Das war in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat seine Prognosen, was die Flüchtlingszahlen angeht, fast ein halbes Dutzend Mal nach oben korrigiert, zuletzt in der vorletzten Woche. Bei den Zugangszahlen in Hamburg waren wir Anfang 2014 bei 300 monatlich, jetzt sind wir bei dem Doppelten. Das ist ein Punkt, wo man sagen kann, dass sich eine Dynamik entfaltet hat. Wir müssen alles tun, aber das war in diesem Umfang nicht vorhersehbar.
Hamburg hat reagiert. Wir haben am Anfang dieser Wahlperiode darüber diskutiert, ob wir den Vertrag mit Mecklenburg-Vorpommern über Nostorf verlängern sollen. Gott sei Dank haben wir uns entschieden, die Erstaufnahmen in Nostorf zu belassen und den Vertrag zu verlängern. Diese Entscheidung war bitter nötig.
Wir haben die Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung von 270 auf 2300 Plätze vergrößert. Für die Folgeunterbringung sind fast 2000 Plätze fertig und 2500 konkret geplant. Trotzdem reicht es nicht, wenn wir uns die aktuellen Zahlen ansehen. Deshalb ist es richtig und der Sozialsenator und der Innensenator haben dabei unsere Unterstützung, dass wir noch einmal kräftig und sehr kurzfristig nachlegen: 1500 Plätze in 2014 und insgesamt 5000 Plätze bis Ende 2015. Das muss schnell geschehen, weil es eine klare Prämisse für uns gibt: Wir sind eine reiche Stadt, und in einer reichen Stadt kann es nicht sein, dass Flüchtlinge im Winter in Zelten untergebracht sind. Das ist unwürdig.
Dieser Prämisse muss man dann tatsächlich auch alles unterordnen. Deswegen geht es jetzt darum, kurzfristig das zu machen, was technisch machbar ist. Natürlich löst das auch Sorgen und Kritik aus – dessen sind wir uns bewusst und das nehmen wir ernst – in Harburg, Billstedt und anderswo. Wir gehen nicht leichtfertig darüber hinweg, aber in dieser Situation geht es nicht anders als mit Notmaßnahmen. Wir werden die Probleme, die das mit sich bringt, nicht klein- oder schönreden. Wir nehmen das ernst und sind gemeinsam in der Pflicht, immer auch auf die soziale Balance dieser Maßnahmen zu achten. Das haben wir getan, das werden wir weiterhin tun. Deshalb ist es wichtig, dass es auch zusätzliche Unterkünfte in den Walddörfern oder an der Sophienterrasse gibt. Auch ich wünsche mir, dass wir zum Beispiel in den Elbvororten noch etwas machen können. Deshalb ist es eine gute Nachricht gewesen, dass der Bundesrat am letzten Freitag über eine Planungserleichterung
für Flüchtlingsunterkünfte entschieden hat. Er hat das einstimmig beschlossen, und ich gehe fest davon aus, dass Bundesregierung und Bundestag diesen Gesetzentwurf sehr schnell beschließen, damit wir von dieser Planungserleichterung Gebrauch machen können.
Der Bund kann auch noch an einer anderen Stelle helfen. Er hat Bundesliegenschaften. Meine Erwartung ist ganz klar: Es kann nicht sein, dass Bundeswehr und Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die für die Bundesliegenschaften zuständig sind, jetzt sagen, schwierig, schwierig und an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch noch die Hand aufhalten. Das kann nicht sein, hier müssen sich alle unterhaken. Hier muss es einen vernünftigen Weg geben, sodass wir in Hamburg auch Bundesliegenschaften in Anspruch nehmen können. Das muss das klare Signal aus der Bürgerschaft sein.
Der Bundesrat hat im Übrigen auch in einer anderen Frage weise entschieden, Stichwort sichere Herkunftsländer. Ich weiß, dass es in Teilen des Hauses umstritten ist, glaube aber, dass es richtig gewesen ist, auch auf die Gesamtakzeptanz dessen, was wir in diesem Bereich tun, zu achten. Deswegen war das eine richtige Entscheidung. Sie ist gekoppelt mit ganz vielen wichtigen integrationspolitischen Errungenschaften, zum Beispiel, dass die Frist für die Arbeitsaufnahme verkürzt wird oder die Vorrangprüfung wegfallen kann. Deshalb sind wir froh, dass unser Bürgermeister und viele andere Ministerpräsidenten, auch der aus Baden-Württemberg, zugestimmt haben, dass dieses Gesetz werden kann.
Ein letzter Satz: Wir sollten gemeinsam diese Herausforderung annehmen. Wir können das gemeinsam schaffen. Packen wir es an. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bereitschaft der Hamburgerinnen und Hamburger, den Menschen zu helfen, die bei uns Schutz vor Krieg, Verfolgung und Gewalt suchen, ist groß. Die tätige ehrenamtliche Hilfe, die praktizierte Nächstenliebe in unserer Stadt ist auch groß, und das ist gut so.
Trotzdem finde ich den Wortlaut der Anmeldung der SPD erstaunlich. Sie schreiben "Herausforderung Flüchtlingsunterbringung: Gemeinsam schaffen wir das" – just in dem Moment, in dem dieser Senat in einer Nacht- und Nebelaktion mit Polizeirecht vollendete Tatsachen geschaffen und genau das, nämlich alle Beteiligungsrechte und -regeln, außer Kraft gesetzt hat.
Ich frage mich, ob das nicht eher das Pfeifen im Walde ist oder eine parteiinterne Parole, das jetzt so durchzuziehen, denn ehrlich gesagt wirkte es schon etwas grotesk, wie versucht wurde, Senator Scheele als Helmut Schmidt der Flüchtlinge zu inszenieren. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Die große Flut 1962 kam über Nacht. Hier haben wir seit zwei Jahren, seit 2012, einen anschwellenden Strom von Flüchtlingen, und wir können jeden Tag in den Medien verfolgen, wie sich die Situation im Nahen Osten weiter zuspitzt. Dieser Vergleich mit Helmut Schmidt war eine ziemliche Verirrung aus der PR-Abteilung des Senats, das war richtig daneben.
Tatsächlich agiert der Senat mit großer Hilflosigkeit. Es gab in allen Bezirken auch konstruktive Vorschläge aller Parteien, ich erinnere nur den Parkplatz der Gartenschau und an Vorschläge aus Altona. Wir haben ein monatelanges Hin und Her innerhalb der Verwaltung erlebt, ein Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Senat und Bezirksämtern. Es gab Unterstützerinitiativen von Bürgern, die entnervt das Handtuch geworfen haben, weil der Bezirksamtsleiter oder die Behörde mit ihnen nicht richtig kommuniziert haben. Es ist schwer begreiflich, wie lange Senator Scheele hilflos agiert hat, um jetzt die Keule des Polizeirechts herauszuholen. Ich glaube, das dürfte bundesweit ziemlich einmalig sein. Das ist keine gute Politik.
Die Bereitschaft, den Menschen zu helfen, die bei uns Schutz vor Krieg, Verfolgung und unvorstellbarer Gewalt suchen, ist groß. Aber diese Hilfsbereitschaft kann auch kippen. Damit das nicht passiert, haben wir als CDU fünf klare Forderungen.
Erstens: Es darf nicht das Gefühl einer ungerechten Lastenverteilung zuungunsten einzelner Stadtteile aufkommen. Wir brauchen eine gerechte Verteilung der Flüchtlingsunterkünfte über die ganze Stadt.
Zweitens: Wir brauchen eine kluge Belegungspolitik. Es gibt Negativbeispiele, wo minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in der Nähe von Kriminalitätsschwerpunkten und großen Massenunterkünften untergebracht werden. Das ist nicht gut. Wir brauchen eine kluge Belegungspolitik aller Einrichtungen.
Drittens: Wir brauchen eine rechtzeitige Information und Einbeziehung der Anwohnerinnen und Anwohner. Nur dann gibt es Akzeptanz.
Viertens: Wir brauchen einen besseren Personalschlüssel, was die soziale Betreuung angeht, insbesondere in den großen Einrichtungen. 1:80 reicht nicht. Die Personalausstattung muss verbessert werden, damit die soziale Begleitung verbessert wird und Konflikte gar nicht erst auftreten.
Und fünftens: Wir brauchen Sicherheit im Umfeld der Flüchtlingseinrichtungen. Das bedeutet auch, dass dort, wo es notwendig ist, Sicherheitsdienste eingesetzt werden.
Aber ich sehe auch übergeordneten Handlungsbedarf. Wir müssen den Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland auf die wirklich Bedürftigen begrenzen. Deshalb war es richtig und notwendig, dass die Bundesregierung auch gesetzlich geregelt hat, dass die Verfahren der Asylbewerber aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina beschleunigt werden. Wenn von 20 000 Flüchtlingen 19 940 Flüchtlinge keine Anerkennung bekommen,
dann zeigt das, dass wir auch gesetzlich agieren müssen, damit am Ende die Kapazitäten für diese Menschen da sind, die wirklich Schutz vor Verfolgung und kriegerischen Auseinandersetzungen brauchen.
Meine Damen und Herren! Wir finden es richtig, dass wir zukünftig auch die minderjährigen Flüchtlinge auf die Bundesländer verteilen.
Ich komme zum letzten Satz. Bei der Flüchtlingsunterbringung kann ich der SPD nur sagen: Fangen Sie endlich damit an, sonst droht die Hilfsbereitschaft der Hamburger durch Ihre wenig überzeugende Politik zu kippen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg war eine Stadt, aus der Menschen fliehen mussten, und heute fliehen Menschen nach Hamburg, um ihr Leben zu retten. Ich finde, es ist nicht nur unsere Pflicht, sondern auch gesamtgesellschaftlich unsere Verantwortung, diese Menschen aufzunehmen und vor allem auch willkommen zu heißen. Das müssen wir als reiche Stadt mit – ich glaube, heute stand es im "Hamburger Abendblatt" – 42 000 Millionären und 80 Milliardären einfach leisten. Da immer nur von Problemen zu sprechen, ist der völlig falsche Weg.
Anders als Herr Wersich es gerade dargestellt hat müssen wir das Momentum nutzen, dass im Moment eine unglaublich hohe Bereitschaft da ist, sich ehrenamtlich solidarisch zu zeigen und die Flüchtlinge zu unterstützen, auf Landesebene und in den Bezirken. Unsere Bezirksabgeordneten arbeiten mit Hochdruck. Die Kirchen, die Flüchtlingsinitiativen, die Behörden, "fördern und wohnen" und andere Beteiligte – alle sind gemeinsam dabei, einen Weg zu finden. Diesen Weg können und sollen wir unterstützen, gerade weil wir es richtig finden – und da ich komme noch einmal darauf zu sprechen, dass Hamburg eine reiche Stadt ist –, dass die Ansage gemacht wurde, Flüchtlinge nicht weiter in Zelten unterzubringen. Bis spätestens Mitte Oktober soll das aufgehoben werden. Alles andere wäre ein Armutszeugnis für die Stadt und für uns überhaupt nicht tragbar.
Ich will, dass wir das nutzen, und ich will auch noch einmal unsere Bereitschaft untermauern, mit vereinten Kräften zu streiten.