Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

(Finn-Ole Ritter FDP: Das glaube ich eher nicht!)

die in der Regel sehr schwierig sind und uns menschlich immer auch betreffen, mitnehmen und berühren. Das ist ein Aspekt, den, glaube ich, kein Kommissionsmitglied leicht verarbeitet und etwas, was letztlich niemand fürchterlich gern macht. Aber es sind doch Überlegungen, die nichts mit großer Fachkompetenz zu tun haben. Wir wollen doch keine Diskussion mit der obersten Landesbehörde, mit dem Innensenator oder sonst jemandem über irgendwelche Rechtsfragen und Auslegungen des Ausländerrechts führen. Das passt doch gar nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und den GRÜNEN und Beifall bei der SPD)

Sie haben sich in anderen Bundesländern umgeschaut und gesehen, dort macht man das so. Ich denke, unsere Erfahrungen sind hier besser. Das zeigt letztlich auch der Zusatzantrag deutlich. Die Innenbehörde war so freundlich, der SPD einen guten Zusatzantrag zu schreiben. Wir sollten uns entsprechend auch bei der Innenbehörde bedanken.

(Beifall bei der CDU)

Die stellt das alles völlig korrekt dar. Sie stellt auch dar, dass das Gesetz, das wir vor zehn Jahren als CDU-Faktion mit unserer absoluten Mehrheit …

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das war früher bei euch so!)

Mehrheiten sind eben vergänglich. Wir sehen Regierungen kommen und gehen, Verwaltungen bleiben bestehen.

Das Gesetz haben wir. Die Regierung hat gewechselt, die jetzige Regierung will es aber beibehalten, und es ist doch auch richtig.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ihr habt nicht al- les schlecht gemacht!)

Sie konzedieren damit indirekt, dass das, was wir damals gemacht haben, richtig war und ist.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Nur an dieser Stel- le! Ausnahmen bestätigen die Regel!)

Der Kollege Ritter hat auch gesagt, was Sie damals wollten, sei falsch gewesen. Wir haben verstanden und nehmen das gern zur Kenntnis. Wir sehen keinen Grund, dem FDP-Antrag zu folgen. Wir folgen weiterhin dem Bewährten und Guten und werden entsprechend abstimmen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Frau Möller hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie mögen sich vielleicht darüber wundern, aber mir als vierter Rednerin zu diesem Thema fällt noch eine andere Sichtweise auf die Aufgaben und Auswirkungen unserer Arbeit in der Härtefallkommission ein. Vielleicht ist das etwas, was ich der SPD zur Kenntnis geben möchte. Es wäre wichtig, diesen Antrag im Ausschuss zu diskutieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP und der LINKEN)

Wir brauchen tatsächlich mehr als eine Debatte mit unseren jeweiligen Beiträgen, auch wenn es eine zweite Runde geben sollte, um eine Bewertung unserer Arbeit leisten können. Das kann man an verschiedenen Beispielen kurz und klar deutlich machen. Der Paragraf 23a, also der Paragraf, der die Härtefallkommission ermöglicht, ist eingerichtet worden, weil den Gesetzgebenden klar war, dass einige Fälle durch andere Paragrafen nicht erfasst werden. Es geht allein um die persönliche Härte, die eine bestimmte ausländerbehördliche Entscheidung für eine Person oder eine Familie bedeuten würde. Unsere Aufgabe in der Härtefallkommission liegt schlicht und einfach darin, die Personen "anzuhören" und die persönliche Härte zu bewerten. Dazu muss man nicht ausländerrechtlichen Sachverstand haben, das ist richtig. Dafür muss man sicher viel Menschenverstand haben, viel Lebenserfahrung, dafür muss man aber auch möglichst frei von politischen Entscheidungszwängen sein.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Es ist nicht umsonst so, dass wir das einzige Bundesland sind, dessen Härtefallkommission rein aus Parlamentarierinnen und Parlamentariern zusammengesetzt ist und die Pflicht zur Einstimmigkeit hat. Das hat schon seine Gründe. Die CDU hat das 2005 mit ihrer absoluten Mehrheit durchgesetzt. Sie haben gesagt, Schwarz-Grün konnte es nicht ändern. Es ist immer wieder interessant, wenn man als kleinerer Koalitionspartner dafür noch einmal sozusagen eins gewischt bekommt. Aber es ist doch klar, das sehen wir nun auch wieder in dieser Debatte, dass für die großen Fraktionen eine Änderung nicht von Interesse ist. In anderen Landtagen gab es ebenso heftige Diskussionen um die Frage, wie die Härtefallkommission denn eigentlich zusammengesetzt werden soll.

(Arno Münster SPD: Schlechter!)

Nicht schlechter, Herr Münster, sondern sehr viel objektiver und sehr viel transparenter und sehr viel nachvollziehbarer in den Entscheidungen.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP und der LINKEN – Sören Schumacher SPD: Das be- haupten Sie!)

Das ist der Teil des FDP-Antrags, den wir als Fraktion unterstützen wollen würden. Das Zweite ist natürlich die Notwendigkeit der Einstimmigkeit. Auch das gibt es in keinem anderen Bundesland, und auch das erschwert tatsächlich die Entscheidungen, die sich lediglich, ich sage es noch einmal, an der persönlichen Härte orientieren sollen, an der persönlichen Betroffenheit durch ausländerrechtliche und ausländerbehördliche Entscheidungen derjenigen Personen, die sich mit einer Eingabe oder mit einer Petition an die Härtefallkommission wenden.

Wenn wir sagen, dass bei uns gut zusammengearbeitet wird, dann stimmt das. Wir haben uns dort bequem eingerichtet, deswegen aber ist doch die Zusammensetzung nicht sakrosankt. Wir müssen uns doch immer wieder darüber im Klaren werden, was es bedeutet, wenn wir zum Beispiel keinen direkten Zugang zur Härtefallkommission ermöglichen. Was bedeutet es denn, wenn wir Gruppen, die sich in dieser Gesellschaft an anderer Stelle für Flüchtlinge einsetzen, wie Wohlfahrtsverbände, christliche Gemeinschaften oder auch die Schura, außen vor lassen, wo es doch jeweils um die Härte geht?

Diese beiden Teile des FDP-Antrags sind also gut, aber in Wirklichkeit ist er natürlich eine Mogelpackung, weil er die Zugangsmöglichkeiten zur Härtefallkommission für die betroffenen Personen massiv erschwert.

(Finn-Ole Ritter FDP: Stimmt nicht!)

Das stimmt sehr wohl.

Schauen Sie sich die vielen Fälle an, die wir hatten, in denen die Menschen nach einem abgelehnten Asylverfahren – sie haben geklagt, sie haben die Klage verloren – zu uns in die Härtefallkommission gekommen sind. Auch nach vielleicht zehn Jahren Rechtsverfahren zum Asylantrag geht es um die persönliche Härte und natürlich um Humanität. Die Menschen sind hier verwurzelt. Das Gleiche gilt bei der Vortäuschung von Identitäten. Sie, Herr Ritter, wissen – das ist sozusagen eine Standardformel der Ausländerbehörde –, dass hinter der aus rechtlicher Sicht Täuschung von Identitäten sehr oft ein Schicksal steht, das wir an vielen Stellen auch schon zugunsten der Petenten und Petentinnen berücksichtigt haben. Aber genau diese Gruppe von Menschen schließen Sie aus.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das haben wir berück- sichtigt! Die schließen wir nicht aus!)

(Jörg Hamann)

Das steht explizit in Ihrem Antrag. Sie schließen sie aus.

Deswegen nennen wir das eine Mogelpackung. Dem kann man so nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie entwickeln einen künstlichen Entscheidungskatalog, der völlig unnötig ist. Ich will noch einen Satz zitieren. Im SPD-Antrag – ich bin übrigens auch der Meinung, dass es ein Papier der Innenbehörde ist – steht:

(Hildegard Jürgens SPD: Wir sind schon groß! – Sören Schumacher SPD: Das ist frech!)

"Entscheidendes Kriterium hierfür [die jetzige Ausgestaltung] ist die Feststellung, dass das gegenwärtige Verfahren den Interessen der Betroffenen in angemessener Weise Rechnung trägt."

Ich stelle schlicht und einfach die Frage: Wer von Ihnen hat denn die Betroffenen gefragt?

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Aus wessen Blickwinkel wird diese Feststellung getroffen? Ich werbe noch einmal dafür, im Innenausschuss weiter darüber zu diskutieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Schneider hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor fast neun Jahren trat das Hamburger Härtefallkommissionsgesetz in Kraft. Die damalige CDU-Mehrheit setzte gegen die Opposition und gegen die Meinung von Fachleuten, zum Beispiel aus der evangelischen Kirche, eine Struktur durch, die sich grundsätzlich von der Struktur in den anderen Bundesländern unterschied. Anders als in anderen Bundesländern sollten nicht Wohlfahrtsverbände, religiöse Gemeinschaften, Migrationsverbände, Menschenrechtsorganisationen und Ähnliche Mitglieder in die Härtefallkommission entsenden, also Menschen, die auf der Grundlage von Fachwissen und Praxis, ihrer eigenen tagtäglichen Praxis, die humanitäre Situation von Menschen prüfen und über sie entscheiden. Nein, in Hamburg sollten Abgeordnete die Härtefallkommission bilden. Und anders als anderswo, wo Entscheidungen über ein Ersuchen mit Mehrheiten getroffen werden – das ist mehrfach gesagt worden –, sollte in Hamburg das Prinzip der Einstimmigkeit herrschen. Eine einzige Nein-Stimme verhindert, dass ein Ersuchen zustande kommt. Insofern begrüßen wir, dass die FDP einen Anlauf genommen hat, den Hamburger Sonderweg zu beenden und die Härtefallkommission in eine parlamentsexterne, in eine gesellschaftliche Ein

richtung umzuwandeln. Wir halten jedoch, ähnlich wie die GRÜNEN, den Gesetzentwurf – vielleicht nicht ganz in der Härte, aber trotzdem in Teilen – für problematisch. Wir kritisieren verschiedene Bestimmungen – ich wiederhole nicht, was Frau Möller bereits gesagt hat – und plädieren deshalb unbedingt für eine Überweisung. Nun hat die SPD oder die Behörde, wer auch immer, einen Zusatzantrag eingebracht.

(Beifall bei der LINKEN)

- Die SPD hat den Antrag eingebracht, wer es geschrieben hat, wissen wir nicht genau.

(Ksenija Bekeris SPD: Frau Schneider! – Ar- no Münster SPD: Wer schreibt denn Ihre An- träge immer?)

Sie hält an dem von ihr seinerzeit bekämpften und bundesweit einzigartigen Härtefallkommissionsmodell fest.

(Zuruf von Arno Münster SPD)

- Wenn Sie sich beruhigen, dann rede ich weiter.

(Glocke)