Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

(Jan Quast SPD: Da hätten Sie mal Ihren Senator zum Jagen tragen sollen, dann hät- ten wir schon Wohnungen!)

Ganz Hamburg ist flächendeckend betroffen und nicht sinnvollerweise ausschließlich die Gebiete, in denen hohe Mieten zu verzeichnen sind. Damit werden Vermieter in Stadtteilen, die jetzt schon Schwierigkeiten bei der Vermietung haben – und die soll es auch geben, Herr Kienscherf –, zusätzlich erheblich benachteiligt. Fazit: Von der Bundesregierung gut gemeint, vom Senat schlecht umgesetzt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Den gleichen Blödsinn hat der Bürgermeister bei der Mietpreisbremse vor. Er verkündete letztens bei Günther Jauch, dass er auch die Mietpreisbremse flächendeckend auf das gesamte Stadtge

biet anwenden wolle, anstatt sich auf die Problemgebiete mit hohen Mieten zu konzentrieren. Das ist ein völlig falscher und kontraproduktiver Ansatz, der auch der Koalitionsvereinbarung widerspricht. Nach diesen Äußerungen gibt es schon die ersten Absetzbewegungen beim Bündnis für Wohnen. Die Verbände der Wohnungsund Immobilienwirtschaft laufen Sturm dagegen. Ich bin gespannt, wie viele Tritte vors Schienbein sich die Akteure im Bündnis noch gefallen lassen. Dem Bürgermeister scheint nicht klar zu sein, dass er alle Akteure des Wohnungsmarkts braucht, um sein Versprechen, 6000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, nun endlich – vielleicht – im dritten Jahr seiner Regierungszeit einlösen zu können.

Als letzten Punkt dieser Jubelanfrage will ich die Verlängerung der Kündigungsschutzverordnung ansprechen. Auch hier musste der Senat zum Jagen getragen und mit einem Antrag der Regierungsfraktion aufgefordert werden, dieses umzusetzen. Eigentlich normales Regierungshandeln, aber egal. Hauptsache, man glaubt, man habe einen Grund zum Feiern gefunden. Dass dem nicht so ist, haben Sie hoffentlich nun auch begriffen. Damit Sie mich nicht missverstehen, Herr Kienscherf: Das ist kein Ausdruck von Schadenfreude, sondern Ausdruck großen Bedauerns, weil es zum Nachteil für unsere Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger ist. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Duge hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Wohnungsmarktlage wird nicht dadurch besser, dass man immer wieder in marktschreierischer Art wie ein Tausendsassa durch die Gassen läuft und Erfolge verkündet, während die Mietsituation auf dem Wohnungsmarkt nach wie vor unheimlich angespannt ist. Schreiben Sie hier doch kein Bild fest, das es so nicht gibt nach dem Motto "Je häufiger es wiederholt wird, desto mehr glaubt man das". So wird es nicht funktionieren, und die Daten werden an den Tag kommen. Wir haben leider eben schon hören müssen, dass es beim Wohnungsbau doch nicht so vorangeht, wie der Bürgermeister es eigentlich wollte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man sich einmal nicht nur so wie Sie mit einem Auge diese Große Anfrage anschaut, sondern sich die Zahlen etwas genauer vornimmt, dann wird man verschiedene Aspekte sehen, und eigentlich hätte ich auch von Ihnen eine abgewogenere Betrachtungsweise erwartet. Leider war das nicht so.

(Gabi Dobusch SPD: Wie bei Frau Dr. Güm- bel!)

In der Tat war es so, dass in den Jahren 2011 und 2012 3700 bis 3800 Wohnungen fertiggestellt wurden. Und ich habe mit Erschrecken im "Hamburger Abendblatt" vom 9. April die Aussage der Bausparkasse LBS gelesen – ich zitiere –:

"Nach Schätzung der LBS sind im Jahr 2013 in Hamburg nur 3000 Wohneinheiten neu hinzugekommen, während mindestens 6000 pro Jahr benötigt würden."

Ich hoffe, das stimmt nicht. Wir werden sehen, was dabei herauskommt, und ich hoffe, dass es mehr werden. Aber davon abgesehen bewegten sich die Zahlen auch vorher, ohne SAGA, ebenfalls in der Größenordnung der Jahre 2008 bis 2010. 2010 waren es beispielsweise 3520 fertiggestellte Wohnungen. Und wenn ich mir die SAGA anschaue, dann hat die Frau Senatorin die SAGA zu etwas gebracht, was sie selbst nicht gewollt hat, denn sie weiß, dass das so nicht zu schaffen ist. 2011 gab es zehn fertiggestellte Wohnungen, 2012 gab es 60 und 2013 dann 229 fertiggestellte Wohnungen. Und wenn ich mir die Große Anfrage ansehe, die ich zusammen mit unserer Fraktion gestellt habe, dann werden es in diesem Jahr etwas über 700 sein. Das macht summa summarum 1000 Wohnungen. Hat sich da die Frau Senatorin versprochen? Sind es 1000 Wohnungen in vier Jahren oder jedes Jahr?

(Dirk Kienscherf SPD: Das wissen Sie doch!)

Da wurde etwas gemacht, was nicht seriös ist. Es wurde etwas hochgeschaukelt, weil man etwas haben wollte, das politisch opportun war.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich komme zum Aspekt der Mieten. Was haben Sie bei der Mietenentwicklung erreicht? Wir haben den Mietenspiegel 2012/2013, der eine durchschnittliche Steigerung von 5,7 Prozent zeigt. Das liegt deutlich über der Inflationsrate von 3,3 Prozent und ist viel zu hoch. Wenn wir uns die Jahre 2009 bis 2011 anschauen, dann waren es 5,8 Prozent. Es hat sich doch nicht die Mietenentwicklung stabilisiert, es hat sich die Steigerung stabilisiert, sie ist regelmäßig zu hoch.

(Dirk Kienscherf SPD: Deswegen müssen wir weitermachen!)

Eine Sache hat jetzt wirklich Wirkung gezeigt, nämlich die Abschaffung der Maklergebühren, die von den Mietern ständig obendrauf gezahlt werden mussten. Wir haben diese Idee eingebracht, und es war ziemlich schwierig, Sie und den Senat endlich davon zu überzeugen, dass das Bestellerprinzip das richtige Prinzip ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

(Hans-Detlef Roock)

Wir sind froh, dass uns das gelungen ist und Sie das aufgenommen haben und jetzt umsetzen. In der Zeitung stand, 570 Millionen Euro würden die Mieterinnen und Mieter dabei einsparen. Das ist doch eine ganz ordentliche Sache, und ich hoffe, Sie nehmen noch mehr Anregungen von uns auf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kienscherf, ich bin bisher von Ihnen enttäuscht. Beim geförderten Wohnraum hatten wir 2008 noch 120 000 geförderte Wohnungen, 2014 sind es 90 000 und 2019 werden es 70 000 sein, vielleicht etwas in Richtung 80 000, weil die 2000 fertiggestellten Wohnungen jeweils dazukommen. Die Zahlen sinken, aber Sie sagen lapidar, dass Sie gar nichts daran ändern könnten, das gehe eben nach unten. Sie können etwas machen, und Sie haben selbst einen Antrag eingebracht, auf Dauer gesehen die Bindungen aufrechtzuerhalten. Verlängern Sie doch die Bindungszeiten von 15 auf 30 Jahre.

(Dirk Kienscherf SPD: Trotzdem werden wir das nicht kompensieren können!)

Sie stellten im September letzten Jahres einen Antrag, das einmal zu prüfen – und das noch nicht einmal mit Datum. Sonst haben Sie immer Antwortfristen für den Senat bemängelt. Er lässt sich auch genügend Zeit, es scheint wohl kein drängendes Problem zu sein. Es gibt jedoch bisher immer noch keine Antwort – bei mir ist jedenfalls nichts angekommen –, ob endlich mal die Bindungszeiten verlängert werden. Sie müssen doch nicht die Flinte ins Korn werfen, so, als könne man nichts tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Woran mangelt es? Es fehlen Seniorenwohnungen und es fehlen Wohnungen für Studenten und Auszubildende. Sie haben letztes Mal einen Antrag zu Studentenwohnungen eingebracht, es solle endlich mehr mit dem Studentenwerk zusammengearbeitet werden. Aber es ist erst einmal in der Vorbereitung. Sie haben drei Jahre lang Zeit gehabt. Sie haben sehr früh von uns den Hinweis bekommen, Wohnungen für Auszubildende einzurichten. Hamburg ist eines der ganz wenigen Bundesländer, die das nicht haben. Wir brauchen doch diese jungen Leute, die in der Ausbildung oder im Studium sind. Es wurde von der Wissenschaftsstadt gesprochen, aber dafür müssen doch erst einmal die Grundvoraussetzungen geschaffen werden. Sie haben drei Jahre dafür Zeit gehabt und sind nicht einen Schritt vorangekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Arno Münster SPD: Was haben Sie denn geschafft? Nicht eine einzige Wohnung!)

Ich hoffe, dass die Mietpreisbremse wirkt

(Arno Münster SPD: Sie haben nichts abge- liefert, gar nichts!)

und dass Sie das nicht auch noch zerlöchern. Das wäre nämlich der nächste Punkt, wenn Sie die Schlupflöcher wieder offen lassen. Ich sage ganz klar, dass diese Modernisierungsumlage – hören Sie ruhig weiter zu, vielleicht lernen Sie dabei noch etwas –

(Arno Münster SPD: Ich höre die ganze Zeit zu, was für einen Klamauk Sie erzählen!)

nur nach Kostengrößen geht, ohne den Nutzen zu beachten. Wir brauchen aber Effizienzeffekte, wenn es Modernisierungsumlagen gibt. Ich habe durchaus Sympathie für den Vorschlag der Mieterverbände, die sagen, dass die Mieterhöhungen nicht mehr als das Doppelte der Einsparungen der Warmmiete sein dürfen. Das ist die richtige Richtung, die weiter verfolgt werden sollte.

Noch ein Wort zum Leerstand. Wir haben hier die Wohnraumschutzgesetze beschlossen und eine ganze Reihe Vorschläge dazu gemacht. Aber es ist eine hohle Nuss, und das liegt an der Situation des Personals, das dafür in den Bezirken notwendig ist. Da haben Sie angeblich ganz ordentlich aufgestockt, 75 Prozent mehr, drei Leute von vier auf sieben, Sie arbeiten doch so gern mit Prozenten.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dietrich Wersich CDU: Drei Leute! – Gegenruf von Arno Müns- ter SPD: Wie viele waren es zu Ihrer Zeit?)

Zählen Sie einmal eins und eins zusammen, dann sehen Sie, dass da zwei herauskommt, und dann sehen Sie die Realität.

(Beifall bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Wir haben nachgefragt. Von etwa knapp über 2300 leer stehenden Wohnungen sind 1788 genehmigte. Davon sind 1229 nur deshalb genehmigt, weil sie gar nicht bearbeitet werden konnten, es sind Genehmigungsfiktionen eingetreten. Das ist kein wirksamer Mieterschutz, hier muss mehr getan werden.

(Beifall bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen. Bei Ihrer Initiative "Pakt für die Quartiere" ist etwas herausgefallen, nämlich Rothenburgsort, und schon gehen die Grundstückspreise nach oben. So geht es nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Duwe hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann verstehen, dass die SPD, wenn sie überhaupt ein Thema hat, von dem sie meint, sie könne sich abfeiern lassen, dies auf jeder Tagesordnung stehen hat und das möglichst weit vorn. Herr Kienscherf, ich weiß,

(Olaf Duge)

dass Sie sich freuen, dass Sie diese 6000 Wohnungen geschaffen haben. Herr Roock hat recht, bisher sind diese 6000 Wohnungen pro Jahr nicht realisiert worden. Das heißt, da ist noch eine Menge Luft nach oben, und man sollte sich fragen, wie man mehr Wohnungen bekommen kann, ohne sich weiter ideologisch motivierte Regulierungen auszudenken nach dem Motto "gut gemeint", und es ist egal, was dann hinten herauskommt. Das ist leider gerade beim Wohnungsmarkt der Fall.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann sehr gut verstehen, dass man für die Mieter das Beste herausholen und sie schützen will. Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass der beste Mieterschutz eigenes Wohneigentum ist, und diesen Ansatz vermisse ich bei der SPD.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wer bezahlt das denn?)