Protokoll der Sitzung vom 22.06.2011

(Beifall bei der CDU)

Dann haben wir weitere Wahlversprechen; dazu gehörte auch der Erhalt der Straßen. Jetzt sehen wir uns einmal an, was da eigentlich passiert. Es ist in der Tat so, dass die Mittel für den Straßenerhalt steigen. Das ist richtig, aber das Problem ist, dass der Sanierungsfonds für den Straßenerhalt um fast die gleiche Höhe abgesenkt wird. Das hätten Sie Ihren Vorgängern zu Recht nicht durchgehen lassen, da hätten Sie von Taschenspielertricks gesprochen. Das mache ich jetzt bewusst nicht, denn vielleicht ist Ihnen das nur durchgerutscht. Wir empfehlen sehr, da noch einmal hinzusehen. Da scheinen Sie ein zentrales Wahlversprechen nicht einhalten zu wollen.

(Beifall bei der CDU)

Einen weiteren Punkt finde ich jetzt schwierig: Der Bürgermeister hat zu Recht gesagt, die Schuldenbremse sei wichtig für die politische Kultur in Deutschland. Sie haben gesagt, Konsolidieren sei eine große Verantwortung, die auf uns allen liege. Da stimme ich Ihnen auch zu, da sind wir dabei. Nehmen Sie das Angebot an, Herr Senator. Wir werden uns in der Diskussion zur Schuldenbremse nicht wegducken und ich glaube, das, was Schwarz-Grün ursprünglich für 2011 und 2012 als Haushalt vorgelegt hat, war auch schon ein erster Beitrag dazu. Dass Sie jetzt allerdings sagen, wir nehmen mehr Kredite auf als nötig und lassen uns eine Kreditermächtigung über 650 Millionen Euro geben, obwohl wir noch gültige Kreditermächtigungen aus dem Jahr 2010 haben, die noch gar nicht ausgeschöpft und noch zwei Jahre gültig sind, hört sich ein bisschen so an, als ob wir uns ein kreditfinanziertes Sparpölsterchen anlegen. Und wenn ich das richtig im Ohr habe, war es das, was Sie ei

gentlich genau nicht tun wollten. Ich glaube, Herr Senator, da werden Sie Ihrer Verantwortung nicht gerecht. Unsere Vorstellung wäre, gemeinsam zu prüfen, was wir unter Einbeziehung der Rücklagen – da gebe ich Ihnen recht – wirklich an neuen Krediten brauchen dann sehr genau zu schauen, wo wir das vielleicht im Kernhaushalt noch sinnvoll absenken können. Denn nur, wenn Sie die Kreditneuaufnahme vernünftig absenken und sich nicht jetzt schon die Ermächtigung für was auch immer holen – so richtig erklärt ist es nicht –, sind wir in einem Prozess verantwortungsvollen Konsolidierens und Sparens. Da stehen wir an Ihrer Seite. Das können wir allerdings in diesem Haushaltsplan-Entwurf in großen Teilen noch nicht erkennen. Wir werden das aber in der Diskussion in den Ausschüssen weiterverfolgen.

Wir haben also eine große rhetorische Kulisse, die durch den Bürgermeister heute noch einmal verstärkt wurde durch die Begriffe Schuldenbremse, politische Kultur, Konsolidieren, große Verantwortung. Da muss ich persönlich sagen, mit dem Haushalt, den Sie vorgelegt haben, vergeben Sie sich in der Tat jede Chance, die Schuldenbremse vor 2020 zu erreichen. Dann würde ich aber darum bitten, auf Rhetorik, die davon ablenken soll, schlicht zu verzichten, eine sachliche Debatte zu führen und zu sagen, die Schuldenbremse wollen wir nicht früher. DIE LINKE macht das sehr konsequent, die will sie nämlich am Ende des Tages gar nicht. Wir sagen, es geht früher, Niedersachsen hat jetzt ein Gesetz vorgelegt und steigt 2017 ein. Das wäre für uns klare und wahre Haushaltspolitik, das wäre für uns gutes Regieren. Dieser Haushalt wäre eine tolle Chance gewesen, das abzubilden. Wir haben noch die Möglichkeit, das zu korrigieren, wir werden lange Haushaltsberatungen haben. So wie ich Sie kenne, werden die auch sehr konstruktiv sein. Wir werden unseren Teil dazu beitragen, diesen Teil Ihrer Wahlversprechen einzulösen und Ihre Rhetorik, was die Schuldenbremse und die Konsolidierung betrifft, dann auch mit Taten zu hinterlegen. Jetzt muss die Fraktion der SPD entscheiden, ob sie dem mit ihren Stimmen im Parlament folgt oder nicht. Wir werden unsere Hausaufgaben als Opposition an dieser Stelle machen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Herr Quast.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das war ein sehr aufgeregter Debattenbeitrag, Herr Heintze. Aber das lag vielleicht auch ein Stück weit daran, dass Sie in der Situation waren, den Haushalt auch noch verteidigen zu wollen, denn so fingen Sie doch an. Das ist für eine Oppositionsfraktion schon eine merkwürdige Rolle. Aber Sie sind natürlich auch in einer schwie

rigen Lage, weil Sie darum bemüht sind, in der Haushaltspolitik Glaubwürdigkeit zu bewahren. Und angesichts der Finanz- und Haushaltspolitik, die Ihre Senate in den letzten Jahren gemacht haben, ist das schon verdammt schwer.

(Beifall bei der SPD)

Aber keine Sorge, ich will diese Debatte nicht nutzen, um eine Generalabrechnung mit der Haushaltspolitik der CDU in den letzten neun Jahren vorzunehmen. Dafür gäbe es ausreichend Anlass, doch das ist gar nicht meine Absicht. Viel treffender, als ich es vermag, hat dies vor ziemlich genau einem Jahr Ole von Beust getan, als er erst öffentlich seine Finanzsenatoren Peiner und Freytag kritisierte und dann in seiner Regierungserklärung am 16. Juni 2010 unter anderem ausführte – ich zitiere –:

"Wir müssen jetzt vorsorgen und die Redlichkeit aufbringen, uns nichts schönzurechnen und zu hoffen, es werde schon gut gehen."

"Was man gerne hätte, mag zwar wunderbar, kreativ und toll sein, kann allerdings kein Maßstab mehr sein."

Und wir erinnern uns vor allem an einen Spruch:

"Wünsch Dir was, das ist vorbei."

Heute wissen wir, dass der schwarz-grüne Senat nicht mehr die Kraft hatte, die späte Einsicht von Herrn von Beust zu beherzigen. Der Haushaltsplan-Entwurf vom November schrieb die Mahnung in den Wind; das ist schade. Zum Schaden für die Stadt wurde es zum Glück nicht, denn die Kraft, nicht per se schlechte, aber eben nicht finanzierbare oder nachrangige Projekte aufzugeben, bringt jetzt der neue Senat auf.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Verbesserungen für Bildung und Kita werden auch durch den Verzicht auf eine Straßenbahn, zusätzliche Kreisverkehre und Shared Space finanziert.

Klarheit, Vernunft, Verantwortung, diese drei Schlagworte haben die Aussagen unseres Wahlkampfes auf den Punkt gebracht und die Hamburgerinnen und Hamburger überzeugt von einem Wechsel zu einem SPD-Senat und davon, Olaf Scholz als Ersten Bürgermeister zu wählen. Klarheit, Vernunft, Verantwortung, diese drei Worte beschreiben aber auch, wie sich unsere Haushaltspolitik von der der CDU-Senate unterscheidet.

Erstens: Klarheit. Um zügig nach der Wahl einen Haushaltsplan vorlegen zu können, basiert dieser Etatentwurf noch weitgehend auf dem von CDU und GAL hinterlassenen Planwerk. An den Stellen aber, an denen der Vorgängersenat gesetzliche

(Roland Heintze)

Leistungen zu niedrig veranschlagt hat, an denen er schon mit Erfolgen aus Bundesratsinitiativen geplant hat, die er nie gestartet hat, und an denen er Einnahmen verbucht hat, die nicht realistisch sind wie beispielsweise bei der Blaulichtsteuer, haben wir für Klarheit gesorgt.

(Beifall bei der SPD)

Für das Haushaltsjahr 2011 mussten dazu Positionen – Luftbuchungen – korrigiert werden, die sich auf Mehrbelastungen von über 190 Millionen Euro summieren. Für 2012 betrug der Korrekturbedarf sogar schon fast 290 Millionen Euro. Das war Ihre Haushaltspolitik, meine Damen und Herren von der CDU und von der GAL.

Zweitens: Vernunft. Wir haben den Hamburgerinnen und Hamburgern konkrete Maßnahmen versprochen, Sie haben davon gehört. Wir machen die Kita-Gebührenerhöhung von Schwarz-Grün rückgängig und investieren dafür im Doppelhaushalt 65 Millionen Euro. Wir bauen die Ganztagsschulen aus und investieren dafür zusätzlich 5 Millionen Euro aus dem Hamburger Haushalt. Wir erhöhen die Sicherheit in Bussen und Bahnen und investieren dafür zusätzlich 4 Millionen Euro und wir statten den Kulturetat besser aus und geben dafür im Doppelhaushalt 9,5 Millionen Euro mehr aus – versprochen und gehalten.

(Beifall bei der SPD)

Wir finanzieren diese Verbesserungen aber nicht auf Pump durch neue Kredite. Bei einem Haushalt mit einem strukturellen Defizit von 1 Milliarde Euro gebietet dies die Vernunft. Für uns gilt das Prinzip "pay as you go", wir finanzieren neue Vorhaben, indem wir andere sein lassen.

(Beifall bei der SPD)

Drittens: Verantwortung. In der Vergangenheit, nicht nur in den letzten neun Jahren, war Politik stets geneigt, konjunkturbedingt zusätzliche, aber eben tatsächlich nur temporäre Mehreinnahmen für dauerhafte Ausgabenverpflichtungen zu verwenden. So wurde der Haushalt in guten Jahren ruiniert. Die Jahre 2007 und 2008 zeugen besonders davon. Verantwortliche Politik heißt aber, Ausgabendisziplin zu halten. Deshalb werden wir die im Mai prognostizierten Steuermehreinnahmen eben nicht für neue und dauerhafte Ausgaben einsetzen, sondern dazu verwenden, einen teuren Kredit des Bundes von 205 Millionen Euro zurückzuführen und dem Hamburgischen Versorgungsfonds in den kommenden Jahren mit 710 Millionen Euro die Mittel zu geben, um die Altersversorgung für die Pensionäre öffentlicher Unternehmen sicherzustellen und um die Nettokreditaufnahme im Doppelhaushalt um 173 Millionen Euro zu reduzieren. Das ist verantwortliches Haushalten.

(Beifall bei der SPD)

Was wir mit dem Hamburgischen Versorgungsfonds machen, ist auch ein Beitrag zu mehr Transparenz im Haushalt, ein Wort, das der Ex-Senator Freytag gern im Mund führte, der aber gleichzeitig auch die Risiken in Schattenhaushalte verlagert hat, um sich seinen Kernhaushalt schönzurechnen. Damit muss Schluss sein.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen eine ehrliche Darstellung der Haushaltslage, wir schaffen Transparenz, wo Sie nur davon geredet haben. Das Märchen, Herr Heintze, das Sie eben konstruieren wollten von dem kreditfinanzierten Sparpölsterchen, das Sie uns unterstellen wollen, ist doch genau die Erfahrung, die Sie gemacht haben, als Ihr Senator Freytag – war es 2007 oder 2008 – angeblich 1 Million Euro an Schulden getilgt hat und in Wirklichkeit seine kreditfinanzierten Sparpölsterchen, wie Sie sie nennen, aus dem Vorjahr genutzt hat, um den Haushalt überhaupt auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Richtig! So war das!)

Meine Damen und Herren! Wir haben den Hamburgern auch versprochen, den Haushalt in Ordnung zu bringen. Wir wollen ihn fit machen für die Schuldenbremse und damit die Last mildern, die Sie und unsere Vorgänger nachfolgenden Generationen aufgeladen haben. Wir wollen Handlungsspielräume zurückgewinnen. Der Haushalt hat in der traditionellen Betrachtung 2011 ein Volumen von 11,75 Milliarden Euro und im kommenden Jahr von fast 12 Milliarden Euro. Das ist viel, aber ein erheblicher Teil davon ist gebunden, in den letzten Jahren ein Drittel für Personalausgaben und Pensionen, fast ein Viertel für gesetzliche Leistungen und fast ein Zehntel für Zinszahlungen. Alle drei Positionen betreffen Felder, bei denen wir in den kommenden Jahren mit weiteren Steigerungen rechnen müssen. Deshalb führt kein Weg an der Sanierung des Hamburger Haushalts vorbei.

Die Menschen haben die Diskussionen der letzten Wochen verfolgt und wissen, dass es uns damit sehr ernst ist. Und sie verstehen, dass alle ihren Teil dazu beitragen müssen. Diejenigen, die Verantwortung in Politik und Verwaltung tragen, müssen sich Gedanken darüber machen, wie Verwaltung noch effizienter für die Bürgerinnen und Bürger und noch effektiver in der Durchführung gestalten kann, wie teure Doppelstrukturen abgebaut und wie bürgernahe Dienstleistungen gestärkt werden können. Das ist der SPD-Fraktion wichtig. Aber genau darum geht es, wenn Sie jetzt schon wieder den Bezirken vorhalten, dass dort Mittel sind, dann sind das doch genau die Bereiche, in denen die Bürger spüren, wie gut oder wie schlecht Verwaltung funktioniert, und diese Bereiche gehören gestärkt, Herr Heintze, aber Sie wollen hier schon wieder kürzen.

(Beifall bei der SPD)

Niemand, der für unsere Stadt in leitender Funktion tätig ist, darf sich vor diesen Aufgaben drücken, egal ob Amtsleiter oder Universitätspräsident. Auch an der Universität gab es Personalzuwachs, das ist hier alles dargelegt worden, vor allem in der Verwaltung. Zudem wächst dort immer mehr Liquidität auf. Über 80 Millionen Euro an ungenutzten Zuwendungen der Stadt, 30 Millionen Euro an Studiengebühren und über 60 Millionen Euro an unverbrauchten Drittmitteln haben die Hochschulen auf der hohen Kante. Bei einer jährlichen Zuführung an die Hochschulen von 530 Millionen Euro, übrigens mehr als vorher, sind dies erhebliche Anteile, die nicht abfließen. Genau darüber werden wir aber reden müssen, denn wir sind den Bürgern, die sich getäuscht fühlen müssen von dem, was sie von den Hochschulen gehört haben, auch Rechenschaft darüber schuldig, wie die Mittel, die wir zum Teil kreditfinanziert aufnehmen müssen, ordentlich eingesetzt werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte das Wort von Peter Struck zitieren, dass kein Gesetz das Parlament so verlässt, wie es eingebracht wird.

(Thomas Völsch SPD: Sehr gut!)

Das wird auch für dieses Etatgesetz gelten. Die SPD-Fraktion wird sich in den nächsten Monaten intensiv mit dem Haushaltsplan auseinandersetzen und prüfen, wo weitere Nachbesserungen an dem schwarz-grünen Entwurf unvermeidlich sind, Herr Kerstan.

(Zuruf von Jens Kerstan GAL)

Eines ist aber sicher, für uns gilt das Leitmotiv "pay as you go", keine kostenwirksame Änderung ohne Deckungsvorschlag. So haben wir es schon in der Opposition gehalten und so werden wir es erst recht auch künftig tun.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir müssen und wir werden den von uns eingeschlagenen Weg eines soliden Haushalts konsequent weitergehen. Dieser Weg führt über eine Wahlperiode weit hinaus und wie bei einer Schulreform gibt es auch bei der Konsolidierung keinen nachhaltigen Erfolg ohne breite gesellschaftliche Akzeptanz. Es geht nicht darum, mit Freude Einschnitte zu akzeptieren; wo es dazu kommen sollte, dürfen und müssen die mitdiskutieren, die es betrifft, und im Zweifel müssen wir es auch strittig diskutieren. Es geht darum, dass man nicht ständig die Haushaltslage beklagen kann, nicht noch größere Konsolidierungsanstrengungen und einen noch früheren Ausgleich des Haushalts fordern kann und sich dann der Frage, wo gespart werden soll, versperrt. In diesem Sinne werden wir die Haushaltsberatungen nutzen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Hajduk.