Protokoll der Sitzung vom 05.06.2019

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Gladiator, es ist nicht eng, sondern wir waren gerade Zeuge des Thering-Weinberg-Schismas. Denn wir haben doch eine Situation, in der Herr Thering jetzt acht Minuten hier vorn darüber geredet hat, wie er den Autoverkehr in Hamburg ausbauen möchte, wie er die autogerechte Stadt schaffen möchte.

(Beifall bei Anna Gallina GRÜNE – Dennis Thering CDU: Sie haben es schon wieder nicht verstanden! – Zuruf von Anna-Elisa- beth von Treuenfels-Frowein FDP)

Sie, Herr Thering, haben mit Herrn Weinberg und Herrn Trepoll ein Verkehrskonzept vorgelegt, in dem Sie behauptet haben, Sie würden den Umweltverbund – also die Anzahl der Wege, die man zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit dem ÖPNV zurücklegt – auf 85 Prozent bringen.

(Dennis Thering CDU: Das ist unser Ziel!)

Sie ignorieren dabei, dass keine europäische Stadt das schafft. Weder Amsterdam noch Antwerpen noch Kopenhagen noch Wien schaffen das momentan.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Doch!)

Sie reden die ganze Zeit über das Auto und behaupten irgendwelche Märchenziele. Daran sehen Sie doch, dass Sie eine Politik machen, die mit dem, was Sie an anderer Stelle verkünden, was Ihr

Spitzenkandidat will, überhaupt nichts zu tun hat. Damit müssen Sie sich einmal auseinandersetzen. Das hat doch gar nichts mehr mit Realität zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dennis Gladiator CDU: Sie verstehen es ein- fach nicht!)

Das gilt auch an anderer Stelle.

(Zuruf von Dennis Thering CDU)

Jetzt seien Sie doch nicht die ganze Zeit so aggressiv. Sie hatten acht Minuten Zeit, um hier aggressiv zu sein.

(Dennis Thering CDU: Wenigstens haben wir noch Ziele!)

Sie haben behauptet, die Unfallzahlen würden die ganze Zeit steigen. Das ist komplett falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist komplett falsch. Wir liegen hinsichtlich des Anteils der Unfallzahlen pro 10 000 Menschen der Bevölkerung bei den niedrigsten Unfallzahlen seit Aufzeichnung der Statistik; das gilt übrigens auch für die Schwerverletzten. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen und nicht immer das Gegenteil behaupten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dann kommen wir zu Herrn Aukes. Sie haben doch gesagt, es gelinge uns nicht, dass die Menschen das Auto stehen lassen. Das haben Sie heute in der ersten Rede gesagt.

(Dennis Thering CDU: Das hat er nicht ge- sagt!)

Auch das ist falsch. Es ist schlicht falsch. Schauen Sie sich doch einmal die Zahlen der Mobilität in Deutschland an. Eine Studie mit mehreren Hunderttausend Teilnehmern sagt: Fahrrad plus drei, ÖPNV plus vier, zu Fuß minus eins, Auto minus sechs. Das ist die Entwicklung der letzten zehn Jahre, und da können Sie doch nicht so etwas sagen. Die Verkehrswende in Hamburg ist in vollem Gang, und ehrlicherweise müssen wir sie beschleunigen. Aber Sie können doch nicht dauernd das Gegenteil behaupten. Schauen Sie sich die Studie an, dann würden Sie sehen, in welche Richtung wir gehen.

(Zurufe von Ewald Aukes FDP und Dennis Thering CDU)

Das, was Sie machen, ist wirklich zu wenig. Sie sollten sich an den Fakten orientieren. Ausweislich Ihrer eigenen Konzepte behaupten Sie Dinge, die Sie niemals erreichen werden. So werden Sie die Opposition in diesem Hause nicht verlassen können.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos – Zuruf von Hei- ke Sudmann DIE LINKE – Glocke)

(Dennis Thering)

Herr Dr. Tjarks, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Niedmers?

Ja. Ich bedanke mich für die Verlängerung meiner Redezeit.

Lieber Herr Kollege Tjarks, wie erklären Sie es sich denn, dass in der Freien und Hansestadt Hamburg die Zulassungen für Kraftfahrzeuge so sehr gestiegen sind? Nehmen Sie doch bitte auch zur Kenntnis, dass viele Ihrer grünen Wählerinnen und Wähler gern auch einmal mit einem SUV unterwegs sind und auch gern einmal ihre Kinder zur Schule fahren.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Anna Galli- na GRÜNE)

Also die Frage war, ich solle zur Kenntnis nehmen, dass wir mehr zugelassene Autos in der Stadt haben,

(Dennis Thering CDU: Wie erklären Sie sich das? – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Fro- wein FDP: Wie erklären Sie sich das?)

die – das füge ich jetzt hinzu – aber immer weniger fahren.

(Zuruf von Dennis Thering CDU)

Herr Thering, Sie kennen doch die Drucksache der Mobilitätsziele für Hamburg. Was steht da drin? Darin steht, dass es weniger Autoverkehr in Hamburg gibt

(Dennis Thering CDU: Habe ich auch nicht bezweifelt! Trotzdem gibt es mehr Autos!)

und dass die Abnahme umso größer ist, je weiter man in die innere Stadt geht, in den letzten zehn Jahren sogar minus 10 Prozent.

(Dennis Thering CDU: Aber warum wächst dann die Staubelastung?)

Das ist die Antwort auf die Frage. Diese Autos stehen noch länger herum als zuvor. Das ist schlicht und ergreifend die Antwort auf die Frage. Sie werden weniger benutzt. Das sagen alle Studien in Deutschland, das sagen alle Studien in Hamburg, das sagen die Drucksachen des Senats. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen und auch, dass man in einer Stadt, in der immer mehr Menschen wohnen, die immer mehr mobil sein wollen, die Verkehrsfläche aber gleich bleibt, weil wir eine enge bebaute Stadt haben, Verkehrsformen finden muss, die weniger Platz in Anspruch nehmen. Oder, überspitzt gesagt: Je größer die Stadt wird, desto mehr brauchen Sie eine Verkehrswende,

(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

um einen Verkehr in Hamburg vernünftig zu organisieren. Das ist das Hauptproblem in dieser Stadt, und daran arbeiten wir mit aller Kraft. Das Hauptproblem ist im Übrigen nicht die Baustellenkoordinierung. Das ist nur das Hauptproblem für diejenigen Leute, die allen anderen Sand in die Augen streuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Frau Sudmann bekommt noch einmal das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, liebe Medienvertreterinnen und Medienvertreter!

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

Ich muss leider mit einer schlechten Nachricht für Sie anfangen. Bis Februar 2020 werden Sie in diesen Verkehrsdebatten das Gefühl haben "Und täglich grüßt das Murmeltier". Wir können es nicht verhindern, denn Sie merken, egal, wie wir argumentieren,

(Zuruf von Dennis Gladiator CDU)

es gibt auf dieser Seite einen Block,

(Zuruf von Dennis Thering CDU)

der sich nicht mit der Realität des Klimawandels auseinandersetzen will. Das ist erschütternd.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Was Sie und auch wir immer wieder erleben werden, ist, wie soll ich sagen, die Flexibilität der CDU. Die ist wirklich phänomenal. Auf der einen Seite wird Herr Thering sich in einer anderen Debatte hinstellen und sagen, man müsse etwas tun, um weniger Autoverkehr zu haben, man müsse den Radverkehr attraktiver machen, man müsse Elektroroller fördern und so weiter. Das wird er auf der einen Seite sagen.

Auf der anderen Seite wird er uns aber nicht erklären können, wo sich die alle bewegen sollen, weil er dem Auto keinen Straßenraum wegnehmen will. Das interessiert ihn nicht.