Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

Es liegen offensichtlich keine weiteren Wortmeldungen vor, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/10276 an den Schulausschuss zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Dann lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Sache abstimmen. Hierzu haben die Fraktionen der GRÜNEN und der FDP eine ziffernweise Abstimmung beantragt.

Wer möchte nun die Ziffern 1, 2, 9 und 10 des Antrags annehmen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist das abgelehnt.

Wer möchte den Ziffern 3, 4 und 6 seine Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist auch dieses abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 5 folgen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist auch die Ziffer 5 abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 7 annehmen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist auch Ziffer 7 abgelehnt.

Wer möchte schließlich Ziffer 8 folgen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist auch Ziffer 8 abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 85, Drucksache 20/10439, Antrag der CDU-Fraktion: Näher am Bürger – Einführung von Stadtteilfonds in Hamburg.

[Antrag der CDU-Fraktion: Näher am Bürger – Einführung von Stadtteilfonds in Hamburg – Drs 20/10439 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Haushaltsausschuss überweisen. Die GRÜNE Fraktion beantragt die Mitberatung im Stadtentwicklungsausschuss.

Wird das Wort gewünscht? – Herr Heintze, Sie haben es.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag kommt bewusst nicht zu den Haushaltsberatungen, sondern im Vorfeld der Haushaltsberatungen, weil wir damit einen Anstoß geben wollen, wie wir in Hamburg die Menschen in den Stadtteilen besser beteiligen und die Bezirksversammlungen stärken können. Das geht bekanntermaßen am besten über Haushaltsmittel und das Verteilen von Verantwortung, und deswegen haben wir diesen Antrag heute zur Debatte angemeldet.

(Beifall bei der CDU)

In Hamburg haben wir in den Bereichen Bau und sonstige Investitionen für Park- und Gartenanlagen, Sport, Verbesserung der Infrastruktur, Straßenbeleuchtung, Naturschutz und Jugendarbeit roundabout Ausgaben, die 2011 bei 126 Millionen Euro lagen. Bislang entscheiden die Fachbehörden oder die Bezirksämter nach bestem Wissen und Gewissen, welche Projekte sie in Angriff nehmen möchten und bei welchen Dingen sie in den einzelnen Stadtteilen Schwerpunkte setzen wollen oder Handlungsbedarf sehen. Da muss ich persönlich sagen, und das haben wir in der Fraktion auch lange mit den Bezirkspolitikern diskutiert, dass diese Entscheidungen nicht immer den Bedarfen entsprechen, die von den Menschen, die in den Bezirken leben, gesehen werden. Hier würden wir gerne Geld in die Hand nehmen, das wir auch gegenfinanzieren, um das zu ändern. Wir haben heute diesen Antrag gestellt, weil wir glauben, dass wir die Impulse für solche Strukturen und Veränderungen dort hingeben sollten, wo die Bedürfnisse auch entstehen. Wir sollten das bei denen ansiedeln, die das am besten beurteilen können, und das sind die Bezirkspolitiker vor Ort und die Bürger, die in den Stadtteilen leben. Diese sollten wir stärken, und das würden wir gerne zu den nächsten Haushaltsberatungen umsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Bürgerhaushalt ist nichts Neues. Alle, die schon länger in diesem Parlament sitzen, wissen, dass wir in einer der vergangenen Legislaturperioden das im Großen bereits einmal ausprobiert haben, indem wir die Bürger im Internet gefragt haben, wie sie mit den Haushaltsmitteln der Stadt umgehen würden. Es gab sehr überraschende und spannende Ergebnisse, die durchaus zu Diskussionen geführt, aber auch eines gezeigt haben: Wenn wir solche Instrumente zur Verfügung stellen und solche Impulse geben, dann werden sie von den Menschen auch genutzt. Und es sollte unser Anliegen sein, diese Bereitschaft, sich einzubringen und sich zu beteiligen, auch zu stärken.

Wir haben das nicht nur für Hamburg vorgeschlagen, sondern wir haben geschaut, wo es so etwas bereits erfolgreich gibt. Und wenn Sie beispielsweise einmal nach Ingolstadt gucken, dann gibt es dort seit 2010 einen Bürgerhaushalt – man hat also auch schon ein bisschen länger Erfahrung damit –, und es werden etwa 1 Million Euro, das sind rund 0,2 Prozent der dortigen Gesamtausgaben, den Stadtbezirken, quotiert nach Einwohnerzahlen, zur Verfügung gestellt. Es wird hier geschaut, wo die meisten Menschen wohnen und wo die größten Bedarfe bestehen. Dann wird gemeinsam nach einem festgelegten Abstimmungsverfahren festgelegt, wo vor Ort etwas ausgegeben wird. Die Verwaltung hat dann die Aufgabe, dieses zu begleiten

und das Ganze fachkundig zu bewerten, sodass die Umsetzung auch bestmöglich erfolgt.

Da frage ich mich persönlich gerade in einem Stadtstaat wie Hamburg und angesichts so vieler Menschen, die sich in der Bezirkspolitik engagieren, wie wir jetzt wieder bei den Bezirksversammlungswahlen sehen, aber auch angesichts so vieler Menschen, die sich vor Ort für ihre Stadtteile engagieren, warum wir Ingolstadt brauchen, um auf diese Idee zu kommen, Ähnliches zu machen. Wir sind in Hamburg als Gesamtgemeinde gut beraten, solche Ansätze aufzugreifen und einmal auszuprobieren, weil auch wir Verwaltungsstrukturen haben, wo Land und Bezirke stark verzahnt sind. Darin liegen für die Bezirke große Chancen, die unserer Ansicht nach nicht ausreichend genutzt werden.

Deswegen ist für uns wichtig, dass es nicht einfach um eine Aufstockung von Sondermitteln geht. Es sind keine Sondermittel, weil Sondermittel dafür da sind – schauen Sie einmal in die Beantragungsrichtlinien der Bezirksämter und was zum Beispiel das Bezirksamt Hamburg-Mitte dazu auf seiner Website schreibt –, Vereine, Verbände und kleine Projekte zu fördern, die noch Geld und ein bisschen Unterstützung brauchen, weil sie ein konkretes Projekt voranbringen wollen. Da geht es um Unterstützung von ehrenamtlich oder sozial tätigen Organisationen und nicht darum, dass Menschen in einem Bezirk oder einem Stadtteil gemeinsam Projekte entwickeln. Daher gibt es hier auch der Höhe nach, wie Sie dem Antragstext entnehmen können, einen deutlichen Unterschied zu den bezirklichen Sondermitteln. Dieser Unterschied ist uns wichtig, weil wir Bürgerengagement vor Ort organisieren und anstoßen wollen zusammen mit den Bezirkspolitikern, die das vor Ort in die Hand nehmen sollen. Wir glauben, dass dies ein guter Schritt ist. Ich persönlich als Haushälter muss auch selbstkritisch sagen, dass das Geld dort manchmal deutlich sinnvoller aufgehoben ist als zentral in den Behörden der Stadt, wo nicht immer gesehen wird, auch wenn das Bemühen da ist, was jeweils das Beste vor Ort ist; deswegen auch von einem Haushälter dieser Anstoß für den Haushaltsausschuss.

(Beifall bei der CDU und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Das Prinzip, das dahintersteht, ist relativ einfach. Es nennt sich Subsidiarität, und das haben hier alle in ihren Wahlprogrammen stehen, wenn ich das richtig überblicke. Es gibt in Hamburg sieben Bezirke und 104 Stadtteile, die für Stadtteilfonds infrage kommen. Wir sollten es den sieben Bezirksversammlungen überlassen, wie sie das jeweils in ihrem Bezirk für ihre Stadtteile regeln, weil dort – da brauchen wir uns nur die Reihen der Kandidaten im Aufstellungsverfahren anzuschauen – eine Menge kompetenter Menschen mit sehr viel Erfahrung sitzen, denen wir sehr wohl zutrauen können, solche Verfahren zu regeln. Dann ist es vielleicht in

Altona anders als in Hamburg-Nord und in Eimsbüttel mag es noch einmal anders sein. Aber darüber kann man als Bürgerschaft und als politisch Engagierte nur froh sein, wenn jeder regional seinen Regelungsmechanismus findet, der halt passt.

Wichtig ist uns nur, dass die Projekte auf Vorschlag und unter Beteiligung der Bürger der jeweiligen Stadtteile zustande kommen und nicht von uns hier oder von der Verwaltung der Stadt oder einem Bezirksamt gesagt wird, es würden zwar gerade keine Bänke gebraucht und diesen Park müsste man eigentlich auch nicht sanieren, aber man mache es einmal, weil man gerade keine andere Idee habe und das Geld weg müsse. Das muss aufhören.

Wir sollten in einem Probejahr 2015 im ersten Schritt 6 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um Erfahrungen zu sammeln. Das ist ein Betrag, mit dem man in den Bezirken auch eigene Projekte entwickeln kann. Wir schlagen vor, in den Folgejahren diese Summe auf 12 Millionen Euro, was rund 0,1 Prozent des Haushalts entspräche, aufzustocken. Die Gegenfinanzierung ist wichtig, weil wir nicht neue Töpfe aufmachen und das Geld irgendwo herzaubern können. Das funktioniert nicht, das wissen wir auch. Wir müssen dann sehen, dass die Investitionen in den jeweiligen Fachbehörden entsprechend abgesenkt werden. Und ich glaube, dass die allermeisten Kolleginnen und Kollegen, die hier aus der Bezirkspolitik kommen, sehr gut nachvollziehen können, dass das eine sinnvolle Forderung ist und eigentlich das ist, wofür wir in den Bezirksversammlungen lange gekämpft haben, was wir aber häufig bei den Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft – gerade in Regierungsverantwortung – gerne wieder vergessen.

Deswegen wollen wir jetzt diesen Anstoß geben und würden uns über eine lebhafte und eine offene Diskussion im Haushaltsausschuss freuen. Wir haben auch nichts dagegen, wie von den GRÜNEN beantragt, das mit in den Stadtentwicklungsausschuss zu nehmen, wo wir dann gemeinsam schauen, wie wir mit dieser Idee umgehen und erste Erfahrungen sammeln können. Gerade im Jahr der Bezirksversammlungswahlen ist es ein sehr richtiger Schritt, mit dieser kleinen Idee die Bezirke und Stadtteile zu stärken und die Menschen, die die Bezirksversammlungen wählen und sich hier beteiligen, auch zu unterstützen. Dieses Signal kann die Bürgerschaft in den Haushaltsberatungen geben.

Wir würden uns sehr freuen, wenn die anderen Fraktionen da mitgehen. Wichtig ist aber auf jeden Fall, dass wir im Ausschuss darüber sprechen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kienscherf, Sie haben jetzt das Wort.

(Dr. Roland Heintze)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Heintze, als ich den Antrag zum ersten Mal überflog, habe ich zunächst gedacht, er käme von der Kollegin Sudmann

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ja!)

nach dem Motto "Darf es denn noch ein bisschen mehr sein?". Als Sie zum Schluss noch einmal die 12 Millionen Euro obendrauf erwähnt haben, hatte ich das Gefühl, das könne doch nicht der Herr Heintze sein, der uns die ganze Zeit hier im Parlament erzählt, dass wir alle viel zu viel Geld ausgeben und dafür sorgen müssten, dass die Schuldenbremse letztendlich nicht 2019 oder 2020 kommt, sondern durch Einsparungen schon im Jahr 2013/2014 realisierbar wird. Das kann doch nicht derselbe Herr Heintze sein.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

Herr Kienscherf, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Heintze?

Ich bin immer gern für Zwischenfragen, aber wenn sie schon bei der Einleitung gestellt werden, bitte ich Sie doch, sich ein bisschen zu gedulden. Wir kommen irgendwann zu dem Punkt, wo dafür Zeit ist, also melden Sie sich in zwei Minuten einfach noch einmal.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Nein!)

Gut, dann melden Sie sich nicht, sondern kommen einfach selbst nachher hier ans Rednerpult.

Herr Heintze, damit haben Sie uns monatelang gequält, ohne dass Sie es belegen können. Dann ist es der Herr Heintze, der uns immer erzählt, die Investitionshaushalte der Fachbehörden seien viel zu niedrig angesetzt, damit gefährdeten wir die Wirtschaft und das ginge alles gar nicht. Jetzt wollen Sie einmal eben, damit sind Sie zum Schluss herausgerückt, die Investitionshaushalte der Fachbehörden um 12 Millionen Euro absenken. Auch das hat doch mit seriöser Politik nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Und warum, Herr Heintze – auch das haben Sie zum Schluss noch erwähnt –, bringen Sie diesen Antrag jetzt ein?

(Christoph de Vries CDU: Ist Ihre Einleitung jetzt endlich zu Ende?)

Weil es einen Bezirkswahlkampf und einen Europawahlkampf gibt und Sie zehn Jahre lang in dieser Hinsicht nichts Ernstes unternommen haben, fällt Ihnen nun ganz zum Schluss ein – kurz bevor Sie nach Brüssel verschwinden, wo die Millionenzahlen auch ein bisschen anders sind –, da könnten wir noch eben einen Antrag einbringen und

noch einmal 12 Millionen Euro reinhauen, auch wenn wir keine realistische Finanzierung haben. Auch das ist keine seriöse Haushaltspolitik, Herr Heintze.

(Beifall bei der SPD)

Dabei ist das Thema Bürgerbeteiligung in der Tat wichtig.

(Dr. Roland Heintze CDU: Auch der SPD?)

Deswegen haben wir uns auch, Kollegin Sudmann, im Stadtentwicklungsausschuss richtigerweise sehr eingehend mit dem Thema Bürgerbeteiligung befasst.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Und deswegen versenkt ihr unseren Antrag?)