Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das wäre aber neu in Hamburg!)

auch wenn dies trotz des verstärkten Neubaus von Sozialwohnungen immer noch kein Selbstgänger ist; das muss man an dieser Stelle auch sagen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Die Warteliste ist lang!)

Das stimmt.

Meine Damen und Herrn! Die Unterbringung von Wohnungslosen im Hotel unterliegt nicht den Kriterien der Unterbringung in einer öffentlichen Unterkunft, und sicher gibt es Fälle, in denen diese Unterbringung mit großen Unbequemlichkeiten verbunden ist und der Familie einiges zugemutet wird. Aber bleiben wir bei den Fakten. Fakt ist, dass diese Art der Unterbringung nicht auf Dauer angelegt ist, sondern dem Platzmangel und der desolaten Lage in Hamburg geschuldet ist. Ziel muss es also sein, erstens die bestehenden Wohnverhältnisse zu sichern – dafür gibt es die Fachstellen für Wohnungsnotfälle –, und zweitens da, wo kein Wohnraum vorhanden ist, diesen so schnell wie möglich mithilfe eines Dringlichkeitsscheins anzubieten. In der Zwischenzeit sollte aber alles getan werden, um Obdachlosigkeit zu vermeiden, und dazu gehört auch die Unterbringung in Hotels und Gemeinschaftsunterkünften. Diese Prioritätensetzung ist unserer Ansicht nach durch das Gesamtkonzept des Senats zur Wohnungslosenhilfe gewährleistet und bedarf heute keiner weiteren Diskussion. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Senator Scheele, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, man muss ein bisschen Realismus einkehren lassen. Wenn die Links-Fraktion sagt, sie habe ein Konzept vorgetragen, und das sei ein Antrag von Herrn Kienscherf aus dem Jahr 2010, dann darf ich Sie darauf hinweisen, wie sich die Zahlen seitdem verändert haben. Dieser Antrag ist unter dem Aspekt der Zahlen das Papier nicht mehr wert, auf dem er gedruckt ist. Wir werden am Ende dieses Jahres 14 000 Unterbringungsplätze haben, im Jahr 2012 hatten wir 8700. Fällt Ihnen irgendetwas auf? Meinem Eindruck nach nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben am Wochenende ein Interview mit Thomas de Maizière in der "Welt am Sonntag" gelesen.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Nö!)

Da hat der Innenminister gesagt, das BAMF würde 200 000 Asylbewerber und Folgeantragsteller in diesem Jahr in Deutschland prognostizieren. Wir gehen in unserer Drucksache, die wir in einigen Wochen vorlegen werden, von 140 000 aus. 140 000 ist die letzte offizielle Zahl des BAMF. Falls Herr de Maizière recht hat, bedeuten diese 35 000 mehr ungefähr 1000 zusätzliche Unterbringungsfälle in Hamburg. Zeigen Sie mir, wo 15 Quadratmeter für jeden dieser Menschen in dieser Stadt sind, wenn Sie solche Anträge stellen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben, darauf ist eben hingewiesen worden, in den letzten Wochen und Monaten im Sozialausschuss immer wieder sehr einvernehmlich über die Frage der Flüchtlingsunterbringung diskutiert. Das öffentliche Unternehmen "fördern und wohnen" rackert sich ab bis zum Umfallen. In den Bezirken wird sich abgerackert. Viele Hamburger Kirchengemeinden sind bis zum Anschlag belastet durch ehrenamtliche Arbeit, weil sie die Dörfer, die wir aufstellen, rund um die Uhr mit großem Engagement betreuen. Wir sind gut vorangekommen, aber es ist extrem schwer. Und diese Art von Diskussion, die wir hier gerade von einer Fraktion aufgedrückt bekommen, hilft der Sache überhaupt nicht weiter.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben recht, eine Hotelunterbringung ist nicht wünschenswert, aber wir haben Hotels genommen, weil wir gerade Familien mit Kindern nicht auf die Straße schicken wollen. Wir haben in den Fachstellen für Wohnungslose große Not wegen der Zuwanderung. Ich kann Ihnen die Zahlen nennen. Wir haben Anfang 2012 ungefähr 5000 Zuwanderer untergebracht und 2700 Wohnungslose, egal, welcher Nationalität. Inzwischen bringen wir ungefähr 7000 Zuwanderer unter und 2600 Wohnungslose. Damit will ich niemanden gegeneinander ausspielen, aber die Wohnungslosen sind die

Leidtragenden dieser unglaublichen weltweiten Flüchtlingswelle, der wir Herr werden müssen und der wir Herr werden wollen; das will ich ausdrücklich sagen. Hamburger Wohnungslose, egal, ob sie Deutsche oder Ausländer sind, sind zurzeit die Leidtragenden dieser Lage am Wohnungsmarkt, auch im Bereich der öffentlichen Unterbringung. Wir bauen im Wesentlichen nur für Flüchtlinge, jedes Containerdorf ist sofort belegt. Und wir müssen für Familien, die aus den unterschiedlichsten Gründen auf einmal obdachlos werden oder vom Leben auf der Straße bedroht sind, Unterbringungen in Hotels schaffen, weil Familien mit Kindern nicht auf die Straße dürfen. Es ist keine Kindeswohlgefährdung, wenn man im Hotel wohnt, denn wenn wir das Kind aus der Familie nehmen, beschimpfen Sie uns auch.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich eines sagen: Ich finde es, um es einmal umgangssprachlich zu sagen, auch sehr belämmert, wenn Menschen nichts zu tun haben, obwohl sie arbeiten wollen. Darum hat die Bundesregierung gerade im Kabinett beschlossen, die Frist bis zur Möglichkeit der Arbeitsaufnahme nach Vorgangprüfung auf drei Monate zu verkürzen. Das hat der Hamburger Senat immer unterstützt. Das haben wir in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Man sieht an diesen Beschlüssen in Berlin, die hoch einvernehmlich sind, dass die Frage des Umgangs mit Flüchtlingen in der Mitte der Gesellschaft und bei allen Parteien angekommen ist, sonst wäre das nicht möglich gewesen mit den drei Monaten. Wir ringen zurzeit darum, dass das Innenministerium die Integrationskurse des BAMF für Leute mit schwachem Aufenthaltsstatus öffnet, für Geduldete und für Menschen, deren Asylantrag noch nicht anerkannt ist, damit ihnen zumindest das Deutschmodul offensteht und sie, wenn sie denn eher arbeiten dürfen, auch deutsch sprechen können. Wir wollen, dass die ESF-BAMF-Kurse für Flüchtlinge erhalten bleiben. Da haben Sie uns an Ihrer Seite. Aber werden Sie realistisch, schauen Sie in diese Stadt. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und bei Frank Schira CDU)

Frau Özdemir, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es wirklich unmöglich, dass Sie sich hinstellen und uns verbieten wollen, über dieses Thema zu sprechen.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Die Art und Weise!)

Es geht nicht um die Art.

Das Thema ist ein sozialpolitisches Dauerproblem in dieser Stadt, und zwar seit Jahren, und Sie kön

nen nicht behaupten, dass wir keine Konzepte vorgelegt hätten, nicht bei diesem Thema.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben genug Anträge eingereicht, in denen wir konstruktive …

(Dirk Kienscherf SPD: Nicht Anträge, son- dern realistische Konzepte!)

Dann sind Ihre Anträge genauso unrealistisch gewesen, Herr Kienscherf. Sie können doch nicht sagen, das war damals.

(Dirk Kienscherf SPD: Damals hatten wir weniger Flüchtlinge!)

Man konnte damals schon sehen, dass es eine solche Entwicklung geben wird, so stand es auch in Ihrem Antrag. Das war absehbar, nur haben Sie zu spät reagiert.

Dass es nicht einfach ist, Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen, ist uns allen klar. Aber ich bin nicht bei Ihnen, Frau Fegebank, wenn Sie sagen, es hätte eine konstruktive Debatte zu diesem Thema gegeben. Wir haben Anträge gestellt – alle wurden im Ausschuss versenkt. Ich weiß nicht, ob Ihr Antrag angenommen wurde; ich glaube, eher nicht. Dass Sie sich hier so äußern, wundert mich aber gar nicht. Denn als Herr Kienscherf in seiner Großen Anfrage die damalige schwarz-grüne Koalition fragte, ob an den Mindeststandards etwas geändert werden solle oder ob sie verbessert werden sollten, da hat Ihre Regierung gesagt, das sei nicht notwendig, obwohl es auch schon damals notwendig war. Deshalb wundert mich Ihre Reaktion hier nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte auch noch einmal auf den CDU-Abgeordneten Herrn Ploog eingehen. Ein Hotelzimmer ist keine familiengerechte Unterbringung, vor allem nicht mit Säuglingen, weil – das müsste Ihnen bekannt sein – Säuglinge mit der Flasche ernährt werden. Diese Flasche muss auch irgendwo warm gemacht werden, und das passiert nun einmal in einer Küche.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich bitte die Bürgerschaft darum, Frau Özdemir ausreden zu lassen und ihr zuzuhören. Und ich bitte darum, auch mir zuzuhören und mir Folge zu leisten. – Danke schön.

Frau Özdemir, fahren Sie bitte fort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Schwer erträg- lich!)

Cansu Özdemir DIE LINKE (fortfahrend) : – Schwer erträglich sind eher die Argumente, hier zu behaupten,

(Dirk Kienscherf SPD: Wie viele Kinder ha- ben Sie denn großgezogen? – Gegenruf von Christiane Schneider DIE LINKE: Das ist doch ein Scheißargument!)

dass erstens DIE LINKE keine Vorschläge gemacht habe und zweitens die Hände gebunden seien. Ich glaube nicht, dass die Hände gebunden sind, denn wir haben so viel Leerstand in dieser Stadt, den man doch umbauen könnte.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Erkundigen Sie sich mal bei Frau Sudmann, die wird Ihnen schwer was hu- sten!)

Wissen Sie, was die Argumentation des Senators war? Dass es viel zu teuer sei, sanitäre Anlagen einzubauen. Am Anfang sagten Sie noch im Sozialausschuss, egal was es koste, Sie würden sich bemühen. Das nenne ich doch einmal eine Argumentation.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen. Berechnen Sie einmal die Hotelkosten für eine fünfköpfige Familie. Pro Tag und Kopf sind es ungefähr 25 Euro, das macht für einen Monat etwa 3750 Euro. Da ist doch genug Geld vorhanden, um auch diese leerstehenden Gebäude umzubauen. Ich verstehe nicht, was hier das Problem sein soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Mir liegen keine weiteren sichtbaren Wortmeldungen vor, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 20/11605 seine Zustimmung geben? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf, Drucksache 20/11024, Große Anfrage der CDU-Fraktion: Lehrerbelastung und das Lehrerarbeitszeitmodell – Stimmen die Rahmenbedingungen für den Lehrerberuf in Hamburg noch?

[Große Anfrage der CDU-Fraktion: Lehrerbelastung und das Lehrerarbeitszeitmodell – Stimmen die Rahmenbedingungen für den Lehrerberuf in Hamburg noch? – Drs 20/11024 –]