Protokoll der Sitzung vom 26.02.2014

aber Sie haben im Grunde genommen wieder nicht erklärt, warum Hamburg zum Nehmerland geworden ist. Aber um diese Sorge geht es. Wenn Hamburg mit einem Wachstum von 1,68 Prozent pro Steuerpflichtigem am Ende aller Bundesländer der Republik liegt, während der Durchschnitt bei 5 Prozent liegt und andere Länder bei 8 Prozent, und wenn wir sehen, dass die Metropolregion Hamburg gegenüber anderen Metropolregionen in Deutschland – Stuttgart, Frankfurt oder Münchener Raum – unterdurchschnittlich wächst, dann ist das ein Grund, genauer hinzuschauen. Wir hatten 2001, als die CDU mit dem Motto "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt" angetreten ist, noch die Situation, dass wir ungläubig belächelt worden sind. Wie kann man so etwas noch machen? Wir kamen aus einer Zeit, in der von der Unregierbarkeit der Städte die Rede war und wie man da Wachstum proklamieren könne. In diesen Jahren bis zur Krise 2009 ist unter diesem Leitmotto aus Hamburg eine Stadt des Booms geworden, nicht nur im Tourismus, sondern auch in vielen anderen Bereichen, weil es eine sehr engagierte Wirtschaftspolitik gegeben hat, die auf die Stärken Hamburgs gesetzt und unsere Metropolfunktion ausgebaut hat.

(Beifall bei der CDU)

Das hat der Bürgermeister auch anerkannt. Herr Scholz hat in seiner Übersee-Club-Rede gesagt, die Stadt wachse und wir müssten die Folgen des Wachstums bewältigen. Genau da liegt aus meiner Sicht die Problematik. Die Stadt wird nicht von alleine wachsen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir bauen zum Beispiel die Wohnungen dafür aus!)

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

man muss sich dafür anstrengen. Wachstum kommt nicht von alleine, und deswegen hat Herr Heintze recht, wenn er sagt, wir bräuchten nicht die Verwaltung der Folgen des Wachstums, sondern wir bräuchten die Gestaltung der Stadt, damit Hamburg weiter wächst.

(Beifall bei der CDU)

Herr Tschentscher, dann reicht es nicht, wenn Sie im Vergleich zu Ihrem Vorgänger Wolfgang Peiner uns hier wie ein Amtsleiter erklären, wie der Länderfinanzausgleich funktioniert. Sie sollten mithelfen, diese Stadt zu gestalten, und das bedeutet, dass Sie uns erklären sollen, warum Hamburg relativ absinkt, übrigens nicht seit 2006, sondern in Wahrheit – das ist in Ihrem Redebeitrag auch angeklungen – seit der großen Krise.

Genau das ist doch, was uns beunruhigt: Hamburg ist nicht wie der Rest der Republik nach der Krise stärker als vorher. Diesen Status hat Hamburg noch nicht erreicht, aber genau das muss doch das Bemühen sein. Es geht nicht darum, was wir statt des Hafens machen. Der Hafen ist weiter in der Krise. Es geht um die Frage, was wir zusätzlich machen können, was wir außer und neben dem Hafen noch machen können, damit Hamburg auch in Zukunft eine bedeutende Metropole bleibt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Da ist doch die Analyse völlig richtig. Heute sind hochproduktive Arbeitsplätze nicht mehr dort, wo viele Arbeiter und viele Kaufleute sind, sondern da, wo Wissen ist, wo Innovation ist und wo Wissenschaft ist, und da tritt der Senat mit einer Strategie an, die nichts dafür tut, dass Hamburgs Universitäten endlich aus dem Mittelmaß herauskommen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht! Wir haben es zum ersten Mal abgesi- chert! Was haben Sie denn gemacht?)

Stattdessen wird sogar gekürzt. Die Universitäten bekommen quasi eingefrorene Budgets. Sie sind nicht einmal bereit, den Hamburger Universitäten die Kostensteigerungen zu erstatten. Das ist die sträfliche Vernachlässigung eines der wichtigsten Wachstumsfaktoren für unsere Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Wir müssen heute im Wettbewerb um die besten Köpfe nicht nur eine tolle Stadt sein, weil wir die Alster, die Elbe und so viel Grün haben, sondern wir müssen auch die besten Universitäten mit der besten Forschung, aber auch mit den besten Ausbildungsbedingungen haben.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber die schlechteste Opposition, das sind Sie!)

Da brauchen wir mehr Engagement, denn sonst schläft diese Stadt wieder ein, und dann ist Schluss mit der Wachsenden Stadt.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Wir sind alle zusammen dringend aufgefordert, gemeinsam darüber nachzudenken, was diese Stadt stark macht, wo die Potenziale für die Zukunft liegen und wo diese Stadt Lösungen für andere große Städte anbietet. Wir wollen nicht die Stadt sein, die 2020 emissionsfreie Busse kauft,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wieso eigentlich nicht? – Zurufe von der SPD: Doch, doch!)

wir wollen die Stadt sein, in der emissionsfreie Busse entwickelt werden, wo das erforscht wird und wo diese Produkte an den Markt gehen. Das muss unser Ehrgeiz sein.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Herr Quast hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, welchen Applaus Sie eben dafür bekommen haben, Herr Wersich, dass Sie eigentlich nur Fragen gestellt haben,

(Birgit Stöver CDU: Aber berechtigte Fra- gen!)

aber was Ihnen eigentlich als Opposition auferlegt ist, einmal Antworten zu geben, das haben Sie immer noch nicht getan.

(Beifall bei der SPD)

Sie klagen und jammern, aber wo Sie hinwollen, das verschweigen Sie uns.

(Robert Heinemann CDU: Sie müssen mal zuhören, er hat es genau gesagt! Aber nicht mal das können Sie!)

Deswegen sage ich Ihnen einmal, wo wir hinwollen. Wir bringen diese Stadt voran, wir machen nicht nur Pläne, sondern wir schaffen Fakten. Es geht um die Energiewende, in die wir viel Geld investieren; gestern ist ein Energie-Campus in Bergedorf eröffnet worden. Wir investieren in den Wohnungsbau, und der Wohnungsbau in Hamburg boomt. Das sind alles Dinge, die Sie haben liegen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Wir investieren in die Bildung und damit in die Zukunft dieser Stadt, in die Zukunft der Kinder dieser Stadt, damit wir auch in der Clusterpolitik – dazu haben Sie sicherlich in Ihrer Regierungszeit auch beigetragen – Fachkräfte für die verschiedenen Cluster haben, die für diese Stadt wichtig sind, und in den Clusterbereichen Energiewende, Gesundheitswirtschaft und Flugzeugbau vorankommen. Das sind alles Dinge, die in dieser Stadt jeden Tag konkret von diesem Senat betrieben werden und wozu Sie uns hier nur Fragen stellen, ohne selbst

(Dietrich Wersich)

zu sagen, wo Sie hinwollen. Herr Wersich, das ist zu wenig.

(Beifall bei der SPD)

Die ewige Position der GRÜNEN – neuerdings auch von Ihnen, Herr Wersich –, über den Hafen herzuziehen und ihn schlechtzureden,

(Jens Kerstan GRÜNE: Der Hafen ist in ei- ner Krise!)

teile ich nicht. Der Hafen gehört zu Hamburg, er ist ein wichtiger Teil der Wirtschaftskraft in Hamburg und in der Region, und wir werden weiter in den Hafen und die Wirtschaft rund um den Hafen investieren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kerstan hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat ist Hamburg eine Handelsstadt, eine Hafenstadt und sie hat sich auch immer so definiert. Vieles, was es in dieser Stadt gibt, gäbe es ohne den Hafen nicht, aber eine andere Wahrheit ist auch, dass Hamburg nie ausschließlich auf den Hafen gesetzt hat,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Auch jetzt nicht!)

sondern immer auch auf andere Dinge. Wir stellen seit vielen Jahren fest, dass der Hafen in einer Krise ist, und die reden nicht wir GRÜNE herbei. Das alte Geschäftsmodell, Rotterdam beim Containerumschlag überholen zu wollen, ist vorbei und wird auch nicht wiederkommen. Daran wird auch eine weitere Elbvertiefung nichts ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind bei Ihnen, dass der Hafen wichtig ist und man nicht einfach zugucken darf, aber dann muss man doch aktiv daran arbeiten, was jetzt aus dem Hafen werden soll.

(Hansjörg Schmidt SPD: Unsinn!)

Da reicht es einfach nicht zu behaupten, Sie seien der hafenfreundlichste Senat seit dem Zweiten Weltkrieg. Dann müssen Sie jetzt neue Konzepte vorlegen und vielleicht auch einmal etwas im Hinblick auf das Thema Schiffsfinanzierung unternehmen. Der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank kündigt alle paar Monate an, die Bank werde wegen der Schifffahrtskrise Staatsgarantien in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro zusätzlich in Anspruch nehmen müssen. Wenn Sie da keine Antworten finden und noch nicht einmal das Engagement zeigen, dort etwas zu tun, dann wird es ein böses Erwachen in dieser Stadt geben, und das ist unser Vorwurf. Es ist nicht so, dass wir den Hafen nicht ernst nehmen, aber wenn Sie sagen, das sei

der einzige wichtige Bereich, dann sollten Sie in dem Bereich auch endlich einmal etwas vorlegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und wenn Sie das in dem Bereich nicht tun, dann sollten Sie wenigstens darüber reden, was in anderen Bereichen passieren sollte. Es ist richtig, dass Menschen, die nach Hamburg kommen, Wohnungen brauchen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, und wir bau- en sie!)