Sie haben es während Ihrer Regierungszeit nicht geschafft, die Residenzpflicht zu lockern und bestimmte Ausnahmen zu schaffen. Wer hat es geschafft? Es war dieser Senat. Wir brauchen keine Nachhilfe.
Auf das Thema der Syrer ist der Senat doch schon eingegangen, nämlich dass er in der Innenministerkonferenz für eine Vervierfachung plädiert hat.
Herausgekommen ist immerhin eine Verdoppelung. Auch das ist ein Erfolg dieses Senats, auf Bundesebene für Rechtsstaatlichkeit und Humanität einzutreten.
Wir werden gleich noch zum Koalitionsvertrag kommen, denn gerade im Bereich der Ausländerund Integrationspolitik trägt er eine Hamburger Handschrift. Wer ist es gewesen, der dafür gesorgt hat, dass es ein Bleiberecht für langjährig Geduldete gibt, für gut integrierte Jugendliche? Das haben wir mit durchgesetzt und darauf ist die SPD stolz.
(Jens Kerstan GRÜNE: Nach 22 Jahren wollten Sie die abschieben! – Gegenruf von Dr. Martin Schäfer SPD: Sie haben gar nichts gemacht!)
Das Entscheidende ist doch, lieber Jens Kerstan, dass man in einem Rechtsstaat dafür sorgen muss, dass Gesetze geändert werden. Gesetze macht in diesem Fall der Deutsche Bundestag. Deshalb nützt es nichts, immer schöne Forderungen vom Balkon zu erheben, sondern man muss Gesetze in das Gesetzblatt schreiben. Genau dafür kämpfen wir, nämlich jetzt ein Bleiberecht im Rahmen der Möglichkeiten ins Gesetzblatt zu schreiben.
Abschließend noch ein Punkt. Ich möchte eine Mahnung an uns alle richten. Wir führen diese Diskussion in einer durchaus aufgeheizten Stimmung in der Stadt, auch mit Blick auf die Demonstration, die für den 21. Dezember angekündigt worden ist. Auch als SPD-Fraktion sind wir durchaus betroffen davon. Gerade gestern Abend hat ein Abgeordneter eine ekelerregende Droh-SMS bekommen, die auch in diesem Zusammenhang steht. Wir sollten alle gut daran tun, dass wir uns zwar streiten, aber es muss gleichzeitig klar sein, dass wir alle miteinander eine klare Grenze ziehen gegen Gewalt und verbale Gewalt. Wir müssen die Meinungsverschiedenheiten austragen und eine klare Grenze ziehen.
Herr Dressel, Sie haben, ebenso wie vorher Herr Schäfer – von Herrn Neumann will ich gar nicht erst reden – das eine gegen das andere ausgespielt. Sie sagen, der Senat mache viel; da stimme ich in gewisser Weise zu. Das ist eine große Herausforderung, das wissen wir alle, und ohne die Solidarität von so vielen Menschen würde das auch nicht gelingen. Was sich von Lokstedt bis Bergstedt tut – hier hatte ich gerade eine sehr interessante Veranstaltung mit sehr bürgerlichen Menschen, die hochinteressiert an der Flüchtlingspolitik waren –, ist wirklich großartig, und das ist ein Schatz in unserer Stadt, den wir hüten müssen.
Sie spielen etwas Zweites aus, indem Sie sagen, es müsse Einzelfallprüfungen geben. Aber was Sie meinen, ist, dass angesichts von Minderheiten, und zwar von großen Minderheiten in Europa, die auf eine furchtbare Weise diskriminiert werden, uns das nichts anginge. Und ich sage Ihnen: Das geht uns etwas an.
Sie können die Diskriminierung von Minderheiten wie den Roma in allen Ländern des Balkans nicht ausspielen, indem Sie sagen, dass Sie nur die Einzelfälle prüften.
Die typische Argumentation ist, da es doch allen Roma so schlecht gehe, könne man da leider nichts machen. Ich finde, das gehört sich nicht.
Ich möchte noch etwas zu der Aufnahme von Syrern sagen. Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren darüber, was da stattfindet. Es ist gut, dass Sie fordern, das Kontingent zu erhöhen, aber ich finde es
katastrophal – ich las es auch in einer Pressemitteilung von PRO ASYL –, dass alle Landesregierungen die Sicherung des Lebensunterhalts durch in Deutschland lebende Angehörige fordern. Bei der Aufnahme von zusätzlichen Syrern zu fordern, dass die Angehörigen den Lebensunterhalt sichern, bedeutet, dass die Armen aus Syrien keinerlei Chance haben. Nur wer schon wirklich sehr wohlhabende Angehörige in Deutschland hat, der kann dann hier aufgenommen werden. Auch das ist eine Art von Einzelfallprüfung, die nicht geht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, verehrte Kollegen und Kolleginnen! Ich glaube, Sie müssen sich einigen. Führen wir, wie die SPD es eben beschrieben hat, lediglich, weil am 21. Dezember eine Demonstration angekündigt ist, diese Debatte, oder führen wir sie, wie Herr van Vormizeele gesagt hat, jedes Jahr und es sei immer das Gleiche und gäbe keinen Anlass? Das eine wie das andere Argument ist dermaßen absurd, dass es der Notsituation, in der sich diese Menschen befinden, nicht angemessen ist.
Es gibt noch etwas ganz anderes, nämlich die Idee, Flüchtlingspolitik so zu gestalten, dass der eine Teil offen diskutiert wird und immer wieder darüber geredet wird
ich bin der Kollegin Goetsch dankbar, dass sie von Demut geredet hat –, dass man sich bemüht, Menschen unterzubringen. Sie wollen Bleiberechtsänderungen, das diskutieren Sie öffentlich. Aber den Rest der Flüchtlingspolitik versuchen Sie, klandestin zu betreiben, und das geht nicht.
Es kann nicht sein, dass man für eine große Gruppe von Menschen, die sich in Europa bewegen – ich habe das eben schon skizziert, das kann man schwer in fünf Minuten im Detail besprechen – und für die auch aus Hamburg nicht die angebotenen EU-Förderprogramme abgerufen worden sind, plötzlich sagt, es könne nur individuelle Einzelfallprüfungen geben, wenn selbst das Bundesland inzwischen standardisierte Texte für die Ablehnung von Asylanträgen formuliert. Das ist politisch nicht verträglich,
Damit einher geht die Aufgabe, die besonders schutzbedürftigen Gruppen, die auch EU-rechtlich definiert sind, tatsächlich auch bei uns zu schützen. Ich habe vorhin gesagt, es sei eine ganz kleine Geste, den Menschen, die aus den bekannten Ländern des ehemaligen Jugoslawien zu uns kommen, die dort zu den Minderheiten gehören und in der Regel Roma sind, einen jahreszeitlichen Schutz zu bieten. Das hat nichts damit zu tun, ob sie im Sommer bessere Chancen haben, wenn sie zurückkehren, sondern jetzt im Winter sind die Überlebenschancen fatal. Darum brauchen wir eine Lösung aus humanitären Gründen.
Damit einher geht keine große politische Linie, sondern es ist schlicht eine humanitäre Entscheidung, die uns gut anstände.