Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gar nicht vor, mich zu der Debatte zu äußern, aber wenn man Herrn Kerstan nun dreimal anhören muss – ein GRÜNER in Reinkultur, der uns immer wieder demonstriert, wie es nicht geht –, dann habe ich doch das Bedürfnis, hierzu Stellung zu nehmen.
Herr Kerstan, als ich 1984 in Münster studierte, gab es auch die Grünen. Wir hatten dort Diskussionen über Straßenprojekte. Dann kam jemand von den Grünen und sagte, pass einmal auf, das muss so und so sein. Dann sagten sämtliche Fachleute im Stadtrat von Münster, das gehe aber technisch nicht. Die Antwort des Grünen: Ich will es aber trotzdem. Das ist eine Art und Weise, wie man Politik nicht machen kann.
Sie verbreiten Parolen und bauen Feindbilder auf. Gerade eben habe ich wieder gehört, Vattenfall wolle die Kunden auspressen. Was haben Sie denn für ein verkrampftes Verhältnis zum Bemühen von Unternehmen, Gewinn zu machen? Voriges Jahr hatten wir die Autos, die sind bei Ihnen auch böse, und der Fleischverzehr ebenso. Solche simplen Parolen können doch nicht Basis von politischer Argumentation sein und schon gar nicht dann, wenn man ernst genommen werden will und das umsetzen will. So geht es nicht.
Ihr Problem bei diesem Volksentscheid ist doch, dass Sie mit ähnlichen Parolen gerade eben eine Mehrheit zusammenpolemisiert haben, und nun stehen Sie vor der großen Frage, wie es umgesetzt werden soll. Ich bin der Letzte, der der Meinung ist, die SPD und der Senat hätten im Bereich Netze alles richtig gemacht. Die 25,1 Prozent sehe ich immer noch als einen Fehler. Aber jetzt anzukommen und den Senat unter Druck zu setzen, weil der Verhandlungspartner weiß, dass sie nun etwas machen und wirklich kaufen müssen, und dann zu beklagen, dass die Konditionen nicht perfekt seien, ist erstens unseriös und zeigt zweitens, dass Sie keine Ahnung vom normalen Wirtschaftsleben haben.
Herr Kerstan, seien Sie jetzt einfach brav. Wenn der Fall eintreten sollte, dann können Sie noch einmal darüber nachdenken. Wer selbst zwei Monate lang eigentlich zufrieden ist und den Senat belobigt für das, was er gemacht hat, nun aber nach längerer Zeit den Vertrag einmal sorgfältig gelesen hat und feststellt, da könnte vielleicht ein Problem enthalten sein – entschuldigen Sie, Herr Kerstan –, der macht sich einfach lächerlich. Vergessen Sie diese Debatte, lassen Sie den Senat arbeiten bei allen Mängeln, die er gemacht hat, und uns nicht auf Parolen vertrauen. Nächstes Mal lassen Sie die Parolen weg und machen eine sachgebotene Politik. Dann würden die Netze nicht für teures Geld gekauft werden müssen, was Sie verursacht haben. Beklagen Sie sich nicht über Fehler, die Sie selbst ausgelöst haben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu einzelnen Punkten will ich noch kurz etwas sagen. Frau Heyenn hat es vorhin erwähnt. In Artikel 50 Absatz 4a unserer Verfassung steht – ich schaue noch einmal nach, denn es ist immer gut, wenn man den Wortlaut unserer Verfassung im Kopf hat –:
Der Volksentscheid gilt, Punkt. Wir brauchen kein Ausführungsgesetz dafür, dass wir die Fernwärme rekommunalisieren, sondern er gilt kraft Verfassung unmittelbar jetzt, für die nächsten Senate und für die übernächsten – Punkt, aus, Ende.
Ich bin recht dankbar, dass der Kollege Kersten sich ein paarmal gemeldet hat, um deutlich zu machen, um was es ihm eigentlich geht.
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Heyenn?
tion gibt, dass die angemeldet werden kann, diese Option aber nicht umgesetzt werden muss. Ich hätte gern gewusst, warum das im Vertrag steht, wenn alles so klar ist. Das könnte man doch streichen beziehungsweise ganz klar sagen, dass auf jeden Fall rekommunalisiert wird.
Das hochrangigste, was wir in Hamburg nun einmal haben, ist unsere Verfassung. Der Senator hat ganz klar gesagt, dass der Senat fest entschlossen ist, die Option zu ziehen. Wir haben es als Regierungsfraktion gesagt, und die Verfassung hat es eindeutig festgeschrieben. Mehr Klarheit muss man nicht herstellen; das müsste Ihnen eigentlich auch reichen.
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Dr. Dressel, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Herrn Wersich?
Eigentlich wollte ich auf den Kollegen Kerstan eingehen, aber gern auch Kollege Wersich. Bitte schön.
Mich interessiert einfach, Herr Kollege Dressel, seit wann Ihnen denn klar ist, dass dieser Volksentscheid so klar formuliert ist, dass sich alle Folgen, so wie Sie sie gerade genannt haben, zwangsläufig daraus ergeben. Zumindest bis zum Abstimmungstag des Volksentscheids habe ich Sie noch mit einer großen Karte gesehen, die besagte, wie unklar dieser Volksentscheid sei und wie unklar die Bestimmungen sind. Deshalb würde mich interessieren, wann Ihnen bewusst geworden ist, dass dieser Volksentscheid eine ganz klare Regel zur Umsetzung enthalten hat.
Dr. Andreas Dressel SPD (fortfahrend) : Der Volksentscheid ist in der Tat an nicht allen Stellen klar formuliert, trotzdem bindet er uns auch an den unklaren Stellen.
Das ist, glaube ich, was CDU und FDP die ganzen Debatten über hier schon deutlich gemacht haben, dass sie meinen …
CDU und FDP meinen, mit formalen Sachen diesen Volksentscheid erledigen zu können nach dem Motto, man bewirbt sich mal, und wenn man verliert, hat die Initiative Pech gehabt. Herr Scheuerl hat, obwohl er nicht mehr Mitglied der CDU-Fraktion ist, die Stimmungslage bei CDU und FDP relativ gut wiedergegeben. Man bewirbt sich, dann verliert man halt, und dann hat die Initiative Pech gehabt. Dieses Verständnis des Volksentscheids teilen wir als Sozialdemokraten nicht.
Das ist auch der Punkt, bei dem wir etwas verstimmt sind in Richtung der GRÜNEN. Wir teilen dieses Verständnis von CDU und FDP ausdrücklich nicht, man könne den Volksentscheid mit einer Bewerbung erledigen, dann habe man das Nötige getan, dann verliere man halt und dann laufe der Volksentscheid eben ins Leere. Gerade das wollen wir nicht, sondern wir bemühen uns Punkt für Punkt darum und werden das realisieren. Das muss funktionieren. Das Problem ist, dass die GRÜNEN am Ende immer in Schönheit sterben wollen. Sie machen tolle Konzepte, Hochglanzprojekte, die in der Umsetzung aber nicht klappen.
(Beifall bei der SPD und bei Katja Suding FDP und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos – Jens Kerstan GRÜNE: Genau wie bei der U-Bahn!)
Ich war für die Hinweise des Kollegen Kerstan sehr dankbar, der sich vorgestellt hat, man könne die Fernwärme zum Schnäppchenpreis bekommen. Ich weiß zwar nicht genau wie, denn wenn man es zum Schnäppchenpreis hätte bekommen können, dann hätte man es Vattenfall nicht abkaufen müssen. Man hätte auf dieses Klageverfahren setzen müssen, was einen höchst unsicheren Ausgang haben könnte. Was hätten Sie denn gesagt, wenn wir nach fünf Jahren Prozessdauer vor Sie getreten wären und gesagt hätten: Wir haben beim Bundesgerichtshof leider Pech gehabt, leider greift die Endschaftsklausel nicht, wir bekommen keine Fernwärme. Dann möchte ich Sie mal sehen, wenn Sie sich dann hinstellen und sagen, das sei doof gelaufen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein gegenüber den 400 000 Leuten, die so abgestimmt haben.
Abschließend noch eines. Natürlich wollen wir ein Wärmekonzept vorlegen. Natürlich wollen wir auch für Wedel eine ordentliche Entscheidungsgrundlage vorlegen, aber wir werden es anders machen als Sie. Sie haben Moorburg vor der Wahl noch bekämpft, und dann haben Sie es realisiert. Wir
treffen eine solide Entscheidung nach der Wahl. Das ist ehrlich und ein vernünftiger Weg, und deshalb werden wir das mit der Fernwärme auch schaffen.
Ich sehe zu diesem Punkt keine Wortmeldungen mehr. Uns verbleiben noch fünf Minuten Redezeit. Ich gehe davon aus, dass die anmeldenden Fraktionen die Punkte 2, 3, 4 und 5 morgen debattieren wollen.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 54, Drucksache 20/11276, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Rechtslage anerkennen – Aufenthaltsrecht für "Lampedusa in Hamburg" erteilen.