Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag der Großen Koalition unmissverständlich festgeschrieben, dass diese strengen Grundsätze für die Genehmigungspraxis der Bundesregierung wieder real verbindlich werden. Konkret bedeutet das, dass Waffenexporte in Länder und Regionen, in denen Menschenrechtsverletzungen oder Bürgerkriege herrschen, nicht infrage kommen.
Es gibt jedoch neben der Frage der Genehmigungskriterien ein weiteres Problem, und das ist die Kontrolle darüber, wo die Waffen am Ende tatsächlich hingelangen und wie sie dort möglicherweise zum Einsatz kommen. Der Dokumentarfilm "Waffen für die Welt" in der ARD hat darauf erst vorgestern Abend deutlich hingewiesen. Deshalb ist Helmut Schmidt ein drittes Mal recht zu geben: Gerade die sogenannten Kleinwaffen drohen – das ist eben schon erwähnt worden – aufgrund ihrer schieren Menge heute tatsächlich Massenvernichtungswaffen zu werden. Deshalb müssen Wege gefunden werden, ihren Endverbleib schärfer zu kontrollieren. Wenn sich namhafte deutsche Rüstungsunternehmen Verstöße gegen klare Begrenzungen in Genehmigungen zuschulden kommen lassen, dann darf es keine Ausreden geben,
Dabei ist es in der Tat wichtig, die Rüstungsexporte raus aus der Dunkelheit und stärker ins Licht der Öffentlichkeit zu holen. Aber auch das haben wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben: mehr Transparenz durch schnelle und regelmäßige Berichterstattung gegenüber dem Bundestag.
Ich will abschließend noch eine Anmerkung zu der eingangs erwähnten Initiative einiger prominenter Hamburger machen, die den Hamburger Hafen als Umschlagplatz in den Fokus nimmt. Ich bin durchaus ein Anhänger politischer Symbolik und gelegentlich auch symbolischer Politik, nämlich immer dann, wenn sich durch symbolische Handlungen faktische Veränderungen bewirken oder zumindest voranbringen lassen. Aber wenn es unser gemeinsames Ziel ist, Rüstungsexporte zu begrenzen und ihre Genehmigung an klare Kriterien zu binden, dann reicht es nicht, wenn der Transport von Waffen mit erteilter Ausfuhrgenehmigung von einem Hafen in den nächsten deutschen oder europäischen Hafen verschoben wird. Von daher muss es bei dieser Frage um die Rahmenbedingungen auf Bundesebene und auf europäischer Ebene gehen. Das ist auch die Stoßrichtung im Antrag der GRÜNEN.
Deswegen ist es gut, dass wir die Debatte am heutigen Tag mit diesem symbolischen Datum auf den Weg bringen, und wir freuen uns auf die sachliche Diskussion im Ausschuss. – Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD und bei Dr. Stefanie von Berg, Katharina Fegebank und Farid Müller, alle GRÜNE)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Rose hat bereits den Artikel 26 Absatz 2 unseres Grundgesetzes zitiert. Er endet, wie Herr Rose ausgeführt hat: "Das Nähere regelt ein Bundesgesetz." Damit ist die Bürgerschaft gar nicht zuständig bei Fragen der Rüstungspolitik.
Nun haben es die GRÜNEN natürlich ganz geschickt angestellt und gehen über die Aufforderung an den Senat, eine Bundesratsinitiative vorzubereiten. Freilich ist das nicht der erste Antrag dieser Art und es wird sicherlich auch nicht der letzte Antrag sein, bei dem sich die Bürgerschaft mit Belangen beschäftigt, die eigentlich dem Bundesgesetzgeber zugewiesen sind. Doch wir sollten dieses Instrument mit Bedacht wählen, nämlich dann, wenn es gilt, im Bund spezifische Hamburger Interessen einzubringen, und nicht, wenn sich einige Bürger
Aus gutem Grund ist unsere Bundesrepublik nicht nur mit einer horizontalen, sondern eben auch mit einer föderalen Gewaltenteilung ausgestattet. Diesen Grundsatz sollten wir nicht ohne Not durch die Hintertür umgehen.
Nun werden Sie natürlich auf Ihre drei Sätze in der Antragsbegründung verweisen, wonach Hamburg unmittelbar von Rüstungsexporten profitiert. Entschuldigen Sie, liebe Kollegen der GRÜNEN – auch Frau Schneider hat eben entsprechende Argumente ausgeführt –, aber diese moralgeschwängerte Alibirhetorik kann man wohl kaum durchgehen lassen. Eine Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes und des Kriegswaffengesetzes ist mitnichten ein spezifisches Interesse der Hansestadt. Daher ist sowohl der Antrag der GRÜNEN als auch der Zusatzantrag der Links-Fraktion bereits aus formellen Gründen abzulehnen.
In der Sache darf ich darauf verweisen – Herr Rose hat das bereits getan –, dass Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag künftig über ihre Genehmigungsentscheidungen im Bundessicherheitsrat unverzüglich unterrichten wird. Durch frühzeitige Vorlage des jährlichen Rüstungsexportberichts und die Herausgabe eines zusätzlichen Zwischenberichts soll die Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit verbessert werden. Sie sehen also, in Berlin ist man nicht untätig. Daher sollten wir uns nun wieder unseren wichtigen landespolitischen Aufgaben zuwenden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, wir sind gut in die Debatte eingestiegen. Ich finde es wichtig, dass wir uns auch als Hamburger Landesparlament mit der Frage Waffenhandel und Rüstungsexporte beschäftigen, und muss sagen, Herr Stemmann, Ihr Beitrag macht mich wirklich sprachlos.
Er macht mich sprachlos, weil Sie damit eigentlich gesagt haben, Waffenexporte gingen das Hamburger Landesparlament und die Menschen der Initiativen aus dem bürgerschaftlichen oder menschenrechtlichen Umfeld nichts an. Das finde ich nicht richtig, denn wir tragen natürlich eine Verantwortung. Frau Schneider hat vorhin sehr eindrücklich Zahlen genannt, die Deutschland als drittgrößten
Exporteur von Waffensystemen, militärischem Großgerät, aber auch von Kleinwaffen ausweisen – zu zwei Dritteln übrigens außerhalb unserer Bündnispartner und außerhalb der EU. Sie hat aber auch sehr deutlich gemacht, dass Hamburg eine besondere Verantwortung hat, weil der Hamburger Hafen Dreh- und Angelpunkt des deutschen Exports ist. Sich hier wegzudrehen und das mit einigen technischen Finessen, wer denn eigentlich wo in der Zuständigkeit liegt, abzutun, wird der Sache nicht gerecht und zeigt, dass Sie von dem Thema nichts verstanden und auch die Symbolkraft des heutigen Tages überhaupt nicht verinnerlicht haben, lieber Herr Stemmann.
Das sage ich nicht nur, weil ich den Hamburger Hafen sehe, sondern auch – und damit haben wir uns in den letzten Wochen und Monaten immer wieder beschäftigt –, weil wir tagtäglich mit eigenen Augen und vor unserer eigenen Haustür die Auswirkungen von kriegerischen Auseinandersetzungen, von Folter und Tod, von Vertreibung und Flucht erleben. Wenn dann noch jemand sagt, wir hätten hier keine Verantwortung, uns mit dieser Frage auseinanderzusetzen, dann ist das unverständlich. Ich sage nicht, dass die Antworten leicht sind. Wir sind auch mit der LINKEN nicht in allen Punkten einer Meinung – Frau Schneider hat es schon gesagt, ihr Antrag ist sicherlich weitergehender –, weil wir nicht sehen, dass man bei jeder Frage zu einem vollständigen Stopp kommen kann. Aber die Debatte darüber, welche Chancen und Möglichkeiten wir nicht nur hier im Landesparlament haben, sondern was wir auch der Bundesregierung mit auf den Weg geben können, ist eine ganz entscheidende.
Und da greife ich die Worte von Herrn Rose auf. Es ist immer galant, Herrn Schmidt zu zitieren. Er wird auch in dem Aufruf der Initiative "Hamburger Bündnis gegen Waffenexporte" zitiert. Ich möchte mich auf zwei andere, in heutiger Zeit nicht ganz unbedeutende Sozialdemokraten beziehen. Vor gar nicht langer Zeit hat Sigmar Gabriel gefordert – das war noch an die Adresse der schwarz-gelben Vorgängerregierung gerichtet –, die Ausfuhrgenehmigung von Panzern nach Saudi-Arabien entweder zurückzuziehen oder, falls die Entscheidung darüber noch nicht endgültig getroffen worden sei, sie nicht zu erteilen. Das war Sigmar Gabriel. Herr Oppermann hat noch im Februar 2013, als es auch um Saudi-Arabien ging, Schwarz-Gelb massiv angegriffen. Er sprach von totalem Hochrüsten, von einer Irrfahrt und davon, dass aus öffentlichen Protesten gegen Waffenlieferungen in dieses Land nichts gelernt worden sei. Das war die SPD vor der Wahl. Jetzt als Koalitionspartner mit an der Regierung – deswegen auch unser Antrag an die SPD hier, die Verantwortlichen in Berlin zu treiben – hat die SPD vor einigen Tagen angekün
digt, Hermes-Bürgschaften für Patrouillenboote zuzustimmen, die nach Saudi-Arabien gehen sollen. Das widerspricht ein wenig dem, was Sie gerade etwas wohlfeil dargestellt haben, Herr Rose. Auch die SPD in Hamburg trägt eine Verantwortung dafür, wie die SPD in einer Großen Koalition in Berlin entscheidet.
Ich will klar sagen, dass wir Rüstungsexporte in Krisenregionen und Waffenexporte an Diktaturen ablehnen und deshalb die SPD auffordern, mit einer Bundesratsinitiative für mehr Transparenz und vor allem für bessere Kontrollen zu sorgen. Unserer Meinung nach sind Kontrollen ein Hebel, den ungesteuerten und nicht nachvollziehbaren Waffenlieferungen in alle Welt Einhalt zu gebieten oder sie zumindest zu reduzieren. Der Bundessicherheitsrat tagt hinter verschlossenen Türen. Parlamentarier und Öffentlichkeit sollten zumindest darüber informiert werden, wohin und in welcher Menge welche Waffen geliefert werden. Wir brauchen eine bessere parlamentarische Kontrolle.
Ich glaube auch, dass die Frage der Rüstungsexporte nicht unbedingt gut im Wirtschaftsministerium aufgehoben ist. Da liegt der Verdacht immer nahe, dass industriepolitische Fragen und Interessen vielleicht vor friedens- und entwicklungspolitischen stehen könnten.
Ein weiterer Punkt – das haben wir beispielsweise gesehen, als es um den Arabischen Frühling ging –: Wir wollen, dass neben konventionellen Rüstungsgütern auch der Export von Überwachungssoftware kontrolliert wird. Das sind nur einige der Punkte, die wir der SPD mit auf den Weg geben wollen.
Wir werden uns sicherlich mit Teilen des Hauses streiten, in die eine wie in die andere Richtung – mit der LINKEN über den vollständigen Exportstopp unterschiedlicher Waffen, weil wir durchaus an die Kraft von Bündnispartnern und an die EU als Abrüstungsmechanismus und gegenseitigen Kontrollmechanismus glauben.
Ich finde es ausdrücklich gut, dass beide Anträge an den Ausschuss überwiesen werden und wir auf diese Weise Gelegenheit haben, uns mit dieser komplexen, wichtigen Materie, in der Hamburg natürlich eine Verantwortung trägt, auseinanderzusetzen. Wir können in Hamburg vorangehen und, ähnlich wie wir es in anderen Politikfeldern tun, in denen Hamburg gern Vorreiter ist – wir hatten heute einige schöne Debatten zur Wirtschaftskraft und zum Tourismus –, auch in diesem Bereich, in dem es um nicht mehr oder weniger als um Krieg und Frieden geht, ein starkes Signal senden, Rüstungsexporte drastisch einzuschränken und Rüstungsexporte in Krisenländer und Diktaturen vollständig zu stoppen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich gebe offen zu, es ging mir anfänglich ähnlich wie dem Kollegen Stemmann. Ich habe mir angesichts des Antrags schon die Frage gestellt, ob das eigentlich ein sinnvolles Thema, ein sinnvoller Debatten- und Beschlussgegenstand für die Bürgerschaft ist. Das ist ein bundesrechtlich geregeltes Thema, das wissen wir alle. Aber im Ergebnis muss ich sagen, es ist ein geeigneter Debattenund Beschlussgegenstand für die Bürgerschaft, und ich will auch begründen, warum.
Die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN begründen ihre Initiative damit, dass Hamburg eine besondere Verantwortung für deutsche Rüstungsexporte habe, denn die Stadt profitiere schließlich von rund 1000 Containern jährlich mit Rüstungsgütern, namentlich mit Munition, die im Hafen umgeschlagen werden. Offen gesagt, diesen Begründungszusammenhang halte ich für etwas schlicht; ich glaube, dazu hat der Kollege Rose einiges Richtige gesagt. Aber dennoch, das Thema an sich ist wichtig, und wir meinen, das Anliegen, das mit dem vorliegenden Antrag der GRÜNEN verfolgt wird, ist ein richtiges.
Während wir Deutsche in einem vereinten Europa seit nunmehr drei Generationen in Frieden und Wohlstand leben, genießen viele Millionen Menschen in anderen Ländern diese Privilegien nicht. Hunger, Armut und bewaffnete Konflikte zählen zum Alltag dieser Menschen, dies trifft insbesondere auf viele Länder in Afrika zu. An anderen Orten in der Welt ist zwar der materielle Wohlstand gesichert, aber wichtige Menschenrechte wie die Meinungsfreiheit oder die Demonstrationsfreiheit werden von autoritären Regimen mit Füßen getreten. In all diesen Staaten spielt der Einsatz von Waffen eine ganz zentrale Rolle, und häufig genug – meiner Auffassung nach zu häufig – kommen diese Waffen aus Deutschland. Abrüstung und Rüstungskontrolle ist daher ein wichtiger Punkt, der alle politischen Kräfte angeht, und das auch an allen Orten.
Das geht über alle politischen Parteigrenzen hinweg, und dies gilt insbesondere deshalb – da schließe ich meine eigene Partei ausdrücklich ein –, weil niemand von uns behaupten kann, unbeteiligt gewesen zu sein. Ich will hierzu einige Fakten nennen.
Erstens: Erst unter der rot-grünen Bundesregierung von Gerhard Schröder und Joschka Fischer ist Deutschland zu einem Rüstungsgroßexporteur geworden.
Schon im ersten rot-grünen Regierungsjahr 1999 verdoppelten sich die Rüstungsexporte. In die rotgrüne Regierungszeit fallen umfangreiche und auch spektakuläre Lieferungen an sogenannte Drittstaaten, also solche Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union oder der NATO sind. Ich erinnere zum Beispiel an die Lieferung von Testpanzern des Typs Leopard 2 an die Türkei oder die Lieferung erheblicher Mengen Kleinwaffen.
Das macht jetzt keinen gravierenden Unterschied. Sie haben recht, aber ich finde, das macht die Sache nicht unbedingt besser, Frau Kollegin Schneider.
Zweitens: Der vorliegende Antrag weist ein wenig darauf hin, dass die GRÜNEN scheinbar aus ihren Fehlern lernen wollen,