Sie wollen eine schon existierende Sozialleistung teilweise durch eine andere ersetzen, aber das nach einer sehr umfangreichen bürokratischen Bedürftigkeitsprüfung. Das Pflegewohngeld, das Sie
aus anderen Ländern zitieren, ist nichts anderes als eine Sozialleistung. Wenn wir es so, wie Sie es vorschlagen, einführen würden, dann wäre das Ergebnis, dass kaum eine Heimbewohnerin, kaum ein Heimbewohner etwas davon hätte, weil wir inzwischen die Vermögensfreigrenze schon so haben, wie Sie sie vorschlagen. Familien werden kaum noch herangezogen, weil da die Grenze heraufgesetzt wurde. Unterm Strich: Fast niemand hätte einen finanziellen Vorteil, die Stadt hätte sehr viel Bürokratie.
Aber auch aus anderen Gründen geht Ihr Vorschlag in die falsche Richtung. Er bevorzugt die stationäre Pflege und steht damit konträr zum Wunsch der meisten Menschen, dass sie zu Hause gepflegt werden wollen. Hinzu kommt noch, dass ich das Gefühl habe, dass Sie mit diesem Vorschlag unserem Bundesgesundheitsminister auf den Leim gehen, der von den Ländern dazu getrieben wird, die Pflegeversicherung zu reformieren, damit mehr Leistungen von der Pflegeversicherung getragen werden,
und der auch gern immer wieder versucht, aus dieser Ecke herauszukommen, indem er die Länder auffordert, doch mehr zu zahlen, damit er nichts tun muss. Das ist nicht der richtige Weg. Die Bundesratsinitiative, die Hamburg gemacht hat, ist der richtige Weg, und die ist alles andere als gescheitert. Mittlerweile haben sich alle 16 Länder hinter dieser Vorstellung versammelt, und wir treiben den Bundesgesundheitsminister an, die Pflegeversicherung zu reformieren, denn da muss gezahlt werden.
Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass gewollte Verbesserungen für das Personal, mehr Personal und bessere Bezahlung, durch die Pflegeversicherung und nicht durch die Pflegebedürftigen ausgeglichen werden. – Vielen Dank.
Frau Senatorin, Sie haben, glaube ich, meiner Rede nicht zugehört. Ich habe doch gesagt, dass wir eine Pflegereform auf der Bundesebene fordern und dass die Bundesregierung gefordert ist, da etwas zu machen. Sie kennen mich schon seit fünf Jahren, auch aus den Ausschusssitzungen. Wir sagen doch immer, dass wir eine solidarische Bürgersicherung und eine
Vollversicherung wollen. Deshalb sind wir Herrn Spahn nicht auf den Leim gegangen. Und die Stadt Hamburg kann nicht nur etwas machen, sondern ist sogar in der Pflicht, etwas zu machen.
Frau Dutschke hat gefragt, wie das finanziert werden soll. Ich möchte dazu gern aus dem Sozialgesetzbuch XI Paragraf 9 zitieren:
"Zur finanziellen Förderung der Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen sollen Einsparungen eingesetzt werden, die den Trägern der Sozialhilfe durch die Einführung der Pflegeversicherung entstehen."
Also gibt es laut Sozialgesetzbuch eine Verpflichtung für die Bundesländer, die Investitionskosten zu finanzieren, und insofern wäre die finanzielle Frage eigentlich gelöst.
Ich höre immer, man brauche ein ganzheitliches Konzept und das müsse der Bund regeln. Wir sehen doch, dass die Eigenkostenanteile immer weiter steigen und dass diese Belastungen für die Pflegebedürftigen unzumutbar sind. Es ist nicht richtig, dass das Pflegewohngeld der Hilfe für Pflege angerechnet wird, sondern das wäre eine ganz konkrete Entlastung bis zu 530 Euro für die Menschen, damit sie eben nicht auf Hilfe zur Pflege angewiesen sind. Das wäre ein wichtiger und richtiger Schritt.
Wer also möchte dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 21/19940 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 131, Drucksache 21/19967, Antrag der Fraktionen von SPD und GRÜNEN: UN-Atomwaffenverbotsvertrag und ICAN-Städteappell.
[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: UN-Atomwaffenverbotsvertrag und ICAN-Städteappell – Drs 21/19967 –]
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: UN-Atomwaffenverbotsvertrag und ICAN-Städteappell auch konkret umsetzen! – Drs 21/20113 –]
Auch bei diesem Tagesordnungspunkt handelt es sich um eine Kurzdebatte mit je zwei Minuten Redezeit pro Debattenbeitrag.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger! Die Unterzeichnung des ICAN-Appells durch Hamburg ist ein längst fälliger Schritt,
denn atomare Auseinandersetzungen müssen mit allen Mitteln verhindert werden. Sämtliche Waffen aus diesem Arsenal, die mit einem Schlag die ganze Welt vernichten können, gehören besser heute als morgen verschrottet.
Krieg bedeutet immer Tod, immer Zerstörung, immer Flucht und meist auch Kriegsverbrechen. Gerade erst hat ein Labor in der Schweiz bestätigt, dass die türkische Armee in Serêkaniyê/Ras alAyn in Rojava weißen Phosphor, eine verbotene Chemiewaffe, eingesetzt hat. So darf es nicht weitergehen, und auch dafür können wir aus Hamburg Verantwortung übernehmen. Sicherheit entsteht durch die Einhaltung des Völkerrechts, durch internationale Verträge, durch Dialog und eine weltoffene Gesellschaft, nicht jedoch durch Aufrüstung, nicht jedoch durch Abschreckung.
Im August 1945 legten Atombomben Hiroshima und Nagasaki in Schutt und Asche und forderten Hunderttausende Menschenleben. Die Bomben ließen Menschen zurück, die mit ihren körperlichen und seelischen Narben kaum in der Lage waren, zu überleben. Insbesondere vor dem Hintergrund der Aufkündigung des INF-Vertrags durch die USA steigt die Gefahr einer unkontrollierten Eskalation und damit einer niedrigeren Schwelle zum Atomkrieg. Auch das Militärmanöver Defender 2020 ist ein Schritt zur Eskalation und eine vollkommen unnötige Provokation gegenüber Russland.
Die nun von Rot-Grün beabsichtigte Unterzeichnung des ICAN-Vertrags ist wirklich ein längst fälliger wichtiger Schritt. Das begrüßen wir. Aber zu verdanken ist dieser Schritt hauptsächlich der kontinuierlichen Arbeit der ICAN-Initiative, der Friedensbewegung, und auch unserem oppositionellen Druck.
Jetzt unterzeichnen wir das; das ist gut, das ist schon ein Signal, und ich bin froh, dass die Kolleginnen und Kollegen von SPD und GRÜNEN das in dieser Legislaturperiode noch möglich machen nach all dem Druck, der gekommen ist. Aber wir
müssen auch konkrete Schritte gehen. Und da wäre es kein Schweres, unseren Antrag, den Zusatzantrag, mit zu beschließen, nämlich in den "Mayors for Peace" aktiver zu werden als bisher, da wird nämlich bis jetzt gar nichts getan, und eine Bundesratsinitiative zu ergreifen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir in der letzten Sitzung dieser Legislaturperiode über solch ein wichtiges Thema debattieren können. Über die Gefahren, die von Kernwaffen ausgehen, muss ich an dieser Stelle nicht referieren, die sind uns allen hinlänglich bekannt. Beunruhigend ist jedoch, dass nach dem Ende des Kalten Krieges und den Jahrzehnten der Entspannung es mit zunehmender Häufigkeit wieder zu Spannungen und Konflikten zwischen Staaten mit Kernwaffen kommt. Wie schnell solche Konflikte sich zuspitzen können, sehen wir in regelmäßigen Abständen. Die sicher geglaubten Bündnisse, die rational handelnden Akteure, das Argument, das uns in einer Welt von Atomwaffen doch stets beruhigen sollte, wirken mehr denn je fragil und unberechenbar.
Doch das vielleicht gewichtigste Argument gegen Atomwaffen als Mittel der Abschreckung ist unsere Glaubwürdigkeit und Integrität. Wie oft mussten und müssen wir in der Außenpolitik aus sicherheitspolitischen und pragmatischen Gründen von unseren Werten Abstand nehmen und faule Kompromisse eingehen, weil autoritäre Regime und Machthaber selbst Atomwaffen haben und eben danach streben und sich darauf stützen können, dass es doch nur folgerichtig sei aufzurüsten? Diese Logik der Aufrüstung müssen wir durchbrechen. Sie ist nicht gottgegeben, sondern von Menschen gemacht und damit auch umkehrbar. Doch dies bedarf der Aufklärung, ja es bedarf des Druckes, und es bedarf Mut.
Deshalb ist es ein wichtiges Zeichen, dass wir uns als Hamburgische Bürgerschaft dem ICAN-Städteappell anschließen und damit deutlich machen, dass wir die Annahme des Vertrages durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen für ein Verbot von Atomwaffen ausdrücklich begrüßen und dass dies ein entscheidender Schritt zur Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt ist.
Und das ist natürlich eine gemeinsame Sache, und es ist immer eine Frage von Druck. Aber ich finde, an dieser Stelle sollten wir uns nicht spalten las
sen, sondern tatsächlich gemeinsam rausgehen, und deswegen finde ich diesen letzten Einwand von dir ein bisschen schade. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Debatte, die viele von uns noch kennen aus den Achtzigerjahren rund um den NATO-Doppelbeschluss und die Stationierung von SS-20-Raketen innerhalb des Warschauer Paktes: Was ist die richtige Antwort auf Atomwaffen?
Diese Frage stellt sich auch noch in der heutigen Zeit. Als junger Mensch neigt man sofort dazu zu sagen, wir schaffen die Atomwaffen ab, dann machen die anderen das auch. Je älter man wird und je mehr einem die Haare ausgehen, desto mehr befasst man sich mit der gesamten Situation und überlegt: Wollen wir als demokratisch organisierte Wertegemeinschaft einzelnen wenigen das Monopol von Atomwaffen lassen oder wollen wir zumindest diesen auch radikal geführten Staaten nicht eine Abstraktion des Schreckens gegenüberstellen?