Protokoll der Sitzung vom 22.06.2011

Ich habe zitiert.

(Jörg Hamann)

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Frau Abgeordnete Sudmann, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf, auch zitiert sind solche Ausdrücke nicht zulässig. – Bitte fahren Sie fort.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP)

(Unruhe bei allen Fraktionen)

Das kommentiere ich nicht.

Mir geht es jedenfalls darum, dass wir mit einem Maß messen und nicht mit zweierlei Maß, aber ich merke, dass ich jetzt Ihre volle Aufmerksamkeit habe und nun wunderbar zum FDP-Antrag übergehen kann.

Sie werden erstaunt sein, dass wir mit Ihnen einer Meinung sind. Wir wollen Klarheit haben darüber, was geplant ist, welche Behörden wo hinziehen sollen, welche Flächen angemietet sind und was das kostet. Aber warum müssen überhaupt Umzüge angedacht werden? Wir wissen, dass die bauliche Ausstattung im BSU-Gebäude nicht mehr die beste ist. Aber wir haben einen ganz gewaltigen Umzugsdruck, weil es seit Jahren – und daran war auch Rot-Grün beteiligt – den Ansatz gibt, alle städtischen Grundstücke und Gebäude zu verscherbeln. Es hat einen großen Ausverkauf gegeben. Damit hat Rot-Grün angefangen, Schwarz und auch Schwarz-Grün hat es fortgesetzt.

Vielleicht ist es Ihrer Erinnerung entgangen, dass der ehemalige Finanzsenator Freytag das BSU-Gebäude quasi verschenken wollte – ich weiß nicht mehr, ob es 30 Millionen waren. Dann hat es wahnsinnigen Druck gegeben und auf einmal wurde mindestens die doppelte Summe oder noch mehr als Kaufpreis festgestellt. Sie haben komplett vergessen, dass es auch darum ging, Immobilien gut und teuer zu verkaufen und nicht darum, etwas Gutes für die BSU-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zu tun.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Na, ich bin gleich ganz irritiert.

Ich kann nicht beurteilen, wie es mit den Kosten steht – da fehlen uns noch die Aussagen des Senats – und wie viel Sinn es macht, dass die BSU jetzt noch umzieht oder wie sinnvoll es ist, das mit der Wissenschaftsbehörde zu machen; Sie werden es uns noch darlegen. Aber was ich beurteilen kann, ist, dass in diesem Gebäude eine Nutzung erfolgen muss, die für den Stadtteil wirklich etwas bringt, weil diese Synergieeffekte, die auch von den Grünen schon besprochen worden sind, wichtig für Wilhelmsburg sind. Es geht doch auch darum, dass Wilhelmsburg einmal andere Perspekti

ven bekommt. Deswegen brauchen die Elbinsulanerinnen und auch die Mitarbeiterinnen endlich klare Ansagen und Perspektiven.

(Beifall bei der LINKEN)

Kommen wir zum Bereich Bezirksamt Hamburg-Mitte oder auch zum Umzug der Wirtschaftsbehörde. Da geht es nicht darum, dass es schlechte Gebäude sind, dass die Mitarbeiterinnen in Räumen arbeiten müssen, in denen es nicht nur stinkt, sondern in denen auch die Gesundheit gefährdet ist. Es geht darum – und das trifft wunderbar die FDP und auch die frühere Regierung –, dass Sie notleidende Investorinnen und Investoren unterstützen wollen.

(Robert Bläsing FDP: Das ist doch Unfug, Frau Sudmann!)

Das höre ich gerne, vielleicht hat die CDU es schon vergessen. Im Jahr 2005 oder 2009

(Zurufe von der CDU – Mehmet Yildiz DIE LINKE: 2009 war das!)

2009, danke – haben Sie den Investoren in der HafenCity einen wunderbaren Vertrag angeboten: Liebe Leute, wenn ihr Büros baut und sie nicht vermietet bekommt, dann sind wir gar nicht so herzlos, wie wir es sind, wenn es um Hartz IV geht oder darum, andere Leute zu beschädigen. Wir garantieren euch, wenn ihr Leerstand habt, bis zu 50 000 Quadratmeter Bürofläche zu einem Preis von 15,84 Euro anzumieten.

Das ist eine Hilfsmaßnahme, die sich sehen lassen kann und das wollen Sie, liebe FDP, noch weiter fortsetzen. Die Zeche dafür zahlen die Bürger und Bürgerinnen, die dann an anderer Stelle das Geld nicht mehr bekommen. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte zahlt zurzeit 8,23 Euro Miete, zukünftig werden es 15,84 Euro sein, wenn es in die HafenCity umzieht.

(Jörg Hamann CDU: Das ist Unsinn, was Sie erzählen, Frau Sudmann!)

Das ist kein Unsinn, das sind Zahlen, die Sie nachlesen können. Denken Sie daran, das Schwarze sind die Buchstaben, Herr Hamann.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Deswegen hat Herr Duwe nämlich schon gesagt, es sei nicht unbedingt kostensparend. Da haben Sie total Recht, Herr Duwe. Wir sagen als Linke, dass wir endlich Klarheit für die betroffenen Stadtteile und für die Mitarbeiterinnen haben wollen. Es wird Umzüge geben müssen, aber bitte schön keine Umzüge, die nur zugunsten der Investorinnen erfolgen. Und wir sagen ganz eindeutig: Kein weiterer Verkauf von städtischen Gebäuden und Grundstücken.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Sudmann. – Herr Hamann, an Sie geht der Hinweis, dass auch Ihre Wortwahl nicht parlamentsangemessen war.

Herr Senator Dr. Tschentscher hat jetzt das Wort.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich wollte den Streit über die Wortwahl nicht fortsetzen, sondern nur noch zur Sache darauf hinweisen, dass die Prüfung zur wirtschaftlichen Nutzung des Neubaus in Wilhelmsburg in der Finanzbehörde erfolgt, und zwar deshalb, weil wir ein Problem haben. Die Stadt mietet so viele Büroflächen – was auch etwas damit zu tun hat, dass Bürogebäude verkauft worden sind –, dass wir jedes Jahr über 100 Millionen Euro dafür ausgeben.

(Dirk Kienscherf SPD: Unglaublich!)

Ich spreche jetzt nicht von den Ursachen, aber wir haben objektiv ein Problem. Wir haben große Anmietverpflichtungen in der HafenCity übernommen, das heißt, nicht wir, sondern der Vorgängersenat. Wir haben eine komplizierte Situation der Behördengebäude, aus denen die Behörden zum Teil heraus wollen und zum Teil heraus müssen. Wir haben auf der anderen Seite diesen Neubau, der so weit fortgeschritten und auch so verflochten mit stadtentwicklungspolitisch positiven Impulsen ist, dass es aus heutiger Sicht nicht verantwortungsvoll wäre, diesen Neubau zu stoppen, weil es nicht wirtschaftlich wäre, ein bereits gegossenes Fundament wieder auszugraben, und auch was die Zusagen gegenüber Dritten betrifft.

Deswegen gab es sehr früh eine klare Ansage der Finanzbehörde, den Neubau der BSU in Wilhelmsburg, so nennen wir ihn jetzt einmal, fertigzustellen. Und die Investoren, die im Umfeld ihre Zusagen haben, werden diese auch von der Stadt eingelöst bekommen; das ist eine ganz wichtige Vorentscheidung. Aber dennoch müssen wir prüfen, was die wirtschaftlichste Nutzung dieses Gebäudes ist, welche Behörde dort am besten hineinpasst und welche Nebennutzungen man sich noch vorstellen könnte, um dieses Projekt – das auch vom Vorgängersenat in einer späteren Phase wirtschaftlich sehr kritisch beurteilt worden ist, wenn ich das sagen darf – zu einem für die Stadt wirtschaftlich tragbaren Mietobjekt zu machen.

Diese Prüfungen sind aufwendig, weil wir in verschiedensten Varianten prüfen müssen, welche Umzugskosten an welcher Stelle entstehen, welche Behörden beteiligt wären und wie es in die Behörden- und Gebäudestruktur hineinpasst. Haben Sie Verständnis dafür, dass das nicht von einem Tag auf den anderen machbar ist. Wir haben alle Akten bei uns, prüfen die unterschiedlichen Varianten und werden dann einen Vorschlag machen, der jedenfalls aus wirtschaftlicher Sicht der klügste

ist, den man derzeit machen kann. Die Behörden und das Parlament müssten dann prüfen, ob das eine kluge Idee ist. Wir sind bemüht, den positiven Impuls für den Stadtteil zu erhalten, aber aus finanzieller und kaufmännischer Sicht der Stadt die richtige Entscheidung zu treffen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Senator.

Gibt es noch Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall, dann kommen wir zur Abstimmung. Die CDU-Fraktion hat eine ziffernweise Abstimmung beantragt. Zunächst zu Ziffer 1 des FDP-Antrags aus Drucksache 20/747.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist Ziffer 1 abgelehnt.

Wer schließt sich der Ziffer 2 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 3 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch Ziffer 3 abgelehnt.

Wer nimmt Ziffer 4 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 5 beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist Ziffer 5 auch abgelehnt.

Wer stimmt Ziffer 6 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind alle sechs Ziffern des Antrags abgelehnt.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 37 und 10, den Drucksachen 20/732 und 20/434, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gesetzliche Grundlage für die Bezirklichen Ordnungsdienste schaffen und Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Bezirklicher Ordnungsdienst in Hamburg.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gesetzliche Grundlage für die Bezirklichen Ordnungsdienste schaffen – Drs 20/732 –]

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Bezirklicher Ordnungsdienst (BOD) in Hamburg – Drs 20/434 –]

Die GAL-Fraktion möchte die Drucksache 20/732 federführend an den Innenausschuss sowie mitberatend an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Schneider, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat beginnen:

"Im Rahmen eines neuen Konzepts des Bezirklichen Ordnungsdienstes ist daher sicherzustellen, dass (…) die Zuständigkeit des Bezirklichen Ordnungsdienstes auf die ursprünglichen Aufgabenbereiche konzentriert wird. Insbesondere ist dafür Sorge zu tragen, dass nicht originäre polizeiliche Aufgaben auf den hierfür nicht ausgebildeten Bezirklichen Ordnungsdienst verlagert werden und hierdurch die Mitarbeiter ihre eigentlichen Aufgaben nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erfüllen können."