Auch hier hilft ein Blick ins Gesetz. Nach allem, was mir bekannt ist, auch aus den Berichten von Augenzeugen, hat die Polizei mit Augenmaß gehandelt und ihre Aufgabe gut erfüllt. An dieser Stelle auch von uns Liberalen einen herzlichen Dank an die Einsatzkräfte, die vor Ort waren.
Umso unverständlicher, meine Damen und Herren von der LINKEN, ist deshalb die Pressemitteilung von Frau Schneider. Sie sprechen von einem blutigen Einsatz. Das heizt die Stimmung nicht nur noch mehr an, es ist vor allem unbegründet. Sie sollten sich Ihrer Verantwortung als Abgeordnete mehr bewusst werden.
Meine Damen und Herren! Wir brauchen einen konstruktiven Dialog, anstatt die Flüchtlinge zu instrumentalisieren. Der Innensenator hat zwar vor Monaten den angemessenen Umgang mit dieser Gruppe verschlafen, aber das darf keine Entschuldigung dafür sein, die Polizei und die engagierten Einsatzkräfte als Sündenbock darzustellen.
Und nun zum dritten Punkt, die Anschläge auf die Abgeordnetenbüros. Ich möchte mich im Namen der FDP-Fraktion, der Präsidentin und den anderen Fraktionen auch dafür bedanken, dass Sie im Ältestenrat unserem konstruktiven Vorschlag gefolgt sind und eine gemeinsame Erklärung durch die Präsidentin zu Beginn der Sitzung verlesen wurde. Alle demokratischen Parteien und besonderen Kräfte verurteilen natürlich die politisch motivierten Straftaten und fordern alle Bürger dieser Stadt auf, es uns gleichzutun, denn diese Angriffe sind nicht nur bloße Sachbeschädigung. Vielmehr symbolisieren sie Angriffe auf die gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter in unserer Stadt Hamburg. Sie sind auch als Angriff auf Mandate und Demokratie zu verstehen, und das dürfen wir alle in Hamburg nicht dulden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Links-Fraktion will deutlich und kräftig sagen, dass wir alle Anschläge auf Büros von Abgeordneten heftig ablehnen.
Abgeordnetenbüros in den Stadtteilen sind eine demokratische Errungenschaft, und wir finden es ausdrücklich richtig, dass wir als Abgeordnete vor Ort sind.
Diese Anschläge empfinden wir als Angriff auf die Demokratie und weisen sie dementsprechend heftig zurück.
Wir sagen das auch vor dem Hintergrund, dass wir selber Erfahrung damit haben. Es macht immer eine Menge aus, wenn man Erfahrung mit etwas hat, denn dann ist es einem umso wichtiger, darauf hinzuweisen und das zu verteidigen. Es ist meiner Meinung nach unbestritten, dass wir alle gemeinsam einen Weg finden sollten, so etwas nie wieder geschehen zu lassen.
Das hat aber nichts damit zu tun, was hier alles durcheinandergewirbelt worden ist. Ich finde, wir sollten das sorgfältig auseinanderhalten. Herr Wersich, wie kann man diese Anschläge auf die Abgeordnetenbüros mit einem zwar nicht legalen, aber gewaltfreien Protest auf dem Rathausmarkt zusammenschmeißen?
Wie kann man das Verhalten von Flüchtlingen und ihren Unterstützern, die im Wesentlichen ruhig schweigend da saßen,
diejenigen, die dort gesessen haben, haben geschwiegen –, gleichsetzen damit, dass Abgeordnetenbüros angegriffen werden?
Sie versuchen, mit einem riesigen Waschlappen über alles Mögliche zu wischen. Was hat wildes Campen damit zu tun, dass Abgeordnetenbüros überfallen werden? Das hat nichts miteinander zu tun, und es ist wichtig, das demokratisch auseinanderzuhalten und nicht alles in einen Topf zu werfen.
Ich will Ihnen noch etwas sagen. Wir haben, für uns durchaus erstaunlich, die Polizei für Teile ihres Einsatzes auf dem Rathausmarkt gelobt.
Worüber diskutieren wir denn jetzt? Es hat, das werden Sie feststellen, wenn Sie sich informieren und sich die Bilder ansehen, Blut auf dem Rathausmarkt gegeben, und zwar aufgrund der Angriffe einzelner Polizisten. Das war der Vorwurf, den wir gemacht haben.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Chris- toph de Vries CDU – Dietrich Wersich CDU: Was soll denn das für ein Angriff der Polizei gewesen sein? – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Dann stellen Sie doch Strafanzei- ge! – Unruhe im Hause – Glocke)
In dem Augenblick, wo wir nicht mehr in der Lage sind, als demokratische Kräfte auch und gerade die Polizei kritisieren zu können, wird ein wesentlicher Bestandteil von Demokratie infrage gestellt.
Wir können der Polizei nur dann die Gewalthoheit in diesem Land geben, wenn wir sie auch kritisieren können. Wie die Lemminge jedes Mal hierherzukommen,
(Sören Schumacher SPD: Ein Lemming bin ich schon mal gar nicht! – Gabi Dobusch SPD: Keine Beleidigungen!)
Noch ein Wort zur SPD. Ich verstehe Ihre Geschichte. Sie haben ein Trauma im Zusammenhang mit Schill und Ähnlichem. Ich will das noch einmal ganz kurz in Erinnerung rufen; ich war damals schon in der Bürgerschaft.
Wie war das damals mit Schill? Schill wurde von einer Zeitung, die auch gegenwärtig wieder kräftig hetzt, auf 7, 8, 9 Prozent hochgeschrieben. Das ist ein richtiges Problem gewesen und man musste sich damit auseinandersetzen. Die SPD reagierte damit, dass Herr Scholz als Innensenator genau das einführte, was Herr Schill gefordert hatte, und sagte, das wäre das Richtige. Damit hat er Schill erst groß gemacht. Das war Ihr Trauma; ich hoffe, Sie werden es verarbeiten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe diese Debatte sehr aufmerksam verfolgt, auch die zum Teil sehr unterschiedlichen Sichtweisen der Fraktionen und der der Sprecherinnen und Sprecher, wie sie vielleicht gerade im letzten Beitrag zum Ausdruck gekommen ist. Mir scheint an dieser Stelle wichtig zu sein, daran zu erinnern, was Hamburg eigentlich zu der besonderen, liberalen und offenen Stadt gemacht hat, die sie heute ist: Es ist die Bereitschaft, uns in unserer Unterschiedlichkeit hinzunehmen, manchmal auch zu ertragen, auch wenn es schwerfällt. Diese stolze, liberale Haltung fußt auf einem gesellschaftlichen Konsens, nämlich darauf, dass es ein Mindestmaß an Grundüberzeugungen in unserer Stadt gibt, die die Grundlage dafür sind, die liberale Offenheit zu ermöglichen. Unsere Demokratie lebt von Konsensbereitschaft, davon, seine Meinung eben nicht absolut zu stellen und aus dieser Perspektive den politischen Mitbewerber zur totalen Aufgabe seiner Position zwingen zu wollen. Es geht also darum, sich möglichst nicht extrem in den Diskurs einzubringen, sondern die Verantwortung für die gemeinsame Grundlage wahrzunehmen. Dazu gehört konkret, dass natürlich in Parks und Grünanlagen nicht über Wochen kampiert und öffentlicher Raum quasi privatisiert und in Besitz genommen wird, sodass die anderen Bürgerinnen und Bürger diese Anlagen nicht mehr nutzen können. Dazu gehört auch, dass sowohl das geltende Demonstrationsrecht als auch das Bannmeilengesetz akzeptiert wird. Dazu gehört, dass eine rechtsstaatlich denkende und handelnde Polizei, wenn sie unsere Regeln angemessen durchsetzt, nicht verleumdet oder gar als Nazis beschimpft wird.
Dazu gehört, dass Menschen, die Hilfe und Unterstützung einfordern, das geltende Aufenthaltsrecht akzeptieren und sich daran halten, dass sie ihren Namen nennen und ihre Fluchtgeschichte schildern. Denn erst die Akzeptanz, das Einhalten von
und das Eintreten für die Regeln unserer Gesellschaft machen es möglich, ja schaffen die Voraussetzung dafür, unterschiedliche Lebensentwürfe auszuhalten. Dabei ist es nicht die Aufgabe des Staats oder gar eines Senators, sich in die Lebensentwürfe der Menschen einzumischen. Es ist aber die Aufgabe des Senats, der Verwaltung, auch aller Abgeordneter, das Einhalten der Regeln wirksam und angemessen durchzusetzen – ganz im Geiste Rosa Luxemburgs, die sinngemäß sagte, die Freiheit des Einzelnen ende dort, wo die Freiheit des anderen beginne. In dieser Tradition, in dieser Haltung steht dieser Senat.