Protokoll der Sitzung vom 12.02.2014

Selbstverständlich ist es Sache des DOSB zu entscheiden, ob Deutschland 2024 überhaupt ins Rennen gehen wird, und wenn ja, mit welcher Stadt, aber die Interessenten sollten schon klare Signale senden. Wir haben in unserem Antrag ganz bewusst die Prüfung einer Bewerbung für 2024 aufgenommen. Die Olympischen Sommerspiele finden 2016 in Südamerika und 2020 in Asien statt. Olympia 2024 wird vielleicht nach Nordamerika, vielleicht aber auch nach Europa vergeben. Hamburg sollte sich nicht die Chance nehmen lassen, seinen Hut schon für 2024 in den Ring zu werfen. Entweder klappt es und wenn nicht, sind die Chancen für eine Vergabe an Hamburg vier Jahre später höher, wenn Hamburg sich schon einmal mit einem Konzept eingebracht hat.

Eine Bewerbung zu 2024 wäre ein sehr ehrgeiziges Projekt. Das Konzept und die entsprechenden finanziellen Mittel zumindest für die erste Stufe der Bewerbung müssten in 2015 stehen. Aber der Senat steht nicht alleine damit da. Hamburg hat eine investitionsfreudige und, hören Sie bitte gut zu, Herr Golke, sportaffine Wirtschaft. Die Handelskammer spricht von einem bereits überarbeiteten olympischen Konzept.

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Die haben schon alles gemacht! – Heike Sudmann DIE LIN- KE: Wie bei der Elbphilharmonie!)

Meine Damen und Herren! Hamburg hat sich mit der Dekadenstrategie langfristige Ziele in allen Bereichen des Sports gesetzt. Der Sport nimmt allgemein Fahrt auf. Die Sportakteure wirken zusammen. Hamburg verfügt mit dem Sportsommer über markante Sportveranstaltungen. In Hamburg befinden sich sechs Bundesleistungsstützpunkte und 19 Landesleistungszentren. Die Menge der Kaderathleten in den verschiedenen Disziplinen lässt sich sehen. Hamburg müsste natürlich in den nächsten Jahren als überzeugende Sportstadt auftreten. Da wäre eine Bewerbung für die Rad-WM 2017 oder 2018, die Turn-WM 2019, das Internationale Deutsche Turnfest 2021 oder eine internationale Sportgroßveranstaltung in der Leichtathletik naheliegend. Das kostet natürlich Millionen, das kann Hamburg nicht mal eben aus dem Ärmel schütteln.

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Ja, sehen Sie!)

Nein, wir brauchen wieder ein Klima der Begeisterung. Wir brauchen überzeugende Konzepte und den Willen, überhaupt als Player aufzutreten, dann lassen sich auch Unternehmen als Sponsoren gewinnen. Durch eine Bewerbung für Olympia würde ein ganz neuer Sportgeist in Hamburg entstehen.

Der Sport stände im gesellschaftlichen Mittelpunkt. Hiervon würden wiederum die Vereine profitieren und Kinder und Jugendliche ihre Leidenschaft für den Sport entdecken. Wir brauchen eine ähnliche Stimmung wie damals mit "Feuer und Flamme", als das olympische Feuer in den Köpfen und den Seelen entfacht wurde. Also, liebe SPD-Kollegen, fassen Sie sich ein Herz und geben Sie Hamburg für Olympia eine Chance.

(Beifall bei der FDP – Heike Sudmann DIE LINKE: Da ist ja viel Rauch bei den Olympi- schen Spielen!)

Das Wort bekommt Frau Timmermann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Grundsatzrede macht es fast schwierig, Anknüpfungspunkte zu finden. Lassen Sie mich als Erstes sagen, dass wir bei all den Punkten, die Sie angeführt haben – sicherlich ist es profitabel für diese Stadt –, doch das Sportliche in den Mittelpunkt stellen sollten, denn zuallererst geht es um ein sportliches Event.

Ich möchte gar nicht so sehr auf das Für und Wider eingehen, sondern darauf, wie man sich einen Traum – um das vom Senator benutzte und von Ihnen noch einmal aufgegriffene Bild zu verwenden – erfüllen oder ihm ein Stückchen näher kommen kann. Die LINKE hat sich klar dagegen positioniert, aber der Großteil dieses Hauses kann sich eine Bewerbung für Olympia vorstellen. Es ist der Weg dorthin, über den wir sehr unterschiedlicher Auffassung sind. Ich möchte ganz kurz darstellen, warum wir einen anderen Weg gehen wollen als FDP und Handelskammer, die beiden einzigen Akteure, die meinen, das Gaspedal treten zu müssen.

Eine Bewerbung für 2024 bedeutet, dass man bis Ende des nächsten Jahres ein inhaltliches Konzept vorlegen müsste, das auch – und dafür sind wir als SPD angetreten – ordentlich und solide ausfinanziert sein sollte.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wie bei der Heil- fürsorge!)

Ja, genau. Wir haben es an mehreren Punkten gezeigt, auch bei der Heilfürsorge, und ähnlich wird es bei den Olympischen Spielen sein.

Wir wissen zum einen – Sie haben es angesprochen –, dass sich der DOSB im zweiten Quartal dieses Jahres dazu äußern wird, mit wem er sich wann eine Bewerbung für die Olympischen Spiele vorstellen kann. Das ist nach unserer Auffassung erst einmal abzuwarten, genauso wie die Kriterien, die das IOC bis Ende des Jahres festlegen wird, um dann eine entsprechende Bewerbung mit Erfolgsaussichten zu initiieren. Zum anderen – und das habe ich in Ihrer Rede etwas vermisst – haben

(Martina Kaesbach)

wir in den letzten Jahren fünf gescheiterte Bewerbungen gehabt.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ja, genau!)

Auf diese gescheiterten Bewerbungen, die mit hohen Kosten verbunden waren, wird man genau schauen müssen. Gerade München hat gezeigt, dass die Bevölkerung Großprojekten sehr viel kritischer gegenübersteht,

(Gerhard Lein SPD: Zum Glück!)

und daraus wird man Schlüsse ziehen müssen.

Worüber wir uns einig sind, und zwar über alle Parteien hinweg, ist, dass es ein Beteiligungsverfahren geben muss; DIE LINKE hat das in ihrem Antrag unter Punkt 2 aufgeführt. Da besteht aber auch erst einmal gesetzlicher Handlungsbedarf, weil wir für eine solche Volksbefragung noch gar keine gesetzliche Grundlage haben.

Das alles wollen wir bis 2015 schaffen. Es gibt einen überarbeiteten Entwurf aus 2006 für eine olympische Bewerbung, aber nach unserer Einschätzung ist eine Bewerbung für 2024 nicht nur ambitioniert, sondern nicht machbar. Gegen eine solche Bewerbung sprechen viele Gründe, sodass man eigentlich auf 2028 schauen muss. Das hat auch einen Vorteil: Es ermöglicht ordentliches Planen, wie wir es uns auf die politische Fahne geschrieben haben, damit wir nicht, wie Sie es in Ihrem Antrag formuliert haben, den zweiten und dritten Schritt vor dem ersten machen.

(Beifall bei der SPD)

Zu Ihren Punkten c), d) und e), in denen es um eine Machbarkeitsstudie, eine Studie zu möglichen Wertschöpfungseffekten und die Erstellung eines Infrastrukturkonzepts geht, kam ein Einwurf von den LINKEN, denen ich in diesem Fall nahe stehe, wie das denn bezahlt werden soll. Das ist der zweite Schritt, der genau dann gemacht werden sollte, wenn man sich erstens bewerben will und zweitens eine breite Mehrheit dafür gefunden hat. Dieser Schritt ist in unseren Augen im Moment überhaupt nicht angebracht.

Sie sprechen außerdem – ich gehe konkret auf Ihre Punkte ein – von einem Sportcluster. Dieses Sportcluster wird bereits von der Handelskammer im Einvernehmen mit der Zukunftskommission entwickelt, völlig unabhängig von Olympia. Als letzten Punkt haben Sie das Beteiligungsverfahren genannt; da sind wir uns einig.

Unsere Einschätzung wird gestützt von Herrn Vesper, der sich verhältnismäßig deutlich geäußert hat – ich zitiere –:

"Eine Bewerbung schüttelt man aber nicht so einfach aus dem Ärmel. Sie ist ein mühsamer, zeitintensiver Prozess, der einen substanziellen, personellen und finanziellen Aufwand erfordert."

Er hat dies auch mit Zahlen unterfüttert und gesagt, eine Bewerbung werde rund 60 Millionen Euro kosten. Ich glaube, man muss sich nicht streiten, ob es nun 30 oder 80 Millionen Euro sein werden; vielleicht haben einige von Ihnen die Diskussion gestern verfolgt. Das sind Gelder, die man angesichts der Unsicherheit, ob und mit welcher Stadt man sich bewerben will und welche Kriterien sich das IOC überlegt, und angesichts der momentanen Stimmung nicht ausgeben können. Darum sind wir davon überzeugt – das haben wir auch im Sportausschuss diskutiert –, dass wir ein hohes Maß an Geschlossenheit, Kommunikationsdisziplin und Professionalität finden und einen anderen Weg gehen müssen als den, den Sie und die Handelskammer aufzeigen, nämlich vorzupreschen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen mit dem eingeschlagenen Weg der Dekadenstrategie fachliche und sachliche Argumente liefern. Wir haben begonnen, unsere Hausaufgaben zu machen. Ich nenne nur die Profilquote, die Sanierung der Sportstätten auch in Bezug auf Barrierefreiheit – mit den Olympischen Spielen gehen die Paralympics einher –, den Aufbau von Talentund Leistungssportsystemen, aber auch den Zugang und die Teilhabe aller Menschen. Diesen Weg werden wir weitergehen.

Einen Punkt möchte ich nicht schuldig bleiben. Der Antrag der LINKEN hat auch einen ersten Punkt. Ich finde es richtig, sich mit den kritischen Stimmen, die es nicht nur in Hamburg bei Großprojekten gibt – Stichwort Stuttgart 21 –, auseinanderzusetzen und ihnen Gehör zu geben, schließlich geht es um Milliardenbeträge. Und dann zu sagen, das schaffen wir bis 2015, sodass wir uns gleich das erste Mal bewerben müssen, halte ich für falsch. Außerdem sind, Frau Kaesbach, bei den letzten neun Bewerbungsverfahren sechs Bewerber gleich beim ersten Mal durchgekommen. Dass es also immer einen zweiten Anlauf braucht, ist nicht richtig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt nun Herr Schira.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu den mehrmaligen Anläufen: Wenn man einmal durchfällt, heißt das nicht automatisch, dass man es beim zweiten Mal schafft. Wir als CDU – das ist Ihnen bekannt – unterstützen seit Jahren eine erneute Bewerbung für Olympia. Ich möchte Ihnen allerdings auch sagen, dass ich verschiedene Punkte im FDP-Antrag nicht teile. 2024 ist auch meines Erachtens unrealistisch; ich glaube, die Konzentration sollte sich in Richtung 2028 bewegen. Im Grundsatz aber ist der Antrag wichtig und richtig und wir sollten ihn im Sportausschuss debattieren. Da würde ich es mir nicht so

(Juliane Timmermann)

einfach machen, Frau Timmermann, und ihn heute ablehnen, sondern er gehört in den Sportausschuss, und dort müssen wir ihn intensiv beraten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Eine gründliche Vorbereitung ist notwendig, das wurde schon gesagt. Ich weiß nicht, ob Sie gestern die Sendung "Schalthoff Live" verfolgt haben. Ich fand die Aggression zwischen Herrn Ploß und dem Vertreter der Handelskammer sehr bedauerlich.

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Ploß hat recht!)

Das ist, ganz unabhängig davon, wer recht hat, sicherlich keine Grundlage dafür, sich positiv ins Gespräch zu bringen. Ich glaube schon, dass es da einer Entkrampfung bei Handelskammer und Hamburger Sportbund bedarf, und dabei sollten wir als Politiker mithelfen. Es war wohltuend, wie Sie sich da verhalten haben, Frau Timmermann.

Was die Bürgerbeteiligung angeht, sind wir uns einig, dass die selbstverständlich stattfinden muss. Wir haben selber verschiedene Negativbeispiele erlebt, und wenn wir an die Bewerbung von München für die Winterspiele denken, dann sollten wir aus diesen Fehlern lernen.

Ich habe gelesen, dass nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid 59 Prozent der Hamburger eine erneute Olympiakampagne befürworten und 73 Prozent dagegen sind.

(Juliane Timmermann SPD: 37!)

Es gibt auch Umfragen, zum Beispiel im "Hamburger Abendblatt", die eine andere Sprache sprechen. Da ist der fast einhellige Tenor, Hamburg brauche keine Olympischen Spiele und die Nachteile – neue Schulden, später die hohen Betriebskosten der Anlagen und so weiter – seien zu groß. Es ist von Größenwahn die Rede und davon, dass eine Stadt, deren Bewohner gerichtlich gegen Lärmbelästigung durch Sportler vorgehen, nicht olympiareif sei. Das alles sind natürlich Punkte, die wir sehen müssen.

Ich teile diese Auffassung ausdrücklich nicht. Ich glaube schon, dass wir den Mut haben sollten, voranzugehen. Wir müssen die Menschen überzeugen, das ist ganz, ganz wichtig, eine Bürgerbeteiligung muss auf jeden Fall stattfinden. Wir sollten aber auch die Argumente derjenigen ernst nehmen, die derzeit gegen Olympia sind.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Sportpolitische Impulse durch Sportveranstaltungen, die in Hamburg stattfinden – und ich denke, da könnte durchaus noch mehr passieren –, sind richtig und wichtig für die Vorbereitung auf dem Weg zu Olympia. Olympia darf nicht nur unter dem Aspekt der Investitionen gesehen werden, sondern es muss natürlich auch gesehen werden, dass sich Menschen, dass sich die Jugend begeistert. Ich

glaube, Hamburg ist dafür eine hervorragende Stadt. Diese Chancen sollten wir nutzen. Wir als Christdemokraten sind dafür, den FDP-Antrag auf jeden Fall im Sportausschuss zu debattieren. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Frau Blömeke.