Das eine ist der Koalitionsvertrag, das andere ist das Handeln. Ich möchte noch einmal klar feststellen: Egal, was im Koalitionsvertrag stand, die Justizministerin unserer schwarz-gelben Koalition, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, hat gekämpft wie ein Löwe und über vier Jahre verhindert, dass …
(unterbrechend) : Herr Ritter, einen Moment bitte. – Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, wenn sich der Saal wieder füllt, aber bitte setzen Sie sich doch ohne weitere Gespräche einfach hin.
Wenn ich ergänzen darf: Das hängt sicherlich mit meiner Rede zusammen, dass der Saal sich wieder füllt.
Herr Tabbert, jetzt noch einmal zu Ihnen. Unsere gelbe Justizministerin, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, hat vier Jahre dafür gekämpft, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht eingeführt wird. Das ist ein Erfolg, das möchten wir einmal festhalten.
Justizminister Maas, der in der Großen Koalition die Fäden in der Hand hat, hat einmal kurz aus dem Erdloch geschaut und gesagt: Okay, das mache ich ungefähr so wie meine mächtige Vorgängerin.
Aber dann kam der Bundesinnenminister und schon war Herr Maas wieder klein und zurück auf der Linie, die von der CDU gewünscht und mit ihr abgesprochen ist.
Wir fordern die SPD in Hamburg auf, sich auf Bundesratsebene dafür einzusetzen, nicht erst zu warten, bis das EuGH-Urteil kommt, sondern jetzt die Vorratsdatenspeicherung zu verhindern.
Wer möchte den Antrag der FDP-Fraktion aus Drucksache 20/10451 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen. – Damit ist der Antrag abgelehnt.
Nun kommen wir zum Tagesordnungspunkt 78, Drucksache 20/10276, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Verbesserung der Ganztagsbetreuung an den Grundschulen.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Verbesserung der Ganztagsbetreuung an den Grundschulen – Drs 20/10276 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Den Gedanken des schulischen Ganztags und der Inklusion aller Kinder finden wir richtig. Wir wollen aber, dass diese wichtigen Anliegen nicht durch eine schlechte Umsetzung vom Senat gegen die Wand gefahren werden.
Ganztägige Bildung und Betreuung und Inklusion sind gute Ideen, die eine gute Ausstattung brauchen, damit sie Erfolgsmodelle werden können. Darüber soll, das fordert unser Antrag, der Senat mit den Verbänden in der Antragskommission verhandeln.
Der Senat argumentiert, dass genug Nachbesserungen stattgefunden hätten und für an sich wünschenswerte Verbesserungen kein weiteres Geld zur Verfügung stehe. Bei anderen Baustellen in dieser Stadt geht der Senat anders vor, und es werden genügend Restmittel gefunden, um die jeweiligen Projekte zu einem guten Ende zu führen. In der Bevölkerung wird das ganz anders gesehen. Laut einer bundesweiten Umfrage des Kinderhilfswerks befürworten 86 Prozent der Menschen ein beitragsfreies Mittagessen in Kita und Schule. Zwei Drittel befürworten sogar Steuererhöhungen, um gegen Kinderarmut vorgehen zu können.
Es ist nicht zu übersehen, dass es viel Kritik in der Stadt gibt, was die Umsetzung dieser an sich guten Idee angeht. Elternkammer und Landeselternausschuss haben umfangreiche Forderungskataloge vorgelegt, Fachverbände sowie die Gewerkschaften ver.di und GEW haben konkrete Vorschläge unterbreitet. Es gibt eine Online-Petition – wir haben zwei Debatten vorher darüber gesprochen –, die Tausende Hamburgerinnen und Hamburger unterschrieben haben. Wir greifen den Protest der Bevölkerung auf und stellen ihre Forderungen in der Bürgerschaft zur Abstimmung. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass der Landeselternausschuss die Bürgerschaftsabgeordneten angeschrieben hat mit der Bitte, unserem heute zur Abstimmung stehenden Antrag zuzustimmen.
Ich gehe davon aus, dass ein Großteil der Opposition unsere Kritik teilt. Um die Forderungen unseres Antrags zu erläutern, will ich ein paar Beispiele aus verschiedenen Schulen vortragen.
Mir liegt ein Bericht der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Hamburg über die Schule Windmühlenweg vor. Dort ist von 22 Angeboten am Nachmittag die Rede. Acht dieser Angebote sind umsonst
hören Sie auch einmal zu –, der Rest kostet. Damit ist der Zugang nicht für alle Kinder gewährleistet. Wer Geld hat, kann an diesen Angeboten teilnehmen, wer kein Geld hat, kann nicht teilnehmen. In demselben Bericht äußert eine Mutter, dass Rückzugsräume für die Kinder fehlen würden und nicht genügend Ressourcen vorhanden seien, um ein besseres Raumangebot zu schaffen. Das hören wir tagtäglich, wenn wir Schulen besuchen. Am Ende des Berichts steht – ich zitiere –:
"Frau Braasch und Herr Stappenbeck, beide von der AGFW, ziehen die Schlussfolgerung, dass die Verzahnung von Vormittag und Nachmittag dringend in den Blick genommen werden muss. Für die AGFW ist auch die Finanzierungsfrage ein offener Punkt, da nur mit mehr finanziellen Mitteln eine bessere Ressourcen- und Personalausstattung gewährleistet werden kann."
Aus diversen Schulstandorten wird mir berichtet – und das ist auch in der Schule meines Sohnes der Fall –, dass nachmittags Gruppengrößen von 27 oder 28 Kindern zu beobachten sind. Der Deutsche Lehrerverband spricht in seiner Mitgliederzeitschrift sogar von bis zu 33 Kindern.
Das Problem ist, dass Sie in Ihre Personalschlüsselberechnung sämtliche Zeiten mit einrechnen, in denen gar nicht direkt mit den Kindern gearbeitet wird. Dazu kommt, dass Zeiten, in denen mit einem besseren Erzieher-Kind-Verhältnis gearbeitet wird, zwangsläufig mit einem schlechteren Personalschlüssel ausgeglichen werden müssen. Nicht umsonst sind die Arbeitsplätze in der Ganztagsschule diejenigen, die am schwierigsten zu besetzen sind, und diejenigen, die als erstes gekündigt werden, wenn die Beschäftigten eine bessere Stelle finden; dafür kann ich Ihnen Beispiele aus der Praxis nennen.
Die Fluktuation ist besorgniserregend. Die Zufriedenheit der Beschäftigten und der Eltern ist an einen Tiefpunkt gelangt.
Die gleiche Kritik gilt für die Inklusion. Leider gibt es das, was im Bereich Inklusion am Vormittag vorhanden ist, nachmittags nicht, wobei man berücksichtigen muss, dass im Bereich des Kita-Gutscheinsystems die Beträge für die Inklusion halbiert wurden. Wir fordern, dass das, was am Vormittag in den Klassen möglich ist, auch für die Nachmittagsbetreuung ermöglicht wird.
Schauen wir uns die Essensversorgung an, sie ist eine reine Katastrophe. Viele Caterer wollen die Schulen nicht mehr beliefern oder gehen pleite. Sie klagen über zu geringe Kostensätze, die Eltern klagen über die schlechte Qualität des Essens, und die Beschäftigten berichten, dass rund 50 Prozent des Essens weggeworfen werden. Die Kinder klagen über die große Unruhe während des Essens und die viel zu kurzen Essenszeiten. Ich kann Ihnen erläutern, woher das kommt. Viele Kinder müssen nach dem Essen an Programmen teilnehmen, deswegen muss das Essen schnell gehen.
Einige Eltern berichten sogar, dass ihre Kinder mit Kopfhörern in den Essensräumen sitzen, um zur Ruhe zu kommen.