Ich rufe nun zunächst das erste, von der GRÜNEN Fraktion angemeldete Thema, auf. Herr Kerstan von der GRÜNEN Fraktion bekommt das Wort.
Meine Damen und Herren! Alle, die sich in Hamburg für den Umweltschutz interessieren, für die Lebensqualität der Menschen
in dieser Stadt und für unsere Lebensgrundlagen und deren Zukunft, beschäftigen sich dieser Tage vor allem mit zwei Themen. Heute verhandelt das Verwaltungsgericht über die Klage eines Anwohners der Max-Brauer-Allee. Er wehrt sich vor Gericht gegen die Untätigkeit und die fehlende Bereitschaft des Senats, überhaupt irgendetwas gegen die Belastung der Luft mit Stickoxiden zu tun, die regelmäßig die gesetzlichen Grenzwerte überschreiten. Es ist eine traurige Tatsache in dieser Stadt, dass Bürgerinnen und Bürger vor Gericht gehen müssen, damit dieser Senat seine Arbeit macht.
Gleichzeitig beschäftigt uns der Synthesebericht des Weltklimarats, der vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde und wirklich dramatisch ist. Dieser Bericht hat eigentlich nur eine einzige Botschaft: Es besteht dringender Handlungsbedarf, wenn es überhaupt noch gelingen soll, das Ansteigen der Welttemperatur auf 2 Grad zu beschränken. Das sind die Themen, die diejenigen Menschen in der Stadt beschäftigt, die sich für die Umwelt und die Lebensqualität der Menschen einsetzen. Dieser Senat gehört nicht dazu. Das sind keine Themen für diesen Senat, und das ist leider auch keine Überraschung.
Er spielt auf Zeit und beantragt Fristverlängerung bei der EU-Kommission, obwohl er weiß, dass die EU-Kommission keine Fristverlängerung gewähren wird angesichts der Tatsache, dass dieser Senat überhaupt keinen Willen zum Handeln erkennen lässt. Deshalb rennt dieser Senat sehenden Auges in ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission. Das kann Hamburg teuer zu stehen kommen.
Worum geht es? Die Schadstoffe, die die Luft in unserer Stadt am meisten belasten, haben vor allem zwei Quellen, den Autoverkehr und die Schifffahrt.
Die Handlungsmöglichkeiten liegen deutlich auf der Hand. Es geht zum einen um die Reduzierung des Autoverkehrs. Mittel dazu wären mehr Tempo30-Zonen, Parkraumbewirtschaftung und eine Citymaut, für die sich der Senat auf Bundesebene einsetzen müsste. Den Autoverkehr zu begrenzen, wird natürlich nur dann funktionieren, wenn es auf der anderen Seite Angebote gibt, die den Menschen das Umsteigen einfach machen und ihre Mobilität aufrechterhalten, also ein Ausbau des öffentlichen Nachverkehrs. An erster Stelle wären
(Beifall bei den GRÜNEN und bei Birgit Stö- ver CDU – Dirk Kienscherf SPD: Ah, die Stadtbahn! Das habt ihr doch selber nicht hingekriegt!)
Zu den Handlungsmöglichkeiten bei der zweiten Schadstoffquelle, dem Schiffsverkehr. Wir brauchen in dieser Stadt nicht nur umweltverträgliche Stromversorgung für Kreuzfahrtschiffe, sondern auch für alle Containerschiffe, denn die stoßen den Großteil der Schadstoffe aus. Auch da gibt es die Möglichkeiten des Landstroms oder der liquiden Gasversorgung. Man muss es nur wollen und auch handeln wollen. Aber diese Bereitschaft hat dieser Senat nicht.
Es gibt ein Muster, wie dieser Senat mit Umweltproblemen umgeht: solange ignorieren wie irgend möglich und auf keinen Fall selber aktiv handeln. Wenn dann Umweltverbände vor Gericht gehen, um schlicht und einfach die Einhaltung geltenden Rechts einzuklagen, dann denunzieren SPD oder Senat sie als Wirtschaftsfeinde. Aber vor Gericht ist die Geschichte eine andere. Vor Gericht und von der EU-Kommission muss sich dieser SPDSenat sagen lassen, was in den Gesetzen steht. Das ist dann ein bitteres Erwachen, ein Ankommen in der Realität. In solchen Situationen hat dieser Senat kein Konzept. Das war bei der Elbvertiefung so und genau das Gleiche droht jetzt bei der Luftreinhaltung.
Mit dieser Ignoranz und dem demonstrativen Desinteresse an Umwelt und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt schadet dieser Senat den Menschen, die unter hochbelasteter Luft oder gesundheitsschädlichem Lärm leiden. Dabei wäre es doch so einfach. Man könnte nämlich durch ein modernes Mobilitätskonzept gleichzeitig etwas für die Luftqualität, den Lärmschutz und den Klimaschutz tun und viel für die Lebensqualität der Menschen in dieser Stadt.
Die Ignoranz des Senats gegenüber all diesen Fragen schadet den Menschen in dieser Stadt. Es wird höchste Zeit, dass sich das ändert. – Vielen Dank.
In der Tat wird aktuell vor dem Hamburger Verwaltungsgericht die Klage eines Anwohners der MaxBrauer-Allee verhandelt. Ob und was das Gericht entscheidet, ist überhaupt noch nicht klar; die Verhandlungen laufen seit heute Mittag.
Der Senat hat 2012 fristgerecht einen Luftreinhalteplan eingereicht. Das 200 Seiten umfassende Konvolut beschreibt 80 Maßnahmen zur Luftverbesserung. Unser Hauptproblem sind die Grenzüberschreitungen bei den Stickoxiden und beim Feinstaub. Beides wird im Wesentlichen von Dieselfahrzeugen produziert.
Insofern geht es nicht, dass die EU auf der einen Seite die Grenzwerte für die Luftverschmutzung immer weiter anzieht, aber auf der anderen Seite nicht den Mut aufbringt, die Abgasnorm von Fahrzeugen entsprechend zu verschärfen.
Die EU-Kommission darf die Städte nicht weiter im Regen stehen lassen, denn auch andere Großstädte, selbst solche mit Umweltzone, Citymaut oder Straßenbahn haben die gleichen Probleme wie Hamburg. Auch sie sind bei der EU mit ihren Verlängerungsanträgen und Programmen durchgefallen, übrigens auch die Fahrradmetropole Kopenhagen, die uns gern als Best-Practice-Beispiel vorgehalten wird.
Unser umfangreicher Luftreinhalteplan ist nicht einfach nichts, Herr Kerstan. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Umstellung auf emissionsfreie Busse ab 2020 und die Anschaffung von emissionsarmen oder auch emissionsfreien Bussen schon jetzt sind ein Riesenschritt bei der Verbesserung von Luftqualität und für den Klimaschutz.
Immer mehr Menschen steigen um und lassen das Auto stehen. Die Hochbahn ist mit ihren Investitions- und Beschaffungsentscheidungen ein ganz wichtiger Treiber für effiziente, emissionsarme beziehungsweise emissionsfreie und umweltfreundliche Antriebstechnologien. Gerade heute hat die Hochbahn ein neues Modell eines schadstofffreien Elektro-Hybridbusses vorgestellt. Dieses Modell wird ab Dezember auf der Linie 109 fahren. Da wollen wir hin, das ist wegweisend.
Allen Unkenrufen und Verwirrungsstrategien der GRÜNEN zum Trotz optimieren wir unser Bussystem weiter – auch das ist im Sinne des Klimaschut
Der Hamburger Hafen entwickelt sich immer mehr zum Eisenbahnhafen. Schon 30 Prozent der Container verlassen den Hafen mit der Bahn. Wir bauen eine Landstromanlage. Die Power Barge in der HafenCity liegt schon da, und schon bald werden die Kreuzfahrer mit sauberem Strom versorgt, sodass die Stadt nicht mehr eingedieselt wird. Auch bei den Containerschiffen wird eine externe Stromversorgung im Hafen bald dafür sorgen, dass die Luft besser wird.
Wir investieren in Elektromobilität und wir schaffen gute Bedingungen für den Radverkehr; das alles dient dem Klimaschutz. Wichtig ist für uns eines: Wir haben den Klimaschutz auf eine neue Basis gestellt und ihn zur ressortübergreifenden Regelaufgabe gemacht. Dadurch fließt mehr Geld in den Klimaschutz, als Schwarz-Grün für das Klimaschutzprogramm jemals zusammensammeln konnte.
Ich nenne nur den Schulbau, den Hochschulbau, den Bau und die Sanierung von Wohnungen und gewerblichen Gebäuden nach guten Standards des Klimaschutzes, den Ausbau des Nahverkehrs, unsere Radverkehrsstrategie, unsere Freiflächenpolitik mit der Ausweisung von neuen Natur- und Landschaftsschutzgebieten, die Neuanpflanzung von Bäumen – auch das ist Klimaschutz –, die Förderung von Gründächern, die Programme zur Effizienzsteigerung und nicht zuletzt unsere Energiepolitik und auch die nachhaltige Beschaffungspolitik, bei der es nicht nur auf billig, billig ankommt, sondern auf Energieeinsparung. Das ist Klimaschutz.