Protokoll der Sitzung vom 05.06.2019

Thering und Herr Aukes, haben gezeigt, dass es Ihnen nicht darum ging, etwas für die Feuerwehr zu tun, sondern dass es Ihnen ausschließlich darum ging, zu sagen, Sie seien die besten Verkehrsplanerinnen und -planer. Das sind Sie definitiv nicht.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Zuruf)

Haben Sie gesagt. Jetzt kommt auch noch Realitätsverlust hinzu.

Aber egal, ich fange einmal an mit den Baustellen. Bei den Baustellen kann man wirklich sagen: Schau dir an, wer eigentlich alles in Hamburg baut. Strom, Gas, Wasser, Telekom, Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer, die Bezirke planen, Private bauen, teilweise auch mit Gerüsten auf der Straße. Da frage ich mich schon, wo die angekündigte Bezirkskoordination von Rot-Grün ist.

Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel aus HamburgNord, ich nenne Ihnen ein ganz aktuelles Beispiel vom Dulsberg: Am Alten Teichweg baut die Hochbahn einen neuen Aufzug, das heißt, die eine Straßenseite wird für Fußgängerinnen und Fußgänger und Radfahrerinnen und Radfahrer komplett gesperrt; sie sollen auf die andere Straßenseite ausweichen. In diesem Kreuzungsbereich wird gleichzeitig der Ring 2, also die Straße, saniert und zu zwei Dritteln eingeschränkt, sodass die Fußgängerinnen und Fußgänger jetzt noch 1,50 Meter haben. Wenn das Ihre Baustellenkoordination ist, dann sage ich: Vielen Dank, das brauchen wir auf gar keinen Fall.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber andererseits – das gilt sowohl für CDU, FDP wie auch für Rot-Grün – wird doch niemand erwarten, dass selbst die beste Baustellenkoordination alle Probleme lösen kann. Sei es Wetter, seien es zum Beispiel Sielbrüche, seien es andere Notfälle, da werden von anderen Baustellen Leute abgezogen. Das heißt, es wird immer auch Probleme geben. Ich gebe Ihnen recht, dass man es besser koordinieren kann, aber Wunder werden auch Sie nicht schaffen.

Nun kommen wir einmal zum Thema Stau. Was staut denn da eigentlich? Da stauen doch vor allen Dingen private Pkws, im Durchschnitt mit einer Person besetzt. Ich habe das Gefühl, Sie wollen es nicht verstehen. Frau Gallina hat recht, wir schlagen wirklich alte ideologische Schlachten. Ich sage es Ihnen noch einmal: Sie stehen nicht im Stau, Sie sind der Stau mit Ihren Privat-Pkws, und das müssen wir endlich beenden.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos – Zurufe)

An der Reaktion merke ich, dass es ankommt. Ich habe getroffen.

(Zurufe)

Ja, es ist uralt und es stimmt immer noch. Es ist genauso uralt wie die Weisheit, wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Da können Sie noch so laut brüllen, es wird immer so bleiben.

(Beifall bei der LINKEN – Dennis Thering CDU: Die Hamburger sind selbst schuld!)

Sie haben sich mit Begeisterung auf die neueste Untersuchung eines – wie haben Sie es so schön genannt, Frau Gallina, um den Namen nicht zu nennen, um nicht TT zu sagen? –,

(Anna Gallina GRÜNE: Ein namhafter Navi- gationsgerätehersteller!)

ah ja, genau, eines Navigationsgeräteherstellers berufen. Aber ich glaube, Sie haben auch da wieder nicht alles gelesen. Denn die haben auch einen sogenannten Verstopfungsgrad in anderen Großstädten festgestellt und gesagt, in Hamburg betrage der Verstopfungsgrad im Straßenverkehr 35 Prozent, in Kopenhagen mit einem 50-prozentigen Radund Fußverkehrsanteil betrage er 24 Prozent. Das sollte doch bei Ihnen einmal zu einem Nachdenken führen, dass vielleicht Ihre Politik, auf das Auto zu setzen, völlig falsch ist.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Einen Aspekt haben Sie noch gar nicht erwähnt. Ich glaube, das haben Sie alle erlebt, ob Sie im Auto oder wie ich auf dem Fahrrad sitzen. Gucken Sie sich Kreuzungen in Hamburg an. Wer schafft es eigentlich, Kreuzungen freizuhalten? Wie viele Ampeln sehen wir, wie viele Kreuzungen, wo alle wie die Dödels darauf zufahren und sich dann wundern, dass links und rechts nichts geht. Auch beim Thema Rettungsgasse in der Stadt, glaube ich, gibt es noch viel Fortbildungsbedarf. Daran werden wir weiterhin arbeiten müssen.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN, ver- einzelt bei der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Jetzt kommen wir zum Thema Feuerwehr. Sie stellen sich hier hin und behaupten, dass die Feuerwehr sagt, der Verkehr sei quasi das Hauptproblem; das sagt sogar Herr Thering. Ich glaube, Sie haben noch nicht einmal die Pressemeldung gelesen. Die Feuerwehr sagt deutlich, sie habe zu wenig Personal und einen zu hohen Krankenstand. Das ist auch einer der Gründe, warum die Feuerwehr nicht rechtzeitig …

(Dennis Thering CDU: Auch! Auch!)

Ja, auch.

Sie hat gesagt, das Verkehrsproblem sei ein kleineres Problem. Das wollen Sie aber nicht wahrhaben, weil es nicht zu Ihrer Ideologie passt.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Ach so, jetzt habe ich noch einen Punkt vergessen. Auf dem Dulsberg ist, wie ich erwähnt habe, gerade eine große Baustelle. Die Untersuchung, die Herr Thering in seiner Anfrage abgefragt hat, zeigt, dass im ersten Quartal, seit es die Baustelle gibt, die Rettungsdienste nicht nur 70 Prozent, sondern 80 Prozent ihrer Schutzzeit erreicht haben. Was ist das denn? Das ist der Oberhammer.

(Dennis Thering CDU: Dann stehen sie an der nächsten Baustelle!)

Auf dem Dulsberg haben sie es geschafft.

Zum Schluss will ich nur sagen: Ja, wir brauchen eine bessere Koordination, aber wenn wir den Autoindividualverkehr nicht reduzieren, wird sich gar nichts verändern. Dafür müssen wir gemeinsam kämpfen, auch wenn wir Sie immer hintendran haben und mitschleppen müssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Das Wort bekommt Herr Ehlebracht für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Schlimm genug, dass die Einsatzkräfte sich oftmals bepöbeln lassen müssen, manchmal sogar tätlich angegriffen werden, wenn sie an den Einsatzort kommen – ein Verhalten, das man nur als krank und asozial bezeichnen kann. Jetzt müssen sich die Rettungswagen, die Polizei und die Feuerwehr dorthin auch noch durch den Verkehr quälen. Zahlreiche Baustellen und Dauerstau auf Hamburgs Straßen sorgen dafür, dass dies zunehmend langsamer geschieht.

In dem Wissen, dass es bei diesen Einsätzen oftmals im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod geht, kann das kein befriedigender Zustand sein. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der möglichst sofort abgestellt werden muss. Mit zehn Einsatzkräften in acht Minuten am Einsatzort zu sein ist das Ziel der Feuerwehr und wird nur in 62 von 100 Fällen erreicht. Rund 80 Baustellen haben wir aktuell, 14 davon sind sogenannte Hotspot-Baustellen an neuralgischen Verkehrsknotenpunkten, und 40 weitere werden in diesem Jahr noch dazukommen. Dass der Senat gemäß des Straßenerhaltungsmanagements den Erhalt unserer Verkehrsinfrastruktur betreibt, ist völlig richtig und nicht zu kritisieren. Auch die AfD hat noch keine Methode dafür gefunden, etwas zu waschen und sich dabei nicht nass zu machen.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Dass die notwendigen Baustellen eine jedwede Behinderung darstellen, können auch wir nicht aus

der Welt schaffen. Zu hinterfragen ist allerdings, ob für die Durchführung und die Koordinierung der Baustellen die richtigen Maßnahmen angewandt und die richtigen Mittel in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt werden. Das darf bezweifelt werden.

Ich erwähne das jüngste Beispiel, Ehestorfer Heuweg. Die Baustellenkoordinierung dort hat gezeigt, dass das unter aller Kanone läuft. Angekündigt wurde eine alternativlose Variante, und nach massiven Protesten waren in Windeseile mehrere Varianten, die zumindest schon einmal deutlich praktikabler waren, auf dem Tisch. Das zeigt, wie der Stand der Dinge ist. Es geht doch, möchte man meinen, aber es beschleicht einen das Gefühl, dass auch an anderer Stelle ein anderer Mitteleinsatz und eine andere Durchführung angebracht wären.

Bürgerhotline, Koordinierungsstellen in den Bezirken, mehr Befugnisse für die KOST, all das kann man machen, es löst aber nicht die Kernproblematik trotz gegenteiliger subjektiver Empfindungen auf der Senatsbank.

Immer wieder wird von Verkehrsteilnehmern über verwaiste Baustellen berichtet. Das ist ein Ärgernis, welches bei den Bürgern auf völliges Unverständnis stößt. Völlig unverständlich ist dann auch, wenn auf der hamburg.de-Seite steht:

"Derzeit können wir leider keinen Ausbildungsplatz als Straßenbauer anbieten. Bitte sehen Sie von Bewerbungen ab, da wir diese nicht berücksichtigen können."

(Dennis Thering CDU: Wir haben ja genug!)

Feuerwehrleute werden ausgebildet, sehr schön, aber an anderer Stelle ziehen Sie das Hemd aus der Hose und vernachlässigen Sie die Ausbildung. Das kann doch nicht angehen. Eine Ausbildung ist mit Sicherheit keine Sofortmaßnahme. Aber klar ist auch, dass die Anzahl der Baustellen auch mittelfristig einen hohen Stand haben wird und wir Fachkräfte benötigen, insbesondere dann, wenn uns in den Ausschusssitzungen seitens der Behörde mitgeteilt wird, dass der Markt der Anbieter für den Straßenbau begrenzt ist und man sich keine Fachkräfte aus den Rippen schneiden kann. Das stimmt, aus den Rippen schneiden kann man sie sich nicht, aber man kann sie ausbilden, was, wie gehört, nicht geschieht.

Die Anwendung des Mottos "Viel hilft viel" scheint uns in dieser Situation am geeignetsten, zum Beispiel als Maßnahme – wir hatten es eben schon gehört – eine häufigere Anwendung des BonusMalus-Systems mit stärkeren finanziellen Anreizen als bisher für die frühzeitige Fertigstellung einer Baustelle.

Eine dritte Idee wäre die Einführung des Dreischichtbetriebs – das hatte Herr Thering auch

(Heike Sudmann)

schon erwähnt –, und zwar an notwendigen Baustellen an neuralgischen Punkten. Auch dies kann durch attraktive Schichtzulagen attraktiver gestaltet werden.

Und als Viertes ist zu fragen: Müssen alle diese Baustellen gleichzeitig eingerichtet werden? Das sind doch nicht alles Notfälle, sondern geplante Vorhaben, die nicht durch Wasserrohrbruch entstehen. Kommt es da auf den Monat an? Wenn uns die Behörde nun schon auf den Fachkräftemangel hinweist, dann verstärke ich nicht den negativen Effekt dieses Mangels, indem ich immer mehr Baustellen parallel eröffne, sondern ich verschiebe zwei von den drei Baustellen, um die dadurch gewonnenen Arbeitskräfte auf einer Baustelle zu konzentrieren.

(Arno Münster SPD: Sie haben keine Ah- nung, wie das funktioniert!)

Ob in Summe die drei Baustellen früher oder später abgeschlossen werden, lassen wir einmal dahingestellt. Sicher ist auf jeden Fall, dass diese Baustelle den Verkehr deutlich weniger belasten wird

(Arno Münster SPD: Sie haben überhaupt keine Ahnung!)

einfach mal zuhören, dann wissen Sie Bescheid –, als wenn man sie ewig so durchzieht wie bei den bisherigen Methoden.

Bilden Sie mehr Fachkräfte für den Straßenbau aus, führen Sie den Dreischichtbetrieb ein, gestalten Sie das Bonus-Malus-System attraktiver, insbesondere hinsichtlich einer vorzeitigen Fertigstellung ohne Absenkung von Qualität und Gewährleistungsansprüchen, und konzentrieren Sie die Arbeitskräfte auf die verbleibenden Baustellen. Diese vier Maßnahmen wären Bestandteile eines Baustellenmanagements der AfD, und ich bin sicher, dass die Einsatzkräfte uns das danken würden. – Vielen Dank.