Das war nicht die Elbphilharmonie, das war nicht die Auffüllung des Pensionsfonds, das war keines von den Beispielen, die Sie genannt haben. Meine Frage war eine ganz einfache. Sie sind sehr aufgeregt geworden und haben dann nichts dazu gesagt. Darum frage ich Sie noch einmal: Was haben Sie mit den 400 Millionen Euro gemacht? Das wüsste ich ganz gerne.
Der zweite Punkt: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie gesagt haben, mit den 84 Millionen Euro im zentralen Personaltitel und den 244 Millionen Euro Reserve in diesem Titel könnten Sie, wenn Sie gut wirtschafteten, erreichen, dass Sie gerade eben mit den Personalmitteln im Haushalt hinkommen? Haben Sie das wirklich ernst gemeint, dass Sie diesen Titel brauchen, damit Sie zum nächsten Doppelhaushalt nicht 244 Millionen Euro Steigerung bei den Personalkosten haben? Oder was machen Sie denn nun mit diesen 244 Millionen Euro? Auch das ist eine ganz einfache Frage. Wo sind die 400 Millionen Euro hingegangen? Was haben Sie mit den 244 Millionen Euro vor? Die 400 Millionen Steuermehreinnahmen im letzten Doppelhaushalt geben Sie aus. Wir haben gerade gehört, dass Sie die 500 Millionen Euro, die noch zusätzlich dazu kommen, ebenfalls nicht zum Schuldenabbau verwenden, sondern auch noch ausgeben wollen. Aber bleiben wir vielleicht erst einmal in der Vergangenheit: Was haben Sie mit den 400 Millionen Euro gemacht und den 244 Millionen Euro in Zukunft? Es wäre ganz nett, wenn Sie das beantworten würden. – Vielen Dank.
Ich frage mich manchmal, Herr Kerstan, warum wir uns die Mühe machen, nach Ablauf eines jeden Haushaltsjahres genau das in eine Drucksache zu schreiben und Ihnen zu berichten; wir nennen das die Haushaltsrechnung. Wir machen sogar jedes Mal eine Pressekonferenz. Dort gibt es farbige Präsentationen, in denen immer ganz genau dargestellt wird, wie hoch das Defizit ist. Es ist in all den Jahren immer deutlich geringer gewesen als ursprünglich geplant, insbesondere deutlich geringer als die Haushaltspläne, die Sie hinterlassen haben. Und dann wird zweitens dargelegt, wie dieses Defizit ausgeglichen wird. Dazu gehören drei Methoden. Eine wenden wir nicht mehr an, das ist die Vermögens
mobilisierung; die gibt es nicht mehr. Zweitens gibt es die neuen Verschuldungen. Die wollen wir auch nicht so gerne. Die wollen wir minimieren, aber die gibt es jedes Jahr in einer abfallenden Linie. Das dritte Element, ein Defizit zu decken, ist die Entnahme aus Rücklagen, und da verstecken sich Ihre 400 Millionen Euro. Das haben wir Ihnen Jahr für Jahr berichtet.
Ich mach es dann noch einmal. In jedem der Jahre 2011, 2012, 2013 haben wir einen Teil des Defizits durch eine Entnahme aus der allgemeinen Rücklage gedeckt; in diesem Jahr haben wir einen Teil des Defizits durch die Entnahme aus der sogenannten SIP-Rücklage gedeckt, die faktisch nichts anderes ist als eine allgemeine Rücklage. So ist der Haushaltsausgleich Jahr für Jahr, und das berichten wir auch. Wir beschreiben die Linien, wir zeigen, dass diese Linien absteigend sind, aber wir sagen nicht, dass wir alles innerhalb eines Jahres in Deckung bringen können, ohne auf Nettoneuverschuldung und Entnahme aus Rücklagen gänzlich zu verzichten. Das geht nur dann, wenn man sagen würde, wo man harte Kürzungen vornehmen will. Herr Heintze, machen Sie doch heute einen konkreten Vorschlag, wo Sie wirklich für irgendeine Aufgabe weniger Geld ausgeben würden – nicht, indem Sie durch irgendwelche Techniken im Einzelplan 9.2 in irgendwelchen Reservetiteln herumbuchen, sondern indem Sie sagen, wir finden Haushaltskonsolidierung wichtig, für diese oder jene Aufgabe wollen wir weniger Geld ausgeben.
Es wäre eine ziemlich kluge Idee, Ihre Rhetorik einmal mit solchen Vorschlägen zu untermauern. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Senator. – Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann kommen wir zur Abstimmung. Die CDU-Fraktion hat beantragt, die Drucksache an den Haushaltsausschuss zu überweisen.
Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Die GRÜNE Fraktion möchte die Ziffer 3 des CDU-Antrags aus der Drucksache 20/11739 separat abstimmen lassen.
Ich rufe dann auf den Tagesordnungspunkt 65, Drucksache 20/11770, Antrag der GRÜNEN Fraktion: Europäische Öffentlichkeit stärken – Rederecht für EU-Parlamentarierinnen und EU-Parlamentarier in der Bürgerschaft einführen.
[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Europäische Öffentlichkeit stärken – Rederecht für EU-Parlamentarierinnen und Parlamentarier in der Bürgerschaft einführen – Drs 20/11770 –]
Die Fraktionen der CDU und der GRÜNEN möchten diese Drucksache federführend an den Verfassungs- und Bezirksausschuss sowie mitberatend an den Europaausschuss überweisen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, ich warte noch ein paar Sekunden, bis sich die Unruhe gelegt hat, und starte dann.
Keine Spielverzögerung? Ich dachte, ich bekäme dann vielleicht Nachspielzeit. Ich weiß, dass unsere Zeit knapp ist, deshalb muss ich ein bisschen auf die Tube drücken.
Das war gerade eine hochspannende Debatte zu den Bezirksversammlungswahlen. Es findet aber am Sonntag eine zweite Wahl statt, und die Aktuelle Stunde heute hat darauf hingedeutet, dass es durchaus Themen gibt, die in Brüssel diskutiert werden, aber unmittelbare Auswirkungen auf das Leben der Hamburgerinnen und Hamburger vor Ort haben. Deshalb hoffe ich natürlich wie wir alle in diesem Hause, dass am Sonntag möglichst viele Hamburgerinnen und Hamburger an der Wahl des Europaparlaments teilnehmen und wir die unrühmlichen 34 Prozent vom letzten Mal – ich glaube, wir haben uns das Schlusslicht mit Brandenburg geteilt – deutlich toppen. Ich würde mir wünschen, dass wir diese Debatte "Europäische Öffentlichkeit stärken – Rederecht für EU-Parlamentarierinnen und Parlamentarier in der Bürgerschaft einführen" – ich gebe zu, ein eher ungewöhnliches Thema für dieses Haus – nutzen und uns auf das Gedankenspiel einlassen, wie es uns gelingen kann, auch jenseits des Europawahlkampfes innerhalb der Fünfjahreslegislaturperiode die Öffentlichkeit zu
stärken für das, was in Brüssel und Straßburg diskutiert und entschieden wird, denn eines ist klar: Hamburgs Politik wird zunehmend stärker durch die EU beeinflusst. Die Diskussion um TTIP heute hat das bestätigt. Wir hatten eine sehr kontroverse Debatte und haben unterschiedliche Perspektiven eingenommen, und das ist auch gut so. Trotzdem glaube ich, dass es nicht ausreicht, einmal im Jahr durch die Europawoche und ansonsten alle fünf Jahre alle Anstrengungen zu bündeln und Wahlkampf zu machen mit kreativen Aktionen, mit Podiumsdiskussionen, mit unterschiedlichen Vernetzungsaktivitäten. Wir brauchen dauerhaft eine wache, eine kritische europäische Öffentlichkeit, denn – und ich glaube, das ist kaum jemandem klar – inzwischen werden 80 oder 85 Prozent der Gesetze, nach denen wir hier leben, in Brüssel oder Straßburg vorbereitet und verabschiedet und dann in nationales Recht oder gar Landesrecht umgesetzt.
Von daher haben wir uns überlegt, wie das geschehen kann. Wie können hier neue Vorschläge diskutiert werden, und wie können wir mit dieser Debatte, von der ich noch gar nicht weiß, ob sie auf Ihre Zustimmung stößt und wie Sie sie bewerten, dazu beitragen, dass wir die beiden Entscheidungsinstanzen Brüssel und Hamburg ein Stück näher zusammenbringen? Hamburg wird stark beeinflusst durch EU-Entscheidungen: Vergaberecht im Bereich Wasser, Flüchtlingspolitik, Datenschutz und Hafenrichtlinien haben wir hier diskutiert, Port Package, Entsenderichtlinie – das sind nur einige wenige Bereiche, die sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher, aber eben auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betreffen. Wie können wir es also schaffen, die Entscheidungsinstanz Brüssel – weit weg, gefühlt nichts mit mir zu tun habend – mit der Lebensrealität in Hamburg zusammenzubringen, die Aufmerksamkeit stärker auf die wichtigen Entscheidungen in Brüssel zu lenken, die Bedeutung der Entscheidungen vor Ort zu steigern und vielleicht sogar Informationen aus erster Hand über verschiedene Gemengelagen und Konfliktlinien zu erhalten?
Unsere Idee, ganz bewusst ein Rederecht für vereinzelte Debatten einzuführen, wird schon umgesetzt, zum Beispiel in Wien. Im Bundesland Wien hat die rot-grüne Regierung – übrigens stark gepusht von der SPÖ, also den Sozialdemokraten – im Jahr 2012 beschlossen, zu ausgewählten Debatten und wichtigen Entscheidungen auch EUParlamentarierinnen und EU-Parlamentarier zu Wort kommen zu lassen. Und wenn jetzt kommt, dann werden wir überschwemmt von Anfragen, dann finden keine ungestörten Sitzungen mehr statt, weil sich ständig EU-Parlamentarier in die Debatten einmischen wollen, dann muss ich sagen, dass ich mir das in Wien einmal angesehen habe. Es hat bisher drei Debatten gegeben,
eine Initiierungsdebatte zum Rederecht im Jahr 2012, eine weitere 2013 zum Thema Finanzmarktregulierung und Sozialunion – ein, wie ich finde, auch für uns nicht ganz unwichtiges Thema –
und eine dritte Debatte, die wir auch geführt haben mit Europaparlamentariern aus der Bürgerschaft, zum Thema Wasserversorgung und anderer kommunaler Dienstleistungen sowie TTIP, gerade vor anderthalb Monaten. Ich hätte es spannend gefunden, unsere Europaparlamentarierinnen und -parlamentarier, unsere Gesichter in Brüssel und Straßburg hier zu diesen Themen zu hören und mich mit ihnen über diese wichtigen europapolitischen Fragestellungen auseinanderzusetzen, denn es geht um Weichenstellungen, die sehr viel mehr sind als nur Verordnungen und Richtlinien, sondern Lebensrealität werden.
Das hat uns veranlasst zu sagen: Wir wollen diesen Impuls setzen, wir wollen diesen Gedankenanstoß geben. Ich habe vernommen, dass die SPD diesen Antrag weder an den Verfassungsausschuss noch an den Europaausschuss überweisen wird, was ich total bedauerlich finde; das muss ich ganz ehrlich sagen. Denn dieses Thema, auch wenn wir uns vielleicht reiben und vielleicht auch gute Gegenargumente kommen werden, sollte uns allen am Herzen liegen, und dieser Antrag ist endlich ein neuer Gedankenanstoß dazu. Es sollte uns allen darum gehen, europäische Öffentlichkeit und die Wahrnehmung europäischer Themen zu stärken, die Relevanz von europäischen Themen für Hamburg deutlich in den Vordergrund zu stellen und diese durch einen gezielten Austausch mit unseren Europaparlamentarierinnen und Europaparlamentariern innerhalb der Legislaturperiode kontrovers und strittig aufzugreifen. Ich finde es äußerst bedauerlich, diesen Impuls einfach nur als Hirngespinst wegzuwischen mit der Bemerkung, das habe noch niemand gemacht. Warum können wir in Hamburg nicht auch einmal eine Vorreiterrolle einnehmen, liebe SPD, und jenseits der ausgetretenen Pfade einen neuen Weg gehen? Das wäre zumindest eine lohnenswerte Debatte, die wir uns gönnen sollten,
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind vermutlich die wirklich Europainteressierten, die dieser Debatte lauschen werden.
Ich definiere noch einmal, was unsere Aufgabe als Hamburgische Bürgerschaft ist: ursächlich Landespolitik zu machen. Wo ist die Grenze bei unseren Debatten? Zum einen diskutieren wir keine beziehungsweise wenig bezirkliche Themen, und zum anderen haben wir keinen deutlichen Auftrag für Außenpolitik. Wir haben auch keinen Auftrag, Politik zu diskutieren, die rein europäisch ist. Die GRÜNEN haben zu Recht betont, dass die EU relevant für Hamburg ist. Das ist sicher richtig, gilt aber in unseren Augen sehr viel mehr für die Bundespolitik in Berlin. Ich habe nicht gehört, dass Sie fordern, auch unsere Bundestagsabgeordneten sollten unsere Debatten begleiten und hier auch selber reden dürfen.
Wir haben in der Vergangenheit natürlich auch über europäische Belange diskutiert. Es ist nicht so, dass dieses Haus sich für diese Themen überhaupt nicht interessiert. Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Kompetenz dafür im Europaausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft sitzt, und dort haben wir auch sehr oft Referentinnen und Referenten zu europäischen Themen eingeladen – Herr Bläsing und Frau Steppat können das bestätigen – und mit ihnen gemeinsam über Europa diskutiert.
Auch wenn Frau Fegebank das heute euphorisch dargestellt hat, warne ich davor. Die praktische Umsetzung ist unglaublich schwierig, denn aus demokratischen und eigentlich auch aus Gleichbehandlungsaspekten ist die Frage zu stellen, wer eigentlich auswählt. Zu welchen Themen gibt es Parlamentsdiskussionen? Dürfen nur EU-Parlamentarier in der Bürgerschaft reden, die hier mit ihrer Partei vertreten sind? Alles das sind Fragen, die überhaupt nicht geklärt sind. Wer sich in Brüssel ein bisschen umschaut, merkt spätestens dann, dass die Parteigrenzen, die wir kennen und die für uns ganz gegenwärtig sind,
in Brüssel aufgelöst worden sind und man gar nicht genau in jedem Fall erkennen kann, wer dort zu welcher Fraktion gehört. Die Mitglieder der ALDEFraktion, eigentlich Liberale, sind Grüne, um es einmal deutlich zu sagen. Das sind Probleme, denen wir uns stellen müssen.