Frau Leonhard, wir können einmal in meiner Fraktion, bei der Links-Fraktion, der CDU oder auch bei anderen Kollegen hier herumfragen – an uns wenden sich auch Eltern. Komischerweise haben diese eine ganz andere Betrachtungsweise. Sie fragen, ob sie ihr kleines Kind unter drei Jahren überhaupt noch in die Krippe geben können, weil sie Sorge haben, dass es dort nicht gesehen wird.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Dafür haben sich aber ganz schön viele angemeldet! – Jan Quast SPD: Was sagen Sie denn da?)
Mich wundert immer, dass hier auch diejenigen aufschreien, die kleine Kinder haben. Vielleicht ist Ihre Kita da vorbildhaft, Herr Dressel, das kann ich nicht wissen, ich kenne Ihre nicht.
Ich kenne Kitas, wo eine Erzieherin acht bis zehn Kinder betreuen muss, und das geht einfach nicht bei Kindern unter drei Jahren. Damit wird man dem Bildungsauftrag nicht gerecht, und Senator Scheele hat dem auch gar nicht widersprochen. Er sieht auch irgendwo Handlungsbedarf, nur weiß er nicht – das hört man da irgendwie heraus –, wie er es bewerkstelligen soll, das Geld sei nicht da, das sei ja jetzt in der Gebührenfreiheit. Deswegen sage ich es noch einmal: Mit politischem Willen könnten Sie anfangen, die Kinder zu fördern, die es am nötigsten haben, und das sind die Kleinsten in den sozialen Brennpunkten, damit die Kita wirklich in
allen Punkten diesem Auftrag nachkommen kann, den wir hier beschrieben haben und den auch der Senator eben beschrieben hat.
Alles andere ist wirklich ein Ignorieren, da muss ich dem Kollegen Mehmet Yildiz recht geben. Ich weiß nicht, in welcher Stadt Sie leben, dass Sie sagen, alle seien hier zufrieden. Für den 30. Oktober ist eine große Demonstration aller Kitas angesagt. Ich weiß nicht, ob die "Elbkinder" da mitmachen, aber alle anderen Kitas, Eltern und Kinder machen dort mit. Frau Leonhard, da kann man doch nicht von Zufriedenheit reden. Über die Hälfte der Kita-Leitungen sind aufgestanden und haben dem Bürgermeister einen offenen Brief überreicht, in dem sie schlimmste Missstände beschrieben haben, und Sie stellen sich hier hin und sagen, alle seien zufrieden. Frau Schaal ruft auch noch von da hinten, es seien doch alle zufrieden und Sie hätten Ihre Versprechen eingehalten. Irgendwie leben Sie in einer anderen Stadt. Ob nun in privilegierten Bereichen, das kann ich nicht sagen, aber Ihre Einschätzung entspricht nicht der Realität. Ich glaube in der Tat, dass Sie sich auf einen heißen Herbst einstellen müssen, und ich finde es bedauerlich, dass Senator Scheele keine Kompromissfähigkeit gezeigt hat. Ihre Beschreibung der Verhandlungen deckt sich nicht mit dem, was die Kita-Träger dazu sagen. Es ist zum Abbruch der Verhandlungen gekommen, weil es kein Bewegen der Behörde gab. Wir werden das Thema sicherlich im Familienausschuss noch einmal erörtern müssen, dann auch mit den Trägern, damit wir ihr Wort dort einmal haben und das Wort des Senators. – Danke.
Zunächst einmal tut es mir leid, dass Ihre Enttäuschung über meine Worte Sie offensichtlich daran gehindert hat, mir genau zuzuhören. Niemand hat gesagt, alle seien zufrieden. Auch wir streben Verbesserungen beim Krippenschlüssel an. Wahr und klar ist aber auch: Die Gebührenbefreiung, diese Verbesserung mit "Kita-Plus" im Elementarbereich und der vorgezogene Rechtsanspruch sind nichts, was die SPD sich im dunklen stillen Kämmerlein als Wahlgeschenk überlegt hat, sondern das sind die Forderungen der Hamburger Eltern gewesen, die wir umgesetzt haben. Das haben wir versprochen, das haben wir gehalten, und das ist wichtig.
Das trägt nämlich auch zur Glaubwürdigkeit bei. Und für die Glaubwürdigkeit und die Klarheit ist auch wichtig, hier noch einmal zu betonen, dass
die viel zitierte Studie der Bertelsmann-Stiftung, die wirklich sehr genau erhoben hat und das auch regelhaft tut, den Hamburger Krippen und Kitas keineswegs ein kolossal katastrophales Zeugnis ausgestellt hat, sondern gesagt hat, hier passiere Beispielhaftes im Bereich Fortbildung und bei den Bildungsempfehlungen und es gebe eine sehr gute Leitungsausstattung und vieles mehr. Beim Krippenschlüssel hat sie uns ermahnt, Verbesserungen in den Blick zu nehmen, und das tun wir auch; dazu haben Sie Herrn Senator Scheele eben gehört.
Klar und wahr ist auch, dass der Kita- und Krippenbereich beim Thema Zuwendungszuwächse verglichen mit allen anderen Bereichen in der Stadt privilegiert ist. Über 3 Prozent sind sehr viel mehr, als alle anderen Zuwendungsempfänger in der Stadt sich erhoffen dürfen. Dass es natürlich nicht reicht, um alle Wünsche zu befriedigen und alles möglich zu machen, ist uns auch klar. Wir arbeiten daran, aber man kann hier nicht davon reden – das muss man auch noch einmal ansprechen –, dass wir Verschlechterungen vorgenommen hätten. Das ist explizit nicht richtig.
Wer sich darüber hinaus Verbesserungen wünscht, etwa einen besseren Krippenschlüssel, als wir in Hamburg über Bordmittel möglicherweise finanzieren können, der muss sagen, welche Gebühren er wieder einführen möchte, liebe CDU, und einen entsprechenden Haushaltsantrag stellen. Wir sind gespannt darauf, wie die Hamburger Eltern das finden, weil es ihre Empfehlungen und ihre Wünsche waren, die wir umgesetzt haben. Da waren wir verlässlich und da haben wir das Vertrauen nicht enttäuscht, das in uns gesetzt wurde.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Leonhard und Herr Senator Scheele, Sie können das herunterbeten, wie Sie wollen, Wahlversprechen eingehalten hin oder her. Man hat das Gefühl, Sie leben in einem Paralleluniversum, und es ist immer der Anfang vom Ende, wenn man nicht mehr bereit ist, die Wirklichkeit wahrzunehmen. Wir kennen das auch aus der Vergangenheit. Sie sollten sich dessen bewusst sein.
(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP – Karin Timmermann SPD: Sie haben also gelernt!)
geredet, sondern nur über Geld, dann ist es, ehrlich gesagt, ein Armutszeugnis für Ihre fachliche Arbeit als Senator, dass Sie drei Jahre die Probleme im Kita-Bereich in Hamburg nicht besprochen haben.
Sie haben gesagt, Sie hätten Gespräche mit dem LEA geführt, er sei auf Sie zugegangen und wollte es verschieben – wir wissen inzwischen auch davon – und Sie wären sogar bereit gewesen, aber nun soll der LEA Ihnen garantieren, dass die Opposition Sie nicht dafür kritisiert. Das ist doch abenteuerlich, so etwas von denen zu verlangen. Aber was ich Ihnen hätte anbieten können, Herr Scheele, Sie wären bei uns offene Türen eingerannt. Wir haben diese Form der Politik immer kritisiert, und ich will noch einmal darauf verweisen, dass es nur CDU und FDP waren, die dieser Beitragsfreistellung nicht zugestimmt haben. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie zu uns gekommen wären, Sie hätten bei uns offene Türen eingerannt und auch Gesprächsbereitschaft vorgefunden.
Wie schwierig die Lage ist, zeigt sich doch darin, dass selbst die Betriebsratsvorsitzende der "Elbkinder"-Vereinigung öffentlich die Arbeitssituation kritisiert und sagt, die Erzieherinnen seien am Rande ihrer Arbeitsbelastung angelangt. Wenn man sich dann einmal die Zahlen anschaut, die ich auch abgefragt habe – 10 Prozent Krankheitsquote zum Teil in der "Elbkinder"-Vereinigung, die in Teilen noch besser ausgestattet ist als die anderen Kitas –, dann ist das doch ein klares Alarmsignal, das Sie endlich einmal ernst nehmen sollten, und da können Sie nicht einfach auf das verweisen, was Sie in der Vergangenheit getan haben, meine Damen und Herren.
Jeder, der die Kitas ein bisschen kennt, weiß es doch. Wir haben selbst eine Erzieherin, die ab und an bei uns noch Zeiten überbrückt. Sie hat erzählt, in den letzten Ferien habe sie zeitweise 15 Kinder im Krippenbereich betreut. Und dann reden wir hier über frühkindliche Bildung und Betreuung und über Ihre Bildungsempfehlungen. Das sind doch alles nur zahnlose Papiertiger. Wir kriegen keine gute Betreuungsqualität hin, wenn wir nicht für ausreichend gute Betreuungsschlüssel in Hamburg sorgen.
Und es entzieht einem wirklich fast den Boden, wenn Sie dann auf die ostdeutschen Bundesländer verweisen. Sie sind doch Sozialwissenschaftler oder Pädagoge. Sie wissen doch eigentlich am besten, dass wir in den ostdeutschen Bundeslän
dern andere Sozialmilieus und eine andere Sozialstruktur haben als in Hamburg. Das kann doch nicht ernsthaft Ihre Antwort sein auf die Situation in Hamburg. Jedes zweite Kind in Hamburg hat einen Migrationshintergrund. Wir haben viele Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerungen und Sprachdefiziten. Wir wollen doch gemeinsam, dass für die Kinder eine Chancengerechtigkeit am Beginn der Bildungskarriere besteht, und dafür müssen wir sie frühzeitig fördern. Das können wir unter den heutigen Bedingungen nicht, und dann kann man uns nicht mit ostdeutschen Bundesländern vergleichen. Wer so etwas tut, ist wirklich ahnungslos.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dem gestrigen Auftritt – ich möchte das gar nicht weiter kommentieren – habe ich heute schon wieder einen schwächelnden Senator gesehen, der gesagt hat: Eigentlich wollte ich auch die Qualität verbessern, aber was sagt dann die Opposition dazu? Wenn die motzen, dann traue ich mich nicht.
Und dann kommt das Wahlkampfgetöse, es geht hier schon munter los: Wir als Sozialdemokraten wollen kostenlose Bildung.
Aber jetzt fängt die ganze Kita-Lüge an. Um Bildung kostenlos zu machen, brauche ich erst einmal Bildung und nicht nur Aufbewahrung. Das ist der Fehler.
Und wo ist die Realitätsbrille der SPD und des Senators? 50 Prozent der Kita-Leitungen und auch die Betriebsratsvorsitzende der "Elbkinder", die Ihnen oder Herrn Rose doch mehr verbunden sind als mir, die aber auch manchmal die Wahrheit sagen
gungen in den meisten Kitas am Limit sind. Ich weiß nicht, in welchen Kitas Sie sind und wie Sie zu der Einschätzung kommen können, da sei alles in Ordnung. Wir haben völlig andere Zustände draußen, und Sie wiegeln das ab, indem Sie sagen, die Opposition sei doch zu stark, deswegen wollten Sie lieber vor dem Wahlkampf nichts mehr machen und aus Angst vor der Opposition kein Geld mehr in die Qualität stecken.