Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Gerade noch die Kurve gekriegt.

Na ja, weiß ich nicht so recht.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ehlebracht, so etwas zwei Monate vor der Bürgerschaftswahl hier auf den Tisch zu legen, eine Verfassungsänderung damit zu meinen, dann aber keinen Vorschlag zu machen für diese Verfassungsänderung, sondern den Senat zu beauftragen, er möge einmal einen Vorschlag machen, was eigentlich unsere Aufgabe ist, geht nicht. Wenn wir Gesetze und die Verfassung ändern, können wir das hier machen, wir alle Fraktionen. Beim letzten Antrag beim Bezirksverwaltungsgesetz hat die FDP sich doch wenigstens die Mühe gemacht, auch gleich einen Vorschlag zu machen, was man wie ändern kann. Das erkenne ich in Ihrem Antrag hier wenig, muss ich ehrlich sagen.

Insofern glaube ich, wenn wir hier zur Verfassungsänderung kommen wollen, und da käme der Senat auch nicht daran vorbei, an uns nämlich, ist es ein bisschen schmal, so einen Antrag hinzulegen und zu sagen, wollen wir einmal schauen, ob sich eine Mehrheit findet. Und auf dieser Basis schon einmal gar nicht. Wir wollen Ihren Antrag aber nicht besser machen und werden ihn deswegen nicht überweisen und deshalb ablehnen.

In der Sache selbst sind wir GRÜNE natürlich sehr dafür, die Deputationen abzuschaffen mit der gleichzeitigen Erweiterung der Auskunftsrechte der Bürgerschaft. Das ist klar, das haben wir immer gefordert. Es ist bisher daran gescheitert, dass wir keine Zweidrittelmehrheit in diesem Hause gefun

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

den haben. Kann sich doch mal ändern. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Celik von der Fraktion DIE LINKE.

Verehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die Deputationen sind intransparent, aber es geht nicht nur um Beteiligung bei den Deputationen, sondern, Herr Warnholz hat es gesagt, es geht auch um Mitspracherecht und die Beteiligung an Entscheidungen. Die ersatzlose Abschaffung der Deputationen wird nicht die demokratische Kontrolle stärken, sondern im Gegenteil schwächen. Die Deputationen haben doch das Recht auf Akteneinsicht und sind auch an grundsätzlichen Entscheidungen beteiligt. Das kann eine öffentliche Bürgersprechstunde nicht leisten. Deshalb werden wir den AfD-Antrag ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber zielführender wäre eine Debatte darüber, wie wir die Deputationen auch demokratisch und transparenter gestalten können, denn eine nicht öffentliche Tagung der Deputationen ist in der Tat nicht mehr zeitgemäß und müsste aus unserer Sicht geändert werden. Wir finden es jedoch richtig, dass man vielleicht im Rahmen der Beratung zur Stärkung der Bürgerschaft auch das Thema bespricht und berät. Die Abschaffung würde für uns nur in Betracht kommen, wenn anderweitig die demokratische Kontrolle der Bürgerschaft gestärkt werden würde, zum Beispiel durch die Etablierung eines wissenschaftlichen Dienstes oder verbesserte Rechte auf Akteneinsicht, wie es die GRÜNEN 2013 vorgeschlagen haben. Über solche Sachen kann man in den Ausschüssen beraten, aber mit so einem Hauruckverfahren kann das nicht gehen, und deshalb werden wir ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dominik Lo- renzen GRÜNE und Nebahat Güçlü frakti- onslos)

Das Wort bekommt Herr Dr. Duwe von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Alte Sachen müssen nicht schlecht sein. Bei Wein zum Beispiel wird das sogar besser. Und ich habe bei den Beiträgen jetzt auch durchgehört, es gebe eine Kontrolle von den Parteien über die Deputationen der Verwaltung. Das ist rein rechtlich natürlich nicht der Fall, das wissen Sie auch. Das, was in den Deputationen beschlossen wird, oder Informationen, die kommen nicht direktemang dann in die Parteizentrale der Parteien, sondern der Vorteil dieser Deputationen

ist, dass da eben vertraulich gesprochen wird, sodass also die Verwaltungen auf Vorschläge von Menschen wie du und ich einmal reagieren können und sagen, das könnten wir uns doch noch einmal anschauen, denn das ist doch keine schlechte Idee. Sobald das öffentlich wird, können Sie das knicken, zumindest im Raume.

Deshalb ist es manchmal schwierig zu sagen, die Situation ist undemokratisch. Es ist ein Beispiel, eine Verbesserung der Verwaltung. Hat natürlich nichts mit besserer Kontrolle zu tun, das müssen wir Parlamentarier von der Bürgerschaft aus angehen, dass wir uns auch mehr Auskunftsrechte erstreiten. Ich halte aber nichts davon, einfach nur die Deputationen zu streichen, damit gewinnen wir nichts und die Verwaltung wird dann auch nicht besser. Sie wird wahrscheinlich sogar etwas ärmer, weil sie ab und zu einmal merkt, sie ist doch auf dem falschen Dampfer. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Dr. Seeler von der SPD-Fraktion, auch für zwei Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der Deputation in Hamburg nach der Hamburger Verfassung haben wir eines der ältesten Mitbestimmungsorgane in diesem Land. 1546 im Rahmen der Schmalkaldischen Kriege gegründet, weil der Hamburger Senat zur damaligen Zeit schlichtweg Geld ausgegeben hat, was die Hamburgerinnen und Hamburger nicht wollten. Also hat es eine Mitbestimmung gegeben über die Deputation. Noch heute sehen Sie über dem Eingang der Finanzbehörde bei dem KurtSchumacher-Bau am Gänsemarkt nicht das Wort Finanzbehörde, sondern Finanzdeputation.

Und das Erstaunliche an diesem Antrag ist, dass er von der Opposition kommt. Diese Debatten über die Deputationen werden in diesem Haus schon viele, viele Jahre geführt, und es war eigentlich immer so, dass die Regierung gesagt hat, können wir abschaffen, und die Opposition hat darauf bestanden, dass man es nicht abschafft. Wenn man nämlich Deputationsarbeit ernst nimmt, ist man als Deputierter viel besser informiert, viel früher informiert über Behördenangelegenheiten als Abgeordnete der Opposition in diesem Haus. Deputierte müssen zustimmen bei jeder Drucksache, die die Behörde in den Senat einbringt. Die Deputation muss zustimmen bei jeder Personalmaßnahme des höheren Dienstes. Die Deputation muss bei jeder Reorganisation der Behörde zustimmen. Das heißt, ein sehr breites Zustimmungsfeld, und das ist eigentlich etwas, wo man einmal aus Sicht der Opposition sagen müsste, das ist ein sehr weitreichendes Informations- und Zustimmungsrecht in der Behördenleitung. Dass jetzt aber die Deputation seitens

(Farid Müller)

der AfD abgeschafft werden soll, ist ein hoch interessanter Vorgang. Anscheinend haben Sie den Vorgang der Deputation noch überhaupt nicht wirklich begriffen.

(Zuruf von Detlef Ehlebracht AfD)

Ich würde Ihnen vorschlagen, beteiligen Sie sich einmal in den Deputationen an der Arbeit, dann werden Sie auch begreifen, was die Deputationen wirklich sind. Und ansonsten können wir uns wirklich darauf freuen, dass Hamburg stolz sein kann, dass nämlich in 26 Jahren hier eines der ältesten demokratischen Mitbestimmungsgremien 500-jähriges Jubiläum feiert. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ich sehe, dass es keine weiteren … Doch, es gibt eine weitere Wortmeldung. – Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion, auch für zwei Minuten.

Also Herr Seeler, das war geradezu lächerlich. Uns nicht in die Deputationen wählen, aber dann Mitarbeit fordern, ist doch total schizophren. Ist total schizophren. Und dass Sie so sehr an diesen alten Zöpfen hängen, finde ich genauso verwunderlich. Darauf rekurrieren, dass normalerweise die Regierungspartei die Abschaffung fordert und jetzt ist es die Oppositionspartei, das ist eben ein Kennzeichen dafür, dass wir andere Politik machen als Sie. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Ich wage einen zweiten Versuch: Es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer also dem Antrag der AfD-Fraktion aus der Drucksache 21/19250 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer ist gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich? – Damit ist er mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen jetzt zu den gemeinsamen Tagesordnungspunkten 43 und 72, nämlich dem Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration und dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen.

[Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration über die Drucksachen 21/15986 und 21/17639: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (HmbGGbM) zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den

barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (Se- natsantrag) und Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Hamburgisches Behindertengleichstellungsgesetz – HmbBGG) (Senatsantrag) – Drs 21/19152 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderung – Gründung eines Partizipationsfonds zum Beseitigen von Nachteilen voranbringen – Drs 21/19401 –]

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und SPD: Änderung des Entwurfes eines Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Hamburgisches Behindertengleichstel- lungsgesetz – HmbBGG) Drs. 21/17639 – Drs 21/19430 –]

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Inklusion und politische Teilhabe stärken – Einrichtung eines Partizipationsfonds – Drs 21/19431 –]

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: zu Drs. 21/17639 – Hamburger Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen neu fassen und mit den Verbänden von Menschen mit Behinderungen auf Augenhöhe gestalten – Drs 21/19081 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 21/19401, 21/19430 sowie 21/19431 ein Antrag der CDUFraktion sowie zwei gemeinsame Anträge von GRÜNEN und SPD vor.

Zudem möchte DIE LINKE ihren Antrag aus der Drucksache 21/19081 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen.

Wird dazu das Wort gewünscht? – Frau Jäck von der SPD-Fraktion bekommt es für fünf Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Vor 25 Jahren, 1994, wurde dieser Satz in unser Grundgesetz in Artikel 3 Absatz 3 aufgenommen, und vor zehn Jahren, 2009, ist das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung, die UN-BRK, in Kraft getreten. Sie konkretisiert die Menschenrechte aus der besonderen Perspektive der Menschen mit Behinderung. Uns liegt das Ergebnis ausführlicher Beratungen zum Entwurf des Senats für ein Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, kurz, das Hamburgische Behindertengleichstellungsgesetz,

(Dr. Joachim Seeler)

vor. Es soll das Hamburgische Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen von 2005 ablösen. Mit diesem Gesetz regeln wir die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung dort, wo wir als Stadt die Dinge in der Hand haben, also in der Verwaltung, den öffentlichen Gebäuden und, das ist neu, auch bei den Gesellschaften, bei denen die Stadt die Mehrheit besitzt.

Die Erstellung des Gesetzentwurfs durch den Senat fand in einem von der BASFI breit angelegten und transparenten Partizipationsverfahren nach dem Grundsatz "Nicht über uns ohne uns" statt. Die LAG, Landesarbeitsgemeinschaft der Menschen mit Behinderung, konnte bereits vor dem ersten Referentenentwurf ihre Vorstellungen und Forderungen mitteilen. In der Folge hat dann ein weiteres schriftliches Anhörungsverfahren mit Interessenverbänden, Organisationen und Menschen mit Behinderung stattgefunden. Und im März 2019 fand noch eine weitere Veranstaltung unserer Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung mit mündlicher Anhörung statt.

Die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses wurden in die Erstellung des Gesetzentwurfs aufgenommen. Im Anhang der uns vorliegenden Drucksache 21/17639 ist dargelegt, welche Punkte vom Senat berücksichtigt werden konnten oder an anderer Stelle weiterbearbeitet werden, und mit welcher Begründung. Das alles war transparent und nachvollziehbar, und dafür möchte ich dem Senat ausdrücklich danken.

(Beifall bei der SPD und bei Mareike Engels GRÜNE)

Wir hatten also eine gute Grundlage, um in den eigentlichen Gesetzgebungsprozess in der Hamburgischen Bürgerschaft einzusteigen. Im September gab es eine Expertenanhörung und im November eine Senatsanhörung im Sozialausschuss. Auch hier konnten und wurden noch einmal Forderungen der Menschen mit Behinderung eingebracht, die wir gründlich geprüft und beraten haben.

Schon der Gesetzentwurf des Senats sieht wichtige und deutliche Verbesserungen vor. Dazu gehören die Überführung des Amtes der Senatskoordinatorin in die Hauptamtlichkeit, die Erweiterung des Geltungsbereiches des Gesetzes auch auf Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung der FHH, und die Barrierefreiheit bei Bau und Verkehr sowie in der Kommunikation mit der Verwaltung.