Protokoll der Sitzung vom 07.05.2014

Die SPD versucht jetzt, einer Kuh das Fliegen beizubringen. Mit dem Zusatzantrag, den die SPD hier gestellt hat, schiebt sie die bayerische Kuh vor sich her und benutzt sie fast noch als Deckung oder als Vorwand, um möglichst nicht in eine ergebnisoffene Diskussion zu kommen. Dieser Eindruck zeichnet sich immer mehr ab, und es sind schon merkwürdige Einwände in Ihrem Antrag zu lesen. Sie werfen uns vor, dass ein Kaufangebot ein falsches Zeichen an Investoren sei. Was haben Sie denn mit der Roten Flora gemacht? War das etwa kein Kaufangebot? Da haben Sie es selbst gemacht, also warum zieren Sie sich an dieser Stelle, so ähnlich vorzugehen?

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Super Vergleich!)

Sie spekulieren im luftleeren Raum. Sie vermuten, dass die Bayerische Hausbau nicht einverstanden sei mit dem Kaufpreis, aber Sie haben es noch gar nicht ausprobiert. Fangen Sie doch erst einmal an und versuchen Sie es.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Ab einem bestimmten Preis sind die sicherlich einverstanden!)

Da ist auch Verhandlungsgeschick gefragt, aber wir haben das LIG, das hier eine ganze Reihe an Erfahrungen mitbringt.

Eine frühzeitige Klärung der Situation erweist sich in vielen Dingen als der richtige Weg. Diese Probleme erst einmal zu klären, wäre der richtige Weg, und dafür brauchen wir Handlungsspielraum. Was Sie jetzt mit Ihrem Zusatzantrag einbringen, ist ein Einknicken. Von Genossenschaftswohnungen, wie sie Ihre SPD-Fraktion Hamburg-Mitte vorgeschlagen hat, ist nicht mehr die Rede. Sie gehen von der Forderung herunter, hier 50 Prozent Wohnungsbau im 1. Förderweg zu schaffen. Sie fangen mit dem 2. Förderweg zusätzlich an. Sie sprechen vom Rückkehrrecht für die Mieterinnen und Mieter zu stabilen Preisen – was ist denn das? – und nicht zu Preisen, die bezahlbar sind.

(Finn-Ole Ritter FDP: Warum haben Sie das nicht zur Debatte angemeldet?)

Herr Ritter, Sie können noch reden.

Und schließlich bieten Sie dem Gewerbe die Möglichkeit zur Rückkehr an, ohne die Bedingungen zu klären, unter denen dies stattfinden soll. Arme SPD, die tollen Forderungen, die Sie im Bezirk Hamburg-Mitte aufgestellt haben,

(Jan Quast SPD: Sie sind doch arm dran, wenn Sie es nicht zur Debatte anmelden!)

erweisen sich, wenn es um die Nagelprobe geht, immer mehr als verbale Wahlkampfrhetorik. Was Ihnen fehlt, wenn es hart auf hart kommt und dieser Fall mit den Immobilieneigentümern verhandelt

werden muss, ist das Stehvermögen, das ich eigentlich von Ihnen erwarten würde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort für maximal fünf Minuten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was von Herrn Duge noch gar nicht angesprochen wurde, ist die Geschichte des Versagens der Stadt bei den Esso-Häusern, und damit will ich anfangen. 1997 hat die Stadt die Grundstücke verkauft. Darüber will ich gar nicht streiten; dass wir Erbbaurecht haben wollten, ist kein Thema. Aber bei diesem Verkauf gab es keinerlei Klauseln. Es gab keine Klausel über ein Rückkaufrecht und keinerlei Auflagen, obwohl die damaligen Erbbaurechtsbesitzer, Familie Schütze, gesagt haben, sie wollten jetzt kaufen, damit sie wunderbar investieren und die Häuser in einem guten Zustand halten könnten. Die damalige rote-grüne Regierung oder SPD-Regierung hat nichts gemacht.

(Finn-Ole Ritter FDP: Waren Sie dabei?)

Ich war in der Opposition, fällt mir ein. Genau, ich habe dagegen gestimmt.

Das ist also nicht passiert. Sie haben aber auch, obwohl damals schon erkennbar war, dass St. Pauli ein Stadtteil ist, der eine Aufwertung erfährt,

(Dirk Kienscherf SPD: Wo war 1997 eine Aufwertung? Da war keine Aufwertung in St. Pauli!)

keine Klausel festgelegt, was passiert, wenn das Grundstück weiterverkauft wird. Das rächt sich. Und es lag in Ihrer Verantwortung, liebe SPD und auch die CDU vorher, etwas zu tun, als später klar wurde, dass die Wohnungen in einem schlechten Zustand sind. Herr Kienscherf, da waren Sie sogar Bezirksabgeordneter. Die Wohnungspflege hat nichts gemacht, es ist nichts passiert. Man kann den gesamten Vorgang sehen: Spekulation wurde hier wunderbar gefördert, lieber Herr Kienscherf, denn schon nach zwölf Jahren hat der Eigentümer, der das Objekt gekauft hatte, weil er viel investieren wollte, das gesamte Gelände inklusive Wohngebäude für einen irren Betrag weiterverkauft. Das Einzige, das sich in der Zeit verändert hat, ist nicht der Zustand der Wohnungen – der ist nur schlechter geworden –, sondern positiv aus Sicht der Investoren hat sich verändert, dass St. Pauli nicht mehr der ärmste Stadtteil Hamburgs ist und nicht mehr die schlechtesten Wohngebiete hat und dass St. Pauli wunderbar zum Investieren ist.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

(Olaf Duge)

Diesen Vorgang will die SPD in Hamburg-Mitte – und die CDU sowieso, Herr Hamann – damit belohnen, dass man jetzt einen Bebauungsplan erstellt, der möglichst stark den Vorstellungen der Bayerischen Hausbau entspricht. Es sollen dort nämlich auch sehr teure Wohnungen entstehen.

Ich kann Sie nicht verstehen, wenn Sie alle auf einmal blubbern. Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Wollen Sie Plattenbau da? – Glocke)

Lassen Sie die Abgeordnete bitte aussprechen und in Ruhe weiterreden.

Teure Wohnungen werden dort entstehen, die die St. Paulianerinnen und St. Paulianer nicht bezahlen können. Auch wenn die SPD sagt, sie wolle im frei finanzierten Wohnungsbau kleine Wohnungsgrößen für Menschen mit wenig Einkommen haben, können sich aber Menschen mit wenig Einkommen auch keine 40-Quadratmeter-Wohnung für 12 Euro netto/kalt kaufen. Das ist echt eine Täuschung, was Sie in Ihren Antrag geschrieben haben.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Mieten, nicht kaufen!)

Mieten, genau, mit Kaufen war ich jetzt schon einen Schritt weiter.

Kaufen ist das, was die GRÜNEN beantragen und was ich auch nicht verstehe. Die GRÜNEN sagen in ihrem Antrag – Herr Ritter, lesen Sie es, dann sind Sie wenigstens still –, dass nicht nur das Grundstück zu dem Kaufpreis von damals zurückgekauft werden soll, was rechtlich kaum möglich wäre, sondern dass auch die entstandenen Kosten erstattet werden sollen. Damit öffnen Sie Tür und Tor, dass Sie einen irre hohen Kaufpreis zahlen müssen, und das wäre eine Belohnung für die Bayerische Hausbau, die diese nicht verdient hat.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Um einmal beim Bild von Herrn Duge zu bleiben: Lassen Sie die Kuh doch einfach auf dem Eis stehen. Der nächste Frühling kommt, und dann wird die Kuh schon sehen, was passiert. Aber das wird der SPD nicht gefallen, denn im Programm der SPD steht, dass sie, was auch richtig ist, jedes Jahr 6000 Wohnungen bauen will. Aber Sie müssen sich das einmal genau überlegen: Wenn Sie Wohnungen auf dieser Fläche bauen, so wie die Bayerische Hausbau es will – mit dem kleinen Kompromiss für 15 Jahre Sozialwohnungen und danach nicht mehr –, wird der Stadtteil St. Pauli enorm darunter leiden, und Sie werden die Mieter

und Mieterinnen, die schon lange vertrieben sind, auch nicht mehr zurückbekommen. Sie haben geschrieben, Sie wollten die Mieter und Mieterinnen zurückhaben, die jetzt ausziehen mussten, aber es gab schon vorher viele Leute, die sich St. Pauli nicht mehr leisten konnten. Sie sollten jetzt den Weg gehen, hier etwas für den Stadtteil und mit dem Stadtteil in einem ergebnisoffenen Planungsprozess zu entwickeln. Die Leute vor Ort haben mit ihrer "PlanBude" schon eine wunderbare Vorstellung davon gehabt, und das sollten Sie übernehmen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und wer bezahlt das alles?)

Da kommen wir gleich zum nächsten Thema: Sie haben 1 Million Euro frei für den Carl-Legien-Platz, Sie haben locker hier eine Million frei und da eine Million frei. Da haben Sie nie ein Problem, wie das bezahlt werden soll. Das Geld könnten Sie auch hier investieren, und das hätte St. Pauli verdient.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Kienscherf von der SPD-Fraktion für maximal fünf Minuten.

(Olaf Ohlsen CDU: Wir Sozialdemokraten!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Ohlsen, schön, dass Sie auch noch der Debatte folgen wollen. Ich will einleitend Folgendes sagen: Herr Duge, ich finde es ein bisschen ärgerlich, dass Sie zu dieser späten Stunde dieses Thema anhand eines Fünfminutenbeitrags bestreiten wollen, wo Sie Ihren Debattenplatz für eine Große Anfrage zum Thema Grünflächen verwendet haben. Wenn Ihnen das Thema wirklich ernst ist, dann melden Sie es zur Debatte an.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Das war Punkt 1, und Punkt 2 finde ich auch ein bisschen entlarvend. Vorhin redeten wir hinlänglich über die Stellung der Bezirke und wie wichtig sie seien.

(Glocke)

Herr Kienscherf, gestatten Sie eine der Abgeordneten Sudmann?

Jetzt nicht. Das ist keine Debatte, sondern das sind Fünfminutenbeiträge.

Wir haben darüber gesprochen, wie wichtig die Bezirke in dieser Stadt sind und dass wir sie stärken müssen. Das ist ein Projekt, das originär im Bezirk

(Heike Sudmann)

Hamburg-Mitte läuft, und der Bezirk Hamburg-Mitte wird es regeln.

(Beifall bei der SPD)

Punkt 3, da stimme ich Kollegin Sudmann ausnahmsweise wirklich zu: Wir wollen nicht die belohnen, die starrsinnig sind und spekulieren wollen. Das ist nämlich der Inhalt Ihres Antrags. Wir sagen, dass wir mit denen verhandeln und uns da sperrig zeigen müssen und dass die nicht mit Steuergeldern belohnt werden. Deswegen gibt es kein Kaufangebot.

(Beifall bei der SPD)

Besonders ärgerlich ist es aber, Herr Duge, wenn Sie in Ihrer Presseerklärung einfach die Unwahrheit behaupten. Unser Antrag entspricht 1:1 dem Antrag der SPD-Fraktion und dem Beschluss der Bezirksversammlung aus dem Jahre 2012. Da gibt es kein Abrücken, dass wir auf einmal weniger Sozialwohnungen wollen oder, wie Sie sagen, nicht mehr Sozialwohnungen im 1. Förderweg, sondern nur noch im 2. Förderweg. 2012 ist beschlossen worden, dass es in dem Umfang, wie es heute dort Wohnungen gibt, also rund 100, auch 100 Wohnungen im 1. Förderweg geben soll. Wenn aber insgesamt 200 oder 250 Wohnungen realisiert werden, dann wollen wir, damit wir 50 Prozent Sozialwohnungsanteil erreichen, darüber hinaus in den 2. Förderweg gehen. Das ist etwas ganz anderes. Das ist keine Abkehr vom sozialen Wohnungsbau, sondern das ist das Festhalten am sozialen Wohnungsbau im 1. Förderweg, und darüber hinaus gibt es noch weiteren sozialen Wohnungsbau, und zwar im 2. Förderweg. Da gibt es keinen Unterschied zur SPD in Hamburg-Mitte und zum Bezirksamt Hamburg-Mitte, und es ist einfach ärgerlich, dass Sie hier wissentlich aus Wahlkampfgründen die Unwahrheit sagen.