgen. Statt in die Energiewende hat uns die Politik von Olaf Scholz ins Energiechaos geführt.

(Beifall bei der CDU – Wolfgang Rose SPD: Unglaublich! – Glocke)

Meine Damen und Herren! Herr Wersich kann recht laut reden, aber ich habe das Gefühl, dass Sie versuchen, noch lauter zu sein. Er hat aber im Augenblick das Wort.

– Ich wollte meine Lautstärke heute etwas drosseln.

Jetzt rächt sich, dass nicht nur die LINKE und die GRÜNEN, sondern auch die SPD jahrelang immer mehr Staat und staatlichen Einfluss gefordert haben. Und diese Sowohl-als-auch-Haltung, es mit 25,1 Prozent so ein bisschen, aber nicht so ganz zu machen, es also jedem recht zu machen, hat nicht überzeugt. Stattdessen hat sich der alte Spruch bewahrheitet: In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod.

(Beifall bei der CDU – Robert Bläsing FDP: Der Viertelweg!)

Die Ergebnisse in den Stadtteilen zeigen, dass die SPD an den eigenen Wählern gescheitert ist. Und anstatt jetzt nachzudenken, macht der Bürgermeis

ter den nächsten Fehler. Mit einem hektischen Vorgehen und anstatt sich mit den Bündnispartnern aus der Wirtschaft, aber auch den politischen Bündnispartnern abzustimmen, wird jetzt entgegen dem, was vorher gesagt wurde, so getan, als sei alles ganz einfach und sicher.

(Sören Schumacher SPD: Kein Mensch hat das gesagt!)

Der Bürgermeister wird im "Hamburger Abendblatt" zitiert:

"Wir werden diese Bewerbung so ordentlich vorbereiten, dass wir ganz sicher sind, dass der Zuschlag für diese städtische Netzgesellschaft auch erfolgt."

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ja, das müssen die doch auch!)

Meine Damen und Herren! Wenn ein Teilnehmer eines Wettbewerbs, bevor dieser gestartet wurde und bevor überhaupt bekannt ist, wer sich noch bewirbt, in seiner Doppelrolle als Mitspieler und Schiedsrichter schon das Ergebnis in der Öffentlichkeit vorwegnimmt, dann lädt er doch geradezu alle dazu ein zu sagen, das könne nicht mit rechten Dingen zugehen und das sei eine manipulierte und fingierte Ausschreibung.

(Beifall bei der CDU)

Das ist doch wie im Fußball. Wenn der Schiedsrichter – und Olaf Scholz ist eben auch der Schiedsrichter, weil er über die Vergabe der Netze zu entscheiden hat – vor dem Spiel sagt, welche Mannschaft gewinnen wird, dann können Sie doch nicht sagen, da gehe alles mit rechten Dingen zu.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Sie haben aber schon etwas von dem Volksentscheid gehört, oder?)

Mit dieser Argumentation und diesem Satz liefern Sie schon heute die Begründung, weshalb unterlegene Mitbewerber vor Gericht ziehen und zu Recht gegen eine solche Entscheidung klagen.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Wieso zu Recht?)

Für uns gelten die Argumente, die es vorher gab, auch hinterher. Die Umsetzung wird schwierig und unsicher. Wir haben Respekt vor dem Ergebnis, aber auch vor der Spaltung in der Stadt. Deshalb sagen wir: Augen auf beim Netzrückkauf. Es gilt, Schaden von der Stadt abzuwenden.