Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Diese letzte halbe Stunde des Tages, bevor die Kinder schlafen gehen, die Vorlesezeit, ist etwas Besonderes. Das gemeinsame Lesen, die Bilder, die Geschichten, all das verbindet. Bücher geben Heimat, gerade Kinderbücher tun das, und es tut Eltern und Kindern gut, diese Heimat zu teilen, gemeinsam Abenteuer zu erleben und gleichzeitig zu Hause geborgen zu sein.

Wenn wir als Kinder begreifen, dass Bücher uns eine zweite Heimat sein können, dass sie Horizonte erweitern, dass sie uns einladen, die Welt zu entdecken, dass sie ganz einfach Spaß machen, dann bleibt uns diese Welt der Literatur auch als Erwachsene erhalten. Das bedeutet, dass wir offenbleiben für Geschichten, auch für die Geschichten anderer, für Horizonterweiterung und Lebensmodelle, die sich vielleicht von unseren eigenen unterscheiden. Wie wichtig ist, dass wir offenbleiben, das merken wir derzeit besonders im politischen Diskurs in Zeiten zunehmender Abschottung, Polarisierung und wachsender Angst vor Unterschiedlichkeit.

Wie wichtig es ist, Kinder früh an das Lesen in den ersten Jahren – natürlich auch durch das Vorlesen – heranzuführen, zeigen nicht zuletzt die Ergebnisse der aktuellen PISA-Untersuchung. Trotz aller Kompetenzorientierung, auf die das Bildungssystem in Deutschland seit dem PISA-Schock 2001 getrimmt wurde, zeigt sich leider, dass die grundlegendste aller Kompetenzen, das Lesen, immer noch schwächer wird. 20 Prozent unserer 15-Jährigen schaffen es kaum, Texte so zu lesen, dass sie sie auch inhaltlich verstehen. Lesen wird leider zu häufig nur als Kompetenz zur Informationsbeschaffung gesehen; mittlerweile wird zu oft vergessen, dass man aus einem literarischen Text zwar nicht immer gleich einen direkten Nutzen ziehen kann, aber Literatur es ermöglicht, in andere Kulturen, in historische Zusammenhänge einzusteigen und daraus so viel zu lernen, um dafür Begeisterung zu entwickeln. Diese Begeisterung bei sehr jungen Kindern möglichst frühzeitig zu wecken, dazu leisten Ihre Bücher, liebe Frau Boie, einen ganz erheblichen Beitrag. Sie öffnen schon den Kleinsten die Tür zur Welt der Literatur.

Über 100 Bücher haben Sie veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Sie haben hier in Hamburg studiert, Sie leben und arbeiten hier. Hamburg ist, neben der Welt der Literatur, Ihre Heimat, und für die Stadt Hamburg ist das eine große Ehre.

Heute sind wir hier, um Sie als Ehrenbürgerin unserer Stadt zu würdigen. Ich freue mich sehr darüber, gratuliere Ihnen herzlich, auch im Namen meiner Kinder, und wünsche Ihnen alles Gute und uns allen noch viele weitere Geschichten aus Ihrer Feder. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Es schließt an Herr Dr. Tjarks für die GRÜNE Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kirsten Boie, auch ich darf mich den Worten meiner Vorredner anschließen und vor allen Dingen erst einmal sagen, wie begeistert ich darüber bin, Sie heute als künftige Ehrenbürgerin zu würdigen. Denn es ist wirklich eine tolle Wahl, Sie hier vor uns sitzen zu haben. Wir haben uns ja in einem Gespräch vorher kennengelernt. Ich fand es toll, wie persönlich, gradlinig, bodenständig und bescheiden Sie waren, gleichzeitig fordernd und engagiert in Ihrem hohen politischen Engagement für eine Sache, die eigentlich nicht dauerhaft im Rampenlicht oder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht, nämlich der Frage: Wie erlernen unsere Kleinsten, wie erlernen unsere Kinder die zentrale Schlüsselkompetenz des Lesens? Mit der Frage "Kann ich lesen?" eröffnen sich die Welt der Literatur, die Welt der Schulfächer, die Welt des Wissens. Das ist etwas ganz Tolles und, glaube ich, in diesem Haus noch niemals mit dieser Ehre bedacht worden. Insofern freue ich mich sehr, dass Sie an dieser Stelle die Erste sind, die diese Ehrenbürgerwürde entgegennehmen kann.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Das hier ist auch, so glaube ich, der Ausfluss eines Lebens, einer Lebensentscheidung für die Pädagogik. Sie haben am Anfang Ihres Berufslebens gesagt: Ich will Lehrerin werden, Lehrerin in Hamburg. Es ist durchaus so, dass die Berufe im pädagogischen Bereich – Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer – in unserer Gesellschaft noch mehr Wertschätzung erfahren könnten. Neben der Frage, wie wir diese Berufe bezahlen, steht auch die Frage, welche Wertschätzung wir diesen Menschen entgegenbringen, die täglich mit unseren Kindern arbeiten, die damit täglich am Fundament der künftigen Gesellschaft bauen, für eine bessere Gesellschaft; etwas sehr Zentrales.

Nicht nur, weil Sie sich für diesen Weg entschieden haben und es mir wichtig ist zu betonen, dass diese Wertschätzung entgegengebracht wird, möchte ich eine Lebensentscheidung erwähnen, die mich besonders beeindruckt hat. Sie wohnen in Barsbüttel und haben am Gymnasium Oldenfelde unterrichtet; ich bin in Jenfeld aufgewachsen. Und dann schließt sich sozusagen das Dreieck. Sie haben sich dazu entschlossen zu sagen: Ich gehe vom Gymnasium Oldenfelde an die Gesamtschule Mümmelmannsberg. Auf eigenen Wunsch haben Sie sich entschlossen, mit denjenigen Kindern zu arbeiten, die es vielleicht mit am schwersten in unserer Gesellschaft haben, die eine besondere Unterstützung brauchen. Ich finde, das ist etwas, das

(André Trepoll)

über die Tatsache hinausgeht, dass man Lehrerinnen und Lehrer insgesamt wertschätzen sollte. Wir brauchen Menschen, die sagen: Ja, mit diesen Kindern möchte ich von ganzem Herzen arbeiten. Da stehen Sie prototypisch für eine Sache, die mich sehr tief beeindruckt hat und die Ihr Leben widerspiegelt.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Und ich finde, dass man auch ein Ereignis nicht unerwähnt lassen darf, das mich zum einen total betrübt hat, aber dann eben auch noch einmal nachhaltig positiv beeindruckt hat, weswegen wir es sehr unterstützen, dass Sie hier sitzen. Sie haben nämlich ein Kind adoptiert, sind aber auf diesem Wege damals sozusagen vom Land Schleswig-Holstein aus dem Hamburger Schuldienst herausgedrängt worden. Eine Situation, die aus heutiger Sicht eigentlich unvorstellbar ist, dass man sagt, weil jemand ein Kind adoptiert, bekommt man ein, na ja, ich will nicht sagen Berufsverbot, aber eine Situation, dass man in dem Beruf, den man ergreifen wollte, nicht mehr weitermachen kann. Das wäre auch in der Politik heutzutage undenkbar. Wir sind glücklicherweise viel weiter. Aber gleichzeitig kann man sagen, es war irgendwie auch der Grundstein für den weiteren Erfolg im Leben, und Sie sind Ihrer Profession, dem Lesenlernen, quasi treu geblieben als schreibende Kinderbuchautorin, und Sie waren wahrscheinlich noch viel erfolgreicher als als Lehrerin, haben viel mehr Kinder auf diesen Weg gebracht, und insofern hatte es nicht nur etwas Beeindruckendes, dass Sie an Ihrer Grundentscheidung festgehalten haben, sondern dass Sie diesen Weg auch noch erfolgreicher für die Gesellschaft weitergegangen sind.

(Beifall bei allen Fraktionen und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Der Bürgermeister hat es schon angesprochen, wir ehren heute mit Ihnen, Frau Boie, keine Feldherrin, keine Politikerin, keine Mäzenin, keine Unternehmerin, sondern eine Künstlerin, eine Kulturschaffende, und dann noch aus dem sehr speziellen Bereich der Kinder- und Jugendbuchliteratur. Und mit Ida Ehre, Marion Gräfin Dönhoff, Hannelore Greve und Loki Schmidt sind Sie die fünfte Frau – überfällig, dass es mehr werden –, der diese Ehre zuteilwird. Sie sind eine Frau, die sich nicht um die Ehrenbürgerschaft beworben hat, die eher aus der Mitte der Gesellschaft kommt und die im besten Sinne einem Citoyen gleich gesagt hat, ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland eine offene, friedliche, demokratische Gesellschaft bleibt. Sie stehen also Pars pro Toto auch für die Menschen, die Hamburg so besonders machen, die Hamburg ausmachen, und auch dafür freut es mich und meine Fraktion sehr, Ihnen diese Ehrenbürgerschaft zu verleihen, und wir freuen uns sehr, dass Sie diese auch annehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt Frau Boeddinghaus nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Dr. Boie, auch von meiner Fraktion die allerherzlichsten Glückwünsche für Ihre Ehrenbürgerinnenwürde heute. Selbstverständlich stimmen wir dem Antrag des Senats zu und begrüßen ihn sehr. Als Mutter und Großmutter, ich kann mich hier zur Hälfte anschließen, kann ich auch ein Hoch auf Ihre Bücher singen. Sie sind intelligent, sie sind mutig, provozierend, sie sprechen die jungen Leserinnen und Leser direkt an, greifen alltags- und gesellschaftskritische Themen auf, und sie sind voll von packenden, spannenden und amüsanten Erzählungen. Ihre Geschichten regen die Kinder an – ich habe es selbst oft erlebt – zum Weiterspinnen, zum Diskutieren, zum Erzählen, zum Träumen und zum Nachdenken. Das ist ein großes Geschenk, was Sie mit Ihrem Werk unserer jungen Generation vermachen. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei allen Fraktionen und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Nun erhalten Sie aber heute nicht ausschließlich einen Buchpreis, sondern Sie werden als Hamburgerin auch geehrt für Ihr jahrelanges überzeugtes wie überzeugendes soziales Engagement. Sie tun all dies gar nicht so sehr im ständigen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit, Sie gehen dorthin, wo die jungen Leserinnen und Leser zu finden sind, in die Kitas und Schulen. Vor allem aber haben Sie sich dem Lesen, dem Leseverstehen und den unterschiedlichen Zugängen zum Lesen – ich glaube, das ist zum Beispiel ein Kern der Diskussion – verschrieben auf ganz vielfältige Weise.

Es wurde schon gesagt, aber von mir noch nicht, deswegen sage ich es noch einmal: Mir ist es wirklich sehr wichtig, noch einmal auf Ihre Initiative einzugehen, die Hamburger Erklärung "Jedes Kind muss lesen lernen!". Ausgangspunkt war die IGLUStudie, die offenbarte, dass ein Fünftel unserer Zehnjährigen nicht richtig lesen kann – für Sie, Frau Dr. Boie, ein dramatischer Befund. Sie fordern daher in Ihrer Erklärung konkret, dass ausreichend Grundschullehrerinnen eingestellt werden, das Lesen in kleinen Lerngruppen zu stärken sei und dafür an den Hochschulen deutlich mehr Studienplätze für die Lehrerinnenausbildung geschaffen werden müssten. Weiter fordern Sie, dass gerade in Schulen in sozial schwierigen Lagen Schulbibliotheken mit Lesungen und Lektüreprogramm vorhanden sein müssten und dafür auch genügend Mittel in die Länderhaushalte eingestellt werden sollten und das Lesen nicht den derzeitigen kostenintensiven Bemühungen um die Digitalisierung der Schulen zum Opfer fallen dürfe. Ich finde, das

(Dr. Anjes Tjarks)

ist eine spannende Diskussion, die wir auch unbedingt weiterführen müssten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Präsidentin des PEN-Zentrums Deutschland, das die Erklärung auch unterstützt, sagte – Zitat –:

"Es gefährdet die Demokratie, wenn ein beträchtlicher Teil der Bürger unseres Landes nur noch unzureichend oder gar nicht mehr sinnentnehmend lesen und somit gar nicht oder unzureichend mitreden kann."

Zudem sei es nicht hinnehmbar, dass sich die soziale Herkunft, ein Migrationshintergrund oder das Geschlecht negativ auf die Bildung auswirkten. Für mich ist es ein zentraler und entscheidender Aspekt Ihres Engagements, dass Sie das Argument und damit den gesellschaftlichen Auftrag starkmachen, dass die Meinungsfreiheit auf der Informationsfreiheit basiert und diese aber nur hergestellt werden kann, wenn man des sinnverstehenden Lesens mächtig ist und die vielen Informationen nach ihrem Gehalt verarbeiten und umsetzen kann. Das ist Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Mitsprache, und es liegt in unser aller Verantwortung, dies allen jungen Menschen gleichermaßen zu ermöglichen.

Sie, Frau Dr. Boie, sind uns dabei ein großes Vorbild. Ihre Arbeit ist aller Ehren wert, auch einer Ehrenbürgerinnenwürde.

(Beifall bei allen Fraktionen und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Da ich noch ein wenig Zeit habe, möchte ich kurz auf den Aspekt eingehen, dass Sie jetzt die fünfte weibliche Ehrenbürgerin sind, und ich fand es sehr amüsant, dass vor diesem Hintergrund der Entscheidung des Bürgermeisters in einer Zeitung zu lesen war, man könne dann ja nächstes Jahr auch wieder einen Mann küren, nämlich vielleicht Udo Lindenberg. Ich möchte voller Respekt sagen, er ist ein super Musiker, Sohn unserer Stadt, aber uns fielen noch viele, viele weitere ehrenhafte Bürgerinnen ein für diesen Preis. Ich finde, da haben wir noch Nachholbedarf.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, der CDU, den GRÜNEN, der FDP und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Ich wünsche Ihnen alles Gute und für heute, dass Sie sich ausgiebig feiern lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Kruse erhält das Wort für die FDP-Fraktion.

Ruhe, das ist es, was man braucht, um Kindern vorzulesen, um sie mitzunehmen in eine andere Welt. Und Ruhe, das ist, was Sie ausstrahlen, liebe Frau Boie.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Boie, wir hatten Sie am Montag bei uns in der Fraktion zu Gast, und wir haben gleich spüren können, warum Sie heute als Ehrenbürgerin vorgeschlagen werden. Unsere Fraktion hing an Ihren Lippen, fast als würden Sie vorlesen. Ich glaube, es war selten in den letzten fünf Jahren bei uns in der Fraktion der Fall, dass es so ruhig war wie zu dem Zeitpunkt, als Sie bei uns gesprochen haben,

(Dirk Kienscherf SPD: Das können wir uns vorstellen!)

obwohl wir uns eigentlich nicht als Kindergarten bezeichnen würden.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ihr Lebensweg, schwierige Entscheidungen – der Kollege Tjarks ist darauf eingegangen –, die diesen Weg prägten, Ihre soziale Verantwortung und Ihre Offenheit machen Sie zu einer idealen Ehrenbürgerin dieser Stadt. Menschen wie auch Gesellschaften nutzen seit jeher Geschichten, um die Welt zu entdecken, um mit sich selbst und mit anderen in Kontakt zu treten, um sich in der Welt zu orientieren. Menschen, die Geschichten erzählen, sind ein elementarer Bestandteil dessen, was Zivilisation, was unsere Kultur ausmacht. Es freut mich daher besonders, dass wir heute eine Frau ehren, die wie wenige andere Geschichten erzählen kann. Ihr Beitrag für Bildung und Kultur in Hamburg und weit über Hamburg hinaus kann nicht stark genug betont werden. Denn es ist ja so, auch im digitalen Zeitalter ist und bleibt Lesen die zentrale Kulturtechnik. Das heißt, Lesen bleibt die zentrale Voraussetzung für Bildungschancen und Teilhabe. Frau Boie hat vollkommen recht, wenn sie sagt, dass es beschämend für eine Gesellschaft wie unsere ist, dass immer mehr Kinder mehr schlecht als recht lesen können. Wer lesen kann, hat den Zugang zu einem wichtigen Teil der Welt, er hat nämlich den Zugang zu der Welt, die die Verständigung mit Worten ist. Und es muss in unser aller Interesse sein, dass wirklich jedes Kind so gefördert wird, dass es am Bildungs- und Kulturschatz des Lesens teilhat. Dieses Ziel hat Frau Boie durch unzählige Initiativen verwirklicht, und zwar nicht nur in Hamburg, sondern auch in Deutschland und auf der gesamten Welt.

Frau Boie ist damit quasi eine Botschafterin der Bücher. Jemand, der sich dafür einsetzt, dass das Lesen auch in Zukunft nicht aus unserer Gesellschaft wegzudenken ist. Lesen öffnet Welten, Lesen ermöglicht es, dass wir die Welt mit anderen Augen sehen, dass wir eine neue Perspektive einnehmen. Der Kollege Trepoll ist darauf eingegangen, es ist immanent wichtig, genau diese Fähigkeit zu besitzen, nämlich, eine andere Perspektive einzunehmen. Wir erleben es gerade in der politischen Debatte in diesem Land in diesen Tagen, dass die Eigenschaft, die andere Perspektive und

(Sabine Boeddinghaus)

damit auch ein Stück weit Verständnis einzunehmen, eine so wichtige Eigenschaft ist, dass dies sehr früh im Leben ausgeprägt werden muss, nämlich schon im Kindesalter. Und dieser Akt des Türaufstoßens, des Etwas-Neues-Erlebens zeichnet das Werk von Frau Boie besonders aus.

Immer wieder hat sie in ihren Büchern aktuelle Themen verarbeitet und Kindern damit ein Stück der Welt erklärt, und ich sage bewusst, der Welt erklärt, nicht die Welt erklärt, denn sie ist dabei nicht belehrend, sondern mit Freude und einem offenen Herzen unterwegs, mit einer Botschaft, die Kinder ermutigt, ihr Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen und die Gesellschaft für sich und andere zum Besten zu gestalten. Das finde ich einmalig, und genau das ist es, warum Kirsten Boie diese Ehrung mehr als verdient hat. Und das ist auch der Grund, warum wir als Freie Demokraten dieser Würdigung ihrer Person und ihres Werks heute mit Freude zustimmen.

Frau Boie, Sie sind eine Hamburgerin durch und durch, Ihr Wohnsitz kurz hinter der Landesgrenze kann für uns daran gar nichts ändern, denn Hamburgerin ist man mit dem Herzen. Eine Hamburgerin mit Hamburger Lebenslauf sind Sie, Sie haben einen Hamburger Auftritt und Hamburger Bezug in Ihren Werken; das ist schon erwähnt worden. Ihre Arbeit strahlt über die Grenzen unserer Stadt und unseres Landes. Sie ehren diese Stadt mit Ihrem Werk, und deshalb ehren wir heute Sie. Herzlichen Glückwunsch.

(Beifall bei allen Fraktionen und bei Nebahat Güçlü und Dr. Jörn Kruse, beide fraktionslos)

Herr Dr. Wolf bekommt das Wort für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Dr. Boie, sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir unterstützen mit Freude den Antrag, die Ehrenbürgerwürde an Sie zu verleihen, und zwar aus zwei Gründen. Es klang schon an, aber ich möchte das noch einmal mit wenigen eigenen Worten beleuchten: Das eine ist tatsächlich ein beeindruckendes Lebenswerk, wie man es selten findet, und auch ich sage als Vater: Wenn man Kinder hat, kommt man an dem kleinen Ritter Trenk und anderen nicht vorbei, und es führt zu schönen Erinnerungen, auch persönlich.

Und ein Zweites klang auch schon an über Sie als Förderin des Buches und des Lesens. Ich habe den wunderschönen Titel eines Vortrags gefunden, den Sie hielten: "Über die Entwicklung der Lesefreude". Das bringt in einer wunderbaren Weise zum Ausdruck, dass hier nicht mit erhobenem Zeigefinger gearbeitet wird im Sinne von "Du musst und machst das gefälligst und so!", sondern es geht darum, die Kinder und auch die Erwachsenen