Wir finden den Landesaktionsplan richtig, aber es gibt noch viel aus der Vergangenheit aufzuarbeiten und auch vieles zu bekämpfen. Durch die Vorfälle wurden Spuren hinterlassen, die wir nicht zudecken dürfen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine weltoffene Stadt, die – ich zitiere aus der hamburgischen Verfassung –
Unsere Stadt ist seit jeher von einem großen zivilgesellschaftlichen und staatlichen Engagement für Toleranz und einem demokratischen Miteinander geprägt, und ich kann auch heute feststellen, dass Hamburg zum Glück keine Hochburg des Rechtsextremismus ist. Die Zahl der bekannten Straftäter, darauf haben schon mehrere hingewiesen, geht jährlich zurück, und die NPD feiert Wahlerfolge auf einem Niveau, das niedriger kaum sein könnte: Es fiel von 1 Prozent auf 0,6 Prozent.
Im Grunde ist also alles in Ordnung. Gleichwohl tut die Gesellschaft der Stadt gut daran, das Engagement gegen Rechtsextremismus auf staatlicher und zivilgesellschaftlicher Basis zu festigen und zu stabilisieren. Die Erfolge sind kein Grund, sich selbstzufrieden zurückzulehnen, und deshalb ist dieser Landesaktionsplan entstanden. Das Engagement gegen Rechtsextremismus ist weiterhin notwendig, und wir werden es auch kontinuierlich fortführen. Auf dem Rathausmarkt, auch darauf wurde hingewiesen, folgten am 2. Juli des letzten Jahres über 10 000 Bürgerinnen und Bürger dem Aufruf des breiten gesellschaftlichen Bündnisses "Hamburg bekennt Farbe", dem auch alle Fraktionen dieses Hauses angehören. Dies hat gezeigt, dass es einen demokratischen Konsens der Zivilgesellschaft darüber gibt, dass alle Hamburgerinnen und Hamburger zu derselben Gemeinschaft gehören und dass für menschenfeindliche Einstellungen in dieser Stadt kein Platz ist.
Gedankengut in einer weltoffenen Metropole wie Hamburg nicht hingenommen wird, und wir verknüpfen die diversen Aktivitäten und Ansätze in unserer Stadt, um dem Rechtsextremismus auf Dauer den Nährboden zu entziehen. Es geht uns vor allen Dingen um Prävention, aber auch um Engagement und Courage aller Bürgerinnen und Bürger. Deshalb haben wir das Programm mit dem Titel versehen, der mir ausgesprochen gut gefällt: "Hamburg – Stadt mit Courage".
Wir haben vier Handlungsschwerpunkte. Zum einen geht es darum, Kinder und Jugendliche zu fördern und zu sensibilisieren. Zum Zweiten geht es darum, Institutionen zu unterstützen und Betroffene zu stärken. Drittens geht es darum, die Vernetzung zu fördern und Kompetenzen zusammenzuführen. Und viertens geht es darum, Vorurteilen und Anfeindungen im öffentlichen Raum zu begegnen und vorzubeugen.
In den Handlungsschwerpunkten werden bestehende, erfolgreiche Maßnahmen zusammengeführt wie beispielsweise das Beratungsnetzwerk und das "Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus" sowie viele Maßnahmen in Bildung und Kultur. Darüber hinaus werden neue Maßnahmen auf den Weg gebracht. Neue Maßnahmen sind zum Beispiel die Förderung zivilgesellschaftlicher Projekte in Bürger- und Sportvereinen, Angebote, die den Ausstieg vom Einstieg, also während der Hinwendungsphase, ermöglichen sollen – das gibt es bisher nicht –, Qualifizierung von Opferberatungsstellen und Einrichtungen der Jugendhilfe im Umgang mit Opfern rechtsextremistischer Gewalt sowie verstärkte, länderübergreifende Zusammenarbeit in Norddeutschland.
Der Titel des Landesprogramms "Hamburg – Stadt mit Courage" unterstreicht, dass die Bekämpfung von Rechtsextremismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Nicht nur der Staat und die Verwaltung sind hier gefragt, vielmehr ist in weiten Teilen die Zivilgesellschaft gefordert, also fast alle Einrichtungen und Organisationen, die das religiöse, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben prägen und gestalten sowie alle Bürgerinnen und Bürger.
Das Landesprogramm – Frau Möller hat darauf hingewiesen – ist in einem breit angelegten Beteiligungsverfahren mit vielen Organisationen, Gremien und Bürgerinnen und Bürgern entstanden. Dabei ergab sich früh sowohl vonseiten der Politik als auch vonseiten der Wissenschaft eine Unterstützung für den Ansatz, neben der Bekämpfung des organisierten Rechtsextremismus insbesondere rechtsextremen und menschenverachtenden Einstellungen und Handlungen in allen Teilen der Gesellschaft entschlossen entgegenzuwirken und damit auf eine inklusive Gesellschaft hinzuwirken. Zudem sollten mit dem Landesprogramm bewährte
Mit Blick auf die Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen des Berichts des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags ist für Hamburg anzumerken, dass dieser sich weitgehend auf die sicherheitsbehördlichen Aspekte bezieht. Darauf wird die Behörde für Inneres und Sport als zuständige Behörde gesondert eingehen. Aber auch in den Bereichen Prävention, Intervention, Einbeziehung der Zivilgesellschaft und Demokratieförderung fordert der Bericht verstärkte und neue Aktivitäten. Das sind neben einer Aufstockung und Verstetigung des Bundesprogramms "TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN" insbesondere eine verstärkte Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements, eine Unterstützung der Opferberatung und eine ausstiegsorientierte Jugendarbeit.
Zu den letzten drei Handlungsfeldern sieht das Landesprogramm explizit neue Maßnahmen vor. Insofern können wir sagen, dass wir in Hamburg im Bereich der Prävention und Intervention gegen Rechtsextremismus mit wesentlichen Erkenntnissen aus dem NSU-Ausschussbericht auf einer Linie sind und dessen Forderungen auch erfüllen.
Der Senat erachtet die Beteiligung der Zivilgesellschaft und die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus als wesentlich für unsere demokratische Kultur. Daher sollen die begleitenden Gremien regelmäßig über den aktuellen Stand der Umsetzung informiert werden. Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang – auch das ist gesagt worden – dem Kreis der Erstunterzeichnerinnen und -unterzeichner des Aufrufs "Hamburg bekennt Farbe" vom 2. Juni 2012 zu sowie dem Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus. Von diesen beiden Gremien soll das Landesprogramm mindestens einmal im Jahr beraten werden, um es bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und auf die aktuellen Problemlagen sowie Handlungsbedarfe verlässlich und zeitnah zu reagieren. Wir wollen dort auch darüber reden, zu welchem Thema unsere jährliche Fachtagung jeweils stattfinden soll.
Das Landesprogramm soll so immer wieder Anstoß für die Auseinandersetzung auf staatlicher und zivilgesellschaftlicher Ebene mit dem Thema Rechtsextremismus und Menschenverachtung sowie Förderung der demokratischen Kultur in unserer Stadt sein. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und bei Antje Möller, Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE, und Christiane Schneider DIE LINKE)
Weitere Wortmeldungen zu diesem Thema sehe ich nicht. Dann kommen wir zum zweiten Thema, angemeldet von der CDUFraktion:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! An diesem Freitag ist das Präsentationsjahr der Internationalen Bauausstellung mit einer beeindruckenden Veranstaltung mit mehreren hundert Teilnehmern zu Ende gegangen.
Heute können wir feststellen, dass diese Internationale Bauausstellung und die Arbeit vieler Jahre, diese Investitionen in die Zukunft, sich gelohnt haben.
Die Erwartungen, die mit diesem Leitprojekt "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt" und dem "Sprung über die Elbe" verbunden waren, haben sich mehr als erfüllt. Die IBA mit ihren über 60 Projekten und gleichzeitig die Entwicklung der HafenCity haben Hamburg zu einem der weltweit spannendsten Orte moderner Stadtentwicklung gemacht. Deshalb gilt unser Dank heute ganz besonders dem IBA-Chef Uli Hellweg und seinem Team sowie auch unserem Oberbaudirektor Jörn Walter, der das Ganze sehr intensiv begleitet hat.
Nun ist die Aktuelle Stunde nicht der Ort, an dem man dies umfassend würdigen und entsprechende Konsequenzen ziehen kann, und doch sollten wir heute nicht einfach so darüber hinweggehen. Hinter dem jetzt durchgeführten Präsentationsjahr standen mehr als sieben Jahre intensiver Arbeit. Dahinter stehen Kreativität und Milliarden Euro an Investitionen auf Handlungsfeldern, die nicht nur für Hamburg, sondern weltweit für die Städte entscheidende Bedeutung haben, nämlich die Verknüpfung von Klimaschutz, Ökologie und Bauen, die Verknüpfung von Bildung, sozialen Stadtnetzwerken und Architektur sowie die Entwicklung der Qualität des vielfältigen Zusammenlebens. Mit diesem Leitprojekt der wachsenden Stadt ist Hamburg seinem eigenen hohen Anspruch gerecht geworden, für die Fragen von morgen auch heute Antworten zu geben, die über die Stadt und über Deutschland, sogar in die ganze Welt hinausweisen.
Es gab widerstrebende Interessen, es gab auch Proteste und Befürchtungen. Aber genau dieses Großprojekt ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie mit intensiver Bürgerbeteiligung ein Konsens geschaffen werden kann. Deswegen sage ich an dieser Stelle einen herzlichen Dank an alle Akteure.
Erstens: Die IBA hat gezeigt, wie Wohnen und Arbeiten wieder miteinander in der modernen Stadtentwicklung verbunden werden können. Das ist gut für die Durchmischung von Stadtteilen, das hilft gegen das Auseinanderdriften von Stadtteilen, und es ist wertvoll für eine reibungslose Mobilität, wenn Arbeitsstätte und Wohnort nicht immer weiter auseinanderliegen.
Zweitens: Die IBA hat gezeigt, wie innere Stadtränder, wie Metrozonen entwickelt und umgebaut werden können, und gleichzeitig, wie behutsam der Bestand an Gebäuden, aber auch die dort verwurzelten Menschen einbezogen und berücksichtigt werden können. Wir wollen, dass diese Erfahrung aus Wilhelmsburg auf ganz Hamburg angewendet wird, sowohl für den weiteren "Sprung über die Elbe", aber auch dort, wo sich Nutzungen ändern, wie in der Neuen Mitte Altona, bis hin zur Übertragung auf die Stadtteile der östlichen City wie Rothenburgsort, Hamm und Horn, die noch heute von den Folgen des Zweiten Weltkriegs gezeichnet sind. Dort liegen Chancen für unsere Stadt, dort liegen Potenziale für eine urbane Lebensqualität. Lasst uns das aus Wilhelmsburg übertragen.
Drittens: die erfolgreiche Verknüpfung der Politik von Stadtentwicklung mit Bildung, Kultur und Sozialem in enger Kooperation mit den Bezirken. Diese ganzheitliche Politik, dieses Überwinden der Gegensätze, das Zusammenbinden von Interessen, das alles entscheidet heute über die Qualität ganzheitlicher politischer Ansätze. Wir fordern, dass dies mit unverminderter Intensität fortgesetzt und auf andere Stadtteile ausgeweitet wird, auch wenn die Sonderbedingungen der IBA nicht fortbestehen.
Meine Damen und Herren! Wir hören leider aus manchen Stadtteilen, dass alte Egoismen der Behörden und ihrer Zuständigkeiten mehr und mehr die kooperative Zusammenarbeit ablösen. Das ist eine gefährliche Nebenwirkung einer Haushaltspolitik, die nach dem Schema F alle Behörden gleichmäßig unter Druck setzt, sodass am Ende wieder jeder nur an sich selbst denkt. Lassen Sie das
nicht zu, nehmen Sie den Schwung aus dem Leitbild der Metropole "Hamburg – Wachsende Stadt" und den Schwung aus der IBA mit, erlahmen Sie nicht, damit Hamburg nicht wieder im Dornröschenschlaf versinkt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Wersich, das war eine zu 90 Prozent wirklich angemessene Rede. Auch wir glauben, dass der "Sprung über die Elbe" mit dem Projekt der IBA geklappt hat, und diese Stadt kann zu Recht stolz auf dieses Projekt sein.