Protokoll der Sitzung vom 22.06.2011

Sie sprachen die Ausbildung der Mitarbeiter an. Auch da lohnt es sich, wenn Sie sich vor Ort ein Bild machen und die Mitarbeiter begleiten. Dann werden Sie nämlich feststellen, dass sogar einige dieser Mitarbeiter aus dem Polizeidienst kommen, Polizeiangestellte waren, Verwaltungsmitarbeiter, somit auch die entsprechende Vorbildung mitbringen und die Ausbildung zum BOD-Mitarbeiter ergänzend darauf ansetzen kann. Wenn Sie also behaupten, dass die Ausbildung der BOD-Mitarbeiter schlecht sei, dann kennen Sie deren Alltag tatsächlich in keiner Weise.

(Beifall bei der CDU)

Insofern hilft auch kein Gesetz, das die Ausbildung neu regelt. Viel entscheidender ist es, wenn Sie die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BOD verbessern wollen, nicht ein Gesetz anzuregen, sondern den Senat daran zu erinnern, dass er den Bezirken eine Stärkung versprochen hatte. Wenn der Senat es hier ernst meint, dass er die Bezirke stärken möchte, dann sollte er diese Ankündigungen umsetzen, indem er die Mittel für eine personelle Verstärkung des Bezirklichen Ordnungsdienstes bereitstellt. Das würde wirklich zu einer Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BOD beitragen.

Auch wenn wir Ihrem Antrag inhaltlich nicht zustimmen können, werden wir uns der inhaltlichen Debatte im Fachausschuss nicht verweigern und der

(Arno Münster)

von der GAL beantragten Überweisung zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Gladiator. – Frau Möller hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Manchmal wundert man sich, welche Kurven und Wendungen hier angemeldete Themen oder die Auswertungen von Großen Anfragen nehmen und je später der Abend, desto interessanter die Wendungen. Nachdem ich festgestellt habe, dass Herr Dressel hinausgegangen ist und Herr Münster auch nicht seine erste Rede hier gehalten hat, muss ich an der Stelle einmal sagen, dass Frau Schneider das, was sie zitiert hat, aus der Großen Anfrage zitiert hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Darin steht, dass fünf BOD-Kräfte eine Ausbildung bei der Polizei haben, weil sie nämlich von der Polizei kommen. Wir reden insgesamt aber über rund 90 BOD-Kräfte. Weitere zehn waren vorher jeweils in Bezirksämtern tätig, ohne dass da steht, was sie in diesen Bezirksämtern gemacht haben. Der Rest erhält tatsächlich eine Ausbildung von 35 Tagen, die sich Grundlehrgang nennt und obligatorisch ist und in sechs Modulen abgeleistet wird. So viel zur Darstellung der Ausbildung, die uns vom Senat in der Großen Anfrage geliefert worden ist.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und Beifall bei Cansu Özdemir, Christiane Schneider und Heike Sudmann, alle DIE LINKE)

Eigentlich wollte ich anders einsteigen, nämlich mit der Beschreibung der Situation, die durch eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten über die Einstufung der BOD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter bis hin zum Bundesarbeitsgericht – Frau Schneider hat es gesagt – gekennzeichnet ist. Wir haben in der letzten Legislaturperiode diese Verfahren leider nicht aufhalten und stoppen können. Das Personalamt ist weiterhin der Meinung, dass ihre Einstufung richtig ist, und deswegen muss man jetzt, wo schon eine Vielzahl der Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelandet ist, hier einfach durchhalten. Dieses muss zu Ende ausgefochten werden, weil der Streit sich in der Hamburger Verwaltung nicht lösen zu lassen scheint. Ich habe auch kein Signal vernommen, dass von der SDP entgegen dem, was Herr Dr. Dressel in der letzten Legislaturperiode immer sehr deutlich gesagt hat, hier eine Vorabentscheidung getroffen wird. Wenn Sie jetzt das Personalamt aufhalten wollen, dann würde ich das sehr begrüßen. Ich würde Ihnen sogar viel Erfolg dabei wünschen, aber das wäre richtig schwierig. Das ist eine schon über Jahre durchgezogene Verfahrensweise des Personalamts und sie werden das nicht mehr stoppen.

Weiterhin fand ich bisher in dieser Debatte äußerst interessant, dass es scheinbar so angekommen ist, als ginge es hier um die Debatte eines Konkurrenzverhältnisses zwischen Polizei und BOD. Wenn wir uns einmal die ursprüngliche Auseinandersetzung Anfang der 2000er Jahre um den damals noch Sicherheits- und Ordnungsdienst genannten Dienst vor Augen führen, dann ging es vor allem darum, dass die Aufgabenzuschreibung nicht klar ist. Es ist für die Bürgerinnen und Bürger nicht klar, welche Aufgaben dieser Sicherheits- und Ordnungsdienst hat, und es ist für uns, die wir als Abgeordnete im Parlament einen gewissen Überwachungsauftrag, zumindest aber einen Überprüfungsauftrag haben, nicht klar. Es ist das große Verdienst dieser Großen Anfrage der LINKEN, in deren Auswertung, die der Senat uns gegeben hat, sich deutlich nachlesen lässt, dass eben nicht klar ist, nach welchen gesetzlichen Vorgaben der BOD wann welche Maßnahmen verfügt. Das hilft bei der internen Auswertung und der Evaluation dieser Arbeit und drittens natürlich vor allem bei der politischen Bewertung, ob die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verhältnis zu den Aufgaben angemessen ist und die Aufgaben mit den Erträgen korrespondieren, die durch den BOD dann auch tatsächlich der hamburgischen Kasse zugutekommen. Diese Evaluierung bedarf einer gewissen Sorgfalt und einer sehr detaillierten Auseinandersetzung damit, was der BOD eigentlich macht. Ich zitiere einmal ein oder zwei Kennzahlen, weil die ganz hübsch sind. In der Anlage 2 steht unter der Kennzahl 4 "Grün- und Erholungsanlagen" und den Stichwörtern "Waldgesetz", "Deichverordnung" – es gibt Stichworte, das nur für diejenigen von Ihnen, die das nicht gelesen haben –

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist alles gelesen, das müssen Sie nicht vorlesen!)

Herr Ohlsen, dass Sie es gelesen haben, glaube ich –, "Bestattungsverordnung und andere Berichte" – das habe ich jetzt wörtlich vorgelesen –, dass es eine Steigerung von 2100 auf 5100 Aktionen gegeben hat. Und niemand weiß, was sich dahinter verbirgt. Der Senat sagt, es werde sehr sorgfältig evaluiert und jedes Handeln werde dokumentiert, aber in der Großen Anfrage kann er es leider nicht präsentieren.

Bei der nächsten interessanten Zahl, der Kennzahl 5, "Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen" gab es bei der Zusammenarbeit mit Polizei eine Steigerung von 900 auf 2500 Einsätze. Aber damit wir Transparenz darüber haben, was denn der BOD genau macht, was seine Aufgaben sind und wie diese sich verändert haben, bräuchten wir ein bisschen mehr an dieser Stelle.

Ich könnte noch mehr interessante Zahlen vorlesen. Vielleicht ist der eine oder andere Kollege oder Kollegin doch noch auf den Geschmack gekommen und vielleicht kann sich die SPD doch

(Dennis Gladiator)

entschließen, wenigstens die Große Anfrage zu überweisen. Wenn wir in die Novellierung des SOG einsteigen – anders als die LINKE es hier will brauchen wir keinen eigenen Gesetzentwurf für den BOD –, dann brauchen wir eine Überprüfung der Arbeit des BOD und des Zusammenspiels mit anderen Ordnungskräften in dieser Stadt. Und dafür könnten wir die Antworten auf diese Große Anfrage gut gebrauchen.

(Beifall bei der GAL und der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Jarchow.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der Linkspartei, grundsätzlich haben Sie uns immer an Ihrer Seite, wenn Sie staatliches Handeln auf eine solide Rechtsgrundlage stellen möchten.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Das Zitat brauchen wir noch!)

Dieses Zitat können Sie jederzeit verwenden.

Was wir allerdings nicht wollen, ist, dass in diesem Staat mehr Gesetze gemacht werden als nötig und schon gar nicht dort, wo wir sie nicht für notwendig halten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Einen solchen Fall haben wir hier mit dem ersten Petitum Ihres Antrags vorliegen, den wir deshalb ablehnen werden. Dass die von Ihnen geforderte spezielle gesetzliche Regelung unnötig ist, hätten Sie bei gründlicher Lektüre unserer Meinung nach auch schon anhand Ihrer Großen Anfrage feststellen können. Dort ist schlüssig dargelegt, dass die bestehenden Rechtsgrundlagen für den BOD und seine Zuständigkeiten ausreichend und klar sind. Gerade in Hinsicht auf die Schwerpunktaufgabe des BOD, den Vollzug von Bezirksaufgaben, würde es wenig Sinn machen, den BOD in einem speziellen Gesetz mit anderen oder gegebenenfalls sogar weniger Zuständigkeiten auszustatten als die Bezirke. Die gegenwärtigen gesetzlichen Regelungen, wie sie in Ihrer Großen Anfrage dargelegt sind, begrenzen in sensiblen Bereichen die Befugnisse des BOD auch ausreichend gegenüber bestimmten Verwaltungsdienststellen oder der Polizei mit ihren besonderen Befugnissen.

Die einzigen wirklich kritischen Punkte, die aus unserer Sicht aus der Großen Anfrage erkennbar werden, sind die Fragen der indirekten Steuerung durch die Finanzbehörde und die stark ansteigenden Zahlen zu erfolgten Maßnahmen des BOD. Dieses bestätigt insgesamt den Eindruck, den uns auch unsere Bezirksfraktionen immer wieder berichten, nämlich dass die Schwerpunktsetzung des BOD oft nicht nur nach fachlichen Gesichtspunkten

erfolgt. Dass dem so ist, scheint uns angesichts des Drucks auf die Mitarbeiter hinsichtlich der Einnahmengenerierung zur Gegenfinanzierung ihrer Stellen verständlich. Diese mehr einnahmenorientierte statt ordnungsorientierte Ausrichtung scheint uns unbefriedigend. Dem würde eine von Ihnen beantragte neue gesetzliche Regelung an sich aber auch nicht abhelfen. Trotzdem stimmen wir schon deshalb dem Antrag der GAL auf Überweisung der Großen Anfrage an den Innenausschuss zu. Dort lässt sich dann auch diese Frage vertiefen.

Die Ausbildung des BOD scheint uns zwar nicht optimal, aber ausreichend. Die von Ihnen beantragten Verbesserungen wären zwar wünschenswert, aber mit Rücksicht auf den Haushalt der Freien und Hansestadt ist eben nicht alles Wünschenswerte auch finanzierbar. Einen Vorschlag für eine Gegenfinanzierung von Verbesserungen habe ich in Ihrem Antrag vergeblich gesucht. Zudem ist das Verhältnis zwischen Einarbeitungsund Ausbildungszeit und anschließender Dauer der Tätigkeit beim BOD insgesamt eh schon schlecht genug. So können wir dem daher nicht zustimmen. Eine bessere Bezahlung beziehungsweise eine Höhereinstufung der Stellen beim BOD wäre auch "nice to have", aber ohne zusätzliche Mittel wäre dies nur durch eine Reduzierung der Stellen oder eine höhere Einnahmebringeschuld pro Stelle möglich. Beides würde die Belastung der Mitarbeiter deutlich erhöhen mit den entsprechenden Folgen für die Attraktivität dieses Dienstes und auch für den Krankenstand, der durch die belastende Tätigkeit sowieso schon viel zu hoch ist. Dies ginge also zulasten der Leistungsfähigkeit des BOD. Eine höhere Einnahmebringeschuld würde nicht nur zu höheren Haushaltsrisiken führen, sondern die in der Praxis schon vorhandene ungünstige Prioritätensetzung würde durch diese Lenkungswirkung noch mehr forciert. Dies wäre zuungunsten der Bürger und wird von uns daher abgelehnt. Wir hoffen auf eine interessante weitere Erörterung der Großen Anfrage im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Jarchow. – Das Wort hat Frau Schneider.

Ich hätte es wirklich gut gefunden, Herr Münster, wenn Sie wenigstens auf die Beschlusslage Ihrer Partei eingegangen wären, denn da besteht ein Problembewusstsein. Es muss nämlich eine Abgrenzung geben und der BOD – so hat der SPD-Parteitag beschlossen – darf nicht immer mehr Aufgaben der Polizei übernehmen, weil er seine eigentlichen Aufgaben sonst nicht mehr wahrnehmen kann. Darauf

(Antje Möller)

hätten Sie eingehen können, statt mit irgendwelchen abstrusen Unterstellungen zu arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der GAL)

Zur Frage der Ausbildung hat Frau Möller wirklich alles gesagt. Lesen Sie bitte Frage 14, dort haben wir gefragt, wie die Ausbildung sei. Lesen Sie die Antwort auf die Frage 14, dann ergibt sich das ganz eindeutig. Aber ich finde es ein ziemlich starkes Stück, dann gleich mit solchen Knüppeln zu kommen, ich hätte die Unwahrheit gesagt, nur weil Sie nicht lesen können. Das finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall bei der LINKEN und Heiterkeit bei der CDU und der FDP)

Bemerkenswert finde ich auch, Herr Münster, dass Sie als Gewerkschafter und Betriebsrat nicht ein Wort zur Bezahlung verloren haben. Die Bezahlung ist niedrig und auch wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Entgeltgruppe 9 eingestuft werden, dann liegt das je nach Stufe zwischen 2290 und 3290 Euro und das ist nach wie vor wenig. Ich habe mich mit etlichen BODlern unterhalten, zum Beispiel mit einem, der ausnahmsweise in Entgeltgruppe 9 eingruppiert wurde und gerade einmal 3000 Euro brutto bekommt. Er ist in der Hundeangelegenheit tätig, also in einem gefährlichen Job unterwegs, und bekommt dafür 3000 Euro brutto. Das ist wirklich nicht viel und darüber hätten Sie ein Wort verlieren können.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann hat sich auch niemand richtig damit befasst, dass die BOD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter tatsächlich Befugnisse haben, in die Grundrechte einzugreifen. Ich wäre gar nicht darauf gekommen, dass sie Leute in Gewahrsam nehmen können. Darauf bin ich erst durch die Große Anfrage und die Antworten gekommen und ich habe einmal eine Umfrage im Bekanntenkreis und auch bei Journalisten gemacht. Da sagen mir dann zum Beispiel Journalisten, sie würden sich doch von solchen Leuten nicht in Gewahrsam nehmen lassen. Das heißt, es ist unbekannt, aber es findet statt und das ist natürlich für die BOD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter auch nicht ungefährlich. Jetzt sind sie mit Waffen ausgestattet, zum Beispiel dem Teleskopstock, der gefährlich ist. Dazu sagt die Gewerkschaft der Polizei, was Sie vielleicht als Gewerkschafter wissen, damit könne man Kokosnüsse spalten. Es geht aber nicht um Kokosnüsse, es geht um Köpfe und für die Ausbildung in der Anwendung des Teleskopstocks ist nur ein Tag vorgesehen. Die BOD-Mitarbeiter sind auch mit Reizgas ausgestattet. Das ist sowieso ein Problem und dazu kommen wir vielleicht an anderer Stelle noch einmal. In anderen Kommunen sind sie auch mit Reizgas ausgestattet, das sie aber ausschließlich

gegen Hunde und nicht gegen Menschen einsetzen dürfen.

(Beifall bei Cansu Özdemir DIE LINKE)

Solch eine Beschränkung gibt es hier nicht und wir sprechen uns für solche Beschränkungen aus. Es ist notwendig, dass wir diese Eingriffe, die Bewaffnung, die Ausbildung und die Bezahlung der BODMitarbeiterinnen und -Mitarbeiter ausführlich diskutieren.

(Beifall bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Ich möchte noch eines zur gesetzlichen Grundlage sagen. Ich bin bei der Erarbeitung dieser Rede darauf gestoßen, dass das Problem in Paragraf 3 SOG liegt. Deswegen glaube ich, dass die Trennung von Aufgabenzuweisung und Eingriffsbefugnissen normenklar geregelt werden muss und das Problem dann vielleicht eingrenzbar ist. Das Problem besteht darin, dass die Tätigkeit nicht einschränkend geregelt ist und deshalb dazu neigt auszuufern. Es gibt immer mehr Platzverweise, immer mehr Ingewahrsamnahmen und so weiter.

(Olaf Ohlsen CDU: Alles wird gut!)

Da sollten Sie sich dem Problem wirklich nicht verweigern. Deswegen plädiere ich an die SPD, wenigstens die Große Anfrage zu überweisen, damit wir Stoff für die Debatte haben. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Schneider. – Frau Möller, bitte.