Protocol of the Session on November 5, 2014

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(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel: Und was ist der Vorschlag der FDP?)

Also hören Sie endlich auf herumzujammern, Sie könnten gar nicht anders, und hören Sie endlich damit auf, die Verantwortung auf andere oder die Umstände zu schieben, denn das wird der Sache in keinem Fall gerecht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Jetzt hat Frau Dr. Leonhard von der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts der sich zu Ende neigenden Legislaturperiode lohnt sich ein Blick auf den Stand der Dinge bei frühkindlicher Bildung und Betreuung.

Wir sind gestartet mit einer kurz vor der Wahl beschlossenen und für diese Legislaturperiode geltenden Vereinbarung zwischen Landeselternausschuss, dem vielzitierten LEA, und der Hamburger SPD. Die vereinbarten Punkte sind auch Gegenstand unseres Regierungsprogramms, und die Vereinbarung selbst ist ein öffentlich zugängliches Dokument. Jeder kann einen Blick darauf werfen. Dort erklärt man zur Kindertagesbetreuung – ich zitiere –:

"[…] sind sich einig, dass dazu die folgenden konkreten Maßnahmen unerlässlich sind."

All diese konkreten Maßnahmen, die vereinbart worden sind, haben wir umgesetzt. Wir haben damit die frühkindliche Bildung in Hamburg entscheidend vorangebracht.

(Beifall bei der SPD)

Die darin vereinbarten Maßnahmen gingen übrigens auf eine Volksinitiative zurück. Die Eltern in Hamburg haben damit ihren Prioritäten klar Ausdruck verliehen, und die haben wir umgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Ergebnis: Noch nie haben in Hamburg so viele Kinder so früh und so lange von frühkindlicher Bildung in Krippen und Kitas profitiert wie heute, ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Und auch Stadtteile mit großen Herausforderungen holen bei der

Betreuungsquote deutlich auf; das war vorher unvorstellbar.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen damit die Eltern ermutigen, ihre Kinder an früher Bildung und Betreuung in Kita oder Tagespflege teilhaben zu lassen. Wir wollen gerechtere und bessere Lebens- und Bildungschancen, mehr Integration und Teilhabe. Qualität ist uns wichtig. Wie mit dem LEA vereinbart – in der Vereinbarung noch "Kita-KESS" genannt –, haben wir Anfang 2013 "Kita-Plus" umgesetzt. An rund 280 Kitas in unserer Stadt in sozial benachteiligten Stadtteilen sind jetzt 280 Erzieherinnen und Erzieher mehr tätig – für mehr Sprachförderung und ein besseres Betreuungsverhältnis.

(Beifall bei der SPD)

Zudem wurden die Hamburger Bildungsempfehlungen für Bildung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen 2012 grundsätzlich überarbeitet, und das übrigens in einem beispielhaften Beteiligungsprozess. Das sagen die Verbände, das sagt der LEA und das sagen die Experten in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich wollen wir auch Qualität im Krippenbereich weiter stärken. Dabei ist der Betreuungsschlüssel ein wichtiger Punkt. Die Bertelsmann Stiftung, von der die Opposition immer nur berichtet, wenn es gerade irgendwie passt,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Dito!)

hat darauf hingewiesen, dass die bei der Anlegung der Maßstäbe erforderlichen Mittel für Hamburg wie für andere Bundesländer kaum zu stemmen sind. Deshalb fordert die Bertelsmann Stiftung ein Bundes-Kita-Gesetz zur Festlegung einheitlicher Standards.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hamburg hat gegen das von den größten Teilen von Gesellschaft und Wissenschaft abgelehnte Betreuungsgeld Klage eingereicht. Bundesweit rund 1 Milliarde Euro sind eine Fehlinvestition schlimmster Art. In Hamburg kennen wir vor allen Dingen zwei Anhänger des Betreuungsgeldes, das sind der Fraktionsvorsitzende der CDU und der Fachsprecher. Alle anderen, glaube ich, sind mit uns der Meinung, dass diese Milliarde Euro in vielen Kitas in Hamburg sehr viel besser verwendet werden könnte,

(Dietrich Wersich CDU: 1 Milliarde für die Ki- tas in Hamburg?)

unter anderem für eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels.

(Beifall bei der SPD)

(Finn-Ole Ritter)

Ich möchte noch auf eine Sache aufmerksam machen, die in diesen Tagen viel zitiert und diskutiert wird. Die Hamburger CDU will laut Eckpunktepapier einen Betreuungsschlüssel von 1:4 bei Krippe und Kita. Das kostet angesichts der erreichten, sehr hohen und weiter steigenden Betreuungsquoten – und wir wollen, dass viele Kinder die Kitas nutzen – rund 80 Millionen Euro jährlich. Da erinnern sich die Eltern der ehemaligen CDU-Senate: Büchergeld in der Schule, Studiengebühren an der Uni und massive Gebührenerhöhungen für Kita und Hort.

(Sören Schumacher SPD: So war das!)

Die CDU bleibt damit in den Köpfen der Hamburger Eltern die Partei der Bildungsgebühren.

(Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Dressel SPD: So ist es!)

In diesem Zusammenhang finde ich es wichtig, dass Sie uns einmal erklären, mit welchen Beiträgen Sie welche Eltern belasten wollen, um diese 80 Millionen Euro Kosten für Ihre Versprechen dann über Elternbeiträge hereinzuholen. Das wäre sehr spannend und sehr ehrlich. Ich glaube, das würde viel zur Debatte beitragen.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Niedmers von der CDU.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir heute direkt nach der letzten Plenarsitzung erneut die Qualität der frühkindlichen Bildung in der Aktuellen Stunde debattieren, spricht für sich. Wie bedeutsam die Angelegenheit ist, zeigt die Kita-Demonstration vom vergangenen Donnerstag. Rund 4000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer demonstrierten für mehr Personal in der Kinderbetreuung. Der Widerstand wächst von allen Seiten, von den Erziehern, den Verbänden und ganz besonders auch vonseiten der Elternschaft.

Gemeinsam mit den anderen Oppositionsfraktionen wollte die CDU an dieser Demonstration teilnehmen und hatte deshalb beantragt, den Beginn der zeitgleich stattfindenden Sitzung des Familienausschusses um eine Stunde – eine Stunde – zu verschieben. Doch die SPD, der die Kritik offenbar ein Dorn im Auge ist, hat unser Anliegen verhindert.

(Wolfgang Rose SPD: So ein Quatsch!)

Sie stimmte mit ihrer Mehrheit gegen eine Terminverlegung. Haben Sie so etwas wirklich nötig?

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN und der LINKEN – Olaf Ohlsen CDU: Skandal!)

Dabei sind dem Senat und der SPD durchaus bewusst, dass Hamburg das traurige Schlusslicht aller westdeutschen Bundesländer in der Betreuungsqualität von Krippenkindern ist. In keinem anderen westlichen Bundesland muss eine Erzieherin für mehr Kinder zeitgleich sorgen als bei uns. Zur Erinnerung: 1:6,2 ohne Berücksichtigung etwaiger Fehlzeiten. Dies ist die bittere Wahrheit nach dreieinhalb Jahren SPD-Senat. Hieran muss sich etwas ändern. Satt und sauber allein reicht nicht, gute frühkindliche Betreuung und Bildung ist mehr als Bildungsempfehlungen mit sinnvollen Zielsetzungen, die in der Praxis oftmals aus zeitlichen Gründen keine Berücksichtigung finden.

Alle Experten, die sich mit frühkindlicher Bildung und Betreuung beschäftigen, sehen in Hamburg dringenden Handlungsbedarf; darauf hat der Kollege Ritter auch schon hingewiesen. Deshalb fordern die Verbände, Erzieher und Eltern auch 25 Prozent mehr Personal für eine bessere Bildung unserer Kinder und für bessere Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen, die derzeit unter der täglichen Last fast zusammenbrechen. Aber was macht der Senat? Anstatt die berechtigte Kritik endlich ernst zu nehmen und die notwendigen Verbesserungen der Betreuungsschlüssel zumindest anzugehen, weist er die Forderungen als unbezahlbar zurück. Er rühmt sich lieber mit der Einlösung seiner Wahlversprechen, vor allem aber der eingeführten Beitragsfreistellung. Das ist es, was Sie tun. Senator Scheele, Sie drücken sich vor Ihrer Verantwortung, indem Sie verlangen, dass die Kita-Träger dringend erforderliche Verbesserungen aus eigenen Mitteln bestreiten, und sehen den Bund in der Pflicht. Den Kita-Trägern wird immer mehr aufgebürdet, aber der Bund hat die Länder bis 2014 bereits mit 4,5 Milliarden Euro beim Ausbau und den Betriebskosten unterstützt. Allein Hamburg hat 61,6 Millionen Euro erhalten und wird nochmals 13,6 Millionen Euro erhalten, insgesamt also 75 Millionen Euro. Das ist viel Geld, was Sie sinnvoll in die Betreuung frühkindlicher Erziehung investieren können.

Meine Damen und Herren! Selbst der LEA war bereit, die Beitragsfreistellung aufzuschieben, um das Geld für bessere Betreuung zu nutzen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ein Jahr!)

Aber der Erste Bürgermeister und Senator Scheele haben dieses vernünftige Angebot leichtfertig ausgeschlagen, damit sie ihre kurzsichtigen Wahlversprechen einlösen können. Gutes Regieren sieht aus Sicht der Christdemokraten anders aus.

(Beifall bei der CDU)

Letzte Woche haben wir im Familienausschuss gemeinsam mit den anderen Oppositionsfraktionen eine öffentliche Anhörung durchgesetzt. Wir wollen damit allen Erzieherinnen und Erziehern, den KitaEltern und der interessierten Öffentlichkeit eine öf

(Dr. Melanie Leonhard)

fentliche Plattform geben, ihre berechtigten Anliegen direkt vorzutragen.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann können Sie ja mal Ihre Gebührentabelle vorstellen!)

Der SPD-Senat muss sich mit diesen konkreten Forderungen endlich auseinandersetzen. Das Motto "Hauptsache billig" schadet unseren Kindern nachhaltig. Wir Christdemokraten fordern den Senat auf, endlich sein Augenmerk auf die Qualität der frühkindlichen Erziehung und Bildung zu richten. Hamburg darf nicht länger Schlusslicht der westdeutschen Bundesländer bleiben.