Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

(Beifall bei der SPD)

Und auch weitere Regelungen der damals abgeschlossenen Mietverträge, zum Beispiel die Frage, für welche Dinge der Mieter aufkommen muss, sind für uns teuer und deswegen nicht lieb. Deswegen werden wir das im Haushaltsausschuss sicherlich weiter diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Quast. – Das Wort hat Herr Dr. Heintze.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch führt uns heute, wie auch schon vor mehreren Wochen in den Medien, acht Jahre zurück. Er schreibt das Jahr 2006, um noch einmal zu schauen, was bei diesem PRIMO-Immobilienverkauf zu einem Zeitpunkt, als DIE LINKE parlamentarisch noch nicht beteiligt war, gelaufen ist. Wenn ich Frau Heyenn noch richtig im Ohr habe, böte das eigentlich Anlass zu der Bemerkung, das sei etwas rückwärtsgewandt.

Nun kann man zwar sagen, wir schauen mal, ob damals bei diesem Deal wirklich einiges nicht mit rechten Dingen zugegangen und der Stadt Schaden entstanden ist. Aber dafür war Ihre Vorstellung heute schwach, Herr Hackbusch. Sie haben vor Wochen drei Behauptungen auf den Markt geworfen, zu denen ich gleich noch komme, und versucht, diese mit Zahlen zu belegen. Daraufhin sind alle wach geworden, haben sich mit den Fragen beschäftigt, die Sie aufgeworfen haben, und Stück für Stück ist Ihr Faktengebäude zusammengebrochen. Das Ergebnis sehen wir heute. Anstatt Fakten zu liefern beschränken Sie sich auf Vermutungen und Diffamierungen von damals handelnden Personen. Das finde ich schäbig.

(Beifall bei der CDU)

Da liegt der Verdacht nahe, dass Sie Ihren Fakten nicht mehr so ganz über den Weg trauen, weil sie sich vielleicht doch nicht als so hart erweisen, wie Sie es gerne gehabt hätten, und Sie sich jetzt sehr populistisch und, wie ich finde, hochgradig unfair auf das Diffamieren von Personen verlegen, die sich hier nicht wehren können. Das ist für die politi

(Norbert Hackbusch)

sche Auseinandersetzung falsch und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der CDU)

Herr Quast, wir können uns gern die Fakten anschauen. Interessanterweise hat die Finanzbehörde deutlich detailreicher auf eine Schriftliche Kleine Anfrage von Herrn Hackbusch geantwortet als auf eine Schriftliche Kleine Anfrage von uns. Uns konnte man nicht einmal sagen, wie hoch die Zinsersparnisse und wie die Mietpreissteigerungen in den Stadtlagen in den letzten Jahren waren. Das finde ich für eine Finanzbehörde eher kritisch, aber vielleicht können Sie das mit etwas mehr Zeit noch nacharbeiten. Wir werden auf jeden Fall dranbleiben.

Kommen wir aber zu dem, was Herr Hackbusch uns versucht, inhaltlich deutlich zu machen. Er nennt drei Punkte: Der Verkaufspreis sei zu niedrig gewesen, die heutigen Mieten seien zu hoch und Hamburg habe keinen Nutzen aus diesem Geschäft gehabt, das sei alles ein Klüngel der beteiligten Personen gewesen. Und jetzt komme ich Stück für Stück zu Ihren drei Vorwürfen. Das wird ein paar Minuten dauern, aber bei den Vorwürfen, mit denen Sie gegen Menschen ins Gericht gegangen sind, müssen Sie sich das gefallen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Zu Ihrem ersten Vorwurf, dem Mindestverkaufspreis: Der Mindestverkaufspreis der Immobilien lag bei 690 Millionen Euro. Das wurde in verschiedenen Gutachten geschätzt. Die SPD hat, das hat Herr Quast ausgeführt, das Geschäft aus politischen Gründen abgelehnt. Man kann diskutieren, ob man Lease-Back machen will oder nicht, aber selbst Herr Zuckerer hat in den Beratungen damals gesagt: Wir glauben Ihnen, dass Sie einen guten Kaufpreis erzielt haben, wir hätten es nur politisch anders gemacht. Alle, die sich damals mit diesem Deal beschäftigt haben, sind zu genau dem gleichen Schluss gekommen. Die Stadt hat bei 690 Millionen Euro, mit denen sie gutachterlich eingestiegen ist, am Ende 815 Millionen Euro erzielt – nach Herausnahme des Schauspielhauses waren es 800 Millionen Euro für 38 Immobilien –, das sind 100 Millionen Euro mehr, als eigentlich geschätzt. Herr Hackbusch, ich sehe da keine Verschwörung, ich sehe da einen gut verhandelten Kaufpreis und ein gutes Ergebnis mit 100 Millionen Euro mehr. Nehmen Sie diesen Vorwurf zurück, er stimmt nicht.

(Beifall bei der CDU)

Kommen wir zum Investitionsvolumen selber. Wie bewertet die Captiva ihren Deal im Nachhinein? Schauen wir uns dazu den Geschäftsbericht der alstria fast zwei Jahre später an. Ich weiß, Sie lesen diese Geschäftsberichte ungern, weil sie Dinge zeigen, die Ihr Gebäude zum Einsturz bringt. Schauen wir uns also diesen Geschäftsbericht an.

Wir haben in ihm eine Bewertung des Investitionsvolumens von 909 Milliarden Euro

(Jan Quast SPD: Millionen!)

für alle Immobilien im Bundesland Hamburg. Das sind 41 Immobilien, die dort betrachtet werden. Es sind also auch Immobilien dabei, die nicht zu diesem Verkauf gehörten. Und da muss ich persönlich sagen: Die gigantischen Sprünge, von denen Sie sprechen, weist der Geschäftsbericht der alstria nicht aus; dies ist nachweislich falsch.

(Beifall bei der CDU)

Aber vergleichen wir die Zahlen. Mindestverkaufspreis und eigentlicher Verkaufspreis: über 100 Millionen Euro mehr; kein zu niedriger Verkaufspreis, wie auch damals von den politisch Beteiligten – Sie waren nicht dabei – immer wieder eingeräumt; zum nötigen Investitionsvolumen nur eine geringe Differenz, keine Riesensprünge, von denen Sie hier sprechen. Es wurde weder etwas großartig aufgewertet noch hochbeschrieben. Diese Behauptungen, die Sie aufstellen, sind ebenfalls falsch.

Schauen wir uns nun die Entwicklung des Eigenkapitals der alstria an. Da haben Sie ins Feld geführt, es sei ganz viel passiert, und es seien diese Männer gewesen, die sich zusammengefunden und in den Aufsichtsräten wiedergetroffen hätten. Schauen wir einmal auf die Fakten: Bei der Firmengründung 2006 lag das Eigenkapital bei 398 Millionen Euro, 2007 bei 871 Millionen. Nun könnten Sie sagen, da sei dieser Deal gewesen. Die 500-Millionen-Euro-Steigerung sei ein Indiz für die Höherbewertung beziehungsweise Aufwertung der Immobilien. Falsch, und ich sage Ihnen auch, warum. Sie übersehen, dass der Konzerngewinn 2007 nur bei 52 Millionen Euro lag. Hätte es diese besagte Aufwertung gegeben, hätte sich das hier widerspiegeln müssen; hat es aber nicht. Wo kommt die Eigenkapitalerhöhung also her? In Wahrheit resultiert sie aus ganz anderen Faktoren. Es gab den alstria-Börsengang – 240 Millionen Euro –, es gab ein Gesellschafterdarlehen – 104,5 Millionen Euro – und eine Einzahlung in die Kapitalrücklage durch die Aktionäre von 49 Millionen Euro. Das höhere Eigenkapital hat nichts mit der Höherbewertung oder dem Hochschreiben zu tun, das Sie versuchen zu suggerieren. Auch diese Fakten sind falsch. Herr Hackbusch, halten Sie sich an die Wahrheit und erzählen Sie hier keinen Unsinn.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Thomas- Sönke Kluth FDP)

Das heißt also faktisch: Der Verkaufspreis war weder extrem niedrig noch wurden die Immobilien nach dem Geschäft von alstria stark nach oben bewertet.

Bleibt noch das Thema Mieten. Die Stadt kann dazu nichts sagen. Ich finde es ein bisschen schwierig für eine Finanzbehörde, Herr Senator, und auch

für eine Stadtentwicklungsbehörde, wenn sie nichts zur durchschnittlichen Mietenentwicklung bei Gewerbeimmobilien sagen kann; vielleicht lesen Sie die Schriftliche Kleine Anfrage und bessern noch einmal nach. Wir haben nachgeschaut. 2005, vor dem Verkauf, lagen die Mieten bei jährlich rund 33,7 Millionen Euro. Die mit dem Käufer vereinbarten Mietverträge umfassten die gleichen Rechte und Pflichten für die Mieter wie vor dem Verkauf. Das gilt auch für die Nettokaltmiete zum Vertragsbeginn, sie lag auf dem damaligen Niveau. Die Mieterhöhungen sind vertraglich festgeschrieben, an eine marktübliche Indizierung gekoppelt und anhand des Verbraucherindexes berechnet – schon wieder nichts, was irgendwie zur Skandalisierung reicht.

Schauen wir einmal, wann die erste Mietüberprüfung stattfand: 1. Januar 2008. Eine Mieterhöhung folgt bei einer Steigerung des Indexes um fünf Punkte. Basierend auf der Indexregelung erfolgte eine Mietsteigerung um 4,67 Prozent und zum 1. April 2012 eine weitere Mietsteigerung um 5,95 Prozent. Das entspricht einer jahresdurchschnittlichen Erhöhung von etwa 2 Prozent und ist ziemlich nah an der Inflationsrate. Herr Hackbusch, auch hier stimmt das Argument nicht, dass in diesen Immobilien überhöhte Mieten gezahlt worden seien. Und es stimmt schon gar nicht, dass dahinter drei Männer stecken, die sich das in einer großen Verschwörung ausgedacht haben. Hören Sie auf, Falsches zu behaupten.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen war die Mietsteigerung in vergleichbaren Lagen in der City deutlich höher; das können Sie in meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage nachlesen.

Das heißt also, die Mieten wurden anfangs unverändert übernommen, die Mietsteigerung orientierte sich an gängigen Richtwerten und lag sogar ein Stückchen darunter. Nun frage ich mich, warum DIE LINKE versucht, eine Faktenlage zu schaffen, die etwas anderes suggeriert. Ich sage Ihnen, warum: weil Sie versuchen, mit populistischen Methoden Themen auf die Agenda zu setzen, die so nicht stimmen. Da machen wir als CDU nicht mit.

(Beifall bei der CDU)

In gleicher Weise könnten wir noch den Nutzen für die Stadt besprechen, also auch den Nutzen der 530 000 Euro, die in den beiden Jahren vor dem Verkauf in den Umbau investiert wurden, also 265 000 Euro pro Jahr. Es ist bekannt, dass es bei Immobilien Innovationszyklen und Zeitpunkte gibt, in denen viel investiert wird, und Zeitpunkte, in denen wenig investiert wird. Wenn ich eine Immobilie markthübsch machen will, kann es sein, dass ich etwas mehr investiere. Und da sehen wir zwar nach den Steigerungen keine überdurchschnittlich höhere Investitionstätigkeit zu PRIMO, allerdings

muss man auch darauf schauen, was durch den Verkauf eigentlich erreicht worden ist. Die Behörde kann das angeblich nicht berechnen. Wir haben trotzdem versucht, es zu berechnen; die Behörde kann das eigentlich auch, will es aber in diesem Fall nicht. Wir haben selbstverständlich Zinseinsparungen dadurch, dass mit dem eingenommenen Geld in den betroffenen Gesellschaften Kredite abgelöst wurden. Wir haben Zinsersparnisse durch Kredite, für die wir keine Zinsen mehr bezahlen mussten. Wir haben eine teilweise Verbesserung des Ergebnisses der Sprinkenhof AG. Das bedeutet wieder mehr Geld für die HGV und die Schuldentilgung bei der Sprinkenhof AG. Ich kann jetzt politisch lange darüber diskutieren, welcher Weg der richtige ist; das hat Herr Quast aufgezeigt. Damals hat die CDU sich dafür entschieden, diesen Weg zu gehen. Allerdings muss sich die politische Debatte von persönlicher Diffamierung und dem Hantieren mit falschen Zahlen trennen. Und da muss ich Ihnen sagen, Herr Hackbusch: Hören Sie auf, falsche Zahlen zu verwenden, um populistisch Stimmung zu machen. Das ist durch nichts gedeckt und hilft uns in der politischen Debatte überhaupt nicht.

(Beifall bei der CDU)

Es tut mir sehr leid, aber die drei Hauptvorwürfe, auf die Sie Ihren Angriff auf die von Ihnen genannten Menschen stützen, sind nachweislich falsch, wenn man sich die Faktenlage ansieht. Meines Erachtens ist das ein klarer Fall von mangelnder Seriosität, wie Sie hier vorgehen. Das zeigt aber auch, dass das PRIMO-Geschäft kein Skandal ist, wie Sie es gerne hätten, sondern dass es einer politischen Abwägung entsprang. Sehen Sie es uns bitte nach, wir werden Ihrer Überweisung nicht zustimmen, weil wir Ihnen keine Plattform geben wollen, in dieser Art weiter zu skandalisieren und mit dem Ruf von Menschen umzugehen. Das halten wir für schäbig und deswegen stimmen wir nicht zu.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Heintze. – Das Wort hat Herr Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war eine furiose Rede, Herr Heintze, inhaltlich mit vielen Fakten hinterlegt, die wir jetzt nicht überprüfen können. Mich wundert allerdings der sehr aufgeregte Ton auf Ihrer Seite.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Mich auch!)

Sie haben viel Bezug genommen auf eigene Berechnungen, auf Daten und Zahlen, die uns nicht vorliegen. Insofern fällt es mir genauso schwer zu

(Dr. Roland Heintze)

überprüfen, ob Ihre Ausführungen richtig oder falsch sind,

(Dietrich Wersich CDU: Aber sie waren sehr klar!)

wie es mir zum Teil schwer fällt, die Ausführungen von Herrn Hackbusch nachzuvollziehen. Darum wäre es sinnvoll, diesen Vorgang in Ruhe und unter Prüfung der vorliegenden Daten und Fakten im Ausschuss zu behandeln.

(Dietrich Wersich CDU: Aber man schmeißt nicht erst mit Schmutz, bevor man sich den Fakten zuwendet!)

Deshalb wird meine Fraktion der Überweisung dieses Themas zustimmen.

Im Gegensatz zur LINKEN waren wir damals parlamentarisch vertreten und haben dagegen gestimmt, zum Teil aus ideologischen Überlegungen, wie Herr Quast sie ausgeführt hat, damals allerdings auch unter Hinweis auf die kulturhistorische Bedeutsamkeit der verkauften Gebäude, zum Beispiel der Finanzbehörde. Unser damaliger haushaltspolitischer Sprecher war gleichzeitig kulturpolitischer Sprecher. Das ist aber jetzt nicht Mittelpunkt der Debatte.

Man muss aber auf ein paar Grundstrukturen dieses Geschäfts hinweisen, bei denen ich schon bei nur oberflächlichem Draufschauen ein bisschen Bauchgrummeln habe, weil zumindest der Anschein eines Verdachts auf Verquickung von Interessen entstehen kann, der bei einem solch großen Geschäft aus meiner Sicht nicht entstehen sollte. Die Stadt hat also im Jahr 2006 38 Immobilien für 803 Millionen Euro verkauft, damals nicht an die alstria AG, sondern an acht Kommanditgesellschaften, die zum Teil in Luxemburg ansässig waren. Erst danach ist die alstria AG gegründet worden. Diese alstria AG ist eine besondere Konstruktion. Sie war eine der ersten REITs in Deutschland, also eine spezielle Immobiliengesellschaft, die sich dadurch auszeichnet, dass sie keine Körperschaftsteuer und auch keine Gewerbesteuer abführen muss, dafür aber verpflichtet ist, 90 Prozent ihrer Gewinne an die Aktionäre auszuschütten. Ich finde es schon relativ schwierig, wenn Berater der Stadt dann später in den Aufsichtsrat dieser Gesellschaft eintreten, gerade bei einer solchen Konstruktion, wo die erzielten Gewinne an die Beteiligten ausgeschüttet werden. Damit will ich den Betroffenen gar kein böses Agieren unterstellen, aber bei dieser Konstellation ist doch von Anfang an nicht ausgeschlossen, dass es unter Umständen Interessenkonflikte gibt. Man kann zumindest fragen, wie unabhängig der Rat derjenigen ist, die dort beraten haben, wenn sie später von diesem Geschäft so massiv profitieren. Insofern ist auch das ein Punkt, den ich mir ganz gern noch einmal genauer anschauen möchte, um zu prüfen, ob dieses Geschäft in Gänze eigentlich positiv für die Stadt war

oder nicht. Dass viele Daten und Fakten heute nicht vorliegen, ist ein weiterer Grund, warum man das im Ausschuss untersuchen muss – ohne groß Aufregung an den Tag legen zu wollen.

Ich möchte noch einmal auf die Rolle von Herrn Stuhlmann als Vorsitzender der HSH Nordbank zurückkommen. Es ist schon etwas ungewöhnlich, wenn die Stadt beim Verkauf von Immobilien dem Verkäufer 100 Prozent des dafür notwendigen Kapitals überweist – das war ein Termingeschäft, der Käufer brauchte überhaupt kein Eigenkapital zur Verfügung stellen –, dass sie diesen Kredit also über eine städtische Gesellschaft oder eine öffentlich beeinflusste Gesellschaft zur Verfügung stellt und der Käufer dann den Vorstandsvorsitzenden der öffentlichen Bank im Aufsichtsrat hat, der später von den Aktienoptionen profitiert. All das sind Konstruktionen, von denen ich, hätte ich sie damals gekannt, abgeraten hätte, weil natürlich dem ersten Anschein nach Fragen auftauchen, und zwar Fragen, die nicht gut tun und die man eigentlich bei solchen Geschäften auch nicht haben will.