Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

men zur Stärkung der Finanzkraft Hamburgs einzuleiten, und das, obwohl die Entwicklung doch absehbar war. Aus Sicht der FDP-Fraktion sind zwei Ziele zu verfolgen: die Stärkung der Finanzkraft der Stadt Hamburg auf der einen Seite und die Reform des Länderfinanzausgleichs auf der anderen Seite. Zu beiden möchte ich ein paar Worte sagen. Klar ist, dass die Steuereinnahmebasis der Stadt maßgeblich von der Wirtschaftskraft Hamburgs und damit auch von den hier angesiedelten Unternehmen abhängt. Nur mit einer mittelstandsfreundlichen Wirtschaftspolitik kann die Finanzkraft der Stadt nachhaltig verbessert werden. Die Stadt muss Unternehmensansiedlungen oder auch -erweiterungen schnell und unkompliziert möglich machen, und sie muss ihnen mehr Gewerbe- und insbesondere Industrieflächen zur Verfügung stellen. Da hat die Stadt großen Nachholbedarf; das weiß jeder, der sich einmal mit Unternehmern in dieser Stadt unterhalten hat.

Und noch ein Alarmsignal: Hamburg ist eines von drei Bundesländern, in denen die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt, und das hat konkrete Konsequenzen für die Steuereinnahmen. Wie aus einer Anfrage meines Kollegen Dr. Kluth hervorgeht, kam es durch die Insolvenzen in den letzten drei Jahren zu Steuerausfällen in Höhe von 720 Millionen Euro. An diesem Beispiel zeigt sich auch, wie eine verfehlte Wirtschaftspolitik sich auf die Einnahmen der Stadt auswirkt.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass es einhellige Meinung im Haus ist, dass der Länderfinanzausgleich in der Form, wie er jetzt besteht, in Zukunft nicht mehr sein kann. Niemand von uns ist wohl mit den Ergebnissen der vergangenen Föderalismuskommission wirklich zufrieden. Deshalb stehen auch gerade CDU und SPD in einer besonderen Verantwortung. Sie verfügen über entsprechende Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat, um eine Reform auch wirklich umzusetzen. In seiner jetzigen Form bietet der Länderfinanzausgleich den Bundesländern viel zu geringe Anreize, die eigene Wirtschafts- und Finanzkraft zu steigern oder wenigstens zu erhalten. Doch genau diese Anreize brauchen wir, damit positive wirtschaftliche Entwicklungen und auch die Sparsamkeit im Umgang mit den eigenen Mitteln belohnt und nicht auch noch bestraft werden.

(Beifall bei der FDP)

Außerdem müssen wir den Abbau von Doppelzuständigkeiten und Mischfinanzierungen zwischen Bund und Ländern sowie den Ausbau der Finanzautonomie der Länder endlich klar in den Fokus nehmen. Wir sprechen uns schon seit Längerem für eine stärkere Budgethoheit der Länder aus. Die Länder brauchen die Möglichkeit, über entsprechende Hebesätze auf die Einkommen- und Körperschaftsteuern Einfluss auf ihre Einnahmen neh

men zu können. So würde die Verantwortung sowohl für die Ausgaben als auch für die Einnahmen in einer Hand liegen.

Fazit: Die SPD sollte aus den Fehlern der CDU lernen und endlich Maßnahmen auf den Weg bringen, um die Wirtschafts- und Finanzkraft der Stadt Hamburg zu steigern. Darüber hinaus sollten wir in der Bürgerschaft und auch in den Ausschüssen über mögliche Ansätze zu einer Reform des Länderfinanzausgleichs beraten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Heintze, nach den Erfahrungen, die wir mit der CDU in dieser Stadt gemacht haben, gehört schon eine ziemliche Portion Mut dazu, sich hier als haushalts- und wirtschaftspolitischer Star zu empfehlen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich will es noch einmal in Erinnerung rufen, weil es in der nächsten Zeit durchaus eine wichtige Debatte sein könnte. Welche Erfahrungen haben wir in den letzten Jahren diesbezüglich gemacht? Ihr eigener Bürgermeister, Herr Ole von Beust, hat damals darauf hingewiesen, dass der Haushaltsausgleich im Jahre 2007 nur durch Taschenspielertricks – er nannte das kreative Bilanzierung – möglich gewesen war. Wir können uns gemeinsam daran erinnern, dass das HSH-Desaster, das gerade in diesen Tagen wieder eines der großen Probleme für diese Stadt geworden ist, im Wesentlichen aus Ihrer Feder stammt. Wir stellen fest, dass Sie im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie im Wesentlichen die Verantwortung tragen müssen, und wir haben auch eine riesige Bilanz, welches öffentliche Eigentum in Ihrer Zeit massiv verschleudert worden ist. Dementsprechend geht es nicht, sich hier in dieser Form zu profilieren.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Da gibt es dann auch keine Einheit der Opposition in irgendeiner Form, obwohl ich natürlich die SPD jetzt nicht aus dem Schlamassel herauslassen will, in dem sie durchaus steckt.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Ach, die Sätze waren eben so schön!)

Was ist denn das Hauptproblem, dem wir gegenwärtig gegenüberstehen? Das müssen wir einmal versuchen zu bilanzieren. FDP, SPD und die GRÜNEN, damals noch die GAL, haben gemeinsam beschlossen, die Schuldenbremse in der Hamburger Verfassung zu verankern,

(Katja Suding)

(Beifall bei der LINKEN und bei Finn-Ole Rit- ter FDP)

und haben gesagt, das sei eine großartige Entwicklung. Vielleicht haben die SPD und die GRÜNEN damals noch gehofft – wie ich vielleicht auch –, dass wir in der Lage sein werden, die Einnahmesituation in dieser Stadt zu verbessern, was im Wesentlichen nur über die Bundesregierung möglich ist. Alles andere, was Sie dort gemacht haben, und das können wir uns gegenwärtig im Zusammenhang mit der Haushaltspolitik ansehen, ist unverantwortlich: nicht die Einnahmen zu verbessern, aber auf jeden Fall die Schuldenbremse einzuführen und damit die Handlungsfähigkeit der Stadt zu beschränken. Das stellen wir zurzeit dramatisch fest bei der Aufstellung des Haushalts in den einzelnen Bereichen. Was ist denn gegenwärtig los, wenn wir uns das genau angucken?

(Finn-Ole Ritter FDP: Das tut weh!)

Wir haben in den Bezirken und den Behörden die Situation, dass öffentliche Aufgaben nicht mehr wahrgenommen werden, weil die Kürzungen dazu geführt haben, dass Stellen weggefallen sind. Das können Sie gegenwärtig an verschiedenen Punkten feststellen. Wir haben eine gemeinsame Sitzung aller Fraktionen mit den sozialen Trägern gehabt. Die Diakonie als großer sozialer Träger in dieser Stadt hat dargestellt, dass sie die öffentlichen Aufgaben nur noch wahrnehmen könne, wenn sie entweder Tarifflucht begehe, weil sie durch die Beschränkung nicht mehr in der Lage sei, ihre Aufgaben zu erfüllen, oder wenn sie sich auf die Aufgaben beschränke, die dringend notwendig seien. Das haben wir gemeinsam festgestellt.

Das dritte Wichtige, und das ist für die Haushaltspolitik und die Wirtschaftspolitik eines Senats entscheidend: Die Infrastrukturprobleme, die wir schon in der Stadt haben – da braucht man sich nur den Hafen oder die Brücken anzuschauen –, bauen wir gegenwärtig noch mehr auf, weil die Stadt für Infrastruktur nicht ausreichend Geld zur Verfügung stellt. Die Probleme dieser Stadt werden kräftig wachsen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Maßnahme der SPD dazu ist nicht, eine Idee vorzustellen, wie man das verändern könnte, sondern in schlechter Manier der Controller werden alle gleichmäßig beschränkt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Der Senat beschränkt die Ausgaben auf 0,88 Prozent für alle außerhalb und 1,5 Prozent für alle innerhalb der Behörden. Das sind die Maximen, die im Wesentlichen dort existieren, und das fräst durch alle Bereiche des Haushalts, wie Sie gegenwärtig in der Haushaltsaufstellung merken.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist falsch!)

Das ist die Art und Weise, wo wir dann und wann vielleicht einmal etwas für die Stadtteilkultur bekommen, aber nur dann und wann. Das ist die Art und Weise, wie Sie das machen, und das ist eine schlechte Situation.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei vielen Sachen, die eben debattiert worden sind – ich will nicht auf alle Aspekte eingehen, aber es ist natürlich richtig, dass wir ein großes wirtschaftliches Problem in dieser Stadt haben –, vermisse ich den Senat in seiner Lautstärke. Gegenwärtig können wir viele Insolvenzen feststellen. Wir haben eine Schifffahrtskrise, die dramatisch ist. Zwar hat es in der gegenwärtigen Situation im Wesentlichen die privaten Dummköpfe erwischt, die dort irgendwelche Papiere gezeichnet haben und deren Geld jetzt weg ist. Die waren ein bisschen naiv und sind gelinkt worden, wie in mehreren Prozessen vielfach dargestellt wird. Aber wir haben die Situation, dass das weiter voranschreitet. Wir haben schon eine riesige Summe Geld für Hapag-Lloyd investiert, und wir brauchen eine Perspektive, wie wir dieses Problem lösen. Daran fehlt es, nur durchfusseln allein reicht nicht. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Senator Dr. Tschentscher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Länderfinanzausgleich, das ist schon erwähnt worden, gehört zu den komplizierteren Rechenwerken in den BundLänder-Finanzbeziehungen. Die Steuereinnahmen von Ländern und Kommunen werden dabei über mehrere Stufen so verteilt, wie es einem Finanzbedarf entspricht, der sich aus der Einwohnerzahl und einigen weiteren Annahmen ergibt. Bei der Verteilung der Steuern ist Hamburg keinesfalls Nehmerland, auch nicht 2013, sondern Hamburg ist unter Berücksichtigung der Umsatzsteuerverteilung mit rund 250 Millionen Euro und erst recht bei der Zerlegung von Lohn- und Körperschaftsteuer mit 1,8 Milliarden Euro eines der größten Zahlerländer. Die Zerlegung der Lohn- und Körperschaftsteuer nimmt übrigens von Jahr zu Jahr zulasten Hamburgs zu. Auch wenn man sich nur auf die dritte Stufe des Länderfinanzausgleichs beschränkt – und das haben Sie getan, Herr Heintze –, bewegt sich die Entwicklung nur auf dieser Stufe seit 2011 eher an der Grenze zwischen Zahler- und Nehmerland und ist dabei vor allem geprägt von der positiven Einwohnerentwicklung Hamburgs, die in der Logik des Finanzausgleichs völlig unabhängig von der Wirtschaftskraft einen höheren Finanzbedarf begründet.

(Norbert Hackbusch)

Nun hat Frau Suding schon darauf hingewiesen, dass der eigentliche Einbruch an dieser Stelle in den Jahren 2006 bis 2010 stattgefunden hat. In diesem Zeitraum ist der Wert der Ausgleichszahlung von 600 Millionen Euro 2006 auf knapp 70 Millionen Euro eingebrochen. Das war in der Tat ein bemerkenswerter Effekt.

(Dietrich Wersich CDU: In der Krise 2009/ 2010, ja, da hatten wir auch eine Krise!)

Ich erkläre es gerade.

Das war ein Effekt, der als Hinweis auf eine ganz schlechte wirtschaftliche Entwicklung gedeutet werden kann. Die Zahlen haben wir Ihnen genannt, schauen Sie dazu noch einmal in die Anfragen: 2006 über 600 Millionen Euro, 2010 rund 70 Millionen Euro. Das ist ein herber Einbruch auf dieser Stufe, und den kann man in der Tat als einen Hinweis auf eine problematische Entwicklung in diesen Jahren interpretieren. Um das aber besser beurteilen zu können, lohnt sich der Blick – Herr Heintze, und das haben Sie getan – auf einen besseren, direkteren Indikator für die Wirtschaftskraft, nämlich das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner. Das ist 2011 und 2012 in Hamburg in gleichem Maße gewachsen wie die gesamtdeutsche Wirtschaft. Nun zitieren Sie hier plötzlich Zahlen von 2013, die außer Ihnen wohl keiner kennt. Ich würde mich stark wundern, wenn 2013 auf einmal ein Einbruch im Bruttoinlandsprodukt in Hamburg verzeichnet worden wäre. Unsere bisherigen Daten zeigen dies nicht.

Deutlich schlechter als die gesamtdeutsche Entwicklung war in der Tat die Entwicklung der Hamburger Wirtschaft in den Jahren 2006 bis 2010. Das lässt sich alles nachlesen in der Anfrage, die wir der FDP-Fraktion beantwortet haben. Nun weiß ich nicht, ob Sie diese Entwicklung 2006 bis 2010 dem damaligen Senat vorwerfen wollen. Ich wäre zurückhaltend, weil man sich klarmachen muss, dass die Senatspolitik die regionalwirtschaftliche Entwicklung mit ihren starken Verflechtungen zur deutschland- und weltweiten Konjunktur nur begrenzt beeinflussen kann, und in diese Jahre fällt auch die Finanz- und Wirtschaftskrise. Aber wenn Sie das dem früheren Senat vorwerfen wollen, dann müssen Sie das unter sich ausmachen.

(Beifall bei der SPD)

Nach unserer Einschätzung – und wir haben uns in der Finanzbehörde durchaus schon Gedanken gemacht, wie unsere Steuerentwicklung in diesen Jahren zu beurteilen ist – hat dies etwas mit der sehr unterschiedlichen Entwicklung einzelner Branchen zu tun. Vor allem die Entwicklung der ertragsabhängigen Steuern in der Mineralöl-, Bankenund Versicherungswirtschaft lässt dies vermuten.

Aber um es für die Aktuelle Stunde zusammenzufassen: Hamburg ist in den Bund-Länder-Finanzbeziehungen kein Nehmer-, sondern das wirt

schaftsstärkste Zahlerland. Die Wirtschaftskraft sinkt auch nicht, sondern sie steigt, und wir sollten uns alle darum kümmern, dass dies auch so bleibt. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Wersich.

(Arno Münster SPD: Da hat er seine Brille abgenommen!)

– Genau, die Brille nehme ich ab. Ich glaube, das ist an der Zeit.

Wenn man sich die guten Entwicklungen in der Stadt anschaut wie beispielsweise im Tourismus, die wir beim ersten Thema der Aktuellen Stunde debattiert haben, dann tut man auch gut daran, ebenso die kritischen Entwicklungen in den Blick zu nehmen. Herr Tschentscher, Sie haben als Finanzsenator mit Schützenhilfe von Herrn Quast noch einmal erklärt, wie der Länderfinanzausgleich funktioniert,

(Wolfgang Rose SPD: Genau!)

aber Sie haben im Grunde genommen wieder nicht erklärt, warum Hamburg zum Nehmerland geworden ist. Aber um diese Sorge geht es. Wenn Hamburg mit einem Wachstum von 1,68 Prozent pro Steuerpflichtigem am Ende aller Bundesländer der Republik liegt, während der Durchschnitt bei 5 Prozent liegt und andere Länder bei 8 Prozent, und wenn wir sehen, dass die Metropolregion Hamburg gegenüber anderen Metropolregionen in Deutschland – Stuttgart, Frankfurt oder Münchener Raum – unterdurchschnittlich wächst, dann ist das ein Grund, genauer hinzuschauen. Wir hatten 2001, als die CDU mit dem Motto "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt" angetreten ist, noch die Situation, dass wir ungläubig belächelt worden sind. Wie kann man so etwas noch machen? Wir kamen aus einer Zeit, in der von der Unregierbarkeit der Städte die Rede war und wie man da Wachstum proklamieren könne. In diesen Jahren bis zur Krise 2009 ist unter diesem Leitmotto aus Hamburg eine Stadt des Booms geworden, nicht nur im Tourismus, sondern auch in vielen anderen Bereichen, weil es eine sehr engagierte Wirtschaftspolitik gegeben hat, die auf die Stärken Hamburgs gesetzt und unsere Metropolfunktion ausgebaut hat.