Eine nettere Umschreibung dafür, dass Sie Menschen für blöd halten, kann man eigentlich gar nicht geben. Und es darf in dem Konzept auch nicht fehlen, dass
"breiten Bevölkerungsschichten positive Erlebnisse im Zusammenhang mit Wasserstoff ermöglicht werden [sollen]."
Diesbezüglich haben die Minister offensichtlich vom E10, also dem Biosprit, gelernt, den auch keiner haben wollte, weil Menschen es möglicherweise unethisch finden, dass Nahrungsmittel in den Tank kommen.
Die norddeutschen Länder werden künftig als Wasserstoffnachfrager und als Treiber des Ausbaus einer Wasserstoffwirtschaft auftreten. Und selbstverständlich soll der Mobilitätssektor ausgebaut werden. Für mich klingt das sehr nach Zwangsbeglückung.
Bei der Elektrolyse wird Wasser unter Strom gesetzt, sodass die Bindung zwischen Wasserstoff und Sauerstoff sich löst. Nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Windenergie sind für den mit grünem Wasserstoff angetriebenen Straßenverkehr Strommengen nötig, die selbst alle denkbaren Kapazitäten der Windräder und Solaranlagen in Deutschland weit übersteigen. Sie selbst führen das auf Seite 20 auch aus. Sie wollen den Import erneuerbaren Stroms forcieren, um in Norddeutschland Wasserstoff produzieren zu können, oder grünen Wasserstoff importieren. Marokko zum Beispiel ist ein Land, das sich dafür anbietet. Dort können die nötigen Windräder und Solaranlagen errichtet werden. Ich hoffe, Ihnen ist aber auch klar, dass der hohe Wasserbedarf der Elektrolyseanlagen dort ein großes Umweltproblem darstellen würde. Aber Norddeutschland will groß denken. Warum also nicht Ökostrom in Staaten erzeugen, in denen die eigene Bevölkerung kaum Strom hat?
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, die Zukunft muss technologieoffen gestaltet werden, und ich habe grundsätzlich nichts gegen den Einsatz von Wasserstoff. Allerdings sehe ich ihn eher nicht im Bereich der Pkw, sondern im Schwerlastverkehr, bei Schiffen und in der Industrie.
Aus diesem Grunde haben Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, vorsichtshalber nicht die norddeutsche Wasserstoffstrategie, sondern diese als Grundsteinlegung für eine erfolgreiche Dekarbonisierung der Industrie zur Aktuellen Stunde angemeldet. Im Bereich der Industrie gibt es viele sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten. Stahlwerke sind nur ein Beispiel, die Chemieindustrie ein weiteres. Denken Sie dennoch bitte nicht zu groß. Abgesehen vom Preis für grünen Wasserstoff gibt es noch sehr viel mehr zu berücksichtigen. – Vielen Dank.
"Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern."
Zitatende. Aus dem Roman "Die geheimnisvolle Insel" von Jules Verne, 1870. Da war die Elektrolyse schon lange bekannt, deren Umsetzung auch, sie wurde bloß noch nicht Brennstoffzelle genannt. Das E-Mobil folgte alsbald, genannt Flocken Elektrowagen. Danach stilles Stauen über den Start des Verbrennungsmotors. Bis neulich. Zwischendurch übrigens eine Ölkrise, zufälligerweise just, als man dachte, mit der damals unreifen Kerntechnik sichere und billige Energie ohne Ende zu haben. Die Autoindustrie entwickelte flugs in mehreren Klassen Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb, aber der Wasserstoff blieb unerreichbar.
Jetzt nicht zu wissenschaftlich – ich weiß, das macht Sie kirre. Deshalb: Die Annalena hat eine Idee. Windmühlen liefern Strom. Manchmal, manchmal auch nicht. Manchmal aber so viel, dass er aus den Steckdosen herausquillt. Den können wir bisher nicht aufbewahren, in Eimern oder im Netz oder so. Die Annalena hat gelernt, dass das Stromnetz etwas ganz anderes ist als ein Einkaufsnetz. Klingt komisch, ist aber so. Da ruft die Annalena ihre Kobolde, und die hacken die Wassermolekugeln in Sauberstoff und Waberstoff. Damit macht die Annalena dann ein Feuerchen an, aber eins ohne Kohlestoff und erst recht ohne Stinkstoff. Mit dem Feuerchen macht sie es uns kuschelig warm, solange die Erderwärmung uns warten lässt, oder treibt ein kleines, leises Auto an. Klingt komisch, ist aber so. Nun werden die Kobolde vom vielen Wasserhacken sehr hungrig. Sie arbeiten erst weiter, wenn sie mit Erdgas oder so gefüttert werden, sind ja Kobolde. In der Fachsprache sagt man: Die Kobolde reformieren das Erdgas. Klingt komisch, ist aber so. Das klappt gut und ist auch billig. Leider schwitzen die Kobolde dabei sehr viel schlimmes Kohlenfiesoxid und auch noch gar ekligeres Zeugs aus. Das macht den Waberstoff dreckig. Klingt komisch, ist aber so. Da kommt die Annalena auf eine Idee: Bevor wieder Strom aus den Steckdosen herausquillt, schließen wir die Kobolde direkt an die Windmühlen an, und schon hacken sie weiter die Wassermolekugeln zu Sauberstoff und Waberstoff. Und der ist jetzt grün, und das Feuerchen kann weiter brennen. Klingt komisch? Ist aber so.
Jetzt wieder zur Erwachsenensprache. Die Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse ist unwirtschaftlich, sonst hätte ein böser Kapitalist es längst gemacht. Genug Zeit war, wie anfangs ausgeführt. Die Elektrolyse funktioniert, wenn elektrische Energie fast umsonst und dauerhaft zur Verfügung steht oder wenn das Geld für die elektrische Energie vom Steuerzahler kommt, sodass die Staatenlenker es als nachwachsende Ressource betrachten können.
Noch einmal in der Sprache der FDP und des Präsidiums der Bürgerschaft: Elektrolyse kostet ein Schweinegeld. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist jetzt schon sehr viel Gutes über Wasserstoff gesagt worden, und auf das, was als nicht so gut angesprochen wurde, möchte ich jetzt gern eingehen. Ich glaube, Herr Jersch, man muss noch einmal auf Folgendes hinweisen: Wenn wir über Wasserstoff und über die Wasserstoffstrategie Norddeutschland sprechen, dann sprechen wir über grünen Wasserstoff, und der ist CO2-neutral. Das von vornherein zu wissen ist schon einmal sehr wichtig.
Das Zweite, was Norddeutschland ausgezeichnet hat, ist der enorme Ausbau der Erneuerbaren Energien. Man darf sich schon die Frage stellen, ob es volkswirtschaftlich sinnvoll ist, dass wir bei bestimmten Witterungssituationen unsere Windräder abstellen, oder ob wir nicht irgendein Medium finden, das wir zur Hilfe nehmen, um die Windräder nicht abschalten zu müssen, sondern das automatisch in grünen Wasserstoff umwandeln, damit wir diesen Wasserstoff zwischenspeichern können, ihn aber jetzt nicht nur für die Energiewende zu benutzen, sondern für das, was auf der Tagesordnung steht, nämlich die bevorstehende Klimawende. Wenn wir diese Klimawende realisieren wollen, dann brauchen wir diesen Wasserstoff, weil wir ihn in unterschiedlichen Branchen, wir nennen das Sektoren, gut einsetzen können. Meine Idee dabei ist – und da bin ich Gott sei Dank nicht allein, denn das haben wir mit den Kolleginnen und Kollegen am 7. November gemeinsam beschlossen –, dass wir eine gemeinsame Wasserstoffstrategie für Norddeutschland fahren.
Warum ist diese für uns so wesentlich? Sie ist deswegen wesentlich, weil wir unsere Industrien zukünftig mit grünem Wasserstoff versorgen wollen.
Wir haben in Hamburg die Grundstoffindustrie – TRIMET, Arubis und ArcelorMittal –, Unternehmen, die Wasserstoff gern einsetzen würden, um ihre CO2-Ziele zu realisieren. Deswegen ist es, glaube ich, sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir, wenn wir erstmals ein Stahlwerk oder eine Kupferhütte sehen, die zukünftig CO2-neutral produzieren soll, dafür grünen Wasserstoff einsetzen werden.
Das Zweite, was wesentlich ist, wenn man sich den Bereich der Mobilität anschaut: Auch im Bereich der Mobilität suggeriert man uns heute, dass die Antwort darauf die Batterie sei. Ich sage Ihnen, das ist eine Zwischentechnologie,
weil sie an vielen Stellen eben nicht so eingesetzt werden kann – denken wir an die Lkw-Verkehre, die wir in Deutschland haben, wo andere Batteriegrößen im Einsatz sind. Um Ihnen, Herr Jersch, noch einen Hinweis zu geben: Wenn Sie einen 40-Tonner, der 600 Kilometer in einem Stück fahren soll, mit einer Batterie ausstatten, wiegt diese 6 Tonnen.
Aber Sie können ihn auch mit 60 Kilogramm Wasserstoff fahren. Ich glaube, man muss sich verdeutlichen, welche Anwendungsfelder wir dort haben. Für Norddeutschland und Hamburg sage ich Ihnen jetzt Folgendes: Wir haben die einmalige Chance, nicht nur Industrien hier anzusiedeln, nicht nur Forschung zu betreiben, nicht nur darüber nachzudenken, ob wir nicht dringend eine Brennstoffzellenfertigung brauchen, ob wir nicht dringend Busse brauchen, die mit Brennstoffzelle und Wasserstoff fahren, damit wir am Ende des Tages das, was man immer verspricht, auch einhalten können, nämlich 2030 da sein zu können, damit wir unsere Klimaziele erreichen. Das ist, glaube ich, wesentlich.
Ich sage Ihnen jetzt Folgendes: Als ich in die Offshore-Windindustrie eingestiegen bin, hat man mich beschimpft, warum wir jetzt unbedingt in die Offshore-Windenergie einsteigen würden, das würde eh nicht funktionieren und wäre viel zu teuer. Wir haben es aber mit Offshore und Onshore, allerdings auch mit Solar, geschafft, einen Anteil von 43 Prozent Erneuerbarer Energien zu haben; das Ausbauziel ist 65 Prozent. Ansonsten muss mir jemand einmal erklären, wie wir je die Energiewende schaffen wollen, wenn wir gleichzeitig aus der Nuklearenergie aussteigen und die Kohle runterfahren, aber nicht hergehen und die Erneuerbaren weiter ausbauen.
Deswegen ist das zarte Pflänzlein, von dem ich aus Berlin gehört habe, nämlich den Deckel im Offshore-Bereich um 5 Gigawatt anzuheben, viel zu wenig. Wir müssen mindestens auf 30 Gigawatt und perspektivisch noch höher kommen.
Meine letzte Antwort zu dem, der fragt: Westhagemann, reicht das alles denn am Ende des Tages aus, um uns mit grünem Wasserstoff zu versorgen? Dazu sage ich Ihnen eins: Man muss größer denken, auch über die norddeutschen Länder hinaus.
Ich nenne Ihnen jetzt einmal ein Land wie Norwegen. Ich glaube, die wollen mithilfe der Elektrolyse sehr gern grünen Wasserstoff zur Verfügung stellen. Ich kenne noch andere Regionen, die das auch sehr gern machen würden. Also machen Sie sich auch über das logistische Thema keine Gedanken.
Ich hoffe, dass wir die Unterstützung in der Bevölkerung finden, die sagt: Norddeutschland ist auf dem richtigen Weg, wir werden die Wasserstoffregion nicht nur Deutschlands, sondern Europas. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man könnte denken, Senator Westhagemann sei ein Grüner. Finde ich toll.
Ja, wir in Norddeutschland sind tatsächlich in einer besonderen Situation: Wir haben in den Nachbarstaaten sehr viel Fläche, sehr viel Windenergie. Die Windenergie dort bringt schon mehr an Energie, als in diesen Ländern verwendet werden kann. Hamburg ist mit seiner großen Industrie, dem Hafen und dem Flughafen eine regelrechte Energiesenke. Darum ist die Konstellation in Norddeutschland besonders gut. Voranbringen kann den Wasserstoff und die Wasserstofftechnologie sicher nur derjenige, der sie anwendet. Das ist in erster Linie die Industrie. Hamburg hat mit seinen großen und mittleren Industriebetrieben einen sehr hohen Energiebedarf und bietet folglich auch größte Potenziale für CO2-Minderung und Klimaschutz. Hier können die Erneuerbaren eingesetzt werden, um Wasserstoff herzustellen.
Herstellung von Stahl – das haben wir schon gehört –, Düngemitteln, Kunstfasern, Farben und Kosmetika bis hin zu Raffinerien und Chemie- und Elektroindustrieprozessen. Aber noch ist der eingesetzte Wasserstoff ein grauer Wasserstoff, erzeugt aus fossiler Energie. Wenn die Industrie künftig grünen, CO2-freien Wasserstoff einsetzen kann, mindert das die CO2-Last unserer Stadt erheblich. Mit grünem Wasserstoff würde die Industrie den Klimaschutz erheblich voranbringen und wird es der Stadt erleichtern, 2030 55 Prozent weniger CO2 zu produzieren als 1990.
Mit grünem Wasserstoff wächst die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, denn je CO2-lastiger Produktionsprozesse sind, desto mehr CO2-Zertifikate müssen von der Industrie erworben werden und desto größer sind die Produktionskosten. Grüner Wasserstoff braucht das nicht und sichert deshalb auch die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze, Wohlstand und grünes Wachstum, weil die Wirtschaft die CO2-Kompensationskosten einspart und damit per se wettbewerbsfähiger ist. So geht Klimaschutz.
Sie wissen vielleicht, dass ArcelorMittal seine Stahlproduktion lieber heute als morgen auf grünen Wasserstoff umstellen würde, weil das Unternehmen damit konkurrenzfähiger sein würde. Gerade auf dem Weltmarkt ist Stahl ein Produkt, das sehr unter Konkurrenzdruck steht. Aber heute ist dieses Produktionsverfahren mit Erneuerbaren, das man im Prinzip schon einsetzen könnte und kann, zu teuer, und der Stahl würde dann nicht mehr absetzbar sein. Abhilfe kann da nur der Bund mit einem neuen Regularium für Erneuerbare Energien schaffen. Hierin scheinen wir uns einig zu sein. Jetzt sehe ich Herrn Kruse gerade nicht