Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

(Glocke)

(unterbrechend) : Meine Damen und Herren! Auch wenn die Rednerin Fragen stellt, müssen Sie sie nicht alle beantworten. Ich bitte um Aufmerksamkeit für Frau Sudmann.

Okay, ich mache mit Aussagesätzen weiter.

Die Illusion lautet doch: Mit Elektromobilität können wir einen sauberen, problemlosen Autoverkehr hin

(Dr. Wieland Schinnenburg)

bekommen, und um das zu schaffen, wird die Autoindustrie noch heftig mit Milliarden Euro öffentlicher Gelder gepampert. Aber es gibt auch Institutionen und Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Im letzten Jahr hat das Öko-Institut festgestellt, dass, wenn das Ziel erreicht würde, im Jahr 2020 eine Million Elektromobile zu haben, dies zu – davon sind Sie alle wahrscheinlich begeistert, ich auch – 6 Prozent weniger Treibhausgasen führen würde. Das klingt erst einmal ganz gut, aber sie haben es verglichen mit dem Effekt, den man erzielen könnte, wenn man sich mit ganz viel Aufwand darum kümmern würde, die Benzinmotoren effizienter zu machen. Und da sagt das Öko-Institut: Wenn das ernsthaft angegangen wird, beträgt die Einsparung 25 Prozent. Nun müssen Sie nicht alle kopfrechnen: Das ist mehr als das Dreifache. Das lohnt sich also. Warum wird es nicht gemacht? Ich zitiere gerne den ehemaligen Verkehrsdirektor des Umweltbundesamts, Herrn Friedrich, der in einer Diskussion die Elektromobile als Nachtspeicheröfen auf Rädern bezeichnete, weil sie keinen effektiven Beitrag zum Klimaschutz lieferten. Recht hat er, das habe ich Ihnen gerade anhand der Zahlen verdeutlicht.

Ich glaube, dass vor allen Dingen die CDU, aber auch die SPD es sich mit der Autoindustrie nicht verderben will, denn die hat wenig Interesse daran, auf Elektroautos zu setzen, weil diese eine ganz andere Klientel bedienen. Die Elektroautos werden nicht so schnell sein und nicht so groß. Ich glaube, Porsche hat mittlerweile auch ein schnelles Elektroauto gemacht für den jungen, modernen CDUler, der gerne schnell fahren will. Aber das nutzt der Umwelt überhaupt nichts.

(Zuruf von Dr. Roland Heintze CDU – Finn- Ole Ritter FDP: Die fahren StadtRAD!)

Die fahren auch nicht StadtRAD.

Ich habe den Einwurf von Herrn Heintze nicht ganz verstanden, aber die CDU hätte ganz andere Möglichkeiten gehabt, als es darum ging, etwas für den Klimaschutz zu tun. Im Sommer hatten wir auf Europaebene die Diskussion, die EU-Abgasnorm zu senken. Es gab einen Kompromiss, alle waren zufrieden, und dann tauchte Frau Merkel von der CDU auf und sagte, das fände sie aber gar nicht gut, und dieser Kompromiss wurde noch einmal verschlechtert. Keine Woche später wurde bekannt, dass zufälligerweise die Firma BMW, also die Unternehmerfamilie Klatten, 700 000 Euro an die CDU überwiesen hat.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das hängt doch alles zusammen!)

Da zitiere ich doch gerne einmal das Handelsblatt, das am 15. Oktober titelte: "BMW hat Merkel im Sack". Das stimmt.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen passiert auch so wenig im Bereich Benzinmotoren.

(Zuruf von Dr. Roland Heintze CDU)

Joschka Fischer hat auch eine sehr interessante Position, da haben Sie völlig recht, Herr Heintze, aber die LINKE hat diese Position nicht. Die LINKE lässt sich auch nicht täuschen nach dem Motto, Elektroautos seien ganz toll.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe aus dem Plenum)

Ich habe Sie eben nichts gefragt, deswegen sollen Sie ruhig sein, hat die Präsidentin gesagt.

Die LINKE lässt sich nicht täuschen. Wir sind dafür, dass weiterhin der öffentliche Personennahverkehr gefördert wird, dass die wirklich umweltfreundlichen Fahrzeuge gefördert werden und dass auch die Benzinmotoren verbessert werden; das ist auf jeden Fall wichtig.

Ich habe heute zwei Sachen gelernt, auf die ich wirklich nicht gekommen wäre.

(Olaf Ohlsen CDU: Das kann ich mir nicht vorstellen! – Hansjörg Schmidt SPD: Wenigs- tens etwas haben Sie gelernt!)

Herr Schmidt, ich lerne gerne. Nicht immer von allen, aber von vielen.

Ich habe dank des Beitrags von Herrn Steffen gelernt, dass die CDU für eine radikale Tempobegrenzung in der Stadt ist. Das war mir vorher nicht klar. Tempo 25, um ruhigen Verkehr zu haben, finde ich super. Leider steht das in Ihrem Antrag nicht drin. Und ich habe gelernt, dass die FDP – der John-Wayne-Vergleich war ein bisschen schwer zu verstehen – lieber aufs Pferd setzt. Ich glaube, Sie sitzen auf dem Schaukelpferd.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Senator Horch, und ich bitte noch einmal darum, den Plenarsaal zu verlassen, wenn Sie der Debatte nicht folgen wollen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Elektromobilität ist ein Innovationstreiber für unseren Wirtschaftsstandort. Ihr kommt in den nächsten Jahren in ihrer Gesamtheit eine ganz wichtige Rolle in Hamburg zu: einmal als Instrument der Stadtentwicklung und der Verkehrspolitik, zur Verbesserung der Luftqualität, und zwar als Teil der Luftgütepartnerschaft, die wir zwischen Wirtschaft und Senat geschlossen haben, und darüber hinaus bei der Unterstützung der Energiewende mit einer stärkeren Ausrichtung auf Energien aus erneuerbaren Quellen und dies, besonders auf Hamburg bezogen, was die Windenergie betrifft. Der Senat nutzt die Chancen der Elektromobilität schon heute mit einer, und das betone ich, umset

(Heike Sudmann)

zungsbezogenen und pragmatischen Strategie. Hierbei setzen wir auf realistische Ziele und versprechen nichts, was wir nicht halten können, denn niemand, Herr Dr. Steffen, kann ernsthaft behaupten, sämtliche Verkehrsprobleme dadurch lösen zu können, dass man auf breiter Front auf Elektroautos baut. Außerdem kann niemand voraussagen, ab welcher kritischen Masse, also ab welchem Aufkommen Elektromobile ihren Umweltvorteil voll ausspielen können, sodass sich dies auch in den Umweltbilanzen unserer Stadt widerspiegelt. Es geht vielmehr darum, jetzt die erforderlichen generellen Weichenstellungen für E-Mobilität in der Stadt vorzunehmen. Und es geht darum, beständig zu prüfen, was verbessert werden kann. Gut gemeinte Vorschläge sind uns von allen sehr willkommen.

Ihr Vorschlag bezüglich der Nutzung der Busspuren, lieber Herr Hesse, ist sicherlich gut gemeint. Die Wahrheit ist allerdings, dass nicht eine einzige vergleichbare deutsche Großstadt ernsthaft darüber nachdenkt, Busspuren für Elektroautos zu nutzen. Auch im Bundesverkehrsministerium ist man, wie unsere Rücksprache ergeben hat, der Auffassung, dass diese Idee keine gute Idee ist und zum politischen Ladenhüter avancieren wird. Der Senat hält es nicht für verantwortbar, solche Ideen zur Umsetzung zu bringen, denn es besteht kein Zweifel, was die vorrangigen Zielsetzungen angeht: Der ÖPNV ist das Rückgrat der innerstädtischen Mobilität.

(Beifall bei der SPD)

Der ÖPNV hat Vorfahrt. Das ist unser Ziel beim Busoptimierungssystem, und dieses Ziel verfolgen wir auch bei der Gestaltung der Attraktivität und bei der Entwicklung. Das steht bei uns ganz, ganz vorn auf der Agenda bei der Lösung von Zukunftsproblemen.

(Beifall bei der SPD)

Die finanzielle und logistische Herausforderung, unser Bussystem bedarfsgerecht und zukunftsfähig weiterzuentwickeln, erfordert konsequentes Vorgehen und nicht gegenläufiges Herumexperimentieren, wie wir es immer wieder und gerade auch heute hören.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns deshalb den Blick auf das Wesentliche richten, was die Elektromobilität angeht. Der Senat baut eindeutig auf Elektromobilität in unserer Stadt, und konsequent setzen wir hier großflächig Förderprogramme an unterschiedlichsten Stellen ein. Hamburg ist bundesweit, das haben wir eben schon gehört, anerkannt für die zuverlässige Umsetzung der Modellprogramme mit bis zu 1600 Elektrofahrzeugen. Wir haben eines der dichtesten Netze frei zugänglicher Ladestationen im gesamten Straßenraum.

(Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Und wir haben gerade erst im Bundesrat eine breite Ländermehrheit organisiert, um stabile rechtliche Rahmenbedingungen für die Nutzung von Ladeplätzen zu schaffen. Das war übrigens auch ein Grund, weshalb sich der sogenannte Masterplan für die Ladeinfrastrukturen etwas verzögert. Diese öffentlichen Ladeplätze werden heute schon erfreulich gut genutzt und sollen im Zuge eines differenzierten Masterplans für die Zukunft weiter ausgebaut werden mit Steckdosen dort, wo sie dann auch gebraucht werden, und nicht irgendwo in der Stadt verteilt. So leisten sie hiermit einen Beitrag zur Energiewende in Hamburg, denn die dort eingesetzten Fahrzeuge nutzen diesen Fahrstrom, der dann ausschließlich regenerativ erzeugt wird.

Meine Damen und Herren! Für den Senat gelten bei der Elektromobilität drei Grundsätze: Verfügbarkeit, Wachstum und Sichtbarkeit. Konkret bedeutet dies erstens, dass wir mit attraktiven Konzepten und Angeboten dort hingehen, wo der Bedarf evident ist, und damit die Technologie für die Nutzer dort verfügbar ist, wo sie auch besonders sinnvoll eingesetzt werden kann.

Zweitens: Wir steigern kontinuierlich die Menge der eingesetzten Fahrzeuge und Ladestationen im Sinne einer entsprechenden Marktvorbereitung und erreichen hierüber perspektivisch auch verbesserte kaufmännische Konditionen, sprich eine Wettbewerbsfähigkeit bei der Fahrzeugbeschaffung, den Kaufpreisen und der Erstellung der Infrastruktur.

Drittens: Wir schaffen in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für saubere Antriebe und für moderne Verkehrssysteme. Ein aktuelles Beispiel macht dies besonders deutlich, mit dem wir hierbei auch den Mut für Konzepte haben, die ganz neue Wege beschreiben. Wir werden 50 E-Taxis bei Hamburger Taxiunternehmen in den kommenden Monaten zum Einsatz bringen, die während dieses Projekts 150 000 Kilometer fahren werden. Dies bedeutet, dass allein mit diesem Projekt "E-Taxi Hamburg", so wird der Titel sein, rund 7,5 Millionen Fahrkilometer, die bislang mit Dieselfahrzeugen gefahren wurden, nunmehr mit regenerativ erzeugtem Strom realisiert werden. Das sind dann erste messbare Größen auch bestimmter anderer Bilanzierungen im Luftreinhalteplan.

(Beifall bei der SPD)

Das unterstreicht noch einmal, dass wir mit der E-Mobilität, ob wir jetzt Schaufensterregion sind oder nicht, am weitesten in ganz Deutschland sind. Und mit diesem eben beschriebenen Feldtest haben wir den größten Feldtest in Europa überhaupt auf den Weg gebracht.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Ziele verfolgen wir aber auch an weiteren Stellen, zum Beispiel im Bereich der Ladeinfrastruktur. Ich kann Ihnen heute in Aussicht stellen, da der Masterplan immer wieder angesprochen

(Senator Frank Horch)

worden ist, die Inhalte, den Verlauf und auch die kurz anstehenden Ergebnisse in einer umfassenden Berichtsdrucksache, sprich in einem Masterplan, im kommenden Jahr entsprechend darzustellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Stöver, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz einige Ergänzungen machen. Zunächst möchte ich dem Senator den Dank aussprechen, dass Sie den Stellenwert der Elektromobilität noch einmal geradegerückt haben, denn die Debatte ist nachher doch etwas humoristisch ausgefallen und wird der Elektromobilität nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU und bei Dorothee Martin SPD – Jan Quast SPD: Enttäuschend!)

Wenn wir über das Voranbringen der Elektromobilität sprechen, dann bedeutet dies nicht, dass wir andere Verkehrsträger und andere Dinge ausblenden, sondern wir wollen einen Fokus setzen. Den Stand der Elektromobilität, den Sie jetzt vorfinden, haben Sie vor allen Dingen der Vorgängerregierung zu verdanken, denn hier sind Sie, Frau Martin, mit alten Zahlen gekommen, die noch aus 2011 stammen. Sie sagten, dass Sie erkannt hätten, wie es in Hamburg weitergehen solle. Das sehen wir definitiv nicht so, und das macht auch Ihr Antrag nicht deutlich, denn dieser Antrag ist sehr enttäuschend. Sie sprechen lediglich von Ladeinfrastruktur, und dieser Punkt ist unglaublich dünn. Damit sind wir sehr weit gekommen, das ist vollkommen richtig, das reicht aber überhaupt nicht aus. Ich werfe dem Senat und der SPD-Fraktion an dieser Stelle vor, dass Sie keine Visionen haben und keine Ideen, wie man Elektromobilität fortführen soll.

(Beifall bei der CDU)