Protokoll der Sitzung vom 08.10.2014

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist doch wirklich bemerkenswert, das wurde auch schon angesprochen, dass selbst der LEA, der der Vertragspartner des damaligen SPD-Vorsitzenden Olaf Scholz war,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Der ist immer noch SPD-Vorsitzender!)

angeboten hat, auf diese Beitragsfreistellung zu verzichten. Und was hat der Bürgermeister gemacht, was hat Senator Scheele gemacht? Sie haben dieses Angebot leichtfertig ausgeschlagen, damit sie ihre kurzsichtigen Wahlversprechen einlösen können. Versprechen hin oder her, das ist keine gute Kita-Politik.

(Dr. Melanie Leonhard)

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was hättet ihr denn gesagt? Wahlbetrug hättet ihr doch ge- sagt!)

Herr Dressel, ich freue mich, dass Sie jetzt auch einmal an der Debatte teilnehmen. Fachlich ist da noch Nachholbedarf, aber das ist mit Sicherheit das Letzte, was wir Ihnen vorwerfen.

(Beifall bei der CDU)

Ein wenig Einsicht in der Politik schadet nicht, und das gestehen wir auch selbstverständlich der SPD zu.

Interessant ist doch, was Sie sich von der Beitragsfreistellung versprochen hatten. Eigentlich Jubel allenthalben, aber das Gegenteil ist nun in der Stadt der Fall. Die Menschen wollen keine finanziellen Entlastungen auf dem Rücken der Kinder und Erzieher. Und mit Ihrer Prioritätensetzung für die Beitragsentlastung und gegen Investitionen in die Betreuungsqualität der Kinder haben Sie sich keinen Gefallen getan. Sie stehen unter allen Experten im Kita-Bereich allein da. Es wird Zeit, dass Sie mit Ihren Prioritäten endlich umsteuern und Ihre Haltung an der Stelle überdenken.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dressel?

Obwohl Herr Dressel heute seine Liebe zur Kita-Betreuung entdeckt hat, möchte ich meine Rede trotzdem noch gern zu Ende bringen. Aber ich würde mich freuen, wenn Sie als Premiere nach mir ans Mikrofon treten würden.

Wie reagiert denn der Senat auf dieses Thema? Monatelang taucht er unter, der Druck steigt immer mehr, Protestaktionen kommen in die Stadt, es gibt Unterschriftenaktionen, die Verbände beteiligen sich, der LEA beteiligt sich und die Eltern beteiligen sich, aber der Senat taucht ab. Und was hören wir jetzt, was soll passieren? Jetzt wird natürlich wieder mit dem Finger auf andere gezeigt und gesagt, Berlin müsse sich an dem Qualitätsausbau in Hamburg beteiligen. Und zweitens wird gesagt, die Kitas müssten diese Verbesserungen selbst aus dem eigenen Saft finanzieren.

Herr Scheele, das ist unredlich, denn die Kitas haben diese Maßnahmen nicht beschlossen, das war Ihre Politik. Die haben das nicht gewollt, die haben schon vorher Angst davor gehabt. Und Berlin hat genug getan, Berlin hat 65 Millionen Euro investiert und wird die nächsten Jahre weiter investieren, obwohl es nicht seine Aufgabe ist. Machen Sie gefälligst Ihre Hausaufgaben. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr de Vries. – Das Wort hat Herr Ritter von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Abgeordnete, machen wir es heute förmlich. Es gibt die große Dankbarkeit der SPD gegenüber den Hamburger Eltern, die immer breitgetreten wird. Ich möchte einiges dazu sagen. Sie haben zu Recht gesagt… – Herr Dr. Dressel, jetzt hören Sie mir doch zu, wenn ich schon darüber rede.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie haben doch noch gar nichts gesagt!)

Sie wollen doch in dieses wichtige Feld eintauchen, dann müssen Sie auch einem Experten zuhören.

(Beifall bei der FDP)

Ich bewerte grundsätzlich Ihre Beitragsbefreiung nicht negativ. Sie haben ein Wahlversprechen gehalten, dafür wollen Sie sich doch immer so extrem loben, und ich tue es auch.

(Beifall bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Aber dazu gehört natürlich auch, dass ich bei einem gegebenen Versprechen sage, was die Konsequenzen sind, wenn ich es einhalte. Und hätte man den Eltern am Anfang reinen Wein eingeschenkt, dann hätte man sagen müssen, dass man ihnen zwar die Beiträge erlassen wolle, aber die Qualität in den Keller fahre. Hätte man das gesagt, wäre es so nicht durchgekommen.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Die ist nicht in den Keller gefahren!)

Ich möchte Ihnen noch eines sagen. Herr Senator Scheele hat sich mit seinem ganzen Kita-Geld, das er ausgeschrieben hatte, völlig übernommen. Er hat doch im Ausschuss gesagt, es sei kein Geld mehr da für Qualität und man hoffe, dass der Bund jetzt etwas mache, das heißt, wir haben keine Spielräume mehr in Hamburg. Aber – FDP-Anfrage – 20 Millionen Euro Zuschuss vom Bund, der eigentlich für die Qualität gedacht ist, versickert im Allgemeinhaushalt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist falsch, richtiger Bullshit!)

Das ist Ihre Antwort, wie Sie mit Qualität umgehen, das werden wir so nicht akzeptieren, und wir haben es aufgedeckt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wenn Sie sagen, Sie wollten, dass der Bund etwas mache – ich glaube, Sie sind doch in der Großen Koalition auch mit an der Regierung –, dann ist doch das Konstrukt Ihrer Finanzierung der Kitas für die Zukunft auf Hoffnung aufgebaut. Diese Hoff

(Christoph de Vries)

nung möchte ich gern mit Zahlen belegen, und ich möchte, dass das Geld, das zweckgebunden hierherkommt, auch für die Qualität und die Betriebskosten verwendet wird. Dafür werden wir uns einsetzen. Wir wollen mehr Qualität in den Kitas und nicht nur das Geld mit der großen … – jetzt habe ich das Wort verloren.

(Dr. Roland Heintze CDU: Kita-Gießkanne!)

Wir wollen das Geld nicht nur mit der großen Gießkanne ausgießen. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Ritter. – Das Wort hat Herr Yildiz von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben dieses Thema zwar schon häufig diskutiert, aber ich freue mich wiederum, dass die GRÜNEN das Thema angemeldet haben. Inhaltlich wurde einiges gesagt, aber ich möchte konkret zur jetzigen Entwicklung in Hamburg eines deutlich machen.

Ob der Hamburger Senat oder wir als Politiker das Thema ernst nehmen wollen oder nicht, auf uns wartet ein heißer Herbst, weil die Kita-Träger, die Kita-Beschäftigten, die Gewerkschaften, der Landeselternausschuss und das Kita-Bündnis schon dabei sind. Wir wurden häufig dort eingeladen, wir haben dort Gespräche geführt, und Senator Scheele saß gestern mit auf dem Podium und wurde vorgeführt. Sie haben konkrete Erwartungen und Forderungen an uns. Die Hamburger Kita-Träger und Kita-Beschäftigten machen eine sehr gute Arbeit, das möchte ich betonen, weil wir häufig darüber reden. Sie haben schlechte Bedingungen und schlechte Personalschlüssel, das sehe ich genauso wie Sie. Aber unter diesen schlechten Bedingungen machen sie eine sehr gute Arbeit, und dafür möchte ich mich einmal bedanken, denn das kommt sehr selten vor.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Der Senat beschließt tagtäglich zusätzliche Aufgaben: Kinderschutz, Bildungsempfehlungen – wobei ich die gut und richtig finde – und dass man im Vorfeld Präventionsarbeit machen solle für die gesamte frühkindliche Bildung und den Kinderschutz. Aber es fehlt in den letzten zehn Jahren – Frau Blömeke und auch Herr de Vries haben das angesprochen – an Steigerungen. Es gab keine Steigerungen, kein zusätzliches Geld für zusätzliche Arbeit. Das war unter Schwarz-Grün der Fall, und das ist auch unter der SPD der Fall. Die SPD hat nur umgesetzt, was man mit dem Landeselternausschuss durch eine Volksinitiative beschlossen hat. Das war auch richtig und gut.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das war ja we- nigstens unsere Volksinitiative!)

Nein, da gab es eine Volksinitiative, Herr Dressel, und es gab Verhandlungen. Man hat sich auf einen grundsätzlichen Nenner geeinigt. Daraufhin wurde das umgesetzt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Thies Rabe, Olaf Scholz und Jutta Blankau waren die Vertrau- enspersonen! Das hat er nicht mitgekriegt!)

Egal, ob wir es wollen oder nicht, Hamburg hat den schlechtesten Personalschlüssel bundesweit im Krippenbereich. Ich will nicht das eine mit dem anderen verwechseln. Daher erwarten die Beschäftigten der Hamburger Kita-Träger zusätzliches Geld, das man in diesen Bereich investieren soll. Studierende sagen das, Beschäftigte sagen das und die Träger sagen das. Das sagen nicht nur DIE LINKE oder die GRÜNEN oder die Opposition. Das sollten Sie ernst nehmen, und wenn Sie das nicht tun, wird das dazu führen, dass Sie es im Herbst mit einer riesigen Kampagne zu tun haben, wenn auch der Wahlkampf angefangen hat. Und irgendwann werden Sie wie bei der Volksinitiative "Frühkindliche Bildung ist ein Grundrecht" einen Monat vor der Bürgerschaftswahl wieder einen Vertrag abschließen müssen und den Trägern und Beschäftigten sagen, dass Sie auf ihre Forderungen eingingen, wenn Sie noch einmal regierten, dann würden Sie noch einmal Gelder einfließen lassen. Das Thema brauchen wir nicht als Wahlkampfthema, es wäre stattdessen schön, wenn wir die Qualität und die Beschäftigten in den Kitas gemeinsam unterstützen würden.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Senat weigert sich, in der Vertragskommission darüber zu sprechen, er weigert sich, überhaupt die Qualität zu thematisieren, aber unsere Kinder sind es wert. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass man, wenn man heute 1 Euro in die frühkindliche Bildung investiert, morgen 5 Euro spart. Daher sollten wir heute investieren, damit wir langfristig in den Bereichen der Kitas, Schule und Jugendhilfe auch zusätzliche Ersparnisse schaffen können. Kitas sind das Fundament für die Entwicklung eines Kindes, und dieses Fundament sollten wir stärken. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christiane Blömeke GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Yildiz. – Das Wort hat Herr Senator Scheele.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Krippen und Kitas sind in der Tat auf dem Weg, Bildungseinrichtungen zu werden. Es ist richtig, was Sie gesagt haben. Frühkindliche Bildung in der Krippe und der Kita hat

(Finn-Ole Ritter)

den höchsten Wert, wenn man überhaupt darauf abzielen will, dass Kinder mit gleichen Chancen in die erste Klasse der Grundschule kommen sollen.