Brandstiftung aufgeklärt? Nach dem Tod von drei Menschen sind viele Fragen nach der Sicherheit von Flüchtlingen offen!
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Die Fraktionen sind übereingekommen, das zweite und vierte Thema gemeinsam debattieren zu wollen. Wir beginnen mit dem ersten Thema, und Frau Schneider bekommt das Wort.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Drei Menschen sind am 5. Februar bei einem Brand in einer überwiegend von Flüchtlingen bewohnten Wohnunterkunft in der Eimsbütteler Straße 75 ums Leben gekommen, sie sind qualvoll erstickt. Ein Mann verlor seine ganze Familie, 27 Menschen wurden verletzt, viele erlitten einen Schock. Wir sind traurig und erschüttert – erschüttert auch, weil die Ursache des Brandes Brandstiftung war, für die nach heutigem Wissen ein 13-jähriger Junge verantwortlich ist. Die Erleichterung darüber, dass ein rassistischer
Tathintergrund wohl auszuschließen ist, ist dem Schrecken gewichen, dass es die Tat eines Kindes war, die so viel Leid verursacht hat.
Die Brandstiftung scheint nach menschlichem Ermessen aufgeklärt, aber es gibt zu und nach dem Brand eine Reihe von Fragen, die nicht die eigentliche Tat betreffen, Fragen, die die Sicherheitsbedingungen in dem Brandhaus betreffen, Fragen zu den Umständen, die die schreckliche Katastrophe begünstigten, und auch Fragen nach den Wohnund Lebensbedingungen der Menschen in der Eimsbütteler Straße 75, Fragen also, die öffentlich aufgeworfen wurden und beantwortet werden müssen.
Aus welchem Grund der 13-Jährige ausgerechnet im Flur dieses Hauses den Brand legte, wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass er den Brand in diesem Haus legen konnte, weil er ohne Weiteres hineingekommen ist, denn die Haustür war offen.
Nicht erst seit einigen Tagen, nicht erst seit einigen Wochen, sondern seit sehr langer Zeit war die Haustür defekt und nicht abschließbar.
Trotz vielfacher Beschwerden der Anwohnerinnen und Anwohner beim Betreiber der Unterkunft wurde die Haustür nicht repariert. Das Haus stand für jedermann zu jeder Zeit offen. – Ich finde die Unruhe einfach unangemessen für dieses Thema.
Auch dass zum Beispiel mehrfach Kinderwagen aus dem für alle zugänglichen Flur gestohlen wurden, führte nicht zur Abhilfe. Das ist unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar,
gerade weil jeder wissen kann, dass Flüchtlinge in Deutschland potenziell von rassistischer Gewalt bedroht sind und dass allein deshalb ein Mindestmaß an Sicherheit gegeben sein muss.
Gründe, aus denen der geringe Aufwand einer Haustürreparatur gescheut wurde, sind nicht erkennbar und nicht vertretbar. Wir haben mit Bewohnerinnen und Bewohnern gesprochen. Der ohnehin enge Flur war vollgestellt mit leicht brennbaren Dingen, zum Beispiel Kinderwagen,
die in den engen und überbelegten Wohnungen keinen Platz haben. Abstellräume gibt es nicht. Das Feuer wurde in einem dieser Kinderwagen gelegt und sprang von dort auf den Stromkasten über. Zudem waren mit den Kinderwagen die
Fluchtwege zugestellt. Fenster im Flur waren nicht zu öffnen, sondern vernagelt. Es gab keine Feuerlöscher, und auch das gehörte zu den sicherheitsgefährdenden Bedingungen in diesem Haus. Die Leitungen waren völlig überlastet, Glühbirnen explodierten häufig, im Flur hingen Kabel aus der Wand – alles Ausdruck des maroden Zustands des Hauses.
Ein Freund der Familie, die ausgelöscht wurde, berichtete uns, dass sich die Wohnung, in der sie untergebracht war, in einem schlimmen baulichen Zustand befand. So sollen die Fenster nicht richtig zu öffnen gewesen sein. Auch das muss aufgeklärt werden. Wir fragen: Wie wurde die Aufsicht über die Bedingungen in der Wohnunterkunft Eimsbütteler Straße ausgeübt? Wie wird die Aufsicht über die anderen Wohnund Flüchtlingsunterkünfte ausgeübt? Sind seit dem verheerenden Brand Kontrollen durchgeführt worden, um die Sicherheitsbedingungen in den Unterkünften zu prüfen? Welche Konsequenzen aus der verhängnisvollen Missachtung minimaler Sicherheitsbedingungen werden für die Zukunft gezogen?
Wir bekunden unseren Respekt für die Einsatzkräfte der Feuerwehr und Polizei vor Ort, ihre extrem belastende Arbeit und ihre hochprofessionelle Unterstützung für die Bewohnerinnen und Bewohner. Wir fragen aber, wie die Menschen nach dem Brand betreut und unterstützt werden. Nach unserer Kenntnis haben zumindest bis zum Wochenende nicht einmal alle eine neue Unterkunft erhalten.
Für Bewohnerinnen und Bewohner, die in der Brandnacht nicht da waren, gab es zum Beispiel keine Anlaufstelle, an die sie sich wenden konnten. Wir haben mit ihnen gesprochen, und es war jemand dabei, der keine Unterkunft bekommen hat, an den sich keiner gewendet hat und der völlig ratlos war, wie er zu einer Unterkunft kommt.
Eine wichtige Frage betrifft die Kinder. Die Kinder der Unterkunft, die durch den Brand und den Tod ihrer Nachbarn traumatisiert sind und die jetzt über Hamburg verstreut untergebracht sind, möchten dringend weiter in ihre Schule in der Arnkielstraße gehen. Sie möchten nicht voneinander und von ihren Schulfreunden getrennt werden, sondern den Schrecken gemeinsam und in ihrem gewohnten Umfeld aufarbeiten. Die Schule und die Eltern unterstützen das. Die Eltern der Schülerinnen und Schüler in der Arnkielstraße engagieren sich für
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Hamburg hat am vergangenen Mittwoch eine der schlimmsten Brandkatastrophen der letzten Jahre erlebt. Der Brand in der Eimsbütteler Straße hat drei Todesopfer und 27 Verletzte gefordert. Ich möchte hier im Namen meiner Fraktion zunächst den Angehörigen, den Freunden und den Nachbarn der Opfer des Brandes unsere tief empfundene Anteilnahme und unser Mitgefühl aussprechen.
Ich möchte der Feuerwehr und den Rettungskräften danken, die sehr schnell am Einsatzort waren und alles erdenklich Mögliche getan haben, um das Leben der Opfer zu retten und weiteren Schaden von den Bewohnern abzuwenden.
Es ist schrecklich schwer, sich am Ende eingestehen zu müssen, dass man trotz aller Bemühungen nicht alle Leben hat retten können. Das ist schwer und für diese Arbeit gebührt den Einsatzkräften unser Respekt und unser ganz besonderer Dank.
Alle betroffenen Hausbewohner erhielten unmittelbar nach dem Unglück medizinische und psychologische Hilfe, und es konnten auch Ausweichquartiere angeboten werden. Einige sind auf Angebote von Freunden zurückgekommen, das muss man an der Stelle auch sagen.
Meine Damen und Herren! Nachdem es zunächst so ausgesehen hat, als ob der Brand auf einen Sicherungs- und Verteilerkasten zurückzuführen sei, gab es allerdings auch recht schnell Hinweise auf eine mögliche Brandstiftung. Da es sich bei dem Haus in der Eimsbütteler Straße um eine vom Träger "fördern und wohnen" genutzte Immobilie zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen handelt, ist es verständlich, dass viele Menschen in Sorge waren, dass es ein fremdenfeindlicher Akt von Rechtsextremisten hätte sein können. Deshalb ist es gut, dass die Polizei schnell reagiert hat, eine Sonderkommission ins Leben gerufen hat und die Brandursache schnell aufklären konnte. Auch dafür danke ich der Polizei.
(Beifall bei der SPD, der CDU, vereinzelt bei den GRÜNEN und bei Katja Suding [FDP) Katja Suding FDP Der Arbeit der Polizei und der Kooperation vieler Zeugen und Anwohner ist es zu verdanken, dass die Phase der quälenden Ungewissheit über den Hergang und die Brandursache nur ziemlich kurz war. Freitagabend hatte die Polizei die Brandursache bereits aufgeklärt. Dass ein 13-jähriger Junge dieses schlimme Unglück durch das Anzünden von Papier in einem Kinderwagen im Hausflur verursacht hat, ist allerdings eine weitere tragische Tatsache in diesem Fall. Das Haus in der Eimsbütteler Straße ist ein Jahrhundertwende-Altbau. Nach den Angaben der Feuerwehr war der bauliche Zustand der für den Brandschutz relevanten Teile, zum Beispiel die Türen und die Treppenläufe, für einen Wohnraum dieser Gebäudeklasse überdurchschnittlich gut, und alle Wohnungen haben auch über einen Brandmelder verfügt. (Christiane Schneider DIE LINKE: Teilweise kaputt!)