Protokoll der Sitzung vom 10.09.2014

Wir stimmen in der Sache ab.

Wer möchte dem CDU-Antrag seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann hat der Antrag keine Mehrheit gefunden.

Wir kommen zu Punkt 3d, Drucksache 20/12018, Große Anfrage der GRÜNEN Fraktion: Bilanz "Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung" 2010 – 2014.

[Große Anfrage der GRÜNEN Fraktion: Bilanz "Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung" (RISE) 2010 – 2014 – Drs 20/12018 –]

Die GRÜNE Fraktion möchte diese Drucksache gerne an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Das Wort wird gewünscht von Herrn Duge von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung, 2009 von der schwarz-grünen Koalition auf den Weg gebracht, hat über Hamburg hinaus Aufmerksamkeit und auch Anerkennung erlangt. Wir begrüßen, dass der Senat sich in der Antwort auf unsere Große Anfrage dazu bekannt hat, dass diese Aufgabe der Stadtentwicklung eine beständige und notwendige Maßnahme ist, die es fortzuführen gilt. Das Besondere an diesem Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung ist, dass zuvor zersplitterte Programme zusammengefasst worden sind und dass Fachbehörden in festgelegten Quartieren mit Bürgerbeteiligung zusammengearbeitet und dort Projekte entwickelt haben, die in diesen förderungswürdigen Gebieten zu einer besseren Situation geführt haben.

Zugegebenermaßen hat es zu Anfang Kinderkrankheiten gegeben. Wir waren in der Planungsphase, und die Mittel, die bereitstanden, wurden nicht vollständig oder nur in Teilen abgerufen, aber das hat sich glücklicherweise geändert. Die Verfahren sind inzwischen vereinfacht worden, aber

das Fundament hat sich bewährt und scheint nun auch in vollem Umfang zu laufen. Jetzt kommt hinzu, dass die Bundesregierung die Mittel der Städtebauförderung erhöht hat – was wir auch begrüßen –, und zwar so, dass Hamburg in Zukunft dort etwa 11 Millionen Euro abrufen kann. Die Bundesmittel stehen allerdings nur zur Kofinanzierung zur Verfügung; das heißt, ein Drittel der Mittel, die das Land aufwendet, werden vom Bund entsprechend zugeschossen. Das bedeutet für Hamburg, dass 22 Millionen Euro Eigenmittel aufgebracht werden müssten, um dann die 11 Millionen Euro Bundesmittel abrufen zu können. Damit könnten wir die RISE-Programme, die derzeit laufen, nicht ganz vollständig, aber weitgehend finanzieren.

Wenn wir uns jetzt einmal anschauen, wie die weitere Planung der Stadt hier aussieht, dann sehen wir, dass genau das Gegenteil passiert, dass nämlich die Landesmittel von ehemals etwa 20 Millionen Euro im Jahr 2010 auf demnächst 14 Millionen Euro gekürzt werden. Das wird nicht mehr ausreichen, weder um die angemeldeten Projekte finanzieren zu können noch um die Bundesmittel aus der Städtebauförderung abrufen zu können. Damit lässt sich ein Auseinanderdriften der Stadtteile, das durch diese sozialen Stadtquartiersprogramme eigentlich gestoppt werden soll, nicht mehr aufhalten. Und ich frage mich, wo denn eigentlich die Priorität der SPD als soziale Partei liegt, wenn nicht gerade in der sozialen Aufgabe, der Spaltung der Stadtteile, wie wir sie haben, wie sie auch im Sozialbericht 2014 verdeutlicht worden ist und leider nicht verbessert worden ist gegenüber der Zeit vorher, entgegenzuwirken. Die RISE-Gebiete werden drastisch reduziert werden, auf bis zu 27 halbiert etwa, und die Bezirke werden aufgefordert, ihre Maßnahmen und Projekte zu priorisieren. Was heißt das? Priorisieren heißt, dass sie bestimmte Projekte in den RISE-Gebieten strecken, kürzen oder aufgeben müssen, und letztlich heißt es auch, dass viele der RISE-Gebiete abgewickelt werden. Nachdem dieses Programm jetzt eigentlich erfolgreich angelaufen ist, schlägt der Senat dem RISEProgramm und damit auch den Bezirken und deren Handlungsmöglichkeiten den Boden unter den Füßen weg. Das ist etwas, was wir sozial so nicht mittragen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unser Ziel wird es bleiben, die soziale Spaltung zwischen den Quartieren weiter abzubauen. Die Prioritäten liegen hier einfach verkehrt: Im Wohnungsbau wird weitergemacht, die Busbeschleunigung läuft, es werden Verkehrsinseln gebaut, und ich frage mich, wo da eigentlich die soziale Verantwortung bleibt. Die Senatorin zählt die Wohneinheiten, sie sucht die Grundstücke, aber sie kümmert sich nicht um die soziale Entwicklung der Stadtteile, sondern vernachlässigt diese, indem die Mittel in diesem Bereich weiter gekürzt werden. So geht es nicht.

(Heike Sudmann)

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und es gibt mit Sicherheit Gebiete und Stadtteile in Hamburg, die es dringend nötig haben, in solche Entwicklungsprogramme aufgenommen zu werden. Ich denke beispielsweise an Kirchdorf-Süd, ich könnte mir eine Entwicklung des Ortsteilzentrums in Jenfeld vorstellen, wo eine Spielhölle nach der anderen entsteht, aber eigentlich das, was die geschäftliche Attraktivität eines Zentrums ausmacht, mehr und mehr verloren geht. Der Senat läuft zudem Gefahr, jetzt nicht mehr die Städtebaumittel abrufen zu können und diese verfallen zu lassen. Wenn es jetzt so sein sollte, dass aus anderen Fachbehörden Mittel abgerufen werden, bleibt erstens die Frage, ob diese eigentlich förderungswürdig sind, und zweitens, wie transparent das ist. Es ist überhaupt nicht mehr durchschaubar, woher welche Mittel kommen, ob aus der Schulbehörde oder der Verkehrsbehörde, und nicht jede einzelne Maßnahme, eine Straßensanierung oder Ähnliches, wird förderungswürdig sein.

Das führt eigentlich genau zu dem, was wir vorher hatten, nämlich zu einer sehr unkoordinierten Situation. Jede Behörde hat ihre eigenen Prioritäten, und es wird für die Bezirke zu einem Bettellauf, um die Mittel für ihre Projekte in den jeweiligen RISEGebieten von den einzelnen Fachbehörden zu erhalten. Deswegen lehnen wir einen solchen Umgang ab. Er ist intransparent, das Parlament erhält keinen Einblick mehr in die Mittel, die überhaupt noch zur Verfügung stehen, und wir wollen, dass die Mittel auch so eingesetzt werden, dass die Projekte fortlaufend weiter finanziert werden können. Es ist doch wichtig, dass wir gerade die sozialen Differenzen in der Stadt, die sich aus einer Verdichtung ergeben, die zunehmend auch mit dem Wohnungsbau zusammenhängt, mit entsprechenden fördernden Maßnahmen für die Quartiere ausgleichen können, die ihre Attraktivität dadurch erhöhen, und damit auch der Druck aus den Quartieren herausgenommen wird, die von hohen Mietpreissteigerungen betroffen sind. Deswegen würden wir uns freuen, wenn das überwiesen würde, damit wir das weiter diskutieren können. Ich fände es schade, sollte sich die SPD einer solchen Diskussion verschließen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun erhält Herr Kienscherf von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Duge, wir verschließen uns natürlich nicht einer solchen Diskussion. Wir haben diese Diskussion auch im letzten Ausschuss lang und ausgiebig geführt. Nicht jeder hat verstanden, worum es ging,

(Jens Kerstan GRÜNE: Aber wir schon!)

das hat man jedenfalls den Äußerungen entnehmen können, aber letztendlich hat es doch eines deutlich gemacht: Wir als SPD machen endlich einmal wieder soziale Stadtentwicklungsund Wohnungspolitik.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GRÜNE: Was? Das ist ja wohl ein Witz!)

Lieber Kollege Duge und lieber Kollege Kerstan, es ist genau das eingetreten, was Peter Tschentscher vorhin gesagt hat.

(Jens Kerstan GRÜNE: Das ist genau der Punkt, den kann man nicht verstehen!)

Als wir vorhin über den Haushalt gesprochen haben, hat er gesagt, dann würden die Oppositionsparteien wieder ankommen und sagen, wir müssten aber stärker einsparen und hier und da noch absenken. Und wenn es dann tatsächlich darum ginge, dass man irgendwo Absenkungen vornehmen müsse, dann kämen die Fachpolitiker wieder an und sagten, gerade in dem Bereich dürfe man das nicht. Das passt nicht zusammen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Trotzdem will ich mich bei Kollege Duge bedanken, weil er etwas Richtiges gesagt hat. Er hat gesagt, dass das RISE-Programm eigentlich ein gutes Programm ist, das Problem dabei aber war, dass die Struktur nicht stimmte. Das ist richtig. Sie haben ein Programm aufgelegt, das wunderbar war und sich auch netzplantechnisch hervorragend über einen ganzen Saal ergoss, das aber kein Mensch kapiert hat. Damit hatten Sie ein Programm, das mit vielen Millionen Euro ausgestattet war, die eigentlich für die Stadtteile gedacht waren, wo der Bedarf auch bestand, das aber unter anderem in Ihrem letzten Regierungsjahr 2010 dazu führte, dass 20 Millionen Euro allein in dem Jahr an Resten gebildet worden sind, die nicht den Menschen in den Stadtteilen zugutekamen. Da haben Sie völlig versagt.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen haben wir entschlackt, entbürokratisiert, die Verfahren vereinfacht und mehr Transparenz geschaffen, Herr Duge, also ganz in Ihrem Sinne.

(Hans-Detlef Roock CDU: Nö!)

Das hat dazu geführt, wie wir auch in den Haushaltsberatungen noch einmal deutlich gemacht haben, dass die Mittel stärker abgeflossen sind. Wir haben es geschafft, dass die Mittel endlich dahin gelangt sind, wo sie hinsollten, in die sozial benachteiligten Stadtteile. Wir haben damit der sozialen Spaltung entgegengewirkt, Herr Duge, anders als Sie.

(Beifall bei der SPD)

(Olaf Duge)

Die Rahmenbedingungen sind Ihnen dargestellt worden. Es sind schwierige Rahmenbedingungen, und Sie wissen alle, dass wir die Haushalte konsolidieren müssen. Wir bekennen uns zur Schuldenbremse, und wir bekennen uns auch zu unseren Schwerpunkten. Das ist der Wohnungsneubau, das ist aber auch Bildung in den Kitas und Schulen, die natürlich gerade dazu gedacht ist, der sozialen Spaltung entgegenzuwirken, und das ist das Thema Wissenschaft. Wir müssen letztendlich in einigen Bereichen Mittel absenken, aber wir machen das so, dass RISE weiterhin funktionieren wird.

(Dietrich Wersich CDU: An der Qualität spa- ren!)

Wir machen das so, dass weiterhin Stadtteile gefördert werden. Deswegen verwundert es mich schon, Herr Duge, dass Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen, die erhöhten Bundesmittel würden nicht abgerufen werden. Die Senatorin, aber auch ihr Amtsleiter haben ganz deutlich gemacht, dass Hamburg alles dafür tun wird, damit die Bundesmittel abgerufen werden und die erhöhten Bundesmittel den Stadtteilen zugutekommen, und das ist ein guter Weg.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GRÜNE: Dann können Sie es doch reinschreiben! Warum schreiben Sie es nicht rein?)

Trotzdem ist natürlich die Lage auch in Bezug auf Absenkungen schwierig, wenn man eine Haushaltskonsolidierung anstrebt. Es war richtig und gut, dass die BSU dies schon vor zwei Jahren angekündigt hat. Herr Kerstan, das müssten Sie eigentlich im Haushaltsausschuss mitbekommen haben, Sie waren letztes Mal auch im Stadtentwicklungsausschuss jedenfalls körperlich anwesend und müssten es dort mitgekriegt haben. Vor zwei Jahren war allen klar, dass es eine Mittelabsenkung geben wird. Dass es schwierig und nicht einfach wird, wussten wir alle. Aber jetzt haben sich die Bezirke mit der Fachbehörde zusammengesetzt und ein Konzept entwickelt, wie es doch möglich ist, Bundesmittel abzurufen, aber auch Mittel aus anderen Ressorts zu aktivieren. Und da verstehe ich Sie ehrlich gesagt nicht, Herr Duge, denn eigentlich war die Grundidee von RISE immer, Mittel aus anderen Ressorts letztendlich mit einfließen zu lassen.

(Jens Kerstan GRÜNE: Aber das ist doch nur ein frommer Wunsch! Es steht doch in anderen Plänen auch nicht drin!)

Wenn Sie die 75 Seiten der Großen Anfrage aufmerksam gelesen haben, Herr Kerstan, dann steht da auch drin, dass wir diesen integrierten Ansatz über die Ressource und den reinen BSU-Ansatz hinaus verstärken und dort Mittel für RISE aktivieren wollen, und auch das ist gut für die Stadtteile.

(Glocke)

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kerstan?

Ja, ich stimme einer Zwischenfrage des Kollegen Kerstan zu.

Vielen Dank. – Herr Kienscherf, habe ich das jetzt richtig verstanden, die fehlenden 20 Millionen Euro, die Sie bei der BSU nicht in den Haushalt schreiben und die man braucht, um 11 Millionen Euro an Bundesmitteln abzurufen, stehen jetzt in den anderen Einzelplänen, weil es gelungen ist, die Ressourcen anderer Haushalte zu aktivieren?

Herr Kerstan, Sie werden mitbekommen haben, dass im Ausschuss gefragt worden ist, ob alle zur Verfügung stehenden Bundesmittel abgerufen werden. Und da gab es die klare Aussage, dass sie alle abgerufen werden.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Machen Sie das auch oder werden die nur abgerufen?)

Sie werden finanziert durch BSU-Titel – RISE –, durch andere Titel in anderen Behörden und vielleicht das eine oder andere auch durch die Bürgerschaft. Aber die Kernaussage ist, dass die Mittel abgerufen werden. Auf diese Weise kommen die entsprechenden Summen zustande, die in die Stadtteile fließen, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Prozess, und das muss man ehrlicherweise auch einmal sagen, ist natürlich nicht einfach, aber wenn ich mir die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und GRÜNEN in Wandsbek anschaue, Herr Duge, dann merke ich – jedenfalls ist mir das zugetragen worden, aber vielleicht war das auch falsch –, dass sich auch die grünen und roten Koalitionspartner zusammensetzen und sehr verantwortungsvoll mit diesem Thema umgehen und ohne Panikmache, sondern konstruktiv mit Bezirk und Fachbehörde zusammenarbeiten wollen. Das steht jedenfalls so in Ihrem Koalitionsvertrag. Den haben Sie mitbeschlossen, und das ist der richtige Weg.

(Beifall bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Hier geht es um die Bilanz 2010–2014. Es sind viel mehr Maßnahmen umgesetzt worden, und es ist viel mehr bei den Stadtteilen angekommen. Wir machen in dem Bereich eine Konsolidierung und eine Absenkung, aber dies wird eben nicht dazu führen, dass es einen Kahlschlag gibt. Dies wird dazu führen, dass es eine Konzentration gibt und man andere Mittel akquiriert, und daher begrüßen wir diesen Weg. Er ist schmerzhaft, aber er führt dazu, dass diese Stadtteile auch weiterhin unter